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Aktueller Online-Flyer vom 24. November 2024  

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Inland
Bilanz der "Wiedervereinigung" von Kohl bis zur Merkel-Regierung:
"Blühende Landschaften"
Von Hans Fricke

Die früheren DDR-Bürger haben, was täuschen, lügen und schönreden der Verhältnisse in Ostdeutschland durch die Bundesregierung betrifft, in den vergangenen 21 Jahren vieles über sich ergehen lassen müssen. Es lässt sich mit "beleidigend", "unverfroren", "schamlos" und ähnlichen Adjektiven nur annähernd charakterisieren. Was sich die Merkel-Regierung aber an Unerträglichem mit ihrer diesjährigen Bilanz über den "Stand der deutschen Einheit" geleistet hat, übertrifft alles bisher Dagewesene.

Merkel-Regierung - voller Stolz auf ihre Bilanz
Quelle: www.storyal.de
 
Sebastian Carlens beschreibt in der junge Welt vom 10. November in seinem Beitrag "Vatikan bald eingeholt" anhand von Fakten, wie sich die Bundesregierung bemühte, uns zwei Jahrzehnte lang mit "blühenden Landschaften" hinters Licht zu führen, und wo die wahren Ursachen für das Desaster liegen, dessen Zeugen und Opfer wir Ostdeutschen gleichermaßen sind.
 
Wir dürfen nicht zulassen, dass die gewollt ruinöse Politik der Bundesregierung gegenüber dem Anschlussgebiet, die unverantwortliche Politik der "Treuhand"-Anstalt, ihr teilweise kriminelles Handeln, aber auch die Schützenhilfe, die die sogenannte Elite der Alten BRD bei ihrem Kahlschlag und ihrer massenhaften Enteignung und Kolonialisierung durch ostdeutsche Politiker erhielt, je vergessen werden. Sie haben vor der Geschichte zu verantworten, was Sebastian Carlens so beschreibt:
 
"Die Menschen gehen. Bären und Wölfe kehren zurück. Eine freiwillige Räumung einst erschlossener Gebiete, ein Rückzug der menschlichen Zivilisation - das gab es in Europa seit dem Dreißigjährigen Krieg und der Pest nicht mehr."

NRhZ-Archiv
 
Den bekannten Täuschungen, Lügen und dem Schönreden der Regierungen Kohl, Schröder und Merkel über die deutsche Einheit stehen Erklärungen verantwortungsbewusster Politiker und anderer Zeitzeugen entgegen, die weitestgehend unbekannt sind, weil sie als unbequeme und störende Wortmeldungen unterdrückt bzw. hartnäckig verschwiegen werden:
 
Eine kleine Auswahl von Wortmeldungen
 
- Der frühere Erste Bürgermeister Hamburgs, Henning Voscherau, 1996: "In Wahrheit waren fünf Jahre Aufbau Ost das größte Bereicherungsprogramm für Westdeutschland, das es je gegeben hat."
 
- Prof. Egon Bahr erklärte, er kenne kein Volk auf Erden, das so enteignet worden wäre wie das Volk der DDR.
 
- Der international bekannte Dramatiker Rolf Hochhuth bezeichnete in seinem Stück "Wessis in Weimar. Szenen aus einem besetzten Land" den Umgang mit den ehemaligen DDR-Bürgern als "Variante des Kolonialismus, der nirgendwo gegen Menschen des Kontinents, geschweige denn des eigenen Volkes, je praktiziert wurde."
 
- Der Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass: "Es ist zu einer entsetzlichen Kolonialisierung gekommen. Mit großer Arroganz. Die Besitzenden werden die Westdeutschen sein. Und die führen in der DDR einen Morgenthau-Plan durch, der Gebiete verarmen lässt, die von der Geschichte her Industriegebiete waren." Aus Anlass des Gedenkjahres 2009 bezeichnete Grass die Westdeutschen noch immer als "Kolonialherren", die "von ihrem hohen Siegerross herunterkommen" müssten.
 
- Der ehemalige Regierende Bürgermeister von West-Berlin, Pastor Alberts, sprach im Zusammenhang mit der Währungsreform am 1.Juli 1990 von einer brutalen Invasion Westdeutschlands: "Manchmal denke ich, ein Einmarsch von Truppen ist ehrlicher als das, was jetzt geschieht."
 
- Herbert Grönemeyer: "...Diese Ignoranz, über die Vergangenheit des Ostens hinweg zu gehen und den Leuten ihre Phantasie und Erinnerungen kaputt zu schlagen, das ist schon eine unglaubliche Form im Grunde genommen auch von Aggression..."
 
- Was nach 1989 in Ostdeutschland geschah, bezeichnete Helmut Rittstieg, Prof. für öffentliches Recht an der Universität Hamburg, als "Fortsetzung des Bürgerkrieges mit den Mitteln des Strafrechts, der öffentlichen Diffamierung und gesellschaftlichen Diskriminierung".
 
- Der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Peter-Michael Diestel, erklärte, es gebe in der CDU zu viele mit Nadelstreifen und zu wenige volksnahe Politiker, und unter den 'Wessis' sehe er, "Entschuldigung, sehr viele Klugscheißer".
 
- Rolf Schwanitz, Vorsitzender der Querschnittsarbeitsgruppe Deutsche Einheit in der SPD-Bundestagsfraktion, über die Interessenvertretung der ehemaligen DDR-Bürger durch Abgeordnete aus Ostdeutschland: "Leider verstehen sich die Unions- und FDP-Abgeordneten, von Ausnahmen mal abgesehen, in erster Linie als Abgeordnete der Regierungskoalition und erst danach als Vertreter der neuen Länder."
 
- Der CDU-Abgeordnete aus Sachsen-Anhalt, Dr. Rudolf Krause, ging noch weiter als sein SPD-Kollege Schwanitz und erklärte, unter den ostdeutschen Bundestagsabgeordneten gebe es schon wieder "Kollaborateure".
 
Der "Einigungsvertrag"
 
Ebenso wenig bekannt wie diese entlarvenden Wortmeldungen ist die Tatsache, dass der von den westdeutschen Eliten gefeierte "Einigungsvertrag" durch die Volkskammer der DDR nur angenommen wurde, weil die CDU-Fraktion der Volkskammer die Zustimmung der SPD dadurch erpresste, dass sie damit drohte, bei Nichtbestätigung des vorliegenden Einigungsvertrages die Festschreibung der Bodenreform in dem zu beschließenden Überleitungsgesetz zu streichen.
 
Im Klartext hieß das: Wenn die zirka 30 SPD-Abgeordneten, die bis unmittelbar vor der entscheidenden Schlussabstimmung entschlossen waren, dem Einigungsvertrag in der vorliegenden Fassung ihre Zustimmung zu verweigern, bei ihrer ablehnenden Haltung bleiben, dann zieht die CDU ihr Einverständnis zur Festschreibung der Bodenreform zurück. Damit wurde das Bodenreformland Hunderttausender ehemaliger LPG-Bauern von der CDU hinter ihrem Rücken zum Gegenstand eines unwürdigen parlamentarischen Pokerspiels gemacht, nur um die notwendigen Stimmen für einen von der Bonner Regierung, konkret von der Bonner CDU-Zentrale, diktierten Vertrag zusammen zu bekommen, der zwar den Vorstellungen der Regierung und der hinter ihr stehenden Banken und Konzerne entsprach, im Interesse der Bevölkerung jedoch in wesentlichen Teilen dringend hätte nachgebessert werden müssen". (1)
 
Schlussfolgerungen
 
Nehmen wir die diesjährige Bilanz der Bundesregierung über den "Stand der deutschen Einheit" zum Anlass, dafür zu sorgen, dass immer mehr Menschen sowohl über das oben Gesagte als auch über die nachstehenden Erklärungen nachdenken und daraus die richtigen Schlussfolgerungen ziehen:
 
-  Schon Rothschild meinte 1863: "Die Wenigen, die das System verstehen, werden so sehr an seinen Profiten interessiert oder so abhängig sein von der Gunst des Systems, dass aus deren Reihen nie eine Opposition hervorgehen wird. Die große Masse der Leute aber, mental unfähig zu begreifen, wird seine Last ohne Murren tragen, vielleicht sogar ohne zu mutmaßen, dass das System ihren Interessen feindlich ist."
 
-  Der Multimilliardär Warren Buffet erklärte Ende 2006 in New York Times treffend: "Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir werden gewinnen."
 
- Karl Liebknecht erklärte im Mai 1915 in seinem bekannten und nach wie vor aktuellem Flugblatt: "Der Hauptfeind jedes Volkes steht in seinem eigenen Land! Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie. Diesen Feind im eigenen Land gilt's für das deutsche Volk zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht...
Die Feinde des Volkes rechnen mit der Vergesslichkeit der Massen - wir setzen dieser Spekulation entgegen die Losung: Durch die Erfahrungen sind wir gewarnt - Alles lernen, nichts vergessen!" (PK)
 
(1) Quelle: Hans Fricke, "Eine feine Gesellschaft, Jubiläumsjahre und ihre Tücken, - 1949 bis 2010", GNN-Verlag 2010, ISBN 978-3-89819-341-2, 250 Seiten,15.00 Euro, Abschnitt: "Erpresster 'Einigungsvertrag' und seine ersten Folgen")
Siehe auch http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14983


Online-Flyer Nr. 328  vom 16.11.2011

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