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Lokales
Kölner Oppenheim-Bank spielt Goliath gegen das Buch "Der Bankier"
David Rügemer ist optimistisch
Von Peter Kleinert

Recherche-Ergebnisse des Kölner Publizisten, Klüngel- & Korruptions-Experten und Business Crime Control-Vorstandsmitglieds Werner Rügemer über die Aktivitäten der wohl größten europäischen Privatbank konnten Buchverlage, Rundfunkanstalten und Presse in der Vergangenheit immer mal wieder ungestraft veröffentlichen. Nun aber hat das Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim dem Frankfurter Nomen-Verlag die weitere Auslieferung des Buches "Der Bankier" durch einstweilige Verfügung verbieten lassen und sogar Ulrich Klinger von der Kölner "Buchhandlung für ausgesuchte Literatur" mit herben Strafen gedroht. Werner Rügemer hatte dort aus seinem neuen Buch gelesen. Journalisten von WDR, taz und ZEIT recherchieren zu dem Skandal, haben aber noch nichts veröffentlicht.

Werner Rügemer vor dem Oppenheim-Palais
Werner Rügemer vor dem Oppenheim-Palais
Foto: Arbeiterfotografie


Der Untertitel des Buches "Nachruf auf Alfred Freiherr von Oppenheim", aus dem Werner Rügemer am 29. Mai in Ulrich Klingers Buchhandlung - nicht zum ersten Mal im Laufe des vergangenen Jahres - vortrug, setzte dem reichsten und einflussreichsten Bürger der Stadt Köln posthum ein Denkmal. "Allerdings", so Buchhändler Klinger,  "ein Denkmal der besonderen Art!" Alfreds Sohn Christopher Freiherr von Oppenheim, persönlich haftender Gesellschafter der Sal.Oppenheim jr. & Cie. KGaA, scheint das nicht zu gefallen.

Weitgehend unbekannt für die Kölner Bevölkerung - weil über den Oppenheim-Esch-Fonds mit der Kölner Monopolverlegerfamilie Neven DuMont liiert - hatten nämlich - laut Rügemers Recherchen - der im Januar 2005 gestorbene Freiherr Alfred von Oppenheim und sein Bankhaus äußerst erfolgreich Geschäfte mit der Stadt gemacht. Ein Beispiel: Vom Bau des Technischen Rathauses und der Köln-Arena profitiert ein Oppenheim-Fonds (Anleger u.a. Mitglieder der Familie Neven DuMont), während die Stadtkasse für viele Jahre, aufgrund des für sie und die Bürger ungünstigen Mietvertrags, das Nachsehen hat.

Köln ist - nicht zuletzt wegen "Geschäften" mit Investoren - inzwischen völlig überschuldet, so dass sogar Neven DuMonts Kölner Stadt-Anzeiger am 13. Mai folgenden vorsichtig formulierten Satz veröffentlichte: "In einem weiteren Ermittlungsverfahren wird nach wie vor geprüft, ob die Stadt beim Bau der vier neuen Messehallen an der Zoobrücke mit einem anderen Investor als dem Oppenheim-Esch-Fonds ein besseres Geschäft hätte machen können."

Alfred Freiherr von Oppenheim
Alfred Freiherr von Oppenheim
Foto: Arbeiterfotografie


"Buchhändler sollen für den Inhalt der von Ihnen verkauften Bücher haften - oder sich per Unterlassungserklärung von dem Inhalt distanzieren", empört sich Ulrich Klinger über einen Brief der Oppenheim-Anwälte vom 7. Juni an seine Buchhandlung. Er soll das Buch, das am Abend nach der Lesung ohnehin ausverkauft war, nicht weiter verkaufen. Das könnte er, selbst wenn er wollte, schon deshalb nicht mehr, weil die Einstweilige Verfügung am 6. Juni Autor und Verlag die weitere Verbreitung von mehr als 20 "Punkten" von a) bis z) daraus verboten und "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" ein Ordnungsgeld in Höhe von "bis zu 250.000 Euro" oder eine "Ordnungshaft bis zu sechs Monaten" angekündigt hatte.

Autor und Verlag haben Klingers bittere Frage aufgrund dieser Drohung "Wer gewinnt: Die Macht des Kapitals oder die Freiheit des Wortes? Was gilt letzteres in unserer Demokratie? Ein Kampf Goliath gegen David bahnt sich an", inzwischen beantwortet. Der Verlag wird  eine "Zensur"-Zwischen-Neuauflage mit neuer ISBN herausbringen. "Mit den geschwärzten Stellen", so Werner Rügemer zur NRhZ, "weil man daran auch sehen kann, dass das alles peanuts sind. "Zensur-Lesungen" sind in Vorbereitung."

Vergleicht man den Inhalt seines Buches mit den Punkten a) bis z) der vom Berliner Anwaltsbüro Schertz (nicht Scherz, P.K) und Bergmann auch Ulrich Klinger zugesandten Einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt von "Der Bankier", kann man Rügemers "alles peanuts" nur zu gut verstehen. Verboten sind dort zum Beispiel (wörtlich!) Sätze wie
a) "dann auch Vorstandssprecher und Hauptaktionär (in Bezug auf Alfred Freiherr von Oppenheim)"
b) "...So etwas Ordinäres wie Bankschalter gibt es bis heute nicht in den Filialen..."
e) "Seine treue Hand ergreifen rund 40 Kunden..."
p) "Familienmitglied Max von Oppenheim. Nach einigen Jahren in der Bank betätigte der sich (...)"
v) "Unabhängige Autoren erhalten keinen Zugang zum Unternehmensarchiv."

Ungeschwärzt und deshalb weiter in der "Zensur"-Zwischen-Neuauflage von "Der Bankier" zu lesen und in Rügemers geplanten "Zensur"-Lesungen zu hören sein werden seine Recherche-Ergebnisse
a) zu Oppenheim-Aktivitäten in der Nazizeit,
b) zum Aufstieg ehemaliger NS-Aktivisten in der Oppenheim-Bank nach der Befreiung vom Faschismus,
c) zur geheimen Parteienfinanzierung meistens in Richtung CDU, u.a. mit Hilfe eines gewissen Walther Leisler-Kiep, der davon in "Lebenserinnerungen" an seine Zeit als CDU-Minister und Schatzmeister schwärmt,
d) über die Rolle eines gewissen Lothar Ruschmeier (SPD), als Kölner Oberstadtdirektor verantwortlich nicht nur für den Korruptionsskandal um die Müllverbrennungsanlage, sondern auch für die oben erwähnten Köln-Arena-Gewinne des Oppenheim-Esch-Fonds, in dessen Geschäftsführung er nach seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Amt natürlich landete, und so weiter und so fort bis z).

Der Bankier
Wegen einer einstweiligen Verfügung zur Zeit nicht erhältlich, 106 Seiten, 12 Euro, ISBN: 3-9809981-7-7, Nomen-Verlag, Frankfurt/M
Foto: Nomen Verlag


Rügemers Optimismus, dass er und der Nomen-Verlag am Ende die in der "Zensur"-Zwischen-Neuauflage geschwärzten Stellen eines hoffentlich nicht allzu fernen Tages wieder drucken und aussprechen dürfen, ist nicht unbegründet. In den 90er Jahren hatte er wegen seiner Veröffentlichungen Verleumdungsklagen von Oppenheim-Spezi Ruschmeier, Kölns OB Norbert Burger, FC-Präsident Artzinger-Bolten und SPD-Ratsmitglied Schäfer am Hals. Rügemer: "Mit Hilfe von Rechtsanwalt Eberhard Reinecke sind die alle gut ausgegangen, wenn auch nie in der ersten Instanz." - David hat, so wissen wir aus der Bibel, ja am Ende auch gegen den Philister Goliath gewonnen.


Online-Flyer Nr. 50  vom 27.06.2006

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