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Wirtschaft und Umwelt
Wasserkonzern VEOLIA klagt gegen den Film "Water Makes Money“
Und SUEZ ruft mal bei ARTE an
Von Peter Kleinert
Nur wenig bundesweites Presseecho fand bisher der sensationelle erste Berliner Volksentscheid der Bürgerinitiative "Berliner Wassertisch“, obwohl er trotz des enorm hohen Quorums (25% der Wahlberechtigten) gewonnen werden konnte.(1) Der Kampf um Wasser geht weiter - nicht nur in Berlin. Ein wichtiger Beitrag zu diesem Erfolg war der Film "Water Makes Money“ von Leslie Franke und Hermann Lorenz, der über Spenden finanziert wurde.(2) Der vom Volksentscheid betroffene Wasser-Konzern VEOLIA will - wie berichtet - den Dokumentarfilm wegklagen. Umso wichtiger ist es, ihn in möglichst vielen PPP-betroffenen Städten ebenfalls zu zeigen. Jede weitere Aufführung des Films, jede bestellte DVD machen Veolia, aber auch dem RWE, einen Strich durch die Rechnung!
Online-Flyer Nr. 289 vom 20.02.2011
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Wirtschaft und Umwelt
Wasserkonzern VEOLIA klagt gegen den Film "Water Makes Money“
Und SUEZ ruft mal bei ARTE an
Von Peter Kleinert
Nur wenig bundesweites Presseecho fand bisher der sensationelle erste Berliner Volksentscheid der Bürgerinitiative "Berliner Wassertisch“, obwohl er trotz des enorm hohen Quorums (25% der Wahlberechtigten) gewonnen werden konnte.(1) Der Kampf um Wasser geht weiter - nicht nur in Berlin. Ein wichtiger Beitrag zu diesem Erfolg war der Film "Water Makes Money“ von Leslie Franke und Hermann Lorenz, der über Spenden finanziert wurde.(2) Der vom Volksentscheid betroffene Wasser-Konzern VEOLIA will - wie berichtet - den Dokumentarfilm wegklagen. Umso wichtiger ist es, ihn in möglichst vielen PPP-betroffenen Städten ebenfalls zu zeigen. Jede weitere Aufführung des Films, jede bestellte DVD machen Veolia, aber auch dem RWE, einen Strich durch die Rechnung!
Dokumentarfilmer Leslie Franke und Hermann Lorenz
Quelle: www.kernfilm.de/
Den Klägern von VEOLIA bläst nun ein scharfer Wind ins Gesicht. Der Konzern kann in Berlin die 1,3 Mrd. € schwere Profitmaschinerie der letzten 10 Jahre auf der Basis der öffentlichen Wasserversorgung nicht mehr hinter Geheimverträgen verstecken. Sagenhafte 665.000 Berliner Bürger/innen Berliner haben in ihrer Volksabstimmung die Aufdeckung dieser Verträge mit Gesetzeskraft verfügt. Und nun passiert genau das, was der Film an den Beispielen Paris, Bordeaux und Toulouse zeigt: Wache Juristen decken die juristischen Untiefen und Tricks im Konsortialvertrag auf, die es den Globalplayern erlauben, Milliarden aus der kommunalen Wasserversorgung zu generieren - mit Hilfe von Politikern, die öffentliches Eigentum in Public Private Partnership (PPP), auch Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) genannt, überführen, wie es nicht nur in Berlin mit dem Wasser geschehen ist.
Bundesministerin Ursula von der Leyen (r.) und Staatssekretärin Dagmar Wöhrl machen Werbung für VEOLIA Wasser-Geschäftsführer Krauel durch das Zertifikat „audit berufundfamilie"
Quelle: www.veoliawasser.de/
So hat sich jetzt - wie die Filmproduktion "kernfilm" miteilt - in Berlin Hans-Peter Schwintowski, Leiter des Instituts für Energie- und Wettbewerbsrecht an der Berliner Humboldt-Universität, gemeldet und darauf hingewiesen, dass eine saubere juristische Bewertung der Verträge der Stadt Berlin mit VEOLIA und RWE keinen anderen Schluss zulässt, als dass sie von vornherein ungültig waren. Die Gewinngarantie in den Geheimverträgen sei faktisch eine EU-genehmigungspflichtige Beihilfe, und die Ausschreibung für die Verträge sei auch nicht rechtsgültig gewesen. Damit sei die Teilprivatisierung der Wasserversorgung in Berlin von vornherein ungültig und der Rekommunalisierung der Weg gebahnt. Der Kaufpreis von rund 1,8 Mrd. € müsse dann zwar an VEOLIA & Co zurückgezahlt werden, doch auch die Gewinne, immerhin 1,3 Mrd. €, müssen zurück gezahlt werden. Noch ist es in Berlin nicht so weit mit der Rekommunalisierung. Aber der wichtige Anfang ist gemacht wie damals in Paris, Bordeaux vor 5 Jahren, worüber "Water Makes Money“ berichtet.
Jean-Luc Touly bekam von seinem ex-Arbeitgeber VEOLIA eine Million € geboten, wenn er seine Recherchen über VEOLIA nicht veröffentlichen würde, hat aber doch lieber an dem Film mitgearbeitet
NRhZ-Archiv
Auf welche konkreten Punkte im Film sich die Klage VEOLIAs bezieht, soll offiziell erst im Prozess eröffnet werden. So kann es der Konzern vermeiden, sich rechtzeitig in die "Karten“ schauen zu lassen. (Nach deutschem Recht wäre das gar nicht möglich!) Unter dem Eindruck der großen Öffentlichkeit wurde der VEOLIA-Anwalt inzwischen jedoch schon etwas konkreter: Man wolle einen angemessenen Schadenersatz für die Verleumdung des Konzerns einklagen. Man klage vor allem gegen die Verwendung des Begriffs "Korruption“ im Film. Die Bestechung gewählter Gemeindevertreter, die Besetzung von EU-Gremien mit Konzern-Vertretern, die über die eigene Beauftragung entscheiden, Berichte über die Einladung hoher Staatsbeamter und Ausschussmitglieder auf Yachten in St. Tropez kurz vor der Entscheidung einer milliardenschweren Ausschreibung, all diese und andere Beispiele im Film sollen nichts mit "Korruption“ zu tun haben? Man muss aber wohl davon ausgehen, dass VEOLIA zum Prozess noch einige andere Klagepunkte präsentieren wird, meinen die beiden Dokumentarfilmer.
Das Zittern beginnt
"Sendet ARTE 'Water Makes Money'?" hatte die NRhZ in der Überschrift ihres Online-Flyers Nr. 284 vom 14. Januar nach dem Bekanntwerden der Klageabsicht von VEOLIA skeptisch gefragt.(2) Geplant war dort ursprünglich, eine TV-Fassung des Films am Internationalen Wassertag, dem 22. März, um 20.15 Uhr auszustrahlen. Der Programmdirektor antwortete nach dem Bekanntwerden der Klageabsicht von VEOLIA in einem Interview: "Wir stehen hinter dem Film“. ARTE France kündigte außerdem für den 23. Februar eine große Pressekonferenz zu "Water Makes Money“ an - in Paris, wo VEOLIA residiert. Doch seit der "Patron“ (CEO) des zweiten großen französischen Wasserkonzerns SUEZ, Gérard Mestrallet, bei Véronique Cayla, der Präsidentin von ARTE, angerufen haben soll, um gegen die Sendung des Films zu protestieren, steht der Sender mächtig unter Druck.
Während die NRhZ noch am 14. Januar berichten konnte: "Im Gegensatz zu VEOLIA hat der zweite große französische Wasserkonzern SUEZ, über den der Film genau so kritisch berichtet wie über VEOLIA, auf eine Klage verzichtet. SUEZ-Mitarbeiter besuchen vielmehr gelegentlich Filmveranstaltungen und stellen sich nach der Vorführung einer Diskussion mit dem Publikum"(2), hat sich da offenbar etwas geändert. Jedenfalls wurde die Sendezeit am 22. März schon mal auf 20.40 Uhr verschoben.
Wenn der Boss eines Weltunternehmens nichts Wichtigeres zu tun hat, als gegen die Sendung von "Water Makes Money" zu intervenieren, ist das natürlich eine große Ehre für den Film, aber es zeigt auch, wie wichtig es diesen Konzernen - jedem auf seine Weise - ist, den Film doch aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Im Gegensatz zum NDR, bei dem nach Angaben von VEOLIA 2006 eine Intervention dieses Konzerns genügte, um den Vorgängerfilm "Wasser unterm Hammer“ von der Mattscheibe zu verbannen, stehen ARTE, seine Präsidentin und die verantwortlichen Redakteure offenbar aber immer noch hinter "Water Makes Money" und dem angekündigten Sendetermin im März. Doch der nächste Anruf, die nächste Attacke kommt bestimmt.
Aus Vergangenem lernen
Das Vorgehen von Globalplayern der Weltwasserwirtschaft gegen unliebsame Dokumentarfilme ist, wie die Hamburger Filmemacher wissen, "leider kein Einzelfall". So sei wegen des Films "Flow: For Love of Water“ der US-Regisseurin Irena Salina über die weltweite Wasserkrise nach dessen Ausstrahlung bei ARTE auch von SUEZ geklagt worden. In der ersten Instanz hat der Film gewonnen. Doch SUEZ soll bereits Berufung eingelegt haben....
Was bei dem Verleumdungsprozess mit Schadensersatzforderungen gegen "Water Makes Money" möglich ist, zeigte das Beispiel des Canal+-Autors Denis Robert. Auch er wurde in Paris wegen Verleumdung angezeigt und schließlich mit hohen Schadensersatzforderungen eingedeckt, als er die Geldwäsche bei Clearstream aufdeckte. In den Verfahren trieb der Konzern ihn an den Rand des Wahns und Ruins. Er verlor zunächst in allen Instanzen. Erst jetzt, nach 10 Jahren, hat ein Kassationsgericht festgestellt, dass all seine Darstellungen im Wesentlichen richtig waren! Der Umgang der französischen Justiz mit Journalisten wurde von europäischen Instanzen immer wieder gerügt.
Solidarität von Wasserverbrauchern wichtig
Bis der Prozess gegen "Water Makes Money“ eröffnet wird, kann es noch ein Jahr dauern. Die NRhZ appelliert deshalb zusammen mit den Filmemachern an ihre Leser: Lassen Sie nicht zu, dass "Water Makes Money" ein neuer Fall Clearstream wird! Verbreiten Sie diese Infos bitte weiter! Jede Aufführung des Films, jede bestellte DVD machen VEOLIA und SUEZ einen Strich durch die Rechnung!
Informieren Sie Ihre Freunde, Bekannten und Medien - auch die im Internet - über den ARTE-Sendetermin am 22.3. um 20.40 Uhr! Je mehr Menschen diesem Termin "entgegenfiebern“, desto sicherer wird er. Und der 22.3. soll ARTE dann auch den Zuschauererfolg bescheren, den dieser Sender und die zuständigen Redakteure schon jetzt mehr als verdient haben! (PK)
Falls Sie noch nicht auf dem Verteiler sind oder sonstige Fragen haben, schreiben Sie an film@watermakesmoney.org. Und schauen Sie mal auf die Webseite www.kernfilm.de
Online-Flyer Nr. 289 vom 20.02.2011
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