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Lokales
Den Bürgern Haushaltslücken im dreistelligen Millionenbereich verschwiegen
Wahlbetrug in Dortmund und Mülheim?
Von Peter Kleinert

Der Arnsberger Regierungspräsident Helmut Diegel hat offiziell Einspruch gegen die Kommunalwahl in Dortmund vom 30. August eingelegt. Begründung: die „unzulässige Wahlbeeinflussung durch pflichtwidrige Nicht- und Falschunterrichtung des Rates und der Dortmunder Bürger" über eine sich spätestens Ende Mai 2009 abzeichnende Haushaltslücke im dreistelligen Millionenbereich. Mülheims MBI-Fraktion fordert, der für ihre Stadt zuständige Düsseldorfer Regierungspräsident Jürgen Büssow solle dem Beispiel seines Kollegen folgen.

Regierungspräsident Helmut Diegel
Quelle: www.bezreg-arnsberg.nrw.de
„Anstatt den Rat - und damit den Wahlbürger - über das Millionendefizit zu informieren und umgehend einen vorgeschriebenen Nachtragshaushalt einzubringen“, so RP Helmut Diegel, habe Dortmunds OB Dr. Gerhard Langemeyer entschieden, die Information über die Haushaltslücke „bis nach der Kommunalwahl zurückzuhalten“.
 
„Was aber ist oder war in Mülheim/Ruhr anders als in Dortmund?“ fragt der Fraktionssprecher der Mülheimer Bürger Initiativen (MBI) Lothar Reinhard in einem u.a. an Düsseldorfs RP Jürgen Büssow gerichteten offenen Brief. „Haben Frau OB Mühlenfeld und Kämmerer Bonan etwa den Rat und die Mülheimer Bürger "pflichtgemäß über die sich abzeichnende Haushaltslücke unterrichtet"?? Oder hätten die nicht auch "unzulässige Wahlbeeinflussung durch pflichtwidrige Nicht- und Falschunterrichtung" betrieben?“
 
Einerseits - andererseits
 
Auf MBI-Anfrage habe der Kämmerer im Finanzausschuss (FA) am 15. Juni mitgeteilt, dass bis zum 1. Juni bereits 362 Mio. Euro Kassenkredite aufgenommen werden mussten, weit über 50 Mio. mehr als im Jahr zuvor. Spätestens im Juni hätte er deshalb "pflichtgemäß" einen Nachtragshaushalt aufstellen müssen. Andererseits habe Bonan aber gleichzeitig behauptet, „die Abweichungen vom Planansatz 2009 können zurzeit noch nicht beziffert werden" und: „Das Haushaltsdefizit 2009 übersteigt die Ausgleichsrücklage nicht. Es wird derzeit auch nicht damit gerechnet. Eine Anzeige gegenüber der Finanzaufsicht ist deshalb nicht notwendig." Lothar Reinhard in seiner aktuellen Mitteilung: Genau so wie die enorme Haushaltslücke in Dortmund bereits Ende Mai erkennbar und dem Verwaltungsvorstand bekannt war, könne dies in Mülheim nicht anders gewesen sein. Also hätten Kämmerer und seine OB auch darauf reagieren müssen.
 
Bürger als Geiseln
 
Sie taten genau das Gegenteil: Noch am 24. August behauptete die zur Wiederwahl angetretene Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld in einer Podiumsdiskussion der beiden Kirchen mit den sieben OB-Kandidaten im Tagungszentrum Altenhof, das Defizit für 2009 betrage nur 45 Mio. Euro - exakt die dafür vorgesehene Zahl aus dem Etat 2009. Was aber den Fall Mülheim noch gravierender mache als Dortmund, sei, so Lothar Reinhard, „dass dieser unhaltbare Zustand nun auch noch bis ins nächste Jahr hinein verlängert werden soll. Um den Anschein eines weiter "ausgeglichenen" Haushalts vorzutäuschen, soll der Etat 2010 erst Mitte 2010 verabschiedet werden. Reinhard: „Das aber würde bedeuten, dass die Stadt Mülheim weit über ein Jahr trotz Wirtschaftskrise und Riesen-Haushaltsloch Untätigkeit an den Tag legt und einfach weiter macht, als gäbe es das alles nicht. Jeder Privatperson würde die Bank bei einem derartigen Verhalten das Konto sperren. Doch eine Stadt hat ja ihre Bürger als Bürgschaft bzw. Geiseln. Die werden das umso bitterer ausbaden müssen, je länger seriöse Haushaltsführung unterbleibt, einzig um weiter Geld ausgeben zu können, das die Stadt schon länger nicht mehr hat.“ Eine Haushaltssperre sei also lange überfällig gewesen.

Doch Nothaushalt?
 
Vor ein paar Tagen - die Wahlen sind ja vorbei - hat Mülheims Kämmerer Bonan in einem WAZ-Interview genau dies zugegeben: „Ein Nothaushalt droht in jedem Fall für 2010; für 2009 kann ich es nicht ausschließen." Gleichzeitig wollen er und seine OB aber ihre vielen laut Reinhard „finanziell unseriösen Projekte“ wie Ruhrbania, Zukunftsschule, Stadionumbau, Naturbad, Kübelböcken, über die die NRhZ gelegentlich berichtete, weiter durchziehen (s. u.a. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14091), während die Gewerbesteuer der exportorientierten Stadt total eingebrochen ist. Für Warnungen wie diese hatte Dagmar Mühlenfelds SPD-Parteifreund Dieter Wiechering den MBI-Sprecher noch im Dezember 2008 in den Blättern NRZ und Mülheimer Woche als "selbsternannten Weltökonom" beschimpft und ihm ein "Sammelsurium aus Unterstellungen und Platitüden" vorgeworfen.
 

Jürgen Büssow
NRhZ-Archiv
Man darf gespannt sein ob Regierungspräsident Büssow, der wie Dagmar Mühlenfeld SPD-Mitglied ist, sie und ihre Beamten im Rathaus die Stadt zugunsten ihrer umstrittenen Bauprojekte und deren Investoren ungestört weiter machen lässt, oder ob er wie sein CDU-Kollege aus Arnsberg, in Dortmund ebenfalls Einspruch gegen die Kommunalwahl wegen „unzulässiger Wahlbeeinflussung durch pflichtwidrige Nicht- und Falschunterrichtung des Rates und der Mülheimer Bürger" einlegen wird. Helmut Diegel ist das natürlich leichter gefallen als Büssow. Der ist nämlich CDU-Mitglied und Dortmunds OB Langemeyer in der SPD. (PK) 

Online-Flyer Nr. 220  vom 21.10.2009

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