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Inland
Gewerkschaften kämpfen gegen Abbau von Flächentarifverträgen
Wo aber bleiben die Arbeitslosen?
Von Hans Peter Keul
Es leuchtet jedem nüchtern rechnenden Arbeitnehmer ein, dass die Zahl der Arbeitslosen nicht verringert wird, wenn ohne Lohn- oder Gehaltsausgleich täglich 18 Minuten länger gearbeitet werden muss. Das Gegenteil ist der Fall. Das kümmert den Vorsitzenden der ´Tarifgemeinschaft deutscher Länder´ (TdL), Möllring, Innenminister Niedersachsens, nicht. Er will es ver.di und den anderen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes mal so richtig zeigen, da er im Grunde für einen tariflosen Bereich des öffentlichen Dienstes eintritt - zunächst bei den Bundesländern.
Möllring hat sich dafür den organisatorisch schwächeren Bereich der Länder ausgesucht, in dem es traditionell immer sehr viele Beamte gibt: Lehrer, Polizei, Finanzbeamte usw.... Sie fallen aus dem normalen Arbeitsrecht und somit aus dem Tarifrecht völlig heraus, da sich das Beamtentum in Deutschland schon in preußischer Zeit aus dem Soldatentum entwickelte. Deshalb heißt die Bezahlung der Beamten heute noch "Besoldung", wobei der Staatsdiener in einem öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis zum Staat steht. Er darf nicht streiken, was sich nur aus der Auslegung der Beamtengesetze und -Verordnungen ergibt, nicht aber gesetzlich festgelegt ist. Das haben auch die deutschen Gerichte nach dem Krieg so entschieden.
Die Beamten in NRW arbeiten bereits wieder 41 Stunden in der Woche und erhalten weitaus weniger Weihnachts- und Urlaubsgeld als ihre Kollegen, die als Arbeiter oder Angestellte tätig sind. Noch krasser ist es im Süden der Republik, wo die bayerischen und baden-württembergischen Beamten sogar 42 Stunden pro Woche arbeiten. Dabei haben die Arbeitsbedingungen und Tarife im öffentlichen Dienst nichts mit der Finanzlage der Länder zu tun. Bayern und das Schwabenland zählen zu den reichsten Bundesländern der Nation.
Es geht also nicht nur darum, 18 Minuten länger für das gleiche Geld zu arbeiten, sondern um eine weitgehende Regionalisierung und Deregulierung bzw. um den Abbau von Tarifverträgen und Schutzvorschriften im öffentlichen Dienst. Würden diese Einschnitte aber durchgesetzt, stünde anderen Branchen ähnliches bevor.
Dabei ist der von den einschlägig bekannten Medien verfolgte Kurs, kräftig auf die Streikenden einzudreschen, in der Bevölkerung nicht besonders gut angekommen. Den Bürgerinnen und Bürgern ist nämlich auch bekannt, dass die Betriebe, die lebenswichtige Dienste für die Allgemeinheit erbringen, zu Recht im Arbeitskampf stehen, wie die Müllabfuhr, die Krankenhäuser und andere Einrichtungen, zu denen auch das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik zählt.
Was aber ist mit den Menschen, die aus dem aktiven Bereich der Gesellschaft unfreiwillig ausgeschieden sind? Neben den Arbeitsloseninitiativen - die sich in Köln auch im KALZ zusammengeschlossen haben - sorgten die Gewerkschaften organisatorisch dafür, dass Erwerbslose am gewerkschaftlichen Willensprozess teilnehmen können. Dies gilt besonders für den ´Erwerbslosenausschuss´ bei ver.di und seine innergewerkschaftliche Antragsberechtigung.
Doch ver.di hat auch - im Gegensatz zur IG Metall (IGM) - einen staatlichen Mindestlohn gefordert, weil die Bestrebungen nach Kombi- und anderen Billiglohnmodellen der neuen schwarz-roten Bundesregierung keine Lösung für die Arbeitslosen sind. Doch diese Förderungen der Arbeitslosen werden nicht mit ausreichendem Nachdruck betrieben. Dabei müssten gerade die Gewerkschaften - neben den Wohlfahrtsverbänden und anderen gemeinnützig tätigen Organisationen - in sozialen Fragen das Heft in der Hand behalten.
Das ist aber nur eingeschränkt der Fall. Während die Gewerkschaftsvorsitzenden enorme Gehälter einstreichen, besitzen die arbeitslosen Kolleginnen und Kollegen nicht den Stellenwert, der ihnen von den Gewerkschaften eingeräumt werden müsste. Das kann dazu führen, dass die Erwerblosen von der neoliberalen Gesellschaft eines Tages für überflüssig, als sich selbst überlassen erklärt werden. Keine noch so kleine soziale Regelung würde sie dann mehr auffangen. Das gilt es mit Nachdruck zu verhindern, indem sich die noch Beschäftigten mit den Arbeitslosen solidarisieren.
Unser Autor ist seit seiner Ausbildung Gewerkschaftsmitglied, wurde gerade wieder zum ver.di-Vertrauensmann beim Landesbetrieb Straßenbau NRW gewählt und ist Personalratsmitgliedin dessen NiederlassungKöln an der Deutz-Kalker-Straße
Online-Flyer Nr. 36 vom 21.03.2006
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Gewerkschaften kämpfen gegen Abbau von Flächentarifverträgen
Wo aber bleiben die Arbeitslosen?
Von Hans Peter Keul
Es leuchtet jedem nüchtern rechnenden Arbeitnehmer ein, dass die Zahl der Arbeitslosen nicht verringert wird, wenn ohne Lohn- oder Gehaltsausgleich täglich 18 Minuten länger gearbeitet werden muss. Das Gegenteil ist der Fall. Das kümmert den Vorsitzenden der ´Tarifgemeinschaft deutscher Länder´ (TdL), Möllring, Innenminister Niedersachsens, nicht. Er will es ver.di und den anderen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes mal so richtig zeigen, da er im Grunde für einen tariflosen Bereich des öffentlichen Dienstes eintritt - zunächst bei den Bundesländern.
Möllring hat sich dafür den organisatorisch schwächeren Bereich der Länder ausgesucht, in dem es traditionell immer sehr viele Beamte gibt: Lehrer, Polizei, Finanzbeamte usw.... Sie fallen aus dem normalen Arbeitsrecht und somit aus dem Tarifrecht völlig heraus, da sich das Beamtentum in Deutschland schon in preußischer Zeit aus dem Soldatentum entwickelte. Deshalb heißt die Bezahlung der Beamten heute noch "Besoldung", wobei der Staatsdiener in einem öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis zum Staat steht. Er darf nicht streiken, was sich nur aus der Auslegung der Beamtengesetze und -Verordnungen ergibt, nicht aber gesetzlich festgelegt ist. Das haben auch die deutschen Gerichte nach dem Krieg so entschieden.
Die Beamten in NRW arbeiten bereits wieder 41 Stunden in der Woche und erhalten weitaus weniger Weihnachts- und Urlaubsgeld als ihre Kollegen, die als Arbeiter oder Angestellte tätig sind. Noch krasser ist es im Süden der Republik, wo die bayerischen und baden-württembergischen Beamten sogar 42 Stunden pro Woche arbeiten. Dabei haben die Arbeitsbedingungen und Tarife im öffentlichen Dienst nichts mit der Finanzlage der Länder zu tun. Bayern und das Schwabenland zählen zu den reichsten Bundesländern der Nation.
Es geht also nicht nur darum, 18 Minuten länger für das gleiche Geld zu arbeiten, sondern um eine weitgehende Regionalisierung und Deregulierung bzw. um den Abbau von Tarifverträgen und Schutzvorschriften im öffentlichen Dienst. Würden diese Einschnitte aber durchgesetzt, stünde anderen Branchen ähnliches bevor.
Dabei ist der von den einschlägig bekannten Medien verfolgte Kurs, kräftig auf die Streikenden einzudreschen, in der Bevölkerung nicht besonders gut angekommen. Den Bürgerinnen und Bürgern ist nämlich auch bekannt, dass die Betriebe, die lebenswichtige Dienste für die Allgemeinheit erbringen, zu Recht im Arbeitskampf stehen, wie die Müllabfuhr, die Krankenhäuser und andere Einrichtungen, zu denen auch das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik zählt.
Was aber ist mit den Menschen, die aus dem aktiven Bereich der Gesellschaft unfreiwillig ausgeschieden sind? Neben den Arbeitsloseninitiativen - die sich in Köln auch im KALZ zusammengeschlossen haben - sorgten die Gewerkschaften organisatorisch dafür, dass Erwerbslose am gewerkschaftlichen Willensprozess teilnehmen können. Dies gilt besonders für den ´Erwerbslosenausschuss´ bei ver.di und seine innergewerkschaftliche Antragsberechtigung.
Doch ver.di hat auch - im Gegensatz zur IG Metall (IGM) - einen staatlichen Mindestlohn gefordert, weil die Bestrebungen nach Kombi- und anderen Billiglohnmodellen der neuen schwarz-roten Bundesregierung keine Lösung für die Arbeitslosen sind. Doch diese Förderungen der Arbeitslosen werden nicht mit ausreichendem Nachdruck betrieben. Dabei müssten gerade die Gewerkschaften - neben den Wohlfahrtsverbänden und anderen gemeinnützig tätigen Organisationen - in sozialen Fragen das Heft in der Hand behalten.
Das ist aber nur eingeschränkt der Fall. Während die Gewerkschaftsvorsitzenden enorme Gehälter einstreichen, besitzen die arbeitslosen Kolleginnen und Kollegen nicht den Stellenwert, der ihnen von den Gewerkschaften eingeräumt werden müsste. Das kann dazu führen, dass die Erwerblosen von der neoliberalen Gesellschaft eines Tages für überflüssig, als sich selbst überlassen erklärt werden. Keine noch so kleine soziale Regelung würde sie dann mehr auffangen. Das gilt es mit Nachdruck zu verhindern, indem sich die noch Beschäftigten mit den Arbeitslosen solidarisieren.
Unser Autor ist seit seiner Ausbildung Gewerkschaftsmitglied, wurde gerade wieder zum ver.di-Vertrauensmann beim Landesbetrieb Straßenbau NRW gewählt und ist Personalratsmitgliedin dessen NiederlassungKöln an der Deutz-Kalker-Straße
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