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Kultur und Wissen
Pornologie und Gewaltforschung oder
Bewerbungstraining
Von Hermann
Dabei hatte ich die Messlatte zum Anfang des Jahres wirklich nicht besonders hoch gehängt. Geplant war, den Vorsitz unseres kleinen Fanclubs zu übernehmen. Dass die Mitfans zur Vergabe einer derart verantwortungsschwangeren Position grade an meine Pforte klopften, ist aber weder ein Beleg für meinen einwandfreien Leumund, noch gaben meine Führungsqualitäten dafür den Ausschlag. Man darf sich das jetzt auch nicht als eine freie und geheime Wahl in einem verrauchten Hinterzimmer einer urkölschen Eckkneipe vorstellen, aus der ich als Sieger der dritten Stichwahl hervorging. Tatsächlich wollte den Posten kein anderer übernehmen, und so erklärte ich mich dazu bereit.
Unser Fanclub veranstaltet auch keine Bälle, Weihnachtsfeiern oder Karnevalssitzungen; er hat einzig und allein die Funktion, uns eine Ermäßigung auf die Dauerkarten zu sichern. Auch ist er kein echter e.V. im Vereinsregister; es reichte bei der Gründung lediglich, sich mit fünf Mitgliedern sowie einem Vorsitzenden beim Fan-Projekt des 1.FC Köln anzumelden. Daher dachten wir, ein Vorsitzwechsel sei ein ähnlich unbürokratischer Akt. Und so setzte die scheidende Präsidentin ein Schreiben auf, das wir beide unterschrieben, welches dem Fan-Projekt mitteilen sollte, dass sie sich künftig an Hermann zu wenden hätten.
Leider sind aber vor einiger Zeit die Modalitäten für Fanclubs verschärft worden. So muss inzwischen der Vorsitz auch einen Mitgliedsausweis des Vereins sein Eigen nennen können. Drum wurde mir auf hübsch formulierte Weise beigebracht, dass ich die Vorraussetzungen für die Führungsposition eines FC-Fanclubs leider nicht mitbrächte. Das macht wirklich Mut für die Zukunft. Danke liebes Fan-Projekt.
Vielleicht ist es aber auch ganz gut so, denn in der Liste aller Fanclubs auf der Internetseite des 1.FC Köln, die nach Postleitzahlen sortiert ist, werden wir, dank des Wohnorts unserer nun wohl doch nicht scheidenden Präsidentin, zwischen dem schwulen Fanclub `Gay Bockt´ und `Royal C.S.´ von Manuel Andrack aufgeführt. Es gibt bedeutend unangenehmere Nachbarschaften in dieser Liste.
Apropos Liste: Diese lud mich dazu ein, mich einmal über Fanclubnamen schlau zu machen. Dabei entstand meine ganz eigene Liste, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, sondern eine nicht ganz repräsentative Übersicht der Fanclubs der ersten Liga gibt, die auf den Vereinsseiten aufgeführt sind.
Köln:
Zeugen Colonias(der Name ist von den `Zeugen Yeboahs´ geklaut, drängte mir aber unweigerlich ein Bild von jungen Fußballfans auf, die in der Fußgängerzone das Geißbock Echo verkaufen)
Waschmaschinenpulver Betzdorf(Kommentar überflüssig)
Nit schlechter als die Anderlechter(Fanclub aus Brüssel)
Nürnberg:
Rot-Schwarze Leber Mühlhausen(wichtig, Ziele im Leben zu haben)
Dortmund:
Bierstandszene Südtribüne (die Bierstandszene trifft sich am Szenebierstand)
Die CityKobra Schwerte (klingt gefährlich nach 80er Jahren)
Ruhrfighter Wickede (legt man sich wohl besser nicht mit an, daher kein Kommentar)
Ruhrpott Rambos (s.o.)
Bielefeld:
Treue Almvagabunden (können sich wahrscheinlich nie entscheiden, ob sie ins Stadion gehen oder doch lieber `Musikantenscheune´ gucken sollen)
Wiedertäufer Münster (machen die aus Katholiken Arminen oder umgekehrt?)
Ostwestfalens Idioten (werden häufig von den gegnerischen Fans besungen)
Frankfurt:
EFC Vorwärts Frankfurt (klingt irgendwie nach Frankfurt/Oder)
EFC 36% Boy´s (scheinbar ein Fanclub mit hohem Damenanteil, hat seinen Sitz im schönen Ort 63589 Linsengericht)
EFC Tätowierte Adler (sieht man das überhaupt unter den Federn?)
Schalke:
Horster BP Knappen (Treffpunkt Dorftankstelle)
Pornologen GE (schön, wenn die Jugend Interesse an der Wissenschaft zeigt)
Parklücke Wilhelmshaven (bestimmt Freunde von den `Horster Knappen´)
Berlin:
Erfolgsfans Steglitz 2010 (lassen keine Fragen offen, wo sie sind, wenn´s mal nicht so gut läuft)
Hammer-Truppe von der Markt-Ecke (als Berliner wäre die Markt-Ecke meine erste Anlaufadresse)
Die Treuenbrietzener Schusterjungen (siehe `Treue Almvagabunden´)
Bremen:
Schlüsselkinder Holdorf (haben kein warmes Essen auf dem Tisch, wenn sie aus dem Stadion kommen)
Werder´s Echte (müssten jetzt Werder´s Original heißen)
Beck´s Street Boys (klingt sexy)
Stuttgart:
Schwoißsoggaschwadr Ostalb´95 (s.o.)
Rot-Weiß Leberkäs (würde ich zurückgehen lassen)
Wolfsburg:
Schlemmerbrüder (bester Name weltweit!)
Produktionstechnik VW(der Name ist Programm)
Parkplatzwölfe (Intimfeinde von `Parklücke Wilhelmshaven´)
Die Absage des Fan-Projekts hatte mich schon hart genug getroffen, aber eine Gastronomie-Kette streute eine weitere Portion Salz in meine Wunden: Ich bekam nicht einmal eine Antwort auf meine Bewerbung für die `McDonald´s Kinder Eskorte zur FIFA WM 2006´. Scheinbar trauen die mir nicht einmal Aufgaben, die für Elfjährige gedacht sind, zu. Dabei erinnere ich mich ganz genau, mein Bewerbungsformular richtig ausgefüllt zu haben. Geburtsdatum, Name, Anschrift, Mailadresse, Unterschrift, fast fertig, fehlt nur noch...
"Schatz, kannst du mal eben unterschreiben kommen?"
"Wo denn?"
"Hier, Unterschrift Erziehungsberechtigter...danke."
Ab in den Briefkasten und warten. Und warten. Und warten. - Und nichts passierte. Wenigstens den Grund hätte ich doch gerne erfahren. Wahrscheinlich trauen sich die Kinder Eskorten-Verantwortlichen nicht, mir mitzuteilen, dass ich aus Altersgründen nicht berücksichtigt wurde. In der alten Heimat von McDonald´s gibt es nämlich einem Antidiskriminierungs-Paragraphen. Der verbietet es Firmen, Bewerber auf Grund von Religion, Geschlecht, Hautfarbe und eben auch Alter abzulehnen.
Wie gerne würde ich auf mein Recht klagen. Auf mein Recht, Oliver Neuville aufs Spielfeld zu führen. Wegen des Größenunterschieds würden die Ordner dann den verdutzten Nationalspieler für das Eskorten-Kind halten und vom Spielfeld zerren. Ich könnte dann für Deutschland Tore schießen. Aber nein, all das wird mir jetzt wegen des verbrecherischen Jugendwahns unserer Gesellschaft genommen. Vielleicht ist es aber auch gut, wie es ist, weil die McDonald´s-Kinder ein bisschen Bewegung an der frischen Luft nötiger haben könnten als ich.
Vergeblich beworben: Keine Antwort
Foto: Hermann
Also muss ich mir wohl andere Karriereziele setzten. - Apropos Karriereziele: gestern sah ich meinen Lieblingsfanforscher Gunther A. Pilz in einer Radiosendung. Ja, ich sah ihn tatsächlich in einer Radiosendung, da diese auch im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Etwa so wie Domian in "interessant". Leider bekam ich nur den Schluss mit - der reichte aber aus, um die schöne Einblendung "Gunther Pilz, Gewaltforscher" am unteren Bildrand meines bärtigen Freundes zu lesen.
Das ist ja ein enormer Karriereschritt: Bis gestern ging ich davon aus, er sei Fanforscher, nun aber arbeitet er unter der Berufsbezeichnung Gewaltforscher. Damit ist Gunther A. Pilz mein Lieblingsgewaltforscher. Vielleicht hat er ja einen freien Praktikumsplatz zu vergeben. Ich sollte mich gleich mal bewerben. Und sollte er mich wider Erwarten nicht wollen, bin ich ja inzwischen geübt, mit Enttäuschungen umzugehen.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann
(Gewaltforscherpraktikumanwärter)
Online-Flyer Nr. 34 vom 07.03.2006
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Kultur und Wissen
Pornologie und Gewaltforschung oder
Bewerbungstraining
Von Hermann
Dabei hatte ich die Messlatte zum Anfang des Jahres wirklich nicht besonders hoch gehängt. Geplant war, den Vorsitz unseres kleinen Fanclubs zu übernehmen. Dass die Mitfans zur Vergabe einer derart verantwortungsschwangeren Position grade an meine Pforte klopften, ist aber weder ein Beleg für meinen einwandfreien Leumund, noch gaben meine Führungsqualitäten dafür den Ausschlag. Man darf sich das jetzt auch nicht als eine freie und geheime Wahl in einem verrauchten Hinterzimmer einer urkölschen Eckkneipe vorstellen, aus der ich als Sieger der dritten Stichwahl hervorging. Tatsächlich wollte den Posten kein anderer übernehmen, und so erklärte ich mich dazu bereit.
Unser Fanclub veranstaltet auch keine Bälle, Weihnachtsfeiern oder Karnevalssitzungen; er hat einzig und allein die Funktion, uns eine Ermäßigung auf die Dauerkarten zu sichern. Auch ist er kein echter e.V. im Vereinsregister; es reichte bei der Gründung lediglich, sich mit fünf Mitgliedern sowie einem Vorsitzenden beim Fan-Projekt des 1.FC Köln anzumelden. Daher dachten wir, ein Vorsitzwechsel sei ein ähnlich unbürokratischer Akt. Und so setzte die scheidende Präsidentin ein Schreiben auf, das wir beide unterschrieben, welches dem Fan-Projekt mitteilen sollte, dass sie sich künftig an Hermann zu wenden hätten.
Leider sind aber vor einiger Zeit die Modalitäten für Fanclubs verschärft worden. So muss inzwischen der Vorsitz auch einen Mitgliedsausweis des Vereins sein Eigen nennen können. Drum wurde mir auf hübsch formulierte Weise beigebracht, dass ich die Vorraussetzungen für die Führungsposition eines FC-Fanclubs leider nicht mitbrächte. Das macht wirklich Mut für die Zukunft. Danke liebes Fan-Projekt.
Vielleicht ist es aber auch ganz gut so, denn in der Liste aller Fanclubs auf der Internetseite des 1.FC Köln, die nach Postleitzahlen sortiert ist, werden wir, dank des Wohnorts unserer nun wohl doch nicht scheidenden Präsidentin, zwischen dem schwulen Fanclub `Gay Bockt´ und `Royal C.S.´ von Manuel Andrack aufgeführt. Es gibt bedeutend unangenehmere Nachbarschaften in dieser Liste.
Apropos Liste: Diese lud mich dazu ein, mich einmal über Fanclubnamen schlau zu machen. Dabei entstand meine ganz eigene Liste, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, sondern eine nicht ganz repräsentative Übersicht der Fanclubs der ersten Liga gibt, die auf den Vereinsseiten aufgeführt sind.
Köln:
Zeugen Colonias(der Name ist von den `Zeugen Yeboahs´ geklaut, drängte mir aber unweigerlich ein Bild von jungen Fußballfans auf, die in der Fußgängerzone das Geißbock Echo verkaufen)
Waschmaschinenpulver Betzdorf(Kommentar überflüssig)
Nit schlechter als die Anderlechter(Fanclub aus Brüssel)
Nürnberg:
Rot-Schwarze Leber Mühlhausen(wichtig, Ziele im Leben zu haben)
Dortmund:
Bierstandszene Südtribüne (die Bierstandszene trifft sich am Szenebierstand)
Die CityKobra Schwerte (klingt gefährlich nach 80er Jahren)
Ruhrfighter Wickede (legt man sich wohl besser nicht mit an, daher kein Kommentar)
Ruhrpott Rambos (s.o.)
Bielefeld:
Treue Almvagabunden (können sich wahrscheinlich nie entscheiden, ob sie ins Stadion gehen oder doch lieber `Musikantenscheune´ gucken sollen)
Wiedertäufer Münster (machen die aus Katholiken Arminen oder umgekehrt?)
Ostwestfalens Idioten (werden häufig von den gegnerischen Fans besungen)
Frankfurt:
EFC Vorwärts Frankfurt (klingt irgendwie nach Frankfurt/Oder)
EFC 36% Boy´s (scheinbar ein Fanclub mit hohem Damenanteil, hat seinen Sitz im schönen Ort 63589 Linsengericht)
EFC Tätowierte Adler (sieht man das überhaupt unter den Federn?)
Schalke:
Horster BP Knappen (Treffpunkt Dorftankstelle)
Pornologen GE (schön, wenn die Jugend Interesse an der Wissenschaft zeigt)
Parklücke Wilhelmshaven (bestimmt Freunde von den `Horster Knappen´)
Berlin:
Erfolgsfans Steglitz 2010 (lassen keine Fragen offen, wo sie sind, wenn´s mal nicht so gut läuft)
Hammer-Truppe von der Markt-Ecke (als Berliner wäre die Markt-Ecke meine erste Anlaufadresse)
Die Treuenbrietzener Schusterjungen (siehe `Treue Almvagabunden´)
Bremen:
Schlüsselkinder Holdorf (haben kein warmes Essen auf dem Tisch, wenn sie aus dem Stadion kommen)
Werder´s Echte (müssten jetzt Werder´s Original heißen)
Beck´s Street Boys (klingt sexy)
Stuttgart:
Schwoißsoggaschwadr Ostalb´95 (s.o.)
Rot-Weiß Leberkäs (würde ich zurückgehen lassen)
Wolfsburg:
Schlemmerbrüder (bester Name weltweit!)
Produktionstechnik VW(der Name ist Programm)
Parkplatzwölfe (Intimfeinde von `Parklücke Wilhelmshaven´)
Die Absage des Fan-Projekts hatte mich schon hart genug getroffen, aber eine Gastronomie-Kette streute eine weitere Portion Salz in meine Wunden: Ich bekam nicht einmal eine Antwort auf meine Bewerbung für die `McDonald´s Kinder Eskorte zur FIFA WM 2006´. Scheinbar trauen die mir nicht einmal Aufgaben, die für Elfjährige gedacht sind, zu. Dabei erinnere ich mich ganz genau, mein Bewerbungsformular richtig ausgefüllt zu haben. Geburtsdatum, Name, Anschrift, Mailadresse, Unterschrift, fast fertig, fehlt nur noch...
"Schatz, kannst du mal eben unterschreiben kommen?"
"Wo denn?"
"Hier, Unterschrift Erziehungsberechtigter...danke."
Ab in den Briefkasten und warten. Und warten. Und warten. - Und nichts passierte. Wenigstens den Grund hätte ich doch gerne erfahren. Wahrscheinlich trauen sich die Kinder Eskorten-Verantwortlichen nicht, mir mitzuteilen, dass ich aus Altersgründen nicht berücksichtigt wurde. In der alten Heimat von McDonald´s gibt es nämlich einem Antidiskriminierungs-Paragraphen. Der verbietet es Firmen, Bewerber auf Grund von Religion, Geschlecht, Hautfarbe und eben auch Alter abzulehnen.
Wie gerne würde ich auf mein Recht klagen. Auf mein Recht, Oliver Neuville aufs Spielfeld zu führen. Wegen des Größenunterschieds würden die Ordner dann den verdutzten Nationalspieler für das Eskorten-Kind halten und vom Spielfeld zerren. Ich könnte dann für Deutschland Tore schießen. Aber nein, all das wird mir jetzt wegen des verbrecherischen Jugendwahns unserer Gesellschaft genommen. Vielleicht ist es aber auch gut, wie es ist, weil die McDonald´s-Kinder ein bisschen Bewegung an der frischen Luft nötiger haben könnten als ich.
Vergeblich beworben: Keine Antwort
Foto: Hermann
Also muss ich mir wohl andere Karriereziele setzten. - Apropos Karriereziele: gestern sah ich meinen Lieblingsfanforscher Gunther A. Pilz in einer Radiosendung. Ja, ich sah ihn tatsächlich in einer Radiosendung, da diese auch im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Etwa so wie Domian in "interessant". Leider bekam ich nur den Schluss mit - der reichte aber aus, um die schöne Einblendung "Gunther Pilz, Gewaltforscher" am unteren Bildrand meines bärtigen Freundes zu lesen.
Das ist ja ein enormer Karriereschritt: Bis gestern ging ich davon aus, er sei Fanforscher, nun aber arbeitet er unter der Berufsbezeichnung Gewaltforscher. Damit ist Gunther A. Pilz mein Lieblingsgewaltforscher. Vielleicht hat er ja einen freien Praktikumsplatz zu vergeben. Ich sollte mich gleich mal bewerben. Und sollte er mich wider Erwarten nicht wollen, bin ich ja inzwischen geübt, mit Enttäuschungen umzugehen.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann
(Gewaltforscherpraktikumanwärter)
Online-Flyer Nr. 34 vom 07.03.2006
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