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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Lokales
Zorn in Kölner Gewerkschaftsjugend wächst
Zerstörte Chancen
Von Hans-Dieter Hey

In Frankreich, Italien, der Türkei, in Griechenland und anderswo wird – teilweise deutlich – der Aufstand vollzogen. Deutschland wirkt verträumt oder hat noch nicht verstanden, was diese Zeit herausfordert. Umso zorniger und kämpferischer die Sprache der Gewerkschaftsjugend in Köln, die am 1. Mai, die stellvertretend sein dürfte. Deswegen veröffentlichen wir das Manuskript ihrer Reden über ein abgewirtschaftetes neoliberales Wirtschaftssystem. Doch den Todesstoß dafür muss genau diese Jugend ausführen. – Die Redaktion.



Sandra Brizzi: Zeit für neue Gesellschaftsform ist reif

Mai-Rede von Sandra Brizzi


Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich spreche hier, im Namen der DGB Jugend Köln. Andreas hat sie gerade in seinem Beitrag angesprochen, die Krise. Namen hat sie viele. Subprimekrise, Finanzkrise, Wirtschaftsrise, Bankenkrise, Umweltkrise, Weltwirtschaftskrise – und was es nicht sonst noch alles für Krisen gibt. Für uns ist es ganz klar eine Krise des Systems. Wir, die Jugend, muss in dieser Krise leben! Die junge Generation hat keine Aktien an diesem System! Gerade sie hat am wenigsten Grund, das System zu retten. Denn sie hat schon lange nichts mehr zu verlieren. Die soziale Schere klafft weiter auf – vor allem zwischen den Generationen. Die Jungen besitzen fast nichts: Kein Geld, keine Güter, keine Perspektive. Praktika, Leiharbeit und unsichere Jobs sind Regel – wenn überhaupt. Die Jugend wird im großen Stil um ihre Zukunft betrogen.  Ein Symptom des Untergangs – ein Kind das niemals wachsen kann! Danke an dieser Stelle an die Verantwortlichen! Und deswegen sagen wir: Jede Gesellschaftsnorm hat ihre Zeit. Der Kapitalismus funktioniert nicht mehr. Die Zeit für eine andere Gesellschaftsform ist reif!

Politische Schönrederei


Gucken wir uns doch mal die Realität an! Ausbildungslücke – Die Bundesregierung sagt: 17 Prozent in der BRD haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. 17 Prozent!! Das sind in Zahlen ca. 96.000. Das hört sich viel an – ist es aber nicht. Ja, wer sind denn die 17 Prozent? Darunter fallen zwar in Teilen Jugendliche in Praktika und in „berufsvorbereitenden Maßnahmen“, also Warteschleifen. Und jetzt kommt es: Ca. 52 Prozent der Altbewerberinnen und Altbewerber aus den Vorjahren 2007 und 2008 – also jede zweite Bewerbung – die fallen nicht darunter. Schöngerechnete Zahlen sind das! Und es wird auch noch zugegeben! Offizielles Verarschen ist das – und keinen scheint es zu kümmern! – uns schon! So und jetzt mal weg von der Schönrederei! Die Zahl der Jugendlichen ohne einen Ausbildungsplatz ist erschreckend größer. Wenn man sich nämlich durch zig Tabellen bei der Arge durchgearbeitet hat und sich die Zahlen der wirklich Suchenden zusammenrechnet, kommt man auf ca. 380.000 – Das ist viel, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ein Grund dafür ist, dass  wir – wie nennt uns unsere Bundesregierung liebevoll „Ausbildungsunfähig“ sein sollen. Das ist doch nett. Ausbildungsunfähig? Übrigens: auch bekannt als ausbildungsunreif oder auch ausbildungsunwillig. Ja klar, wir wollen gar keine Perspektive! Das ich nicht lache! Wer sich anmaßt so zu urteilen, hat in der Jugendpolitik damit seinen Offenbarungseid geleistet. Wir sind fähig, liebe Regierung! Ihr seid die Unfähigen! Nicht fähig, eurer Jugend genügend Ausbildungsplätze zu geben. Das ist Unfähigkeit! In einem System, das nicht wir geschaffen haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern ein System, das die Regierung geschaffen hat. In einem System, wo Chancengleichheit ein Fremdwort zu scheinen ist, werden die unter uns, die aus ArbeiterInnenfamilien, Familien mit Migrationshintergrund und sozial schwachen Familien einfach mal „ausbildungsunfähig“ genannt. Herzlichen Glückwunsch, du bist durchs Raster gefallen – Zack und Tschüss. Ganz nach dem Motto: ‚Die Guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen’. Märchenhaft sieht anders aus. Ja, liebe Herrschaften in Berlin, das ist Euer System. Ihr stempelt uns ab. Ihr entzieht euch eurer Verantwortung.

Liebe Eltern....

Das haben wir nicht verdient. Liebe Eltern, das haben Eure Kinder nicht verdient! Der Schrei nach dem Wunsch einer Perspektive ist groß. Eine Antwort bleibt Ihr schuldig. Frust, Trauer, Wut und Angst machen sich breit – bei der sehnsüchtigen Suche nach Anerkennung. Mit großen Erwartungen, mit Hoffnung nach einer Zukunft, die nicht greifbar scheint. Ständige Abweisungen durch Absagen – und damit auch Abwertungen zu ertragen –  ist für Jugendliche in der Entwicklungsphase – in einer Phase in die Gesellschaft herein zu wachsen, mit dem Versuch dazu zu gehören – ein Genickbruch. Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, Resignation und dadurch resultierenden Gewalttaten sind die Folge in einer Welt in der man über Haben und nicht Haben definiert wird. So wird man wenigstens gesehen. Das darf nicht der Weg sein. Der Weg in die Zukunft führt über die Bildung. Und sind wir doch mal ehrlich – gut sieht es nicht aus. Wir schlagen uns durch ein Schulsystem mit kaum erfüllbarem Leistungsdruck, wo doch von Anfang an klar ist, was mit uns passiert. Wie kann man schon in der 4. Klasse ausgesiebt werden in Gymnasium, Real- und Hauptschule? Das ist die falsche Perspektive! Diese Perspektive selektiert! Diese Perspektive grenzt aus! Toller Start in die Zukunft!



Haltet uns für naiv, aber es könnte doch so einfach sein. Wir fordern: Abschaffung des 3-gliedrigen Schulsystems, denn spätestens als HauptschülerIn ist die Zukunftslosigkeit oft vorprogrammiert. Wir fordern: Ein einheitliches Schulsystem, in dem gefördert wird und keine/r zurückbleibt, alle dieselbe Chance haben und individuell auf einzelne SchülerInnen eingegangen wird. Wir fordern: Einstellungen von LehrerInnen um die chronisch überfüllten Klassen abzubauen und Unterrichtsausfälle zu verhindern. Wir haben ein Recht auf Bildung!

Wir fordern: Bereitstellung von zeitgemäßen und ausreichenden Schulmaterialien, um eine qualitativ hochwertige Schulbildung zu ermöglichen. Wir fordern: Jugend von der Straße – durch die Einrichtung von genügend Jugendzentren mit kompetentem und gut ausgebildetem Personal. Als Zufluchtsort für Austausch, Gemeinschaft und Solidarität. Wir fordern: Renovierung von Bildungsstätten. Wer will und kann schon ernsthaft in einem knastartigen Gebäude lernen und sich entfalten? Könnten Sie es? Ich denke die Frage bedarf keiner Antwort.

Wir fordern: Einhaltung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab 3! Schön, dass es ein Gesetz dafür gibt. Doch Frau Von der Leyens Versprechen, die Kinderbetreuung auszubauen, klingt wie Spott in den Ohren von Eltern, die trotzdem diesen Rechtsanspruch auf Grund von fehlenden Kapazitäten nicht verwirklichen können. Kinder sollen wir bekommen und Platz ist doch keiner für sie da! Zu diesem Thema ist noch viel zu sagen, aber auch wir haben eine begrenzte Redezeit! Wir fordern: Gleiche Chancen für alle und damit die Abschaffung der Studiengebühren! Ist es euer Ernst, dass nur die studieren dürfen, die mal eben bis zu 750 EUR im Semester locker machen können? Ist es euer ernst, denen die Bildung zu verwehren, die ein Studium nicht  finanzieren können, obwohl sie es mit ihrem Abschluss verdammt noch mal könnten?

Keine Praktikumsgeneration gewünscht

Kommt ihr mit eurem Gewissen klar, dass diese sich entweder schon in jungen Jahren total verschulden, oder gar auf das Studium verzichten, weil sie arbeiten gehen müssen? Ist das wirklich ernst gemeint? Sorry, für uns ist das alles andere als gerecht. Wir wollen keine reine eliteorientierte Gesellschaft, sondern eine faire! Gleiches Recht für alle, unabhängig vom Geldbeutel! Wir fordern: Stopp mit der Ausbeutung von Jugendlichen in unterbezahlten Praktika. Ist praktisch, so ne billige vollwertige Arbeitskraft. Wir verstehen schon. Und wir sagen NEIN! Stopp mit Parkstationen durch so genannten „berufsvorbereitenden Maßnahmen“. Sie werden zum Schönrechnen von Statistiken verwendet und helfen den Jugendlichen keinen Deut weiter! Ausbildungsplätze sind hier die Lösung!

Deswegen fordern wir: Wer nicht ausbildet muss zahlen! Die schon seit Jahren geforderte Umlagefinanzierung! Merkt ihr was? Wir lassen nicht locker! Immer noch bilden nur ca. 23 Prozent aus. Bundesweit fehlen ca. 53.000 Ausbildungsplätze im Vergleich Angebot und Nachfrage! So liebe Kapitalisten, wir fordern euch nochmals auf eure gemeinwirtschaftliche und gesellschaftliche Verantwortung wahr zu nehmen! Wir wollen keinen außerbetriebliche Ausbildungen, sondern qualitativ hochwertige Ausbildungsplätze in den Betrieben. Wir wollen das duale Ausbildungssystem! Und nach der Ausbildung: Wir fordern die Übernahme! Unbefristet – Vollzeit, im erlerntem Beruf und Wohnortnah. Nachdem die Übernahme bei der letzten Tarifrunde im Öffentlichen Dienst hinten runtergefallen ist, fordern wir: Übernahme – jetzt erst Recht!



Mit dem Auftakt der ver.di Jugend Kampagne „Ich will bleiben“ und der IG-Metall Jugend Kampagne „Operation Übernahme“ besetzen wir das Thema stärker denn je! Wir geben nicht auf! – Wir fangen jetzt erst richtig an – und das ist ein Versprechen! Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nur die Spitze des Eisberges. Uns beschäftigen weitaus mehr Themen: Rente mit 67 – Der Generationenvertrag – Arbeitzeitverkürzung – Mindestlohn und und und – aber dazu wird Marco gleich noch teilweise ins Detail gehen.

Vergiftete Beiträge durch gesteuerte Medien

Wir stehen vor einem Batzen Problemen, die wir nicht verursacht haben und zu allem Überfluss ist das ein wahrer Nährboden für rechtsradikale Hetzkampagnen ala PRO-Köln  – sauber! Fehlende Aufklärung und vergiftete Beiträge durch gesteuerte Medien helfen auch noch tüchtig bei der Hetze! Denn wenn man sonst nicht ins System passt, ist es doch wunderbar von einer Gruppierung gefunden zu werden, die sich um einen „kümmert“.

Aber von Kümmern kann hier keine Rede sein. Kümmern ist nur ein Mittel zum Zweck für Manipulation und menschenverachtende Propaganda, die Nichts, aber auch gar Nichts mit den fehlenden Zukunftsperspektiven zu tun haben. Wir, die DGB-Jugend, stellen uns dem entgegen und sagen laut: „Ausbildungsplätze, statt Ausländerhetze!“ Für eine solidarische, integrative Gesellschaft ohne Vorurteile und Fremdenhass. Für eine Gesellschaft in der Chancengleichheit gilt, unabhängig von Religion und Ethnischer Herkunft.  Wir sind alle Menschen – keine Rassen! Allerhöchste Zeit, sich mit dem Thema Integration auseinander zu setzen. In Schulen, am Arbeitsplatz, an Universitäten,  in der Kneipe und vor allem in Berlin bei der Regierung.

Deswegen rufen hier und jetzt auf! Unterstützt uns und die Bündnisse gegen den zweite Versuch eines Antiislamisierungskongress am 09. Mai. Kommt mit uns auf die Straße und lasst uns gemeinsam Flagge zeigen, Pro Köln ist nicht Köln, sondern wir sind Köln! Köln ist bunt!

Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit – wir sehen uns am 09.!



Mai-Rede von Marco Steinborn


Markus Steinborn: Will neue Gesell-
schaft mit organisieren
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der 1. Mai ist der Tag an dem weltweit Lohnabhängige für ihre Rechte und eine menschenwürdige Zukunft demonstrieren. Und auch wir, die Jugend, hat reichlich Grund zu demonstrieren. Denn auch unsere Rechte als Jugendliche und Auszubildende in Deutschland sind permanenten Angriffen ausgesetzt. Man greift weiter den Kündigungsschutz an und die ersten Stimmen formieren sich wieder um das Jugendarbeitsschutzgesetz zu novellieren – also zu verschlechtern für die Auszubildenden. Dazu entziehen sich immer mehr Unternehmen durch Austritte aus dem Arbeitgeberverband der Tarifautonomie oder gehen gar dazu über, die Tarifautonomie als „Kartell“ zu bezeichnen. Das ist eine Frechheit und Verrat an der sozialen Marktwirtschaft. Hier muss der Staat eingreifen und Mindestlöhne einführen um Lohndumping und Ausbeutung von Arbeiter/innen und Auszubildenden zu verhindern.

23 Prozent arbeiten zu Hungerlöhnen

Er muss die Börsen strenger kontrollieren und Topmanagergehälter begrenzen anstatt das Geld nur zum Fenster raus zu werfen! Und vor allem – Privat vor Staat hat endgültig ausgedient Liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür müssen wir gemeinsam einstehen! John F. Kennedy hat einmal gesagt: „Fragt nicht was euer Land für Euch tun kann sondern fragt, was könnt ihr für euer Land tun.“ Heute stehen wir hier und sind der Auffassung, dass es an der Zeit ist, dass das Land wieder etwas für uns tun sollte. Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gerade auch um Jugendarmut zu bekämpfen, Abschaffung von Hartz IV – denn Hartz IV ist Armut per Gesetz, ein Grundrecht auf eine Ausbildung, Umlagefinanzierung wie es von Sandra schon gefordert worden ist und vor allem auch eine Reichensteuer! Die Umverteilung darf nicht länger heißen „Reich wird auf Kosten der Allgemeinheit noch reicher!

All das sind Dinge, die der Staat für uns tun sollte, er sollte das System sozialer gestalten und er sollte das System stärker kontrollieren! Und damit ist nicht Mensch gemeint, Herr Schäuble, sondern der Finanzsektor. 7,68 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland zu Niedriglöhnen. Das sind 22,6 Prozent der Beschäftigten. 5,5 Millionen davon arbeiten für weniger als 7,50 EUR – Brutto!! – die Stunde. 1,9 Millionen davon arbeiten für weniger als fünf Euro – Brutto!! – die Stunde! Das sind keine Zahlenspiele, das ist die Wirklichkeit in unserem Land! Von 2001 bis 2008 sind mehr als 2,1 Millionen Vollzeitstellen weggefallen! 2,1 Millionen Existenzen, die verloren gingen. 2,1 Millionen volle Beitragszahler in die sogenannten sozialen Sicherungssysteme!

Leiharbeit ist auf einem historischen Höchststand. Gerade diese Menschen und die junge Generation spüren die Krise, da sie die Ersten sind, die davon bedroht sind, ihre Existenzen zu verlieren. Es waren nicht wir, die ArbeitnehmerInnen und Auszubildenden, welche mit Maßlosigkeit und schier unendlicher Gier diese Krise verursacht haben. Aber es werden Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert. Sprich: also wir die Jugend und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen die Zeche zahlen!

Die Bindungen an Auflagen des kreditgebenden Staates Deutschlands sind auf Ende 2011 befristet. Pünktlich zum erwarteten Konjunkturaufschwung sollen – nachdem die Verluste sozialisiert wurden – die Profite wieder privatisiert werden. Man schüttet Milliarden Euro in ein System „Neoliberalismus“, das nachhaltig bewiesen hat, dass es gescheitert ist. Unsere Politiker sprechen davon, dass die Seifenblase geplatzt ist. Aber warum richten sie dann Arbeitskreise ein, welche sich ausschließlich damit beschäftigen, wie sie diese Blase wieder auffüllen können? Die Politik schützt diejenigen, die sie verursacht haben mit Rettungsschirmen und schaut zu, wie Tausende ihren Job verlieren oder mittlerweile hochverschuldet sind, weil sie sich seit Monaten in Kurzarbeit befinden. Das ist im höchsten Maße unsozial, die Würde des Menschen scheint schon sehr lange nicht mehr unantastbar zu sein und der Staat handelt nicht.

Lohndrückerei spaltet die Gesellschaft

Es sind wir, die Menschen. Wir haben an erster Stelle zu stehen, und nicht das kranke System. Diese Finanz- und Wirtschaftskrise ist eine Systemkrise, welche im Moment nur die Beschäftigten tragen. Das heißt, wir, diejenigen die den Aufschwung in der Vergangenheit erbracht haben, haben am wenigsten davon profitiert. Zitat damals vom Arbeitgeberverband: Lohnerhöhungen und Übernahmeregelungen im Tarifvertrag sind Gift für den Aufschwung! In diesem Jahr wird es heißen: Bloß keine Lohnerhöhung, das können wir uns angesichts der Krise nicht leisten.

Merkt Ihr etwas? Der globale Kapitalismus und die damit einhergehende Lohndrückerei in Deutschland unterteilt die Menschen in zwei Gruppen: Diejenigen die etwas erwirtschaften – das sind wir. Und diejenigen, welche die Gewinne einstreichen – das sind nicht wir! Kaum einer schafft es bis zum Rentenalter und die Zahl der psychischen Erkrankungen schnellt seit Jahren in die Höhe. Aber die Politik steht still. Wir müssen Handeln! Wir müssen die Menschen aufwecken, denn wir sind ‚mehr Wert’!


Todesstoß muss noch versetzt werden
Fotos: arbeiterfotografie.com
In den achtziger Jahren hat man auf die Ölkrise teilweise mit kürzeren Arbeitszeiten bei Lohnausgleich reagiert, um für mehr Beschäftigung zu sorgen. Anstatt dieses wieder zu tun, erwägen Politik und Arbeitgeberverbände die Anhebung der Arbeitszeiten, wenn die Krise überstanden ist. Dies bedeutet mehr Belastung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dies bedeutet weniger Arbeitsplätze. Dies bedeutet weniger Auszubildende, die übernommen werden. Das ist der falsche Weg. Das ist ein unsozialer Weg! Das müssen wir gemeinsam verhindern. Der Markt regelt sich nicht selbst! Körperschaftssteuer runter und runter bis auf redliche 15 Prozent hat es in der Vergangenheit geheißen. Interessant ist, dass es im gleichem Atemzug heißt, die Lohnkosten sind in Deutschland zu hoch. Diese Aussagen sind ein Schlag ins Gesicht wenn Eltern, die 40 oder 42 Stunden die Woche arbeiten gehen und im Anschluss zum Sozialamt gehen müssen, wo man eine Ausgleichszahlung bekommt um die Armutsgrenze überschreiten zu können.

Zerstörte Lebensgrundlagen

Ein Schlag ins Gesicht von 1,3 Millionen Menschen. Der kurzfristige Profit zerstört nachhaltig die Lebensgrundlagen unserer Gesellschaft und unseres Planeten. Damit muss Schluss sein! Ihr da im Kölner Stadtrat, im Düsseldorfer Landtag, im Berliner Bundestag und im Brüsseler Europarat und in allen anderen politischen Instanzen. Ihr seit dem Volk verpflichtet! Ihr habt einen Auftrag und der heißt nicht begebe ich ins soziale Abseits, sondern begebe dich sofort dorthin ohne Lohnerhöhung und ohne sicheren Arbeitsplatz und ohne Übernahme im erlernten Beruf. Die Kluft zwischen Arm und Reich klafft auch in Deutschland immer stärker auseinander. Es gibt Städte, in denen jedes vierte Kind in Armut lebt. Es ist schlichtweg gelogen, wenn man von Chancengleichheit spricht, aber hingeht und Studiengebühren einführt und die Kinderbetreuung hinten runter fallen lässt oder Renten nur so minimal erhöht, dass man noch nicht einmal von Inflationsausgleich sprechen kann.

Soziale Verelendung führen zu Unruhen

Hunderte von Milliarden Euro  werden dazu verwendet, um ein krankes System künstlich mit unserem Geld am Leben zu erhalten, anstatt in Bildung zu investieren und Renten nicht länger leicht oberhalb der Armutsgrenze verweilen zu lassen. Wir sind dankbar für die erfahrene Generation, welche uns unseren heutigen sozialen Standard erarbeitet und erkämpft hat. Und wir werden diesen Weg gemeinsam mit Euch allen weiter gehen, denn dafür lohnt es sich zu kämpfen! Bevor ich zum Schluss komme möchte ich noch kurz Bezug nehmen zu der Diskussion um etwaige „Soziale Unruhen“, die manche befürchten. Andere sagen, es sei unverantwortlich dieses Thema anzusprechen. Was glauben diese Menschen denn, wovon sie reden? Soziales Elend führt zu Unruhen. Ein Staat, der seine Menschen im Stich lässt, versagt oder lügt. Die Macht in diesem Staat soll und muss immer noch vom Volk ausgehen. Die Geschichte ist nicht Vergangenheit, sondern ein Prozess, den wir aktiv mitgestalten sollten. Aus diesem Grund sollten wir  genau so wie wir heute hier stehen und für unsere Rechte eintreten auch gemeinsam am 16 Mai in Berlin aufstehen. An diesem Tag finden in ganz Europa Demonstrationen „Für ein soziales Europa“ statt.

Lasst uns an diesem Tag gemeinsam mit anderen hundertausenden Menschen in einem vereinten Europa ein Zeichen setzen und unseren Forderungen Nachdruck verleihen für eine sozialere Politik, für soziales System und gegen den Raubtierkapitalismus. Lasst uns überall dort, wo wir die Möglichkeit dazu haben, ihnen sagen, wo für wir einstehen. In Betrieben, auf dem Pausenhof, in der Mensa, in den verschiedensten Gremien. Aber auch im Freundeskreis oder abends an der Bar. Denn das einzige Mittel, was zu Veränderungen führen wird, ist die politische Aufklärung im Alltäglichen. Wir alle gemeinsam, die wir uns heute hier versammelt haben, repräsentieren die generationsübergreifende Solidarität in diesem Land. Lasst uns die nächste Gesellschaft selbst organisieren und gestalten, denn die Zeit ist reif dafür!

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit. (HDH)

Online-Flyer Nr. 169  vom 06.05.2009

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