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Joachim Gauck – hat sich die DDR zum Beruf gemacht
Der Inquisitor
Von Franziska Schneider

Das Chamäleon und Joachim Gauck haben eines gemeinsam: beide verstehen es, sich der jeweiligen Umgebung anzupassen. Für das Chamäleon ist der Farbwechsel zugleich ein Zeichen der Paarungsbereitschaft, für Gauck ein Zeichen, das Leben nach den Regeln des jeweiligen staatlichen Systems einzurichten. In der DDR hat er damit persönliche Vergünstigungen genossen; nach dem Anschluss kletterte er eine Stufe nach der anderen höher und schmückte sich mit Ämtern, die sich - nach seinem Verständnis - um die Aufarbeitung der DDR kümmern: bis hin zu seiner jüngsten Nominierung durch SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten - das „höchste Amt im Staate“, wie Gauck selber feststellte.
 

Erst Pfarrer dann Inquisitor – Joachim Gauck
NRhZ-Archiv
Joachim Gauck ist einer der wenigen, die es nach 1989 geschafft haben, sich erfolgreich mit dem Etikett DDR zu schmücken, während fast der ganze Rest des Volkes auf die Stasi-Vergangenheit reduziert, ehemalige Genossen jahrelang vor Gericht gezogen wurden und heute noch werden. Meist deshalb, weil sie nach geltenden DDR-Gesetzen handelten, die in den Zeiten des Kalten Krieges im Übrigen auch in der BRD verschärft wurden, wie uns das Sondergesetz zur Einschränkung der Informationsfreiheit zeigt. Doch wie viele von den damals Demonstrierenden und „Wir sind das Volk!“ Rufenden setzen sich heute noch so intensiv mit der DDR auseinander wie Gauck? Wenige, denn das Wort DDR erweckt - zumindest in den alten Bundesländern - fast nur negative, beinahe schon Mitleidsassoziationen.
 
Gauck und die Medien
 
Hängt Gauck so sehr an der DDR, dass er sie sich deshalb zum Beruf gemacht hat? In seinen Reden und Interviews dominiert seit den Wendejahren 1989/90 ein Themenkomplex: Stasi-Verbrechen, Grenze, Unrecht und jede Menge Hass. Ihn kennzeichnet die Abrechnung. Seine Redebeiträge oder Radio-Interviews haben nur einen Schwerpunkt: das Thema DDR-Aufarbeitung. Er macht aus der Vergangenheit ein Thema der Zukunft und das alles ohne Rücksicht auf Verluste. In Tucholskys Worten ausgedrückt: So wie Karlchen in dessen Erzählung “Schloss Gripsholm“ „das Weib zu seiner Braut“ macht, macht er die DDR zu seinem Beruf und reduziert das Volk auf ein Meer von Stasi-Spitzeln. Dass diese tatsächlich nicht mehr als etwa zwei Prozent der DDR-Bevölkerung ausmachten, scheint auch die Medien nicht zu interessieren. Sie lassen sich von Gauck immer noch sagen, was sie zu schreiben haben.
 
„Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“
 
Eigentlich hat der ehemalige Pfarrer viel von der DDR gelernt - er hätte es nur anders umsetzen können: Wie die DDR Nazi-Verbrechen anprangerte und den antifaschistischen Widerstand ehrte, setzte er sich für Opfer des DDR-Strafvollzugs ein als seine Post-DDR-Karriere am 3. Oktober 1990 begann. Da wurde Gauck zum Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) berufen. Ende 1991 folgte die Verabschiedung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes im Deutschen Bundestag. Da wurde er Bundesbeauftragter für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen DDR. Im Jahr 2000 endete seine zweite Amtszeit und seit November 2003 ist er Bundesvorsitzender von „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ Wie er sich dessen Politik vorstellt und was dabei sein Schwerpunkt ist, wird anhand seiner Vita deutlich: weitere Abrechnung mit der untergegangenen DDR.
 
„Vertrauensbildende Maßnahmen“
 
Auf Kindheitsfotos lächelt der gebürtige Rostocker in die Kamera, sieht wohlgenährt aus, und es ist schwer zu glauben, dass es eine unerträgliche Zeit für ihn gewesen sein soll. Während manch Anderer bis heute nicht über Ungarn, Polen oder Tschechien hinaus gekommen ist, hat Gauck mehrere Vorteile gehabt. Schnell hatte das MfS erkannt, dass Gauck niemals Inoffizieller Mitarbeiter werden könne, also schwenkte man bei ihm auf „vertrauensbildende Maßnahmen“ um. Dazu zählte das Übersiedeln seiner Söhne in die BRD; deren Besuche in die DDR wurden gestattet, ebenso wie Gauck selbst Ausreisegenehmigungen erhielt, an die nicht unbedingt alle DDR-BürgerInnen ran kamen.
 
In der Zeit vor 1989 war seine Grundhaltung: gegen alles zu sein, was nach DDR-Ideologie aussah. Sein Motto nach der Deutschen Einheit lautete, zu allem Ja zu sagen, was ihn auf der Politikskala ein Stück höher bringen könnte: Afghanistan, Irak.... Wenn Gauck am 30. Juni Bundespräsident werden sollte, wäre ein neues Jahrzehnt gesichert, in dem er mit Hilfe der DDR die Missstände im eigenen Land verbergen könnte.(PK)

Franziska Schneider ist Studentin des Studiengangs Medien-Ethik-Religion in der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und war 2008 Praktikantin bei der NRhZ.


Online-Flyer Nr. 255  vom 23.06.2010

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