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Auseinandersetzung um das Bürgerzentrum Alte Feuerwache in Köln
Quo vadis Alte Feuerwache?
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Seit Mitte Juni eskaliert im Bürgerzentrum Alte Feuerwache (BAF) eine Auseinandersetzung. Sie steht in Zusammenhang mit den Planungen, auf dem Gelände des Zentrums einen sechsgeschossigen Gebäudekomplex mit dem Namen "Kulturbotschaft" entstehen zu lassen. Der Kritik an diesem Vorhaben, die besonders wirksam von Walter Herrmann, dem Betreiber der Kölner Klagemauer für Frieden und Menschenrechte, vorgebracht wird, ist vonseiten des BAF-Vorstands mit repressiven Maßnahmen bis hin zu Hausverbot und Polizeieinsätzen begegnet worden. Doch jetzt erhebt sich gegen diese Repressionen, die dem Selbstverständnis eines basisorientierten Bürgerzentrums diametral entgegenstehen, entschiedener Protest.
Farida Akhter aus Bangladesh und Maria Mies aus Köln an der ca. 100 Jahre alten Platane am Eingang der Alten Feuerwache.
Alle Fotos: Arbeiterfotografie
Jetzt zuschnappen: Lebensraum Baum und Feuerwache
Protestplakat im Fenster des (gekündigten) Pförtner-Häuschens am Eingang der Alten Feuerwache
Farida Akhter und Maria Mies protestieren am 8. Juli gemeinsam mit Walter Herrmann gegen das vom BAF-Vorstand verfügte Hausverbot für Walter Herrmann und gegen Polizeieinsätze gegen ihn.
Protestplakat im Fenster des (gekündigten) Pförtner-Häuschens am Eingang der Alten Feuerwache
Farida Akhter und Maria Mies umarmen die Platane am Eingang der Alten Feuerwache. Farida Akhter: "Polizei ruft man gegen Kriminelle. Walter Herrmann ist nicht kriminell. Diejenigen, die die Polizei rufen, sind kriminell."
Schreiben (ohne Datum), mit dem der BAF-Vorstand Walter Herrmann Hausverbot erteilt hat
Ausstellungshalle der Alten Feuerwache - die ausladende Krone der Platane überdeckt ca. 2/5 der Halle - die weiße Linie zeigt, wo in etwa nach den bisher veröffentlichten Planungen der insgesamt sechsgeschossige Gebäude-Komplex aufragen soll.
Walter Herrmann protestiert am 13. Juli im Rahmen der Veranstaltung zur so genannten Kulturbotschaft gegen die repressive Unterdrückung von Kritik.
Das Pförtner-Häuschen (vor der Ausstellungshalle), das von Walter Herrmann angemietet ist und das ihm per Kündigung des Mietvertrags zum 30. Juli entzogen werden soll.
Walter Herrmann vor dem Kölner Dom an der Klagemauer für Frieden und Menschenrechte - ausgezeichnet mit dem Aachener Friedenspreis
Online-Flyer Nr. 311 vom 20.07.2011
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Auseinandersetzung um das Bürgerzentrum Alte Feuerwache in Köln
Quo vadis Alte Feuerwache?
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Seit Mitte Juni eskaliert im Bürgerzentrum Alte Feuerwache (BAF) eine Auseinandersetzung. Sie steht in Zusammenhang mit den Planungen, auf dem Gelände des Zentrums einen sechsgeschossigen Gebäudekomplex mit dem Namen "Kulturbotschaft" entstehen zu lassen. Der Kritik an diesem Vorhaben, die besonders wirksam von Walter Herrmann, dem Betreiber der Kölner Klagemauer für Frieden und Menschenrechte, vorgebracht wird, ist vonseiten des BAF-Vorstands mit repressiven Maßnahmen bis hin zu Hausverbot und Polizeieinsätzen begegnet worden. Doch jetzt erhebt sich gegen diese Repressionen, die dem Selbstverständnis eines basisorientierten Bürgerzentrums diametral entgegenstehen, entschiedener Protest.
Farida Akhter aus Bangladesh und Maria Mies aus Köln an der ca. 100 Jahre alten Platane am Eingang der Alten Feuerwache.
Alle Fotos: Arbeiterfotografie
Jetzt zuschnappen: Lebensraum Baum und Feuerwache
„Das ist ja ungeheuerlich, was da mit dem Bürgerzentrum Alte Feuerwache (BAF) und Walter Herrmann geschieht,“ äußert sich erschreckt die Kölner Soziologie-Professorin Maria Mies, „es handelt sich um eine regelrechte Enteignung der Bürger und um eine weitere Privatisierung öffentlichen Eigentums.“
Protestplakat im Fenster des (gekündigten) Pförtner-Häuschens am Eingang der Alten Feuerwache
Der Künstler und Klagemauer-Initiator Walter Herrmann protestiert seit Juni mit einer Unterschriftensammlung gegen die geplante Errichtung einer Art Künstlerhotel auf dem Gelände des selbst verwalteten autonomen Zentrums Alte Feuerwache. Mit dem sechsgeschossigen Bau soll ein zunächst mit 6 Millionen-Euro veranschlagtes Projekt umgesetzt werden, für das der amtierende Vorstand einen wesentlichen Bestandteil der Grundstückssubstanz aus dem Trägerschaftsvertrag mit der Stadt Köln aufgibt. Partner ist die Düsseldorfer Development Partner AG mit Geschäftsfeld "Geschäftshäuser und andere innovative Gewerbeimmobilien“, die im Prestigeprojekt Rheinau- hafen das Kranhaus Nr. 1 aufgestellt, dieses aber inzwischen an Esch-Oppenheim verkauft haben soll.
Farida Akhter und Maria Mies protestieren am 8. Juli gemeinsam mit Walter Herrmann gegen das vom BAF-Vorstand verfügte Hausverbot für Walter Herrmann und gegen Polizeieinsätze gegen ihn.
Zerstörung von Kultur im Namen von Kultur?
Für seinen Protest hat der unbequeme Herrmann, Betreiber der Kölner Klagemauer für Frieden und Menschenrechte und Träger des Aachener Friedenspreises, Mitte Juni vom Vorstand Hausverbot erhalten. Und weil er unbeirrt die Anwohnerschaft in die Auseinandersetzung um das Bürgerzentrum und die beim Bau gefährdete alte Platane einbezieht, rief der Vorstand mehrfach die Polizei. „Die Polizei ist bei kriminellen Vorgängen einzuschalten. Hier geht es aber um Schutzmaßnahmen. Die sind nicht kriminell. Es ist kriminell in diesem Fall die Polizei zu rufen“, äußert sich besorgt die Bürgerrechtlerin Farida Akhter aus Bangladesh. Die Wirtschaftswissenschaftlerin und Geschäftsführerin der Forschungseinrichtung UBINIG (ubinig.org) stellt fest: „Das passiert in unserem Land auch. Kultur wird zerstört im angeblichen Auftrag, Kultur zu schaffen. Aus der Kultur der Menschen und der Natur wird Kultur im Interesse von Konzernen und Unternehmen.“ Maria Mies ergänzt: „Das passiert jetzt überall unter dem Stichwort Gentrifizierung. All diese Freiräume sollen verschwinden.“
Protestplakat im Fenster des (gekündigten) Pförtner-Häuschens am Eingang der Alten Feuerwache
Angriff auf die Klagemauer
Immer mehr (auch prominente) UnterstützerInnen melden sich zu Wort, denn mit dem Hausverbot, dem Verbot zur Nutzung der Lagerhalle und zu guter letzt der Kündigung des Pförtnerhäuschens, in dem Walter Herrmann seine Utensilien für die "Klagemauer für Frieden und Menschenrechte“ aufbewahrt, ist seine Tätigkeit gefährdet. Die aus Papptäfelchen bestehende "Wailing Wall for Peace“ - wie sie im Baedecker aufgeführt war - ist damit akut gefährdet. Zwei Vertreter des Aachener Friedenspreises kamen zur Ortsbesichtigung nach Köln. Evelyn Hecht-Galinsky, die Tochter des 1992 verstorbenen, ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, unterstützt die Kölner Klagemauer: „Herrmanns Gegner sind mächtig aber nicht übermächtig... Konnte man die Klagemauer mit legalen Mitteln nicht fertig machen - im Gegenteil, sie gewann alle Prozesse - so werden die Betreiber jetzt auf schmutzige Art und Weise bedroht.“
Farida Akhter und Maria Mies umarmen die Platane am Eingang der Alten Feuerwache. Farida Akhter: "Polizei ruft man gegen Kriminelle. Walter Herrmann ist nicht kriminell. Diejenigen, die die Polizei rufen, sind kriminell."
Seit geraumer Zeit widmet sich die Klagemauer der Kriegssituation in Israel, Gaza, Palästina. Viele jüdische, deutsche und internationale Menschen erkennen Walter Herrmanns Arbeit hoch an, so Elias Davidsson: „Als Sohn deutsch-jüdischer Opfer der Nazis bin ich geehrt, Herrn Walter Hermann meine Solidarität zu erklären. Herr Herrmann setzt sich schon seit Jahren ehrenamtlich und mit unglaublicher Zivilcourage für Gerechtigkeit in meinem Geburtsland Palästina ein. Mit seiner Klagemauer tun Herr Herrmann und sein Kollege Herr Klaus Franke das, was die alten Propheten Israels getan haben: Die Wahrheit aussprechen, auch wenn sie den Machthabern nicht gefällt. Herr Herrmann und Herr Franke tun nichts anderes als was Amnesty International und israelische Menschenrechtsorganisationen tun...“ Empört-Euch-Autor Stéphane Hessel, der als junger Diplomat und Buchenwald-Überlebender an der UN-Menschenrechts-charta mitwirkte, verewigte sich im Juni 2010 ebenfalls auf dem fragilen Mauerwerk zu Füßen des Kölner Doms. (1)
Schreiben (ohne Datum), mit dem der BAF-Vorstand Walter Herrmann Hausverbot erteilt hat
Zerstörung von Demokratie im Namen von Demokratie?
Vereinsmitglieder und Nutzer sind in Sorge über die Eiseskälte, die vom neuen Vorstand her weht. Pfarrer Dieter Endemann - jetzt im Ruhestand - wirkte Jahrzehnte in der evangelischen Gemeinde Kreuzkirche. Er schreibt an den Vorstand: „Nun ist Walter Herrmann seit vielen Jahren den Menschen im Viertel bekannt, auch der Charakter seiner Aktionen. Wir konnten aber immer gut mit ihm leben. Auch wenn wir vieles anders gesagt hätten als er und mit anderem Temperament, so haben wir ihn doch immer in seiner Art geschätzt. Und ich sehe nach wie vor keinen Grund, diese Haltung aufzugeben. War unmittelbare Gefahr im Verzug? – Der Charakter einer „Auseinandersetzung“ hängt ja immer von mehreren Beteiligten ab... Das Urteil, das der Vorstand über Walter Hermann fällt und ohne die Mitglieder vollstreckt, kann ich nicht nachvollziehen. Menschen auszugrenzen und ihnen aus eigener Machtbefugnis ihren Lebensraum zu nehmen, darin sehe ich genau so eine Form 'pseudodemokratischen Gebarens', die 'auf die Dauer die Grundlagen einer lebendigen Demokratie' untergräbt.“
Ausstellungshalle der Alten Feuerwache - die ausladende Krone der Platane überdeckt ca. 2/5 der Halle - die weiße Linie zeigt, wo in etwa nach den bisher veröffentlichten Planungen der insgesamt sechsgeschossige Gebäude-Komplex aufragen soll.
Künstler und Mieter der vom Abriß bedrohten Kunsthalle wünschen dringend deren Erhalt in der heutigen Form. Es gäbe weit und breit keinen vergleich- baren Raum, der so unhierarchisch und kostengünstig zu haben sei. Anwohner sehen im Zentrum und dem dazugehörigen Hof eine Oase für sich und ihre Kinder.
Breite Gegenbewegung von Nutzern und Nachbarschaft
Walter Herrmann protestiert am 13. Juli im Rahmen der Veranstaltung zur so genannten Kulturbotschaft gegen die repressive Unterdrückung von Kritik.
Vergangenen Mittwoch, am 13. Juli, fand in der Ausstellungshalle der Alten Feuerwache eine öffentliche Veranstaltung zur so genannten Kulturbotschaft statt. Es wurde vonseiten des BAF-Vorstands offen zugegeben, dass es Walter Herrmanns Aktivitäten waren, die Auslöser für diese Veranstaltung zu diesem "frühen" Zeitpunkt waren. Der thematisiert schon seit Wochen die Gefahren, die dem Bürgerzentrum durch Einbeziehung eines privaten Investors entstehen, und die Gefährdung der ca. 100-jährigen, zwischen Eingang Melchiorstraße und der Ausstellungshalle hoch aufragenden Platane mit ihrer ausladenden Baumkrone.
Das Pförtner-Häuschen (vor der Ausstellungshalle), das von Walter Herrmann angemietet ist und das ihm per Kündigung des Mietvertrags zum 30. Juli entzogen werden soll.
Zunächst ging es in der Veranstaltung, bei der auch Walter Herrmann trotz des gegen ihn vom BAF-Vorstand ausgesprochenen Hausverbots anwesend war, um das Grundkonzept, das mit dem Bauprojekt verfolgt wird. Gregor Leschig von der AG Kulturbotschaft führte eine längere Liste von Organisationen an, die das Projekt angeblich stützen. Doch es ist bekannt, dass es bislang keinerlei verbindliche Zusagen vonseiten dieser Organisationen für eine dauerhafte Anmietung der in dem Gebäudekomplex vorgesehenen Zimmer gibt und dass der überwiegende Teil der Organisationen dazu finanziell auch gar nicht in Lage wäre. Vage Wunschvorstellungen ohne reale Basis also.
Und dann ging es um die architektonische Planung des sechsgeschossigen Gebäudekomplexes auf dem Areal von Ausstellungshalle, Lagerhalle, Pförtnerhäuschen und Teilen des Innenhofes sowie um die Gefährdung der Platane. Zugegen war auch ein vom BAF-Vorstand beauftragter Baumgutachter. Nach langen Ausführungen im Sinne des BAF-Vorstands kam aus seinem Munde die unerwartete Aussage: "Die Planung [des Gebäudes] muss dem Baum angepasst werden." Und auch der für die Planung verantwortliche Architekt Christian Schaller musste zugeben: "Dann werden wir die Planung ändern müssen. Das ist logisch." (2)
Rücktrittsforderung an BAF-Vorstand
Walter Herrmann vor dem Kölner Dom an der Klagemauer für Frieden und Menschenrechte - ausgezeichnet mit dem Aachener Friedenspreis
Da platzte einer Reihe von Anwesenden die Hutschnur: "Dann hat Walter Herrmann doch nicht gelogen", hieß es, oder: "Ich möchte feststellen: wir haben eben gehört, dass die Planung, wie sie hier gezeigt ist, so nicht realisierbar ist, dass sie dem Baum angepasst werden muss. Wenn Walter Herrmann gesagt hat: Der Baum ist gefährdet, dann stimmt das also sehr wohl. Deshalb möchte ich jetzt den Vorstand bitten, sich bei Walter Herrmann zu entschuldigen und den Vorwurf, er würde Lügen verbreiten, zurückzunehmen." Doch nichts dergleichen! Die Sprecherin des BAF-Vorstands, Maia Steinert, erhebt sich und nimmt nichts zurück. Im Gegenteil: sie wiederholt den Vorwurf der Lüge. Das ist für viele Anwesende unerträglich. Der Vorstand des BAF wird aufgefordert zurückzutreten: "Ich fordere den Vorstand der Alten Feuerwache hiermit auf zurückzutreten. Es ist ein Unding, dass jemand der Lüge bezichtigt wird, dass jemand behandelt wird wie ein Krimineller und die Polizei gerufen wird". In der Mitgliedschaft des BAF brodelt es. Sehr viele Mitglieder sind nicht länger bereit, das repressive Verhalten des BAF-Vorstands hinzunehmen. Schließlich ist die Feuerwache als selbst verwaltetes Zentrum erkämpft worden, um kritischem Denken und Handeln Raum zu geben. Das darf nicht preisgegeben werden.
Seid ruhig, wir werden die Oase nimmermehr den
Profiteuren abtreten, schon aus dem ganz einfachen
Grunde: weil uns die Oase gehört. Ja, uns gehört sie,
durch unveräußerliches Geburtsrecht, wir sind der
freien Stadt noch weit freiere Töchter und Söhne,
in ihren Gärten stand unsere Wiege, und wir sehen
gar nicht ein, warum die Oase irgendeinem andern
gehören soll als den Kindern der Stadt.
Frei nach Heinrich Heine – "Deutschland. Ein Wintermärchen" (PK)
(1) siehe NRhZ 303 vom 25.5.2011 http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16564
(2) Im Auszug aus dem vom BAF-Vorstand in Auftrag gegebenen Baum-Gutachten heißt es nämlich: "Ein wie von Frau Steinert [Sprecherin des BAF-Vorstands] beschriebener Neubau (derzeitige Planung) kann aus Baumschutzgründen nicht realisiert werden. Der Bau würde das Kronenvolumen fast halbieren und ist daher abzulehnen. Ein derartiger Rückschnitt wäre baumzerstörend."
Online-Flyer Nr. 311 vom 20.07.2011
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