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Lokales
Demonstration gegen Betriebsschließung bei Bauer Druck Köln
Die Herrschaft des Verlegers Heinz Bauer
Von Franz Kersjes

In einer gut besuchten Versammlung am Sonntagnachmittag informierte der Betriebsrat von Bauer Druck Köln über eine ergebnislose Verhandlung mit der Geschäftsleitung zum Abschluss eines Sozialplans für die angekündigte Betriebsschließung. Anschließend zog die Belegschaft in die Innenstadt zum Wallraff-Platz und demonstrierte gegen die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze. Mit Transparenten und Grablichtern machten die Beschäftigten die Öffentlichkeit auf ihre Situation aufmerksam. In zahlreichen Gesprächen mit Passanten erhielten die Demonstranten viel Zustimmung für ihre Aktion. Eine ältere Frau meinte: "Die Zeitschriften von diesem Bauer werde ich nie mehr kaufen".



Im Kreise seiner Familie: Verleger Heinz Bauer
Quelle: Bauerverlag
 
Er zählt zu den reichsten Leuten der Republik. Das Vermögen des Verlegers Heinz Bauer wird aktuell auf etwa vier Milliarden Euro geschätzt. Diesen Reichtum haben Tausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in seinen Betrieben erarbeitet. Eine soziale Verpflichtung hat Bauer daraus nicht entwickelt. Die von ihm abhängig Beschäftigten werden geheuert und gefeuert wie es sein Gewinnstreben erfordert.
 
Nun will Heinz Bauer wieder Arbeitsplätze vernichten. Sein Tiefdruckbetrieb in Köln soll zum 30. Juni 2010 geschlossen werden. Rund 380 Beschäftigte werden in die Arbeitslosigkeit entlassen. Die Empörung der Belegschaft ist groß. Die Betroffenen wollen kämpfen und erwarten Solidarität aus den anderen Tiefdruckbetrieben und Unterstützung aus der Öffentlichkeit.
 
Sozialplan eine Zumutung
 
Die Geschäftsleitung der bauer druck köln KG hat den Betriebsrat zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan im Sinne des § 112 des Betriebsverfassungsgesetzes aufgefordert. Die von ihr vorgeschlagenen Vereinbarungen sind jedoch eine Zumutung und völlig unannehmbar. Als Abfindung sollen die Beschäftigten einen Betrag bis zu 12 Monatsverdiensten nach folgender Staffel akzeptieren:
- jünger als 45 Lebensjahre 0,3 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr;
- von 45 bis 49 Lebensjahre 0,4 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr;
- ab 50 bis einschließlich 59 Lebensjahre 0,5 Monatsverdienste und ab 60 Lebensjahre 0,2 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr.
Monatsverdienst wird definiert als Monatsdurchschnittsverdienst der letzten sechs Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungszeiträume.
 
ver.di-Forderungen
 
Der zuständige Fachbereich der ver.di hat die Geschäftsleitung zu Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag aufgefordert. Die Gewerkschaft fordert eine Mindestabfindung bei betriebsbedingten Kündigungen oder arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsverträgen in Höhe von zwei Monatseinkommen pro Beschäftigungsjahr ohne Anrechnung von Sozialplanleistungen außerhalb der dort vereinbarten Abfindungsformel. Darüber hinaus soll sich die Firma verpflichten, unter Anwendung der derzeit geltenden tariflichen Leistungen die individuellen Kündigungsfristen um 12 Monate zu verlängern, um den betroffenen Beschäftigten die Möglichkeit zur beruflichen Qualifizierung zu geben. Unabhängig von Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag werden Tarifverhandlungen zur Beschäftigungs- und Standortsicherung durch einen Sanierungstarifvertrag gefordert.
 
Kampf um die Sicherung der Tarifrechte
 
Bereits in der Vergangenheit wurde die Belegschaft des Tiefdruckbetriebes von Heinz Bauer unter Druck gesetzt. Er forderte von den Beschäftigten

BR-Vorsitzender Toni Samen will sozialen
Frieden kündigen
immer mehr Leistung mit weniger Personal bei längeren Arbeitszeiten. Die Rechte der Arbeitnehmer waren ihm lästig. So teilte die Geschäftsleitung in Köln in einer Betriebsversammlung im April 2008 mit, dass bauer druck köln KG dem Arbeitgeberverband nur noch ohne Tarifbindung angehört. Von heute auf morgen war die Firma in eine OT-Mitgliedschaft gewechselt. Unverzüglich wurde die Geschäftsleitung von der Gewerkschaft zur Fortsetzung der Tarifbindung durch Abschluss eines Firmentarifvertrages aufgefordert. Aber Bauer weigerte sich. Erst durch Streikaktionen im Frühjahr 2009 konnte der geforderte Firmentarifvertrag erkämpft werden. Kurze Zeit später wurde die Schließung des Betriebes, zunächst ohne konkreten Termin, angekündigt. Heinz Bauer will seine Zeitschriften nun in anderen Betrieben der 25 Tiefdruckunternehmen in Europa herstellen lassen. Durch Überkapazitäten ist die Auswahl relativ groß.
 
Subventionen für Druckerei in Polen
 
Die Überkapazitäten in der Druckindustrie Europas hat Heinz Bauer mit geschaffen. In Polen errichtete er mit hohen EU-Zuschüssen aus Steuermitteln zwei neue Tiefdruckereien, die nicht nur für den polnischen Markt produzieren, sondern zunehmend auch Aufträge aus Köln übernommen haben. Der Bau seiner neuen Tiefdruckerei im polnischen Nowogrodziec wurde mit 40 Millionen Euro an Steuergeldern subventioniert. Im Kölner Betrieb, der in den 1990er Jahren noch mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigte, wurde die Belegschaft durch konsequenten Personalabbau auf derzeit rund 380 Beschäftigte reduziert. Derzeit beschäftigt Bauer in Deutschland insgesamt 2.600 Mitarbeiter, 2008 waren es noch 3.300.
 
Alleinherrscher im Konzern

 
Die Bauer Media Group (rechtlicher Name: Heinrich Bauer Verlag KG) zählt zu Europas führenden und profitabelsten Zeitschriftenverlagen. Sie publiziert 308 Titel in 14 Ländern und beschäftigt rund 9.000 Menschen. Allein in Deutschland gibt das Familienunternehmen 46 Zeitschriften heraus und erreicht damit rund 31 Millionen Leserinnen und Leser.


Auf dem Kölner Wallraffplatz: Bauer-Beschäftigte wollen nicht aufgeben...

Erstmals in ihrer Geschichte will die Bauer Media Group ihren Konzernumsatz auf mehr als zwei Milliarden Euro im laufenden Jahr steigern. Das sind 275 Millionen Euro mehr als noch 2008. Der Auslandsanteil steigt 2009 von 48 auf 57 Prozent. Zum Gewinn macht der Konzern, in dessen Abschluss neben der Heinrich Bauer Verlag KG weitere 183 in- und ausländische Gesellschaften einbezogen werden, traditionell keine konkreten Angaben.
 
Heinz Bauer hält 96 Prozent der Anteile an der Bauer KG und führt seinen Konzern als Vorstand und Aufsichtsrat in Personalunion. Kein anderer deutscher Verleger nimmt in seinem Unternehmen eine ebenso dominante Stellung ein. „Oberster Buchhalter, strategischer Ideengeber, verlegerischer Kopf – der Chef spielt alle wichtigen Rollen selbst, seit er 1984 die Führung des vor 129 Jahren gegründeten und immer in Familienhand befindlichen Unternehmens übernahm“, schrieb das „Manager-Magazin“ bereits 2004 in einem Beitrag über den „ausgekochten Erbsenzähler“.
 
Schon 2005 Teilschließung in Köln
 
Heinz Bauer hat im Umgang mit den von ihm abhängig Beschäftigten schon oft für Empörung gesorgt. Bereits im Jahr 2005 fand bei bauer druck köln eine Teilschließung statt, bei der vier von acht Tiefdruckrotationsmaschinen stillgelegt wurden und 480 von 950 (ehemals 2.300) Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren. Die Umsetzung vereinbarter Eckpunkte zur Standort- und Beschäftigungssicherung wurde von Heinz Bauer verweigert. Im Jahr 2008 erfolgte ein weiterer Personalabbau um etwa 90 Beschäftigte, der mit Rationalisierungsmaßnahmen in der Weiterverarbeitung begründet wurde.


...denn: „Wir haben nichts mehr
zu verlieren" | Fotos: gesichter zei(ch/g)en
 
Wie wenig Bauer die gesetzlichen Rechte der Beschäftigten respektiert, zeigt das folgende Beispiel: Mitte der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts konnte ein Konzernbetriebsrat erst nach jahrelanger Prozessiererei durch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes durchgesetzt werden.
 
In Verhandlungen mit Betriebsräten oder in Betriebsversammlungen ist Heinz Bauer noch nie gesehen worden. Für seine menschenverachtenden Personalentscheidungen will er sich offensichtlich nicht verantworten. Ein Mann ohne soziales Gewissen. (PK)

Franz Kersjes war Vorsitzender der IG Medien im Bezirk Köln und gibt als Rentner die http://www.weltderarbeit.de/ heraus.



 
 
 
 


Online-Flyer Nr. 222  vom 04.11.2009

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