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Zum Mord in Dresden - mit zeitlichem Abstand, aber wenig kritischer Prüfung
Auch die ZEIT recherchiert, was sie finden will
Von Sabine Schiffer
Gedenken an Marwa El-Sherbini in Dresden
Quelle: wikimedia
Nicht der tatsächliche Verlauf im Umgang mit dem Mord an Marwa el-Sherbini in Dresden bestimmt die Darstellung auf der aufmerksamkeitsrelevanten Seite 3 der Zeit vom 16. Juli unter der Überschrift „Mord in Dresden - Unsere Angst“, sondern die Wahrnehmung von vier Redakteuren der Qualitätswochenzeitung. Deren Sichtweise stellt eine leicht zu entlarvende Konstruktion dar, die auf der Auswahl bestimmter Fakten und deren Kombination beruht – mit der Realität hat das bei allem feststellbaren Bemühen um Klarstellung wenig zu tun.
Vor allem weiß und männlich
So wird behauptet, die eigene Einwanderungsgeschichte hätte es einigen deutschen Journalisten ermöglicht, die Brisanz des Themas zu erkennen. Die erwähnte Hilal Sezgin war sicher eine der ersten, die das Problem der Islamfeindlichkeit hier erkannt hat, aber in der Frankfurter Rundschau und damit recherchierbar wurde ihr Beitrag „Man nennt es Islamophobie“ erst am 9. Juli abgedruckt. Bereits am 7. Juli hatte der Tagesspiegel das Interview mit Aiman Mazyek und Stephan Kramer gebracht. Die folgenden Tage berichtete
ununterbrochen Andrea Dernbach, die keinen außerdeutschen Migrationshintergrund aufzuweisen hat, im Tagesspiegel und auf ZEIT-online über die unterschätzte Islamfeindlichkeit.
Hilal Sezgin hat auch keine eigene Einwanderungsgeschichte. Ihr Vater hat wohl eine, ihre Mutter ist Deutsche und sie, die Tochter, ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Aber es passt einfach besser zu den eigenen Vermutungen und zur üblichen Vermischung der Kategorien „islamisch“ und „migrantisch“. Diese Vermischung wird im ZEIT-Artikel unhinterfragt und gleich an mehreren Stellen kolportiert. So dass man am Ende gar zu dem
Schluss kommt, migrantische Journalisten – zu denen dann weiterhin auch Hilal Sezgin gezählt wird – sollten hier Abhilfe schaffen. Sicher müssen Redaktionen bunter werden, aber das enthebt die unbunten nicht von der Notwendigkeit, selbstkritischer mit diversen Themen umzugehen, und wird eh nur bedingte Effekte zeitigen, weil die Verantwortlichen im Medienbetrieb weiterhin vor allem weiß und männlich sind.
Stephan J. Kramer: „Warum kamen die
Reaktionen der Medienlandschaft wie der
Politik auf den Mord so spät?“
Quelle: http://de.qantara.de/
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, hat inzwischen auf qantara.de einen interessanten Kommentar abgegeben, wie er die Konstruktion der Geschichte und Antagonismen, die gar nicht vorhanden sind, sowie das Herunterspielen von Islamfeindlichkeit sieht – sehr lesenswert.
Ins inzwischen verbreitete Konstrukt, dass die Muslime Islamophobie anprangern und damit alle Nichtmuslime unter Generalverdacht stellen, passt auch die Behauptung, dass „die Empörung“ von außen gekommen sei, „nicht von innen“. Also, erst einmal kamen die ersten Erklärungen zum Mordfall in Dresden mitsamt der Forderung, das Problem Islamfeindlichkeit endlich ernst zu nehmen, von deutschen, nicht-islamischen Organisationen.(1) Und die deutschen Muslime haben sich dann offensichtlich zu zivilisiert geäußert, Pressemitteilungen herausgegeben und keine medienwirksamen Bilder produziert, wie einige Ägypter und Ahmadinejad. Der medial konstruierte Eindruck wird aber nicht hinterfragt, sondern als Abbild der Realität interpretiert. So entsteht Geschichtsschreibung. Wie der Hinweis auf den Karikaturenstreit in dem Kontext auch deutlich macht: Nicht die Karikaturen hatten die islamische Welt in Aufruhr versetzt, sondern das beharrliche
Berufen auf Meinungsfreiheit auch bei den diffamierenden Darstellungen – wie man es sonst tunlichst nicht reklamieren würde: s. Pornografie, Nazi-Symoble, antisemitische Darstellungen. Aber die Inszenierungen um den Karikaturenstreit sind offensichtlich nicht bewusst, sondern die lupenartigen Vergrößerungen aufgebrachter Fahnenverbrenner.(2)
Schon vorher fertiges Bild
Aber dann kommt der Clou der ZEIT-Autoren: „Neben dem Hass auf Muslime“ gebe es auch eine „berechtigte Islamkritik“ und im selben Atemzug wird von al-Qaida, „islamistischem“ Terror (hier nichts von Instrumentalisierung natürlich!), „Zwangsehen“ und „Ehrenmorden“ geschrieben. Ja, hat man die Kommentareinträge denn nicht genau gelesen, die man zuvor erwähnt als Beleg und Ausdruck für islamfeindliche Einstellungen? Das sind genau deren
Themen, mit denen der Islam als ganzes abgelehnt wird – so wie man die Demokratie ablehnen könnte, weil es in Deutschland Rechtsradikale gibt oder weil manche Eltern ihre Kinder verwahrlosen lassen oder gar umbringen.
Warum stellt man hier nicht die dringende Frage, wie es geschehen konnte, dass Themen wie Gewalt, Frauenmisshandlung und Zwangsehen, die weltweit ein Problem darstellen und in verschiedenen Communities mit unterschiedlichen Begründungen vorkommen, zunehmend – und offensichtlich auch von den Redakteuren der ZEIT – als „islamisch“
wahrgenommen werden. Wieso übernimmt man derlei unqualifizierte Kategorisierungen? Hier deutet sich die Fortsetzung der antiaufklärerischen Verallgemeinerungen der Blogeinträge im Print an – und diese scheinen ihre Argumentationen wiederum aus den Mainstream-Medien haben, denn diese waren schlicht zuerst da und kolportieren derartige intellektuelle Fehlleistungen schon seit Jahrzehnten. Und so dürfen auch die Sauerlandattentäter in der Aufzählung der angeblich „islamisch-inspirierten“ Probleme nicht fehlen – freilich fehlt der Hinweis auf Mevlüt K., den CIA-Kontaktmann hinter der Bande. Der hätte nicht ins offensichtlich schon vorher fertige Bild gepasst.
„Im Tumult verwechselt“ – aber warum?
Ein Vergleich der Begriffe „Islamkritik“ mit „Israelkritik“ würde auch Aufschluss bringen (3) – aber das wollen wir den Schreibern in nur zwei Wochen Recherchezeit nicht zumuten. Es geht also, auch wenn der Beitrag anderes behauptet, sehr wohl um Islamfeindlichkeit. Ich muss Israel nicht kennen, um verallgemeinernde Formulierungen entlarven zu können. Ich muss nicht den Islam studieren, um Islamfeindlichkeit als Ausgrenzungsmechanismus zu erkennen. Wie Antisemitismus als Problem der sog. Mehrheitsgesellschaft erkannt wurde – bei allen und oft gleichzeitig mit guten Kontakten zu Juden – muss auch der Verweis auf Islam und Muslime unterlassen werden, wenn es um (latente) Islamfeindlichkeit geht. Die anderen Themen stehen schlicht auf einem anderen Blatt. Wir brauchen uns sicher nicht in „muslimische Sensibilitäten“ einfinden. Der normale mitmenschliche Respekt, der laut Menschenrechten jedem Individuum zusteht, würde schon ausreichen. Freilich gibt es auch Juden, die gerne als „Beweis“ für die Berechtigung von Antisemitismus hergenommen werden – bei genauerem Hinsehen entpuppt sich dies aber immer als unzulässige Verallgemeinerung. Und wer den Beitrag auf Verallgemeinerungen hin überprüft, wird feststellen, dass genau hierin die Krux liegt.
Da macht sich die Verharmlosung der polizeilichen „Verwechslung“ nur noch als kleiner Ausrutscher am Rande aus. „Im Tumult verwechselt“ einer der Polizisten den Ehemann mit dem Messerstecher. So kann man es sehen. Ein Hinweis auf die anberaumte Untersuchung hätte jedoch zumindest deutlich gemacht, dass diese Verwechslung als möglicher Hinweis auf eine tieferliegende Problematik verstanden wurde. Der Polizist hatte genügend Zeit, das Bein des vermutlich Dunkelhäutigen anzuvisieren und zu treffen. Das deutet auf die Ausführung der Verpflichtung hin, den möglichen Täter an der Flucht zu hindern und ist Teil der polizeilichen Ausbildung. Ob es also nur ein Versehen in einem Tumult war oder ein gezielter Schuss auf Grund falscher Hypothesen in der kurzen Sichtsituation, bleibt zu prüfen. Der blutüberströmte Messerstecher war vermutlich gar nicht so leicht zu übersehen. Dem Polizisten ist hier weniger ein Vorwurf zu machen, als dass die Grundhypothesen der Ausbildung hinterfragt werden müssen: Wer wird als Feind(-bild) „eintrainiert“? Man schaue aktuell einmal auf Truppenübungsplätze, welche Dummies dort verwendet werden!
Immer noch besser als der Rest
Also, der Beitrag wirft wichtige Fragen auf – das ist gut und notwendig. Er kann sie nicht richtig beantworten, das liegt in der Anlage des ganzen. Aber damit ist er immer noch einer der bemühtesten und vom Wunsch nach einer konstruktiven Absicht gezeichnet. Nach den Auswüchsen in anderen Blättern schon fast wohltuend, wie etwa nach den Beiträgen Günter Lachmanns in der Welt sowie den platten Instrumentalisierungstheorien, die von einem tiefen Misstrauen Muslimen gegenüber zeugen, und die Kulturkampfparolen einer
Süddeutschen, die tatsächlich soweit geht, im Streit der „fremden Kulturen“ ein nach Deutschland eingewandertes Problem zu sehen – und nicht ein in Deutschland gewachsenes aus dem Ringen der Minderheiten um die ihnen verwehrte Anerkennung heraus. All das dürfte in Zeiten der Krise noch schlimmer werden – und wir ahnen, was wir von unseren Medien als Mahner und Korrektiv einer versagenden Politik erwarten dürfen… (PK)
(1) Die freilich von den meisten Medien erst ernst genommen wurden, als „draußen“ der Protest tobte.
(2) s. dazu ausführlicher: Gleißner/Schiffer (2008): „Das Bild des Propheten“ In: Paul, Gerhard (Hg.): Das Jahrhundert der Bilder – 1949 bis heute. Bd. 743.
(3) s. Schiffer/Wagner (2009): Antisemitismus und Islamophobie – ein Vergleich: S. 171.
Online-Flyer Nr. 209 vom 05.08.2009
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Zum Mord in Dresden - mit zeitlichem Abstand, aber wenig kritischer Prüfung
Auch die ZEIT recherchiert, was sie finden will
Von Sabine Schiffer
Gedenken an Marwa El-Sherbini in Dresden
Quelle: wikimedia
Vor allem weiß und männlich
So wird behauptet, die eigene Einwanderungsgeschichte hätte es einigen deutschen Journalisten ermöglicht, die Brisanz des Themas zu erkennen. Die erwähnte Hilal Sezgin war sicher eine der ersten, die das Problem der Islamfeindlichkeit hier erkannt hat, aber in der Frankfurter Rundschau und damit recherchierbar wurde ihr Beitrag „Man nennt es Islamophobie“ erst am 9. Juli abgedruckt. Bereits am 7. Juli hatte der Tagesspiegel das Interview mit Aiman Mazyek und Stephan Kramer gebracht. Die folgenden Tage berichtete
ununterbrochen Andrea Dernbach, die keinen außerdeutschen Migrationshintergrund aufzuweisen hat, im Tagesspiegel und auf ZEIT-online über die unterschätzte Islamfeindlichkeit.
Hilal Sezgin hat auch keine eigene Einwanderungsgeschichte. Ihr Vater hat wohl eine, ihre Mutter ist Deutsche und sie, die Tochter, ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Aber es passt einfach besser zu den eigenen Vermutungen und zur üblichen Vermischung der Kategorien „islamisch“ und „migrantisch“. Diese Vermischung wird im ZEIT-Artikel unhinterfragt und gleich an mehreren Stellen kolportiert. So dass man am Ende gar zu dem
Schluss kommt, migrantische Journalisten – zu denen dann weiterhin auch Hilal Sezgin gezählt wird – sollten hier Abhilfe schaffen. Sicher müssen Redaktionen bunter werden, aber das enthebt die unbunten nicht von der Notwendigkeit, selbstkritischer mit diversen Themen umzugehen, und wird eh nur bedingte Effekte zeitigen, weil die Verantwortlichen im Medienbetrieb weiterhin vor allem weiß und männlich sind.
Stephan J. Kramer: „Warum kamen die
Reaktionen der Medienlandschaft wie der
Politik auf den Mord so spät?“
Quelle: http://de.qantara.de/
Ins inzwischen verbreitete Konstrukt, dass die Muslime Islamophobie anprangern und damit alle Nichtmuslime unter Generalverdacht stellen, passt auch die Behauptung, dass „die Empörung“ von außen gekommen sei, „nicht von innen“. Also, erst einmal kamen die ersten Erklärungen zum Mordfall in Dresden mitsamt der Forderung, das Problem Islamfeindlichkeit endlich ernst zu nehmen, von deutschen, nicht-islamischen Organisationen.(1) Und die deutschen Muslime haben sich dann offensichtlich zu zivilisiert geäußert, Pressemitteilungen herausgegeben und keine medienwirksamen Bilder produziert, wie einige Ägypter und Ahmadinejad. Der medial konstruierte Eindruck wird aber nicht hinterfragt, sondern als Abbild der Realität interpretiert. So entsteht Geschichtsschreibung. Wie der Hinweis auf den Karikaturenstreit in dem Kontext auch deutlich macht: Nicht die Karikaturen hatten die islamische Welt in Aufruhr versetzt, sondern das beharrliche
Berufen auf Meinungsfreiheit auch bei den diffamierenden Darstellungen – wie man es sonst tunlichst nicht reklamieren würde: s. Pornografie, Nazi-Symoble, antisemitische Darstellungen. Aber die Inszenierungen um den Karikaturenstreit sind offensichtlich nicht bewusst, sondern die lupenartigen Vergrößerungen aufgebrachter Fahnenverbrenner.(2)
Schon vorher fertiges Bild
Aber dann kommt der Clou der ZEIT-Autoren: „Neben dem Hass auf Muslime“ gebe es auch eine „berechtigte Islamkritik“ und im selben Atemzug wird von al-Qaida, „islamistischem“ Terror (hier nichts von Instrumentalisierung natürlich!), „Zwangsehen“ und „Ehrenmorden“ geschrieben. Ja, hat man die Kommentareinträge denn nicht genau gelesen, die man zuvor erwähnt als Beleg und Ausdruck für islamfeindliche Einstellungen? Das sind genau deren
Themen, mit denen der Islam als ganzes abgelehnt wird – so wie man die Demokratie ablehnen könnte, weil es in Deutschland Rechtsradikale gibt oder weil manche Eltern ihre Kinder verwahrlosen lassen oder gar umbringen.
Warum stellt man hier nicht die dringende Frage, wie es geschehen konnte, dass Themen wie Gewalt, Frauenmisshandlung und Zwangsehen, die weltweit ein Problem darstellen und in verschiedenen Communities mit unterschiedlichen Begründungen vorkommen, zunehmend – und offensichtlich auch von den Redakteuren der ZEIT – als „islamisch“
wahrgenommen werden. Wieso übernimmt man derlei unqualifizierte Kategorisierungen? Hier deutet sich die Fortsetzung der antiaufklärerischen Verallgemeinerungen der Blogeinträge im Print an – und diese scheinen ihre Argumentationen wiederum aus den Mainstream-Medien haben, denn diese waren schlicht zuerst da und kolportieren derartige intellektuelle Fehlleistungen schon seit Jahrzehnten. Und so dürfen auch die Sauerlandattentäter in der Aufzählung der angeblich „islamisch-inspirierten“ Probleme nicht fehlen – freilich fehlt der Hinweis auf Mevlüt K., den CIA-Kontaktmann hinter der Bande. Der hätte nicht ins offensichtlich schon vorher fertige Bild gepasst.
„Im Tumult verwechselt“ – aber warum?
Ein Vergleich der Begriffe „Islamkritik“ mit „Israelkritik“ würde auch Aufschluss bringen (3) – aber das wollen wir den Schreibern in nur zwei Wochen Recherchezeit nicht zumuten. Es geht also, auch wenn der Beitrag anderes behauptet, sehr wohl um Islamfeindlichkeit. Ich muss Israel nicht kennen, um verallgemeinernde Formulierungen entlarven zu können. Ich muss nicht den Islam studieren, um Islamfeindlichkeit als Ausgrenzungsmechanismus zu erkennen. Wie Antisemitismus als Problem der sog. Mehrheitsgesellschaft erkannt wurde – bei allen und oft gleichzeitig mit guten Kontakten zu Juden – muss auch der Verweis auf Islam und Muslime unterlassen werden, wenn es um (latente) Islamfeindlichkeit geht. Die anderen Themen stehen schlicht auf einem anderen Blatt. Wir brauchen uns sicher nicht in „muslimische Sensibilitäten“ einfinden. Der normale mitmenschliche Respekt, der laut Menschenrechten jedem Individuum zusteht, würde schon ausreichen. Freilich gibt es auch Juden, die gerne als „Beweis“ für die Berechtigung von Antisemitismus hergenommen werden – bei genauerem Hinsehen entpuppt sich dies aber immer als unzulässige Verallgemeinerung. Und wer den Beitrag auf Verallgemeinerungen hin überprüft, wird feststellen, dass genau hierin die Krux liegt.
Da macht sich die Verharmlosung der polizeilichen „Verwechslung“ nur noch als kleiner Ausrutscher am Rande aus. „Im Tumult verwechselt“ einer der Polizisten den Ehemann mit dem Messerstecher. So kann man es sehen. Ein Hinweis auf die anberaumte Untersuchung hätte jedoch zumindest deutlich gemacht, dass diese Verwechslung als möglicher Hinweis auf eine tieferliegende Problematik verstanden wurde. Der Polizist hatte genügend Zeit, das Bein des vermutlich Dunkelhäutigen anzuvisieren und zu treffen. Das deutet auf die Ausführung der Verpflichtung hin, den möglichen Täter an der Flucht zu hindern und ist Teil der polizeilichen Ausbildung. Ob es also nur ein Versehen in einem Tumult war oder ein gezielter Schuss auf Grund falscher Hypothesen in der kurzen Sichtsituation, bleibt zu prüfen. Der blutüberströmte Messerstecher war vermutlich gar nicht so leicht zu übersehen. Dem Polizisten ist hier weniger ein Vorwurf zu machen, als dass die Grundhypothesen der Ausbildung hinterfragt werden müssen: Wer wird als Feind(-bild) „eintrainiert“? Man schaue aktuell einmal auf Truppenübungsplätze, welche Dummies dort verwendet werden!
Immer noch besser als der Rest
Also, der Beitrag wirft wichtige Fragen auf – das ist gut und notwendig. Er kann sie nicht richtig beantworten, das liegt in der Anlage des ganzen. Aber damit ist er immer noch einer der bemühtesten und vom Wunsch nach einer konstruktiven Absicht gezeichnet. Nach den Auswüchsen in anderen Blättern schon fast wohltuend, wie etwa nach den Beiträgen Günter Lachmanns in der Welt sowie den platten Instrumentalisierungstheorien, die von einem tiefen Misstrauen Muslimen gegenüber zeugen, und die Kulturkampfparolen einer
Süddeutschen, die tatsächlich soweit geht, im Streit der „fremden Kulturen“ ein nach Deutschland eingewandertes Problem zu sehen – und nicht ein in Deutschland gewachsenes aus dem Ringen der Minderheiten um die ihnen verwehrte Anerkennung heraus. All das dürfte in Zeiten der Krise noch schlimmer werden – und wir ahnen, was wir von unseren Medien als Mahner und Korrektiv einer versagenden Politik erwarten dürfen… (PK)
(1) Die freilich von den meisten Medien erst ernst genommen wurden, als „draußen“ der Protest tobte.
(2) s. dazu ausführlicher: Gleißner/Schiffer (2008): „Das Bild des Propheten“ In: Paul, Gerhard (Hg.): Das Jahrhundert der Bilder – 1949 bis heute. Bd. 743.
(3) s. Schiffer/Wagner (2009): Antisemitismus und Islamophobie – ein Vergleich: S. 171.
Online-Flyer Nr. 209 vom 05.08.2009
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