Filmclips Nachruf auf "Väterchen Franz" Von Peter Kleinert und Gerd Deumlich
Franz Josef Degenhardt, geboren 1931, stammt aus einer streng katholischen Familie, verteidigte als Rechtsanwalt wegen APO-Aktionen angeklagte Jusos und Kommunisten und 1972/73 Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe. Seine ersten Auftritte als Liedermacher hatte er auf den Burg-Waldeck-Festivals im Hunsrück, wurde zu einer der Stimmen der 68er-Bewegung, engagierte sich für die Ostermarschbewegung, die Proteste gegen den Vietnamkrieg, die Notstandsgesetze und den Radikalenerlass. 1965 erschien sein Album "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!", durch dessen Titellied er berühmt wurde – eine vorausschauende Ballade über die Anziehungskraft des Dunklen und Schmutzigen aus der aus dem rechtsradikalen Umfeld. "Väterchen Franz" ist vor zwei Wochen kurz vor seinem 80. Geburtstag gestorben.
1961 war Degenhardt SPD-Mitglied geworden. Zehn Jahre später wurde er aus der Partei ausgeschlos- sen, weil er in Schleswig-Holstein zur Wahl der DKP aufgerufen hatte. 1978 trat er in die DKP ein, die die Springer-Zeitung "Die Welt" in ihrem Nachruf eine "Comedy-Truppe" nennt. Bei einem seiner Auftritte auf dem UZ-Pressefest der DKP 1997 in Dortmund haben wir vom Kölner KAOS Film- und Video-Team auch ihn nach anderen FestteilnehmerInnen während seines Konzerts vor der Kamera gehabt.
Franz-Josef Degenhardt 1968 beim "Deutschen Liederabend“ der Essener Songtage in einem Jugendzentrum
Wir dachten schon daran, wie sein bevorstehender 80. Geburtstag zu würdigen ist, da erreichte uns die Nachricht von seinem Tod. So sind wir nun mit unseren Gedanken und einem herzlichen Mitgefühl bei seiner Margret, den Kindern Nele, Kai und Jan.
Väterchen Franz lebt nicht mehr – das ist ein schmerzlicher Verlust für uns, seine Genossinnen und Genossen, für die Partei, der er in guten wie in schweren Zeiten treu blieb. Aber mehr: Er stand dafür – ein großer Künstler, der dem ganzen Lande zur Ehre gereicht und ein Kommunist zugleich – wie gut das zusammengeht.
Mit seinen rund 50 Alben und den 14 Romanen hinterlässt uns der politische Bänkelsänger und Erzähler ein Werk, in dem er uns auf seine Weise, also nach allen Regeln der Kunst, marxistisch stichhaltige Erkenntnisse über Geschichte, Erfahrungen aus Befreiungskämpfen, über Gesellschaftszustände, die Menschen schinden und verkrüppeln, und über realistische Hoffnungen auf revolutionäre Veränderung vermittelte. Und wie sich die Zeiten verändert haben: Hatte er vor Jahrzehnten eingeladen zum Feiern „an dem Tisch unter Pflaumenbäumen, … denn unsere Sache, die steht nicht schlecht“ und dann Rudi Schulte, der alte Kommunist aus dem Ruhrpott, die Lage nach der großen Niederlage treffend auf den Nenner brachte, „da müssen wir durch“.
Viele teure Namen hat er in unser Gedächtnis hineingeschrieben: Jos Fritz, Patrice Lumumba, Ho Chi Minh, Salvador Allende, Sacco und Vanzetti, oder hier von uns Mutter Mathilde, Natascha Speckenbach, die Marx und Engels kennt „und wie man's macht“ im Klassenkampf, oder die jungen Leute aus den „Zündschnüren“, die den Nazis manches auswischten. Sie alle sind uns ans Herz gewachsen.
Jetzt werden wir in seinen Büchern lesen, seine Platten hören, uns an die wunderbaren Konzerte erinnern, und wie da Solidarität, Internationalismus, Parteinahme für die Arbeiterklasse lebendig zum Begriff wurden.
Traurig über den Tod unseres Genossen empfinden wir tiefen Dank für alles, was er uns gegeben hat, auf dass wir die Hoffnung und den Mut zum Kampf für eine bessere Welt nicht verlieren. (PK)
Gerd Deumlich war erster Chefredakteur der 1969 vom Parteivorstand der DKP gestarteten Wochenzeitung "UZ" (Unsere Zeit).