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Lokales
K21 - Eine Sonntagsaktion im Kölner Hauptbahnhof:
Den Bahnhof unter den Dom!
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Es war etwa fünf Minuten vor 12 Uhr am vergangenen Sonntag, als Befürworter und Gegner eines Projekts, das die besten Voraussetzungen bietet, Stuttgart 21 in den Schatten zu stellen, für Aufregung vor und im Kölner Hauptbahnhof sorgten. Das Projekt, um das es dabei ging, heißt K21 und ist ein Geschenk an die Kölner Bürgerinnen und Bürger. Es verfolgt das äußerst ehrgeizige Ziel, den Hauptbahnhof unter den Kölner Dom zu verlegen.

Fotos: Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
 
Die Bahn hatte außerordentliches Personal aufgefahren. Dessen Überzeugungskraft ließ nicht zu wünschen übrig: „Es wird jetzt ein Projekt gestartet, wo der Kölner Bahnhof zum neuesten und weltbesten Bahnhof wird. Und das Projekt sieht so aus, dass der Bahnhof unter den Dom gelegt wird - so wie in Stuttgart. Das ist schon diskutiert und beschlossen. Da gab es schon Volksabstimmungen. Der Dom muss endlich aus dem Schatten des Bahnhofs rauskommen. Das gibt wahnsinnig Fläche für viele Arbeitsplätze, für Wohnungen und Parks. Es wird alles viel schöner als die alte Bahnhofshalle hier. Die ist renovierungsbedürftig. Dann kann viel mehr Verkehr durchfließen.“ Das ist ein Beispiel für die Überzeugungsfähigkeiten. Ein Passant kann da nur sagen: „Ja, das ist wahr, das stimmt!“


 
Ein weiterer wichtiger Faktor für die Überzeugungsarbeit war eine Modelleisenbahnanlage, mit der gezeigt wurde, wie das aussieht, wenn in Zukunft die Bahnanlage unter den Dom verlegt sein wird. Sehr überzeugend und ästhetisch ansprechend waren die besonders groß dimensionierten Lüftungsschächte für die ausreichende Luftzirkulation. Und in einem Flugblatt, das verteilt und überall im Hauptbahnhof ausgelegt wurde, heißt es:
 
„Endlich Zukunft: 17.000 neue Arbeitsplätze, Parks, 11.000 Wohnungen, Büroflächen - Köln wird zum neuen Herzen Europas. Die Kölner werden ihren Anschluss nicht verpassen. Beim Bahngipfel von Bahn, Bund und Land NRW am 18. November 2011 wurde in Düsseldorf beschlossen, dass der Kölner Hauptbahnhof bis 2021 unter den Dom verlegt wird. Fundierte Berechnungen veranschlagen die Gesamtkosten auf 2,5 Milliarden Euro. Getragen wird die Summe vom Bund, der Deutschen Bahn und der Stadt Köln. Mit dem Verkauf der Immobilien auf dem frei werdenden Gelände wird sich K21 selbst finanzieren. Die wirtschaftliche Amortisierung ist gewährleistet.

Modell des unter den Dom verlegten Bahnhofs
 
K21 wird Kölner BürgerInnen nichts kosten - K21 ist das größte Bauvorhaben in NRW seit dem Kölner Dom. Der Bahnhof kommt endlich aus dem Schatten des Doms heraus. Der alte Hauptbahnhof hat ein hohes Stabilitätsrisiko, ist mit seiner knapp dimensionierten Infrastruktur für einen Knotenbahnhof zu klein und entspricht nicht mehr den europäischen Anforderungen. Technisch und ökologisch überholt, wird er entknotet und unter den Kölner Dom verlegt. Die Infrastruktur-Engpässe zwischen Hauptbahnhof, Flughafen und Regionalverkehr - das Nadelöhr wird beseitigt und Köln an die Magistrale Paris – Novosibirsk angeschlossen.
 
Köln: das Herz Europas - K21 wird der modernste Bahnhof Deutschlands, ja, sogar der ganzen Welt. Eine Bahnfahrt nach Düsseldorf wird sich künftig um 5 Minuten verkürzen. Durch den Rückbau der Gleisanlagen schafft das Städtebauprojekt K21 Raum für städtebauliche Entwicklung von 120 ha innerstädtischer Flächen. Ein neues Stadtzentrum wird errichtet: Platz für Parks, Apartments, Büros – Köln wird attraktiver. K21 ist ein einmaliges Geschenk an die Kölner BürgerInnen. Die Citygrundstücke des Gebiets B2 stehen zum Erwerb. Es sind bereits acht Baufelder an den Oppenheim-Esch-Immobilienfond verkauft.

Für die Bahnhofsverlegung
 
K21 wird nicht über die Köpfe der KölnerInnen entschieden - K21 wurde 1994 zum ersten Mal vorgestellt, 2007 erweitert und modifiziert. Es gibt kein Zurück, auch weil das Projekt immer wieder demokratisch legitimiert wurde. Ein Stresstest ist von der Deutschen Bahn bei einem unabhängigen Schweizer Institut in Auftrag gegeben. Heiner Geißler von attac hat sich bereit erklärt, notfalls auch in Köln in einem demokratischen Konsensfindungsprozess zu schlichten. Die Argumente überwiegen. Verträge sind bereits abgeschlossen. Und Verträge, die hält man in Köln bekanntlich ein.“
 
Aber die Aktion für das Projekt K21 hatte auch Gegner auf den Plan gerufen. Auch sie, Mitglieder der Initiative „Leben in Köln - kein Köln 21“ waren ungemein aktiv an diesem Sonntagmittag. Auch sie sprachen unablässig die Passanten und Reisenden an und verteilten Flugblätter - erst vor dem Bahnhofsgebäude und schließlich drinnen - und riefen zum Widerstand auf. Auf ihrem Flugblatt war u.a. zu lesen:
 
„Die Zustimmung der Politik zu Köln 21 beruht auf geschönten Zahlen, die Tricksereien der Bahn haben die Geschäftsgrundlage des Projekts untergraben. Die Initiative 'Leben in Köln - kein Köln 21' unterstützt die Haltung des Aktionsbündnisses, dass Gewalt kein Mittel in der Auseinandersetzung um Köln 21 sein kann. Wir haben in einem demokratischen Konsensfindungs-prozess beschlossen, gegen Köln 21 keine Kastanien zu schmeißen. Wir sind friedlich, wir lehnen jede Gewaltanwendung ab. Die Bahn ist um keinen Millimeter kompromissbereit. Ihr Angebot, Heiner Geißler aus dem Hut zu zaubern, wird gerade von der Initiative 'Leben in Köln - kein Köln 21' eingehend geprüft. Die klare Erklärung von Herrn Behrens, dass er als 'Dialogbeauf-tragten' der Landesregierung seine Gespräche nur baubegleitend durchführt, macht deutlich, dass ein ernster Dialog gar nicht beabsichtigt ist. Gespräche machen nur Sinn, wenn es um einen echten Dialog geht, d.h. wenn es um die Prüfung von Alternativen ginge, nämlich oben oder unter und wenn nicht weiter gebaut und Fakten geschaffen werden. Justiz und Polizei messen bei Köln 21 mit zweierlei Maß, deshalb ist jetzt Anzeige gegen die Deutsche Bahn wegen Verstoßes gegen Denkmalschutzauflagen des Kölner Doms erstattet worden. Köln 21 ist nicht durchsetzbar, weder gesellschaftlich noch hinsichtlich der Kosten.“
 
Doch alles hatte einen Haken. Nach gut einer Stunde tauchte plötzlich die Security der Deutschen Bahn auf und untersagte das Werben für das Projekt K21. So lange hatte man in Bahn-Kreisen offensichtlich gebraucht zu erkennen, dass das Ganze eine satirische Aktion war. Sie stand unter der Schirmherrschaft von Martin Sonneborn, Ex-Chefredakteur der Zeitschrift „Die Titanic“, und seiner Partei „Die Partei“. (PK)
 
Weitere Bilder:
http://www.arbeiterfotografie.com/galerie/reportage-2011/index-2011-11-20-koeln-k21-flashmob-aktion.html
Ein Video der Arbeiterfotografie gibt es hier:
http://www.youtube.com/watch?v=0J6pKG_vWlU
Und weitere Infos und Videos finden sich hier:
http://www.zeitdiebe-magazin.de


Online-Flyer Nr. 329  vom 23.11.2011

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