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Aktueller Online-Flyer vom 25. November 2024  

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Globales
Kommentar vom Fuße des Blauen:
Ausverkauf der Vichy-Regierung in Ramallah
Von Evelyn Hecht-Galinski

Stellen wir uns einmal vor, die Demokratie in der BRD würde den jüdischen Bürgern „das Gedenken“ verbieten. Unvorstellbar! Anders im Jüdischen Staat, „der einzigen Demokratie im Nahen Osten“: Da überlegt man sich ständig neue Verbote, z.B. den „israelischen Arabern“ (Palästinensern) das Gedenken an die Nakba unter Strafe zu stellen. Stellen wir uns einmal vor, wir würden in Deutschland dazu aufgerufen, nicht an jüdische Bürger zu vermieten und Häuser an diese zu verkaufen. Hatten wir das nicht schon einmal? Dies geschieht jetzt massiv in Israel. 
 
Von Jerusalem bis Ramle und Lod werden den israelischen Palästinensern die Häuser abgerissen; rechtlos stehen sie auf der Straße. Sie werden als

Evelyn Hecht-Galinski
Quelle:NRhZ-Archiv
Bürger ohne Rechte willkürlich „entmietet“ oder „entbulldozert“, außerdem wird es ihnen verwehrt, Grundstücke oder Häuser zu erwerben. Das ist die traurige Wirklichkeit im (demokratischen?) „Jüdischen Apartheid-Staat“ Israel! Man ruft offen dazu auf, nicht an Araber zu vermieten oder zu verkaufen. Erst vertrieb man die Palästinenser. Jetzt werden die Zurückgebliebenen erneut vertrieben, enteignet und ihrer Lebensgrundlage beraubt.
 
Der 27. Januar, der „Internationale Holocaust-Gedenktag“ mahnt uns alle, 66 Jahre nach der Befreiung nicht mehr wegzuschauen. Ich habe das Motto meines Vaters (1) verinnerlicht: „Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen.“ Aus diesem Grund war es mir unbegreiflich, dass 2010 Israels Staatspräsident Peres diesen Tag so unverfroren und ohne Widerspruch historisch missbrauchte. Nicht nur, dass er die israelische Unrechtspolitik „schönredete“, nein, er forderte auch deutsche Juden auf, nach Israel „heimzukehren“. Ich hoffe, dass uns dieses Jahr solche Sätze erspart bleiben. Dieser Gedenktag an die jüdischen Opfer sollte nicht zur Rechtfertigung israelischer Menschrechtsverletzungen benutzt werden. Es ist nicht in meinem Sinn, wenn ich in ein Land „zurückkehren“ soll, nur weil der jüdische Staat „allen Juden, wo immer sie auch leben“, ein Rückkehrrecht bietet. Wie soll ich das verstehen, dass ich – nur weil ich „jüdisch“ bin – Rechte habe, die den palästinensischen Flüchtlingen, den Vertriebenen der Nakba vorenthalten werden? Ihr Rückkehrrecht ist aber völkerrechtlich verbrieft und nicht „verhandelbar“, wie es immer so falsch dargestellt wird.
 
Wie die jetzt veröffentlichten geheimen Verhandlungsprotokolle zeigen, hat die palästinensische, nicht gewählte und ohne Mandat handelnde „Ramallah Führung“ sogar auf dieses verbindliche Rückkehrrecht verzichtet. Die traurige Wirklichkeit zeigt schon nach der Veröffentlichung der ersten Papiere erschreckende Erkenntnisse. Die Vertriebenen wurden von einer „korrumpierten Clique verkauft“, von der Weltöffentlichkeit vergessen und von Israel gnadenlos entrechtet. Ich frage mich: Wann wird das palästinensische Volk aufstehen und diese „korrupte Clique“ endlich verjagen und durch eine legitimierte, gewählte, Regierung ersetzen? Tunesien als Beispiel, Ägypten und andere werden folgen. Wann wird man international, Israel für seine Taten (Untaten) zur Verantwortung ziehen?
 
Wenn man die Hoffnungslosigkeit in den palästinensischen Flüchtlingslagern, die Haftbedingungen der ca.10.000 gefangenen Palästinenser und das Elend im blockierten Gazastreifen sieht, die Apartheid-Mauer, die Check-Points, die Schikane, und somit die Entmenschlichung der Palästinenser erlebt, so endet das alles letztendlich nur in einer einzigen ethnischer Säuberung. Mir treibt das genau wie das begangene Unrecht die Scham und Wut in alle Poren.
 
Inzwischen ist die so genannte Linke in Israel nicht mehr existent. Es ist erschreckend zu erleben, wie sich die Parteien immer mehr in einer anti-palästinensische Front vereint haben. Mit dieser unsäglichen Politik macht man inzwischen auch nicht mehr vor den NGOs halt. Man überlegt sich gnadenlos neue Gesetze, um die letzten übriggebliebenen Kritiker auch noch zu schwächen.
 
In diesen Tagen wird das Bundeskabinett und die Kanzlerin Merkel wieder nach Israel fliegen, um die gemeinsame Kabinettsitzung abzuhalten. Dabei ist unsere Regierung total unkritisch bei rassistischen israelischen Ministern, wie Außenminister Lieberman, oder demnächst wieder Matan Vilnai, der den Palästinensern schon einmal eine neue „Schoah“ androhte. Soviel zu „unserer“ Politik, die überall Menschenrechte anmahnt, aber den „Jüdischen Staat“ ausspart. Schauen wir einmal, ob das „Problem Firas Maraghy“ (2) auf unseren Druck hin in Israel endlich gelöst wird. Bis zum heutigen Tag haben sich deutsche Politiker in dieser Sache von Israel nur vorführen lassen. Geht es um Israel, drücken diese immer beide Augen zu, liefern auf Israels Wunsch „Kriminelle" aus und bieten sich auch immer eilfertig als Vermittler für Israel an. Passen wir auf, dass wir demnächst nicht auch genau wie die USA als ehrliche Vermittler völlig verbrannt und unglaubwürdig sind.
 
Übrigens haben die USA unter „Friedensnobelpreisträger Obama“ schon wieder angekündigt, in der UN ihr Veto einzulegen, falls Israels Siedlungspolitik kritisiert werden sollte. Wollen wir uns wirklich weiter in eine Politik einbinden lassen, die unserem Grundgesetz widerspricht? Durch den Begriff des „Jüdischen Staates" werden Juden in aller Welt und Jüdischer Staat gleichgesetzt, um Antisemitismus, Antizionismus und Israel-Kritik gleichzusetzen. Dies alles geschieht bewusst und gezielt (Propaganda - wissenschaftlich begleitet), um z.B. BDS überall auf der Welt zu kriminalisieren als Aussage:„Kauft nicht beim Juden“. Das fällt gerade auch in Deutschland auf fruchtbaren Boden, weil die meisten Deutschen so von Komplexen und Schuldgefühlen geprägt sind, dass diese Sprüche sozusagen mit der „Muttermilch“ verinnerlicht wurden. Das ist aber grundfalsch, und dem trete ich entgegen mit der Aufforderung „Kauft nicht von einem Staat, der die Menschenrechte mit Füssen tritt.“
 
Warum warnt man in Deutschland und im Westen immer nur „vor dem politischen Islam“ oder vor „Islamisten“? Warum warnt man uns nicht vor dem „politischen Judentum“ und den „Judaisten“? Der Staat Israel missbrauchte von Anbeginn seiner Gründung die Religion. Die Zionisten benutzten von jeher die Religion für ihre Zwecke (Ben Gurion) ohne selbst religiös zu sein. Die deutsche Regierung und die westlichen Medien verunglimpfen den Iran, die „Islamische Republik“ als „Mullah-Regime“, und Netanjahu betont zum 27. Januar, Iran wolle über Israel einen „neuen Holocaust“ bringen. Diese falschen, hetzerischen Äußerungen darf er unkommentiert von sich geben – empörend! Wir aber lassen den „Jüdischen Staat“ mit seinen rassistischen Rabbis gewähren! Den Islam demütigende, herabsetzende Bücher und Zeitungsartikel überbieten sich, aber Israel-kritische Filme oder Artikel werden sofort als antisemitisch verunglimpft. Gerade erlebten wir, als die „Zionistische Lobby“ (Spiegel) den Start des türkischen Filmes „Tal der Wölfe“ zum 27.Januar, verhinderte.
 
Ich verwahre mich dagegen, von der Israel-Lobby als antisemitisch bezeichnet zu werden, weil man andauernd versucht, Israel-Kritik als Antisemitismus zu verleumden. Ich kann es nur immer wieder betonen, dass wir dem alle entgegentreten müssen – ohne wenn und aber. Meine Erkenntnis, schon seit langem: „Israel will alles, nur keinen Frieden“ – das kann jetzt dank Al Dschasira und The Guardian jeder politisch denkende Mensch selbst sehen. Die „Vichy-Regierung“ von Ramallah, die „da am Tropf der USA und Israels“ hängt und sich vor Israel erniedrigt (sogar jüdische Ausdrücke hat die Ramallah-Regierung benutzt. O-Ton der Palästina Papiere: „We are offering you the biggest Yerushalayim in Jewish history“, so Saeb Erekat – PA-Chef-Verhandler). Israels lakonische Antwort: „Das ist nett, aber nicht genug!” Um zu zeigen, dass man für Recht und Ordnung sorgen können, sei man gezwungen „die eigenen Leute zu töten“ (Original-Zitat Erekat.
 
Die Sicherheitskräfte planten auch gemeinsam mit Israel die Ermordung eines Chefs der Al Aksa-Brigaden, und koordinierten das Vorgehen gegen die Hamas. Diese Papiere zeigen in schonungsloser Offenheit, wie “Vichy-Ramallah“ sein Volk verkauft. Wie lange kann sich das palästinensische Volk noch so eine Führung erlauben?.... Der Zorn der Massen wird auf den ganzen Nahen Osten übergreifen. Wir geben und gaben den ganzen „guten Ländern“ (d.h. westlich geprägten) Unterstützung – das wird sich rächen! Wir haben schlimmerweise nichts dazu gelernt, sondern machen weiter mit der gefährlichen „Islamismus-Phobie“. Wir waren und sind „Mittäter“. Wir tolerieren Wahlfälscher und geben ihnen logistische Hilfe, wenn sie in unser „Schema“ passen. Die demokratisch gewählte Hamas aber wird nicht anerkannt und stattdessen als Terrororganisation verrufen. Wir lassen Israel gewähren, indem es sich in „Eigenuntersuchung“ einen „Persilschein“ für die Ermordung der 9 türkischen Aktivisten auf dem Gaza-Hilfsschiff Mavi Marmara ausstellt.
 
Seit der Veröffentlichung der „Palästina Papiere“ sollte auch dem letzten „Experten“ die Farce der Zweistaatenlösung und des so genannten Friedensprozesses klar geworden sein. Ali Abunimah von der Electronic Intifada ist einer der brillantesten Palästina-Analysten. Er war schon auf der Stuttgarter Konferenz ein begnadeter Redner und Kenner der Materie. Nicht umsonst wurde er zu Al Dschasira nach Katar geholt, um dort täglich die Palästina Papiere zu kommentieren. Aus diesem Grund war und ist die Stuttgarter Konferenz und die Stuttgarter Erklärung ein Meilenstein in der Zukunftsorientierung für einen künftigen Staat Palästina. Ich empfehle den Artikel von Ilan Pappe zur Stuttgarter Konferenz (3), ebenso den von Richard Falk (4). Die Stuttgarter Erklärung beinhaltet die ganze Bandbreite dieser wichtigen Erkenntnis.
 
Die Zeit ist reif für Veränderung. Sagen wir der Kanzlerin Merkel, dass sie anstatt anlässlich einer erneuten Preisverleihung von irgend einer jüdischen Organisation (die wievielte?) unkritisch den „Jüdischen Staat“ zu unterstützen, die Zeichen der Zeit erkennt, umschwenkt (kann sie ja sonst auch sehr gut) und auf das begangene Unrecht hinweist. Israel braucht auch keinen Besuch unseres Bundespräsidenten mit seiner Tochter – unkritisch, einseitig wie in Yad Vashem, in Sderot, bei den Eltern von Gilad Shalit – , sondern Besuche von Jugendlichen, die ein Kontrastprogramm inklusive elender palästinensischer Zustände geboten bekommen, um sich ein objektives Bild zu machen.
 
Was ist schließlich davon zu halten, dass die medizinische Situation in Gaza ständig schlimmer wird, aber in deutschen Zeitungen fast nur über die „menschliche Atmosphäre“ im größten „Klinikum im Nahen Osten“ berichtet wird, über das Scheba Krankenhaus in Tel Aviv (oder über Charity Parties mit Charlotte Knobloch, Hubert Burda in St. Moritz), wo es immer mehr junge Medizinstudenten hinzieht? Die Medien, die Politik entmündigen uns. Wir bekommen nur noch „Zerkleinertes und Vorgekochtes“ vorgesetzt.
 
Die Palästina Papiere haben es auch dem letzten „Ahnungslosen“ gezeigt: Der Nahost-Friedensprozess“ war und ist eine „Fata Morgana“. Die Zweistaatenlösung hat ausgedient. Die Einstaatenlösung ist die einzige noch verbliebene Konsequenz, wie auf der Stuttgarter Konferenz hinreichend dargestellt wurde. Die „Vichy Regierung“ gab sich alle Mühe, den Israelis alles für einen eigenen Staat zu geben, aber Israel war nie zufrieden und ist erst zufrieden, wenn alles unter Kontrolle des Jüdischen Staates bleibt – wie jetzt auch schon. „Friss oder stirb!“ ist keine Basis für Frieden. Sie ist jedoch die Basis, auf deren Säulen Israels Politik steht. Die „Vichy Regierung“ hat keine Existenzberechtigung mehr. Sie hat kein Mandat und vertritt niemanden außer sich selbst. Ergo bleibt es dabei: ODS (One Democratic State). Ein säkularer, demokratischer Staat ist die einzige verbliebene Option für einen gerechten Frieden für das palästinensische Volk. (PK)
 
(1) Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Mit diesem Beitrag setzt sie ihre Serie für die NRhZ fort, die sie "vom Fuße des Blauen", ihrem 1186 m hohen "Hausberg" im Badischen, schreibt.
(2) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15724
(3) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16083
(4) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16054


Online-Flyer Nr. 286  vom 27.01.2011

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