NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 04. Dezember 2024  

zurück  
Druckversion

Lokales
Kölns Baudezernent Bernd Streitberger – Teil II
Show-down in Mülheim-Nord
Von Rainer Kippe

Eine Entwicklungsplanung für den Kölner Stadtteil Mülheim-Nord, wie sie für das Projekt Mülheim 2020 beschlossen ist, wird es in nächster Zeit nach seinem eigenen Bekunden nicht geben. Dezernent Bernd Streitberger hält sie für zu schwierig. Eine Planung für das Gelände des Güterbahnhofes, ohne Entwicklungsplanung eigentlich nicht möglich, will er am 18. April im Domforum vorlegen. Was die Bürger und ihre politischen Vertreter im Rat dazu sagen, weiß noch niemand.


Schafft vollendete Tatsachen - Bernd Streitberger
NRhZ-Archiv
 
Aber bei den Güterhallen auf dem Gelände des alten Güterbahnhofes in der Schanzenstraße in Köln-Mülheim, Aktionsraum von Mülheim 2020, versucht er schon einmal vollendete Tatsachen zu schaffen - gemeinsam mit dem Eigentümer, der Hochtief-Tochter Aurelis(1). Dabei kommt es ihm gelegen, dass er nicht nur Chef des Stadtplanungsamtes ist, sondern auch des Bauamtes und der Bauaufsicht, und dass er auf diese Weise auch eine polizeiliche, genauer gesagt baupolizeiliche Funktion hat, die er ordnungsrechtlich mit Zwangsgeldern und Zwangsmaßnahmen durchsetzen kann. Kalter Abbruch, nennt man dieses Vorgehen in Fachkreisen.
 
Nach jahrelanger Untätigkeit hat die Eigentümerin Aurelis es auf einmal eilig mit dem Verkauf. Man will schnell Kasse machen, denn der Mutterkonzern, der gerade von dem größten Spanischen Baukonzern übernommen wird, braucht Geld. Bei der anderen Konzerntochter Leighton wurde nicht nur Beton, sondern auch viel Geld in den Sand gesetzt. Und wenn man verkaufen will, dann muss das Gelände frei sein, abgeräumt und ohne störende Nutzer.


Noch nicht zerstört – 100 Jahre alte Hallen auf dem Gelände des Mülheimer Güterbahnhofs
Fotos: INA
 
Deshalb sollen die alten Güterhallen verschwinden, die über hundert Jahre das Bild von Mülheim-Nord geprägt haben und mit dem gepflasterten Vorplatz, der Mauer und einer alten Baumreihe immer noch ein imposantes Gegenstück zu den denkmalgeschützten Direktionsgebäuden von Felten&Guilleaume (F&G) auf der anderen Seite der Schanzenstraße bilden, und mit ihnen ihre Nutzer: kleine Gewerbebetriebe, ein türkischer Supermarkt, die Kultur-Initiative Culture-Station und eine schwarze christliche sowie eine schiitisch-islamische Gemeinde.


Güterhallen nach "Intervention" von Streitberger bei Hochtief-Tochter Aurelis
 
Städtische Planungen sahen hier ein Gründerzentrum vor. Zum Projekt Mülheim 2020 heißt es dazu auf Seite 127: „Bei der Entwicklung der Güterbahnhofsbrache sollte die Integration von Betrieben mit Arbeitsmöglichkeiten im niedrigschwelligen Bereich besonders berücksichtigt werden.“ Bernd Streitberger hat es deshalb in der Vergangenheit auch ehrlich versucht, die Güterhallen zu erhalten - sagt er wenigstens. Am 10.März schreibt er dazu an „SSM e.V., Herrn Rainer Kippe von SSM“: „Ich habe in dieser Angelegenheit bei der Firma aurelis mit dem Ziel der Erhaltung der Hallen interveniert, aus wirtschaftlichen Gründen sieht aurelis hierzu keine Chance. Da das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht, kann ein Erhalt gegen den Willen der Eigentümerin nicht durchgesetzt werden.“(2) Das wäre ja Sozialismus oder etwas noch Schlimmeres.
 
Und so musste Streitberger wohl oder übel den Kurs wechseln, denn die Interessen der Investoren stehen bei ihm schon immer an erster Stelle. Und wenn bei einem wichtigen Investor wie Hochtief die Aktienkurse derartig einbrechen, dann ist der Baudezernent der Stadt Köln natürlich zur Stelle. Und wenn die armen Investoren es wieder einmal nicht schaffen, die widerspenstigen Nutzer rauszusetzen - trotz Androhung rechtlicher Schritte - und wenn auch das Kappen des Stromanschlusses nicht hilft, dann muss Bernd Streitberger ran und wieder einmal zeigen, dass er sein Geld als Baudezernent wert ist.


Güterhallen: rechts vor der Zerstörung, links nach dem Eingreifen von Aurelis
 
Unter demselben Datum wie das Kündigungsschreiben der Aurelis - am 8. März nämlich - versandte deshalb sein städtisches Bauaufsichtsamt eine "Anhörung“, in der den beiden Gemeinden angekündigt wurde: „Die vollständige und dauerhafte Nutzungseinstellung zum Zweck des Personenaufenthalts in den vorgenannten Räumlichkeiten in den Gebäude auf dem oben genannten Grundstück.“ Die entsprechende Ordnungsverfügung ist wenige Tage später eingetroffen, fast zeitgleich mit einem Bagger, der begonnen hat, die Räume des "Sok-Market“ neben den Gemeinden zu zerstören. Auf dem Hof wurden Gräbern gezogen.
 
Die Gemeinden ließen sich nicht einschüchtern. Sie wehren sich gegen Streitberger vor Gericht. Sie klagen ihr Recht auf freie Religionsausübung ein. Gespannt warten die Bürger nun auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Köln. Mindestens genauso gespannt sind sie darauf, was Streitberger am nächsten Montag um 19.30h beim Bund Deutscher Architekten im Domforum vorzeigen wird. Näheres unter: http://www.hda-koeln.de/2011-04-18_bda.html
 
Dazu aus dem Internet:
 
"Hochtief-Chef muss nach Debakel bei Leighton gehen“ titeln die „FinanzNachrichten" www.finanznachrichten.de:
Nach der Senkung der Gewinnprognose infolge der Abschreibungen bei der Tochter Leighton rutschten Hochtief um neun Prozent auf 62,59 Euro ab. „Der Kursrutsch ist schon enorm, weil ja bereits in der vergangenen Woche von Problemen bei Leighton die Rede war“, sagte ein Händler. Eigentlich müssten Aktienzukäufe des Hochtief-Interessenten ACS die Titel des Essener Konzerns stützen, aber das sei derzeit offenbar nicht der Fall. Der Abgang von Vorstandschef Herbert Lütkestratkötter verlängere die Sorgenliste bei Hochtief.

"ACS-Übernahme von Hochtief wird immer wahrscheinlicher" www.finanzwirtschafter.de:
Für die Verantwortlichen im Hause des Essener Baukonzerns Hochtief war es eine Woche der Konfusion: Weitere Gerüchte rund um die nun wohl kurz bevorstehende Übernahme durch den mächtigen spanischen Bauriesen machten die Runde, vor dem Wochenende kam es dann besonders dick: Die eigentlich hoch profitable Hochtief-Tochter Leighton aus Australien musste unerwartet den Handel mit ihren Aktien für zwei volle Handelstage aussetzen lassen, um ein unkontrolliertes Abschmieren des Kurses im Vorfeld zu verhindern. Der Grund: Verzögerungen bei zwei Schlüsselprojekten von Leighton sorgen dafür, dass die Prognose für das laufende Jahr 2011 komplett neu bewertet werden muss.
 
Hochtief AG, Essen: Die schnellen Personalkonsequenzen aus den vergangenen Tagen
Der deutlich gesunkene Kurs der Hochtief-Aktien beflügelt die ACS-Übernahmefantasien. Diese Vorgänge hatten und haben natürlich unmittelbaren Einfluss auch auf den Mutterkonzern Hochtief AG. Heute gab Hochtief bekannt, dass der amtierende Vorstandsvorsitzende Herbert Lüthkestratkötter bereits zum 12. Mai seinen Posten räumen muss. Er wird Platz machen für den auch von ACS favorisierten aktuellen Europachef von Hochtief, Dr. Frank Stieler. Nach Konzernangaben haben sich Hochtief und Lüthkestratkötter bereits auf eine Abfindungsregelung geeinigt. ACS freut sich: Hochtief-Anteile sind günstig zu haben.
 
Im Verlauf des heutigen Handelstages wurde die Hochtief-Aktie für die Turbulenzen der letzten Tage und Stunden deutlich abgestraft und lag im Handelsverlauf mit bis zu 9 Prozent im Minus. Ein gefundenes Fressen natürlich für die ACS-Verantwortlichen, die bekanntlich immer auf der Suche nach günstigen Gelegenheiten für den Kauf von Hochtief-Anteilen sind. Nach eigenen Angaben hielt der übernahmewillige Großkonzern aus Spanien bereits vor dem heutigen Tage ungefähr 41 Prozent der Aktien der Hochtief AG. (PK)

(1) Hochtief, gegründet 1875 durch die Brüder Helfmann in Frankfurt, bekannt u.a. durch den Bau des Messeturms in Frankfurt/Main 1991 und des "Führerbunkers" in Berlin, 1943. Über seine Tochter Aurelis Real Estate GmbH & Co. KG Eigentümerin des Güterbahnhofs in Köln-Mülheim

(2)  Mehr zu Streitberger:
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16332
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16310

Online-Flyer Nr. 297  vom 13.04.2011

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE