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Buchenwald kann man nicht vergessen
Von Hans-Dieter Hey
Vom 11. bis 17. September hatte der DGB zu einem Seminar in das Konzentrationslager Buchenwald eingeladen. Teil des Seminars war ein Gespräch mit Ottomar Rothmann, einer der wenigen Überlebenden, die als Zeitzeugen der Nachwelt noch Auskunft geben können über die Barbarei der Nazis. Das Besondere an seinem Vortrag war seine große Empörung, dass heute wieder Rechte durch unsere Straßen ziehen dürfen. Er fordert von den Menschen eine stärkere Linksorientierung, die er als beste Gegenwehr gegen die Umtriebe der Neonazis und ihr faschistlisches Gedankengut sieht.
Die sozialdemokratische Familie von Ottomar Rothmann litt bereits seit 1933 unter den Drangsalierungen der Nazis. Seine Brüder wurden verhaftet und kamen ins Gefängnis, seine Mutter in Sippenhaft. Ottomar Rothmann, früh in der Sozialistischen Jugend, druckte mit einem Kinderstempel nazifeindliche Parolen auf Zettel und verteilte diese des Nachts. Er wurde 1943 erwischt und wegen des Verdachts auf Hochverrat in "vorläufige Schutzhaft“ genommen und in das KZ Buchenwald verbracht. Besonders beeindruckt war er dort vom langjährig inhaftierten Blockschreiber Otto Storch und dem Blockältesten Theo Eul, beide Kommunisten, die ihm halfen, das äußerst brutale Lagerleben zu überstehen.
Seit 1968, dem Jahr seiner Pensionierung, ruht Ottomar Rothmann trotz seines hohen Alters als „Mitglied des Häftlingsbeirates der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald/Mittelbau-Dora“, Mitglied des „Thüringer Verbandes der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten“ oder als Mitglied „Aktion Sühnezeichen - Friedensdienste“ nicht. Besucher von Buchenwald werden durch ihn authentisch über die Greuel der Nazis aus eigenem Erleben aufgeklärt. Am 3. Oktober 2011 erhielt er die Ehrenbürgerwürde der Stadt Weimar, und am 6. Dezember 2011 wird er 90 Jahre alt.
Nach so langer Zeit merkt man ihm eine gewisse Routine in seinen Vorträgen an, auch wenn die Greuel nicht aus dem Kopf weichen wollen und die Erschütterung immer wieder durchbricht. In einem Interview im NDR meinte sein Mitinsasse Rolf Kralovitz, er könne sie nicht vergessen, “die Qualen und Demütigungen, nicht die grauenvollen äußeren Umstände und Lebensbedingungen im Lager, nicht Krankheit und auch nicht den massenhaften Tod. Nicht vergessen die Augen der Kinder von BW, die keine Tränen mehr hatten“.
In diesem Seminar des DGB betonte Ottomar Rothmann nicht die bestialischen Gräuel der Naziherrschaft, sondern die Solidarität unter den Inhaftierten, vor allem aber – wie er immer wieder nachlegt - die Internationale Solidarität, ohne die die Organisation eines Widerstandes nicht möglich gewesen wäre. Buchenwald war das einzige deutsche Lager, in dem sich Widerstand formiert hatte. Ottomar Rothmann und anderen Häftlingen gelang es unter schwierigsten Umständen zum Beispiel durch Fälschung von Papieren, die Beschaffung von Sonderrationen oder durch Verstecken von Kammeraden viele Menschenleben, vor allem auch Kinder, zu retten.
Im Gespräch mit den Teilnehmern empört ihn heute zutiefst, dass Neonazis auf den Straßen dieses Landes ungestraft ihr Unwesen treiben können. Er fordert ein Verbot ihrer Organisationen. Eine Chance für Widerstand gegen Rechts sieht er vor allem, wenn sich Menschen links orientieren, weil aus der bürgerlichen Mitte selten Widerstand zu erwarten war. (PK)
Ein Film von:
R-mediabase e.V.
Kamera: Marlene Klein/Hans-Dieter Hey
Fotos und Videoschnitt: Hans-Dieter Hey
Köln 2011
26:34 Min.
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