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Aktueller Online-Flyer vom 21. November 2024  

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Arbeit und Soziales
Politische Alternativen:
Keine Selbstläufer
Von Prager Frühling

Jürgen Peters war bis 2007 Vorsitzender der IG Metall. 2005 plädierte er dafür, dass die Gewerkschaften keine Wahlaussage zu Gunsten der SPD mehr machen, sondern an Themen und Inhalten ausgerichtete Empfehlungen geben. In der sich weiter zuspitzenden Krise, der weiteren Spaltung der Gesellschaft und der Enteignung des öffentlichen Eigentums an die Privatisierung fordert er mehr denn je einen schnellen, kapitalismuskritischen Politikiwechsel, ohne den es keine wegweisenden Veränderungen geben kann. Der "Prager Frühling" führte ein Interview mit ihm. Die Redaktion.


pf: Was sollte eine linke Regierung mindestens durchsetzen?


Heute brauchen wir mehr denn je einen Politikwechsel. Mit der größten Wirtschafts- und Finanzkrise seit Ende der 20er Jahre ist auch die neoliberale Ideologie gescheitert. Eine Ideologie, die freie Entfaltung der Marktkräfte zum

Jürgen Peters
Foto:
Daniel Schwen - Wiki
Dogma erhoben hat und alles, was sich dem freien Spiel der freien Kräfte in den Weg stellt, eingegrenzt oder gar beseitigt haben wollte. Der Casino-Kapitalismus ist zwar an seine Grenzen gestoßen. Die riesige Finanzblase ist geplatzt und hat zunächst zu einer großen Ernüchterung geführt. Wer jetzt aber auf eine durchgreifende Umgestaltung und vor allem Zähmung des Finanzmarkt-Kapitalismus gesetzt hat, wird enttäuscht. Das Zeitfenster, in dem die Chance besteht, eine Regulierung der Finanzmärkte ernsthaft in Angriff zu nehmen, hat sich bereits weitgehend wieder geschlossen. Da werden Unsummen für die Banken ausgelegt. Geradezu über Nacht. Von einer Begrenzung von Spekulation und Zockerei kann ernsthaft aber keine Rede sein.

pf: Was müsste sich aus Ihrer Sicht ändern, damit ein Politikwechsel gesellschaftlich mehrheitsfähig wird?

In Deutschland hat sich in den letzten Jahren faktisch ein Fünf-Parteien-System herausgebildet. Die Anforderungen an die Bildung von Mehrheiten in den Parlamenten sind damit gestiegen. Zwar deuten jüngste Wahlergebnisse darauf hin, dass das konservativ-liberale Politikmodell offenbar nicht auf stabile Mehrheiten setzen kann. Dennoch sind politische Alternativen keine Selbstläufer. Eine politische Alternative zu den bestehenden Mehrheitskonstellationen hängt maßgeblich davon ab, inwieweit es gelingt, für konkrete politische Projekte, z.B. Regulierung der Finanzmärkte oder Abwehr von Sozialabbau, gesellschaftliche Mehrheiten zu mobilisieren. Für die Gewerkschaften allein ist es derzeit schwer, die Herausbildung gesellschaftlicher Mehrheiten für einen Politikwechsel einzuleiten. Notwendig ist vielmehr ein Verbund kapitalismuskritischer Kräfte und solcher politischen und gesellschaftlichen Akteure, der auch die Gewerkschaften umfasst. Dieses lockere Bündnis könnte Ausgangspunkt für eine gesellschaftliche Mehrheit sein, die einen Politikwechsel für mehr Gerechtigkeit und Solidarität anstrebt.

pf: Wie kann die Gewerkschaftsbewegung ganz praktisch einen Politikwechsel voranbringen oder die Politik einer linken Regierung verteidigen?

Den Gewerkschaften gelingt es derzeit nicht, sich aus organisationspolitischen (Selbst-) Begrenzungen und einer starken, durchaus auch erfolgreichen, Fokussierung auf Krisenintervention und -bewältigung zu befreien und gesellschaftspolitisch offensiver zu agieren. Welche Alternativen haben die Gewerkschaften heute? Da ist zunächst einmal der Staat. Die Konservativen und Neoliberalen wollen die Funktion des Staates immer mehr zurückschneiden. Jeder aber weiß: Nur die Reichen können sich einen armen Staat erlauben. Die Arbeitnehmer brauchen einen aktiven Staat. Deshalb müssen wir uns den Staat zurückerobern. Wir dürfen Politik und Staat nicht den anderen überlassen. Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die sich dem Ziel einer hohen Beschäftigung verpflichtet fühlt. Es macht wenig Sinn, Geld zur Bezahlung von Arbeitslosigkeit bereitzustellen, statt Beschäftigung zu finanzieren. Wir brauchen ein öffentlich gefördertes Beschäftigungsprogramm. Arbeit ist genug da. Wir brauchen keine Niedriglöhne und schon gar kein Lohndumping. Deshalb: Wir brauchen Mindestlöhne. Flächendeckend! (HDH)






Online-Flyer Nr. 255  vom 23.06.2010

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