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Manche kommen in offiziellen Programmen nicht vor
Kultur poor
Von Hans-Dieter Hey
Die „Kulturhauptstadt Ruhr“ kann nicht darüber hinwegtäuschen: Armut – vor allem Kinderarmut - und Spaltung in der Gesellschaft wachsen auch dort. Dies wird in vieler Weise und in vielen Orten sichtbar, wie in Dortmund. Dort kümmert sich die „Kana – Dortmunder Suppenküche e.V.“ oder das Obdachlosen-Kaffee „St. Reinoldi“ um erwerbslose, verarmte und obdachlose Menschen. Am 29. Mai gab es im Stadtpark vor dem Rathaus – „umsonst und draußen“ – Kunst, um gegen Aus- und Abgrenzung zu protestieren.
Nach der gängigen Definition der Europäischen Kommission sind diejenigen als arm zu bezeichnen, die über so geringe Mittel verfügen, dass sie von der üblichen Lebensweise des jeweiligen Landes ausgeschlossen sind. Auch bei uns, einem der wohlhabendsten Länder der Welt, steigt die Zahl der Menschen, die unter diese Definition fallen. Hartz IV und die damit verbundene Zerstörung des Sozialstaats hat dies möglich gemacht.
Der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge hält den Abbau des Sozialstaats für ein „neoliberales Konzept, das Leistungsreduktionen, eine Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen bzw. eine Verkürzung der Bezugszeiten und die Reindividualisierung sozialer Risiken“ beinhaltet.“ Infolge dessen waren Armutsküchen zwangsläufige Folge einer Politik des „sieh zu, wie du klarkommst“. Sie gelten deshalb als Feigenblatt für die politische Hinterlassung sozialer Wüsten. Mit dem fortschreitenden und scheibchenweisen Bruch der Sozialstaatsgarantie haben Regierungen auch die Menschenwürde, die Menschenrechte und damit den Schutz der sogenannten Ewigkeitsgarantie im Grundgesetz angetastet – Prinzipien, die nach unseren Grundrechten eigentlich für unantastbar erklärt wurden. Somit wird Armut zur staatlichen strukturellen Gewalt.
Auch in Dortmund bekommen die Menschen das zu spüren. Trotzdem – oder gerade deshalb – hat man sich aufgemacht, mit „Kultur poor“ auch einen Beitrag zur „Kulturhauptstadt Ruhr 2010“ mit Musik, Texten und Theater zu bieten. „Kultur von denen, die in den offiziellen Programmen nicht vorkommen“, hieß es in der Einladung. Doch erst einmal wollten man an diesem Tag feiern, mit Musik von "Bernd und Johannes", vorgetragen von Anja Rupprecht und dem irgendwie passenden Titel "schräg gedacht und quer gesungen". Musikalischer und sozialkritischer Humor kam aus Köln mit Willi Does; die Querköpfe lasen humorvolle, sozialkritische Texte und vieles mehr.
Der Künstler Karl Ott Franz Ott erstellte eine Collage aus Einkaufstüten als Relikte unserer Verschwendung, von der große Philosoph und Politologe Herbert Marcuse einst sagte: "Diese Gesellschaft: ist insofern Obszön, als sie einen erstickenden Überfluss an Waren produziert und schamlos zur Schau stellt, während sie draußen ihrer Opfer der Lebenschancen beraubt; obszön, weil sie sich und ihre Mülleimer vollstopft, während sie die kärglichen Nahrungsmittel in den Gebieten ihrer Aggression vergiftet und niederbrennt; obszön in den Worten und dem Lächeln ihrer Politiker und Unterhalter; in ihren Gebeten, ihrer Ignoranz und in der Weisheit ihrer gehüteten Intellektuellen."
Die Kölner Künstlerin Karin Richert hat nicht nur für uns „kultur poor“
Karin Richert: Hände
fotografiert, sondern dort auch ihre „T-Shirts gegen Armut“ ausgestellt. Die fotografische Dokumentation von Armut ist neben der Dokumentation über „Stolpersteine“ eines ihrer künstlerischen Themen. Unter anderem ist sie mit der Ausstellung „Von der Hand in den Mund – Hände von Obdachlosen“ über Köln hinaus bekannt geworden. (HDH)
T-Shirts gegen Ausgrenzung
Vertreibung von öffentlichen Plätzen zur Verdrängung der Armut
Online-Flyer Nr. 251 vom 02.06.2010
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Manche kommen in offiziellen Programmen nicht vor
Kultur poor
Von Hans-Dieter Hey
Die „Kulturhauptstadt Ruhr“ kann nicht darüber hinwegtäuschen: Armut – vor allem Kinderarmut - und Spaltung in der Gesellschaft wachsen auch dort. Dies wird in vieler Weise und in vielen Orten sichtbar, wie in Dortmund. Dort kümmert sich die „Kana – Dortmunder Suppenküche e.V.“ oder das Obdachlosen-Kaffee „St. Reinoldi“ um erwerbslose, verarmte und obdachlose Menschen. Am 29. Mai gab es im Stadtpark vor dem Rathaus – „umsonst und draußen“ – Kunst, um gegen Aus- und Abgrenzung zu protestieren.
Nach der gängigen Definition der Europäischen Kommission sind diejenigen als arm zu bezeichnen, die über so geringe Mittel verfügen, dass sie von der üblichen Lebensweise des jeweiligen Landes ausgeschlossen sind. Auch bei uns, einem der wohlhabendsten Länder der Welt, steigt die Zahl der Menschen, die unter diese Definition fallen. Hartz IV und die damit verbundene Zerstörung des Sozialstaats hat dies möglich gemacht.
Der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge hält den Abbau des Sozialstaats für ein „neoliberales Konzept, das Leistungsreduktionen, eine Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen bzw. eine Verkürzung der Bezugszeiten und die Reindividualisierung sozialer Risiken“ beinhaltet.“ Infolge dessen waren Armutsküchen zwangsläufige Folge einer Politik des „sieh zu, wie du klarkommst“. Sie gelten deshalb als Feigenblatt für die politische Hinterlassung sozialer Wüsten. Mit dem fortschreitenden und scheibchenweisen Bruch der Sozialstaatsgarantie haben Regierungen auch die Menschenwürde, die Menschenrechte und damit den Schutz der sogenannten Ewigkeitsgarantie im Grundgesetz angetastet – Prinzipien, die nach unseren Grundrechten eigentlich für unantastbar erklärt wurden. Somit wird Armut zur staatlichen strukturellen Gewalt.
Auch in Dortmund bekommen die Menschen das zu spüren. Trotzdem – oder gerade deshalb – hat man sich aufgemacht, mit „Kultur poor“ auch einen Beitrag zur „Kulturhauptstadt Ruhr 2010“ mit Musik, Texten und Theater zu bieten. „Kultur von denen, die in den offiziellen Programmen nicht vorkommen“, hieß es in der Einladung. Doch erst einmal wollten man an diesem Tag feiern, mit Musik von "Bernd und Johannes", vorgetragen von Anja Rupprecht und dem irgendwie passenden Titel "schräg gedacht und quer gesungen". Musikalischer und sozialkritischer Humor kam aus Köln mit Willi Does; die Querköpfe lasen humorvolle, sozialkritische Texte und vieles mehr.
Der Künstler Karl Ott Franz Ott erstellte eine Collage aus Einkaufstüten als Relikte unserer Verschwendung, von der große Philosoph und Politologe Herbert Marcuse einst sagte: "Diese Gesellschaft: ist insofern Obszön, als sie einen erstickenden Überfluss an Waren produziert und schamlos zur Schau stellt, während sie draußen ihrer Opfer der Lebenschancen beraubt; obszön, weil sie sich und ihre Mülleimer vollstopft, während sie die kärglichen Nahrungsmittel in den Gebieten ihrer Aggression vergiftet und niederbrennt; obszön in den Worten und dem Lächeln ihrer Politiker und Unterhalter; in ihren Gebeten, ihrer Ignoranz und in der Weisheit ihrer gehüteten Intellektuellen."
Die Kölner Künstlerin Karin Richert hat nicht nur für uns „kultur poor“
Karin Richert: Hände
T-Shirts gegen Ausgrenzung
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