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Lokales
Kölner JugZ nehmen die Kündigung von Gottfried Schweitzer zurück
Stattdessen nun Mobbing
Von Peter Kleinert

Die Jugendzentren Köln gGmbH hat – wie von der NRhZ am Freitag gemeldet – die dritte fristlose Kündigung des engagierten Pädagogen Gottfried Schweitzer zurückgenommen, nachdem sie mit den beiden ersten beim Arbeitsgericht auf die Nase gefallen war. Gleichzeitig hat sich diese “gemeinnützige“ städtische Einrichtung nun auf eine Weise für ihr “Nachgeben“ revanchiert, die Jugendliche und Eltern vom Bauspielplatz “Baui“ aufs Neue empört und das “Solidaritätskomitee Schweitzergarde“ am Samstag zu einem Offenen Brief veranlasst hat.  

Veedelszooch-Demo für Gottfried Schweitzer
NRhZ-Archiv
In dem an die Mitglieder des Aufsichtsrats der JugZ gGmbH, die Fraktionen der demokratischen Parteien im Rat der Stadt Köln, die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, die Bezirksvertretung Innenstadt und die demokratische Öffentlichkeit gerichteten Brief heißt es: Mit der Rücknahme der dritten Kündigung nach dem Rechtskräftigwerden des Arbeitsgerichtsurteils zugunsten Gottfried Schweitzers habe der Anwalt seiner Gegner in der “gemeinnützigen“ Einrichtung schriftlich erklärt: „Somit besteht das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien unverändert fort.“
 

Solidaritätsaktion vor dem Arbeitsgericht
NRhZ-Archiv
Wie ernst die JugZ gGmbH das Wörtchen „unverändert“ in dieser Erklärung ihres Anwalts meint, geht daraus hervor, was ihre Geschäftsführung anschließend tat: Sie teilte dem “Baui“-Mitgründer und -Pädagogen Schweitzer mit, dass er nun in die eher kommerzielle „Abenteuerhalle Kalk“ versetzt sei und für den “Baui“ Hausverbot habe. Kommentar des Solidaritätskomitees: Damit bliebe Schweitzer – wie schon durch die rechtswidrigen Kündigungen selbst – weiter von den jahrelang von ihm betreuten “Baui“-Jugendlichen getrennt und würde auch von allen kulturellen Ereignissen auf dem Bauspielplatz in der Südstadt ausgeschlossen. „Als stellvertretender Vorsitzender des antifaschistischen Edelweißpiratenfestivals könnte er“, schreibt die Schweitzergarde „selbst daran nicht mehr teilnehmen.“ Beides sei völlig unannehmbar.
 
„Eine Provokation!“
 
Die Begründung für diese Entscheidungen der Geschäftsführung sei eine „Provokation“, heißt es in dem Offenen Brief, denn: „Es war die Geschäftsführung, die am Bauspielplatz eine Situation geschaffen hat, in der innerhalb von kurzer Zeit eine jahrelange Zusammenarbeit zerstört wurde. Es war die Geschäftsleitung, die damit ein fortschrittliches und demokratisches Konzept offener Jugendarbeit zerstörte.“ Und diese Geschäftsleitung wolle nun das Recht haben, „sich ungeschoren aus diesem Skandal heraus zu winden und Gottfried Schweitzer erneut zu bestrafen“. 
 

Gottfried Schweitzer auf dem
Edelweißpiratenfest 2008
NRhZ-Archiv
Begründet habe die Geschäftsführung die Strafversetzung Schweitzers gegenüber dem Betriebsrat wie folgt: „Eine Weiterarbeit in der alten Einsatzstelle Bauspielplatz Friedenspark, Hans Abraham Ochs Weg 1, 50678 Köln ist nicht mehr möglich. Die 2 ½ Planstellen des Bauspielplatzes sind besetzt. Die Leiterin Frau Waschk, die Mitarbeiter Herr Vollmer und Frau Deters arbeiten hervorragend zusammen.“ Antwort des Solidaritätskomitees: „Ohne Frage, die Planstellen mussten befristet neu besetzt werden, um die Weiterarbeit zu gewährleisten, aber unter dem Vorbehalt des Prozessausgangs. Die jetzt entstandene Situation hat die Geschäftsleitung sich selbst und den Mitarbeitern eingebrockt und es gibt keinen Grund, dass Herr Schweitzer das auslöffelt!“
 
Versetzungsanträge?
 
Nächste Behauptung der Geschäftsführung: Weder Frau Waschk, noch Herr Vollmer und Frau Deters seien bereit mit Herrn Schweitzer zusammen zu arbeiten. Für den Fall seiner Rückkehr hätten sie Versetzungsanträge angekündigt. Dies hätten sie bereits intern und öffentlich erklärt. Der Schweitzergarde liegen hingegen laut ihrem Offenen Brief „verlässliche Aussagen vor, dass diese Situation nach der fristlosen Kündigung und Entfernung von Herrn Schweitzer aus dem Baui entstanden ist“: Jede Solidarität war mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen bedroht. Zahllose Gespräche der Geschäftsleitung mit dem Team sollten für die richtige Stimmung sorgen. Auf Fragen nach dem Grund ihrer Weigerung für eine Zusammenarbeit mit Gottfried Schweitzer habe z.B. Frau Waschk erklärt, dazu dürfe sie nichts sagen. Kommentar der Schweitzergarde: „Was soll hier nicht ans Licht kommen? Herr Schweitzer jedenfalls hat nichts zu verbergen!“ Es stehe den Mitarbeitern am “Baui“ natürlich frei, sich versetzen zu lassen. „Wir von der Schweitzergarde sind uns allerdings sicher, dass mit einer guten Mediation, die nach Aufhebung der letzen Kündigung und des Hausverbots auf Augenhöhe stattfinden könnte, selbst in der Zwischenzeit aufgebaute Widersprüche geklärt und gelöst werden könnten.“
 
Eltern gegen Schweitzer?
 
Eine weitere Begründung der Geschäftsführung: Der Förderverein und diverse Eltern hätten sich öffentlich gegen eine Rückkehr von Herrn Schweitzer ausgesprochen. Antwort der Schweitzergarde: „Das seien unbewiesene Behauptungen, im Gegenteil: Fast alle Eltern und ausnahmslos alle Kinder und Jugendlichen würden sich über eine Rückkehr von Gottfried freuen. Das Baui-Team habe versucht, die Eltern zu erpressen. Der klägliche Erfolg: „Nach wie vor wird die Rückkehr von Herr Schweitzer von vielen Eltern gewünscht und befürwortet.“ Immerhin haben sich, wie von der NRhZ berichtet, mehr als 5.000 Menschen per Unterschrift für eine Weiterarbeit von Gottfried Schweitzer auf dem Bauspielplatz ausgesprochen, haben auch hunderte Jugendliche und Eltern, die früher auf dem Bauspielplatz von Schweitzer betreut wurden, in Protestkundgebungen für seine Weiterbeschäftigung demonstriert.
 
Störung des “Betriebsfriedens“?
 
Behauptung der Geschäftsführung: Bei einer Rückkehr Schweitzers an seinen alten Arbeitsplatz wäre der Betriebsfrieden nachhaltig gestört. Kommentar des Solidaritätskomitees: „Der “Betriebsfrieden“ wurde erst durch die ungerechtfertigte Kündigung und dann durch die Stimmungsmache der Geschäftsleitung gestört.“
 
Behauptung der Geschäftsführung: Es bestehe weiterhin die Prognose, dass Herr Schweitzer die schriftlichen und mündlichen Dienstanweisungen zu sicherheitsrelevanten Aspekten missachten werde. Antwort der der Schweitzergarde: „Das konnte die Geschäftsführung bisher vor Gericht schon nicht nachweisen.“ Es könne also nur der Stimmungsmache dienen, diesen Vorwurf erneut aufzutischen. „Wir möchten noch mal zurückkommen auf eine Info (12.11.08) der Geschäftsführung an alle Mitarbeiter der JugZ, in der Herrn Schweitzer vorgeworfen wurde, er sei ein Mensch, der „weder Respekt vor deutschen Gesetzen, noch vor Eigentumsrechten“ habe. Wenn hier jemand der Respekt fehlt, dann ist es der Respekt der Geschäftsleitung vor den Mitarbeitern.“ Frage an Aufsichtsrat, Stadtratsfraktionen und Jugendhilfeausschuss: „Wollen Sie das weiter decken – oder hat die Stadt damit nichts zu tun, weil es sich ja um eine rechtlich selbständige ausgelagerte Gesellschaft handelt, ganz wie bei der KVB … Sie gestatten uns die Polemik, wobei es fast der Realsatire entspricht!“
 
Jugendarbeit der Stadt Köln
 
Behauptung der Geschäftsführung: Das Team der Abenteuerhallen Kalk zähle zu einem der größten der JugZ, so dass gewährleistet werden könne, dass Herr Schweitzer nicht alleine im Dienst sei. Antwort der Schweitzergarde: „Das ist eine Unverschämtheit sondergleichen! Als ob Herr Schweitzer ein Sicherheitsrisiko für die Öffentlichkeit darstelle! Für eine offene und fortschrittliche Jugendarbeit scheint uns die Gefahr eher von dieser Geschäftsleitung auszugehen. Außerdem erscheint die Abenteuerhalle Kalk, wo gegen Entgelt geklettert, geskatet usw. wird, nicht gerade als adäquates Aufgabenfeld für einen engagierten Sozialpädagogen, der sich 30 Jahre lang in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu verantwortungsbewussten Mitgliedern der Gesellschaft eingesetzt hat.“ Darüber hinaus zeigten sich inzwischen am Bauspielplatz „erste Auswirkungen der Veränderung: die Anzahl der Besuche von Jugendlichen ist massiv zurückgegangen, erstmalig fährt der Baui nicht auf das Pfingstjugendtreffen, es gibt keine Sonntags-Matinees mehr, und unsere Befürchtungen bewahrheiten sich: Emanzipatorische, projektorientierte und solidarisierende Jugendarbeit verschwindet, und was bleiben soll, sind die Übermittagsgruppe/Hortarbeit mit Kindern und Eventmanagement. Ist dies das Konzept von Jugendarbeit, wie es in dieser Stadt durchgesetzt werden soll?“
 
Mobbing
 
„Unter Ihren Augen“, so der Appell an die Ratsfraktionen, die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses und der Bezirksvertretung Innenstadt werde seit acht Monaten gegen Gottfried Schweitzer eindeutig “Mobbing“ praktiziert, das seit vorletztem Jahr sogar als Straftatbestand gelte. Das Solidaritätskomitee fordere deshalb von den Adressaten:
> Sofortige Zurücknahme des erneuten Hausverbots!
> Durchführung einer Mediation mit dem Team mit dem klaren Ziel:
> Weiterbeschäftigung von Gottfried Schweitzer auf dem Baui!
> Die Verantwortlichen für die unrechtmäßigen Kündigungen und die neuen   Strafmaßnahmen gegen Gottfried Schweitzer müssen zur Rechenschaft  gezogen werden!
> Wenn verantwortungsbewusste Pädagogen Konflikte untereinander nicht lösen könnten – wie wollen sie das dann Kindern und Jugendlichen beibringen? Wir erwarten, dass Sie sich dazu positionieren und Ihre Verantwortung gegenüber den Bürgern und der Jugend in Köln wahrnehmen.“
 
Weitere Solidaritätsaktionen
 
Gleichzeitig bedankt sich die Schweitzergarde bei allen KölnerInnen, die sich in den letzten Monaten solidarisch und erfolgreich für Gottfried Schweitzer eingesetzt haben. Dies bestätige sogar Christoph Geißler, der stellvertretende Geschäftsführer der JugZ und erklärte Gegner Gottfried Schweitzers, in seinem Schreiben an den Betriebsrat vom 23.3.2009: „Es ist mit weiteren Demonstrationen, Mahnwachen und öffentlichen Aktionen … zu rechnen.“ Antwort des Sprecherteams der Schweitzergarde - Karin Stein, Elisabeth Sachse, Sven Labitzke, Dr. Ernst Herbert: „Wie Recht er hat! Denn die Geschäftsführung hat aus den bisherigen Ereignissen nichts gelernt.“ (PK)
 
Nächstes Treffen der Schweitzergarde: Montag, 20. April, 19 Uhr, in der Galerie Smend, Mainzer Str. 37 zur Vorbereitung eines großen Sieges- und Protest-Festes

Weitere Informationen unter www.schweitzergarde.de und schweitzergarde@web.de 

Online-Flyer Nr. 192  vom 08.04.2009

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