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Inland
Skandalöser Einfluß der Atomlobby auf Justiz und Polizei
Repression gegen Atomkraftgegner
Von Norbert Arbeiter
Online-Flyer Nr. 264 vom 25.08.2010
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Inland
Skandalöser Einfluß der Atomlobby auf Justiz und Polizei
Repression gegen Atomkraftgegner
Von Norbert Arbeiter
Wolfgang Porrmann vor dem Amtsgericht Recklingh
Alle Fotos: Norbert Arbeiter
Die Geschichte begann am 17. März 2010 vor der Dattelner Stadthalle, in der der Rat der Stadt zum Thema Eon-Großkraftwerksbau wegen der Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes in einer öffentlichen Sitzung tagte. Zum gleichen Zeitpunkt trat übrigens Umweltminister Röttgen in den Medien mit der Ankündigung auf, weitere Erkundungsarbeiten im Salzstock von Gorleben ohne rechtliche Prüfungen wieder aufzunehmen.
Wolfgang Porrmann und zwei weitere Mitglieder der Umweltinitiative „MegA“ (Menschen gegen Atomkraft) fanden es nicht akzeptierbar, dass es in Gorleben ohne rechtliche Überprüfung einfach wieder weiter gehen sollte. Davon ausgehend, Presse und Medien würden die Ratssitzung aufmerksam verfolgen, wollten sie dort ihrem Protest Ausdruck verleihen und Öffentlichkeit herstellen. Weil die Stadthalle mit 700 Menschen überfüllt war, blieb den „Menschen gegen Atomkraft“ nur der Platz vor der Halle, um zu Dritt zwei Transparente von „MegA“ zu zeigen. Weil die Ratssitzung auch nach draussen übertragen wurde, konnten sie mithören und gleichzeitig ihren Protest gegen die Atommüll-Beseitigung kund tun.
Und dann begann der Skandal: Etwa eine Minute nachdem die beiden Transparente hoch gehalten wurden, erschien ein Polizist und fragte den Sprecher der Initiative „MegA“ Waltrop: „Sind Sie Herr Porrmann? Diese Versammlung, die Sie hier durchführen, ist nicht genehmigt, packen sie die Sachen wieder ein!“ Die anscheinend gut vorbereitete Polizei hatte die „MegA“-Leute offenbar schon erwartet, denn ein zweiter Beamter machte Fotos von ihnen. Wolfgang Porrmann meldete daraufhin die Versammlung spontan an.
Als er dem Beamten danach bat, das Fotografieren zu unterlassen, da dies ja jetzt eine Versammlung mit Versammlungsschutz sei, machte der einfach weiter und sagte, er nehme die Anmeldung zwar an (in Formularform!), aber eine Anzeige gegen Porrmann werde trotzdem kommen, weil dieser sich selbst als Versammlungsleiter ausgegeben habe. Alle drei „MegA“-Leute blieben gelassen, denn sie nahmen an, die Staatsanwaltschaft werde das Ganze als Bagatell-Delikt einstellen.
In einer Stellungnahme teilte Porrmann im anschließenden Ermittlungsverfahren darüber hinaus mit, dass es gar nichts anzumelden gegeben habe, weil ihre „Aktion“ von zwei Leuten kurzfristig verabredet worden sei; erst unterwegs sei ein Dritter zufällig dazu gekommen. Erst dadurch sei das rechtlich gesehen eine „Versammlung“ geworden. Auch habe es keine vorbereiteten Flugblätter, keine Aufrufe gegeben, nur die zwei älteren Transparente zum Thema Atomkraft. Dies wurde von den Ermittlungsbehörden nicht akzeptiert und der erste Verhandlungstag auf den 10. August 2010 beim Amtsgericht Recklinghausen festgelegt.
Amtsgericht-Recklinghausen: Innen und außen immer noch wilhelminisch
Unerwarteterweise wurde Wolfgang Porrmann zu diesem Zeitpunkt so krank, dass er laut ärtzlichem Attest nicht verhandlungsfähig und bei seinem Arbeitgeber (er ist Diplom-Sozialarbeiter) krank geschrieben war. Das wurde von Amtsrichter Borowiak nicht anerkannt, obwohl angesichts dieser Bagatelle kaum eine Gefahr oder ähnliches für die Öffentlichkeit zu befürchten war. Porrmann wurde auf mögliche Sanktionen wie
Zwangsvorführung hingewiesen, was großen Druck für den bettlägerigen Angeklagten bedeutete. Am Tag des Verhandlungstermins faxte seine Rechtsvertreterin dem Gericht noch einmal ein Attest mit genauer Krankheitsbeschreibung zu, und schließlich wurde am 10. August um 12:00 Uhr einer Terminverlegung zugestimmt – also eine Stunde vor Prozeßbeginn! Porrmann sagte später, dieser Druck sei kaum auszuhalten gewesen, zumal er ja sehr krank war.
Der Folgetermin am 24. August war kurz: die Rechtsvertretung von Porrmann
stellte einen Befangenheitsantrag gegen Amtsrichter Borowiak. Begründet wurde der mit dem unverhältnismäßigen Vorgehen des Richters in einem Bagatellverfahren. Ob dem Befangenheitsantrag stattgegeben wird, bleibt abzuwarten.
Wolfgang Porrmann nach der Verhandlung mit Unterstützern vor dem Amtsgericht
Dem Autor zwingen sich Erinnerungen an Verfahren gegen prominente Millionenbetrüger auf, wo Staatsanwaltschaften in den Verdacht kamen, mit den Mitteln der Verschleppung und ausgehandelten „Deals“ eine rechtmäßige Verurteilung zu verhindern. Vertrauen in die Politik ist in großen Teilen der Bevölkerung bekanntlich nicht mehr vorhanden. Wenn nun auch noch das Vertrauen in die Justiz verschwindet – und dafür spricht das, was in der Ermittlungsakte gegen Wolfgang Porrmann gesammelt wurde – beginnt das gesellschaftliche Chaos und damit der Zusammenbruch dieser Demokratie.
Für Wolfgang Porrmann aber wird es beim nächsten Gerichtstermin eine grosse Solidarisierungs-Aktion geben. Das ist sicher! (PK)
Online-Flyer Nr. 264 vom 25.08.2010
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