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Filmclips
„Water Makes Money“
Von Peter Kleinert



Vor 5 Jahren haben Leslie Franke und Herdolor Lorenz einen Film mit dem Titel „Wasser unterm Hammer” gemacht. Einer ihrer Gründe war, dass sich vor 10 bis 15 Jahren eine Welle der Privatisierung unserer Wasserversorgung erhob und sich seither durch die ganze Welt wälzt. Die beiden Hamburger Dokumentarfilmer sind an dem Thema dran geblieben. Der Film „Water Makes Money“ berichtet über die größten Wasserkonzerne und den Widerstand gegen sie. Er zeigt, wie die „Gelddruckmaschinen“ der Konzerne vor allem in Frankreich und in deutschen Städten wie Berlin oder Braunschweig laufen. Aber „Water Makes Money“ macht auch Mut und zeigt, was Menschen und betroffene Gemeinden aus der Herrschaft von Veolia & Co gelernt haben: Wasser in Bürgerhand ist notwendig und möglich! 



Die Jeanne d'Arc des kommunalen Wassers - Ann Le Strat - zweite Bürgermeisterin von Paris
Alle Fotos: Kernfilm
 
Die französischen Konzerne Veolia und Suez sind die Platzhirsche im wachsenden Weltmarkt der privaten Wasserversorgung. Auf allen fünf Kontinenten sind sie präsent, kaum eine Woche vergeht ohne neue Erwerbungen. Doch ausgerechnet in ihrem Heimatland Frankreich wird ihnen jetzt der Boden heiß. Anfang 2010 mussten beide Konzerne in ihrem Hauptsitz Paris die Wasserversorgung zähneknirschend an die Stadt übergeben und sich auch aus Rouen zurückziehen. Demnächst folgen voraussichtlich Bordeaux, Toulouse, Montpellier, Brest und viele andere, die ihr Wasser wieder in kommunale Hand nehmen wollen.


Das Wasser in Paris ist zurück in kommunaler Hand
 
Warum ein derartiger Gesichtsverlust ausgerechnet in Frankreich, wo sie schon viele Jahrzehnte aktiv sind und noch immer rund 80% der Bevölkerung versorgen? Am Beispiel von Paris, Bordeaux und Toulouse zeigt der Film, wie es dazu kommt - und warum die Menschen zuvor den Privaten so lange vertraut haben. Ein Vertrauen, das sich vielerorts als Erblindung bestochener Volksvertreter erwiesen hat. Und nun lassen die Filmemacher die Wahrheit über das Finanzgebaren der Konzerne an die Oberfläche blubbern: Wasserzähler werden dem Kunden faktisch doppelt berechnet. In Rechnungen stehen Kosten für den Austausch von Bleileitungen, die tatsächlich nur zu einem Bruchteil erfolgen. Oder ein Fixum für die Wartung der Rohre wird gezahlt, aber Veolia wendet nur einen Teil dafür auf. Und wenn ein Rohr dann wegen ungenügender Pflege bricht, gilt das als Neuanschaffung, die der Verbraucher noch einmal extra bezahlen muss.
 
Solche Extraprofite liegen in den meisten Städten im dreistelligen Millionenbereich und spiegeln sich auch in den Wasserpreisen wider. Die sind bei privaten Betreibern in Frankreich um 20-60% höher als bei öffentlichen. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Leckagen: Bei den Privaten versickern 17-44% des Wassers durchs löchrige Rohrnetz, bei den Öffentlichen sind es nur 3-12%.
 
Skandalös sind auch die üblichen geheimen Deals der Wassermultis mit den Kommunen: Ein Konzern kauft sich bei der Gemeinde ein, damit er das Wasser bzw. Abwasser betreiben darf. Diese 200-300 Mio. € oder mehr gelten als Kaufsumme oder auch als Geschenk an die Kommune. Die Bürgermeister punkten damit vor ihren Wählern, senken die lokalen Steuern, verringern die Schulden oder bauen ein Kongresszentrum. Doch unglaublich aber wahr: diese Zahlung des Konzerns ist in der Regel nur ein Kredit, der von den Wasserkunden über 20-30 Jahre lang mit Zins und Zinseszins in dreifacher Höhe zurückgezahlt werden muss. Beispiele in Frankreich und im deutschen Braunschweig machen ein System sichtbar, das den Wasserkonzernen erlaubt, ihren globalen Expansionskurs zu finanzieren.
 
Noch schockierender ist die Tatsache, dass in Frankreich die Ressource Wasser mittlerweile in einem bedenklichen Zustand ist. Offizielle Zahlen belegen, dass in 97% der oberirdischen Gewässer krebseregende Pestizide zu finden sind. An den Küsten der Bretagne wird dies überdeutlich. Strände sind nicht mehr begehbar, weil sich Tonnen hochgiftiger Algen türmen, genährt von Nitraten, angereichert mit Medikamenten. Für Veolia und Suez ein ideales Geschäftsfeld - ihre immer kompliziertere und teurere Technik kann angeblich aus jedem verschmutzten Wasser trinkbares machen. Dies ist eine gefährliche Sackgasse, warnen Experten. Denn niemals werden alle Schadstoffe ausgefiltert und trotzdem steigen die Kosten fürs Trinkwasser immer weiter ins Unermessliche.


Veolias hochtechnisiertes Abwasserwerk Brüssel Nord funktioniert nicht - 10 Tage fließen die Abwässer von 1 Mio. Menschen ungeklärt in die Natur
 
Dabei liegt die Lösung so nah und ist absolut kostengünstig: die Ausweisung von Wasserschutzgebieten, auf denen nur Biolandwirtschaft erlaubt ist! Nur: die Multis verdienen daran nichts, denn das bedarf der kommunalen Verantwortung: Die kommunale Wasserwirtschaft Münchens mit dem größten europäischen Biolandwirtschaftsgebiet ist auch in Frankreich ein viel beachtetes Beispiel.
 
Münchens Partnerstadt Bordeaux muss derweil ein vom dortigen Betreiber Suez lange ignoriertes Problem ausbaden: Das hervorragende Grundwasser der Aquitaine ist übernutzt und es droht die Zerstörung der Ressource durch eindringendes Salzwasser. Während Suez noch Werbung für höheren Wasserverbrauch machte, begann die Gemeinde bereits mit systematischen Wassersparmaßnahmen. Heute kann die Gemeinde stolz mitteilen: 25% des Wasserverbrauchs wurden eingespart. Doch sinkender Wasserverbrauch senkt die Rendite der Konzerne. Suez möchte daher das Grundwasser mit aufbereitetem Wasser aus der Garonne anreichern. Zum Glück gibt es aber noch unabhängige Wissenschaftler, die davor warnen, das hochbelastete Flusswasser als Ersatzressource zu begreifen.
 
Wissenschaftliche Unabhängigkeit ist jedoch nicht selbstverständlich. So gibt es an der Universität Montpellier bereits einen Suez-Lehrstuhl, und es soll auch ein Veolia-Lehrstuhl eingerichtet werden. Nun kam ein Gutachten von Wasser-Wissenschaftlern aus Montpellier zum Ergebnis, dass die Quellen rund um die zentrale biologische Ader der Region, den Fluss Herault, geeignet seien, zusätzliches Wasser für die wachsende Region zu liefern. Alle bisherigen Gutachten hatten eindeutig gewarnt, dass damit das Biotop zerstört werde. Gestützt auf das neue Gutachten begann Veolia mit der Bohrung.....
 

Jean-Luc Touly bekam von seinem Arbeitgeber Veolia 1 Mio. € geboten, wenn er seine Recherchen über Veolia nicht veröffentlicht, hat aber doch lieber an dem Film mitgearbeitet
 
Bestechung, strukturelle Korruption scheinen auch zu den Geschäftspraktiken der Wasserkonzerne zu gehören wie das Beispiel von Grenoble zeigt. Bestochene wie auch Bestecher haben dabei direkte Verbindung zur obersten Staatsführung Frankreichs. Und auch in der EU und in den UN stehen Suez und Veolia im besten Kontakt zu den Quellen der Macht.
 
Doch in Frankreich wächst zusehens das Bewusstsein, die Melkkuh der Konzerne für ihre globalen Expansionspläne zu sein - und die Rekommunalisierungswelle rollt. Nicht nur dort: auch in Lateinamerika, den USA, Afrika und Europa ist die Rückkehr des Wassers in die Hände der Bürgerinnen und Bürger immer häufiger an der Tagesordnung. Der Film „Water Makes Money“ wird helfen, sich zu entscheiden.
 
Premiere am Donnerstag, 23.September
 
Die Premiere von „Water Makes Money" wird am Donnerstag, 23.September 2010, gefeiert, und zwar zeitgleich in möglichst vielen deutschen, französischen und anderen europäischen Städten und Gemeinden. Dieser flächendeckende Paukenschlag - aktuell sind bereits mehr als 60 Veranstaltungen bestätigt - ist sinnvoll, damit der Film mit der Premiere praktisch europaweit einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird und seine schmerzlichen Enthüllungen nicht untergehen.

Dafür sucht das Team der Premierenkampage Menschen, die in München, Berlin, Paris, Toulouse, Mailand, Aprilia, Wien, Zürich, London, Barcelona und vielen Orten dazwischen bei der Organisation von Veranstaltungen mit „Water Makes Money" vor Ort aktiv werden wollen. Alle, die in ihrer Gemeinde, in ihrer Stadt, in ihrem Vorort, ihrem Dorf eine öffentliche Premiere am 23. September organisieren können - entweder im Kino oder anderen öffentlichen Räumen - mögen sich bitte melden bei: filmverleih@watermakesmoney.org.
Pressematerial zum Film, weitere Informatonen über die Kampagne sowie auch Verleih- und Aufführbedingungen gibt es unter www.watermakesmoney.org
 
Water Makes Money - Ein Film von Leslie Franke und Herdolor Lorenz. In Zusammenarbeit mit Jean Luc Touly, Marc Laimé, Christiane Hansen, Markus Henn und Aquattac – finanziert von zahllosen SpenderInnen. Eine Kernfilm-Produktion in Koproduktion mit ARTE, 2010, 90 Minuten. (PK)


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