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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Wirtschaft und Umwelt
Keine Nahrungsmittel und Regenwälder in die Auto- und Flugzeugtanks!
Stoppt den E10-Kraftstoff!
Von Peter Kleinert

Ab Januar soll nach dem Willen der Bundesregierung ein neuer Autokraftstoff an den Tankstellen angeboten werden: Der neue sogenannte Bio-Kraftstoff E10 war allerdings bereits hoch umstritten, bevor er überhaupt die Zapfsäulen erreichte. Denn E10 bedeutet: Dem herkömmlichen fossilen Benzin werden zehn Prozent Ethanol beigemischt – ein Stoff, der aus Mais, Getreide, Zuckerrohr oder Rüben hergestellt wird. Die Bundesregierung erfüllt damit eine Richtlinie der EU, dass der Anteil der Pflanzenenergie im Kraftstoff kontinuierlich steigen soll – ohne Rücksicht auf die Folgen.

 
Cartoon: Kostas Koufogiorgos

Der Hamburger Verein "Rettet den Regenwald" fordert dem gegenüber seit Jahren: "Stoppt den massenweisen Anbau von Lebensmitteln für Auto- oder Flugzeugtanks! Schon jetzt werden etwa 900.000 Tonnen Ethanol dem Benzin beigemischt – mit einem Anteil von maximal fünf Prozent." Auch viele andere Umwelt- und Entwicklungsorganisationen schlagen seit langem Alarm gegen die Energie vom Acker. Denn Ethanol wird aus Nahrungsmitteln hergestellt, mit enormem Energieaufwand sowie dem Einsatz großer Mengen von Düngemitteln und Pestiziden.

In Deutschland selbst wachsen bereits auf 240.000 Hektar Ackerfläche Weizen, Gerste und Zuckerrüben für die Ethanolproduktion. Doch die mit Abstand größten Ethanolproduzenten weltweit sind die USA und Brasilien. Da unsere heimischen Anbauflächen nicht ausreichen und die Produktionskosten bei uns hoch sind, wird Ethanol vor allem massenweise aus Brasilien importiert. Die Ethanol-Einfuhren der Europäischen Union aus Brasilien belaufen sich auf etwa 1,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Angebaut wird das tropische Süßgras auf riesigen industriellen Monokulturen. Schon neun Millionen Hektar sind in dem südamerikanischen Land mit den grünen Zuckerrohrwüsten der Großgrundbesitzer, Investoren und multinationalen Konzerne belegt.

Amazonas-Regenwald – bedroht durch Zuckerrohranbau für E10
Quelle: KAOS Kunst- und Videoarchiv e.V.

„Einen krasseren Kontrast zwischen der Artenvielfalt der brasilianischen Tropenwälder und Savannen und den über neun Millionen Hektar Zuckerrohr-Monokulturen, von denen die Agroenergie stammt, gibt es nicht”, erklärt Klaus Schenck, Wald- und Energiereferent des "Rettet den Regenwald" e.V. „Die Tropenwälder sind voller Leben, die Plantagen biologische Wüsten.“

Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, arbeiten heute gut eine halbe Million Menschen auf den Zuckerrohrplantagen Brasiliens: "Unter zum Teil sklavenähnlichen Bedingungen schuften sie im Akkord. Unter der sengenden Sonne schlagen sie tausende Mal mit der Machete zu, um das Zuckerrohr zu schneiden. Nicht wenige brechen vor Erschöpfung zusammen." Als moderne Sklaven auf den Plantagen müssen sie zu Hungerlöhnen 15 Tonnen Zuckerrohr und mehr am Tag ernten. Jedes Jahr werden von der brasilianischen Bundespolizei mehrere Tausend Zuckerrohrarbeiter aus diesen sklavenähnlichen Arbeitsverhältnissen befreit. Enorme Mengen kostbaren Wassers werden zur Bewässerung der Felder und für die industrielle Produktion vergeudet.

 
Wie brasilianische Zuckerrohrschneider für E10 schuften müssen
Quelle: www.br-online.de

Laut "Rettet den Regenwald" fressen sich die Plantagen immer tiefer in die Tropenwald- und Savannengebiete des Landes hinein. Indios und Kleinbauern werden dafür von ihrem Land vertrieben und oft ermordet. Die brasilianische Regierung plane, die Anbaufläche für Zuckerrohr zu versiebenfachen. Auf 65 Millionen Hektar soll Zuckerrohr kultiviert werden - das entspricht der Fläche Deutschlands und Polens.
 
E10 schon einmal spektakulär gescheitert

Im April 2008 war der neue Agrosprit E10 schon einmal spektakulär gescheitert. Die Autolobby stoppte in letzter Sekunde die Gesetzesinitiative, weil mehrere Millionen Autos in Deutschland den Kraftstoff wegen seines hohen Alkoholgehalts nicht vertrugen. Nun, gut zwei Jahre später, unternimmt die Bundesregierung einen neuen Anlauf.

„Die Schäden an Mensch, Natur und Klima, die durch den Anbau und Einsatz von Agrosprit angerichtet werden, übersteigen sogar die der Erdölindustrie“, sagt Klaus Schenck. „Neben Zuckerrohr breiten sich in Brasilien auf weiteren 24 Millionen Hektar Soja-Monokulturen aus, aus denen sogenannter Biodiesel hergestellt wird. Neu gezüchtete Varianten von Zuckerrohr und Soja einschließlich genetisch manipulierter Pflanzen machen selbst den Anbau im Amazonasregenwald möglich. Die grüne Lunge der Erde liegt im Sprühnebel von Pestiziden und ist das Versuchslabor der Genindustrie.” (PK)
 
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Lesen Sie hierzu auch die NRhZ Nr. 151  vom 18.06.2008
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=12542


Online-Flyer Nr. 283  vom 05.01.2011

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