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Lügen vom Staatsschutz
Von Peter Kleinert
Mit dem Aufruf "Auf einen erfolgreichen 2. Juni! Dresden hat es vorgemacht! Gemeinsam können wir den Naziaufmarsch stoppen!" protestierten laut "Hamburger Bündnis gegen Rechts" am Wochenende einige tausend Menschen erfolgreich gegen einen NPD-Aufmarsch in Hamburg.
Laut "Hamburger Bündnis gegen Rechts" beteiligten sich "7.000 Menschen auf unserer Demonstration!... über 6.000 Menschen bei unseren Massenblockaden!... Die genehmigte Naziroute wurde durch unsere Blockaden vollständig blockiert, und die Blockaden auf der Ersatzroute der Nazis führten zu einer erheblichen Verkürzung des Naziaufmarsches. Die Polizei hingegen hat die Ersatzroute der Nazis durchgeknüppelt, statt rechtliche Möglichkeiten für ein Verbot der Nazi-Demo zu nutzen."
Die Holocaust-Überlebende Jüdin Steffi Wittenberg, die zahlreiche Angehörige im Holocaust verloren hatte, forderte unter dem Beifall der Kundgebungsteilnehmer, endlich ein Verbot der NPD auszusprechen. 70 Jahre nach dem Holocaust und dem von den Nazis entfachten Krieg mit 55 Millionen Toten sei es perfide, dass Rechtsextremisten ungestraft ihr Gedankengut äußern dürften, sagte die 83-Jährige.
Die "Rote Flora" ist ein Autonomes Zentrum im Restgebäude des ehemaligen Flora-Theaters und liegt im Schanzenviertel im Hamburger Stadtteil Sternschanze. Es wurde im November 1989 nach dem erfolgreichen Widerstand gegen den Umbau zu einem Musicaltheater besetzt und eingerichtet. Das Gebäude steht am Schulterblatt 71. Seit Jahren wird auch dort erfolgreich gegen Neofaschisten wie die NPD gekämpft. Und jahrelang haben sich die Besetzer immer wieder erfolgreich gegen den Willen der Verantwortlichen in der Hamburger Politik und Verwaltung für den Erhalt ihres Domizils eingesetzt.
Gleich wegen der ersten Ausgabe unseres Magazins für Politik, Satire und Kunst "Z" für das unabhängige Fernsehfenster KANAL 4 auf RTL und Sat1 gab es Ärger. Nicht wegen der Reportage "Lügen vom Staatsschutz" über das seit Jahren besetzte Stadtteilzentrum "Rote Flora" von Oliver Ness. Der Kollege wurde erst einige Monate später von Hamburger Polizisten schwer misshandelt, weil er - unwidersprochen - vom Innensenator gedecktes, illegales Verhalten von zwei Geheimpolizisten veröffentlicht hatte, nachdem der NDR diese Reportage zuvor abgelehnt hatte. (Hier im Bild die "Staatsschützer" aus dieser "Z"-Ausgabe 1/93 bei KANAL 4, siehe auch "Ordnungshüter" im Magazin "Z" 17/94.)
Auch nicht wegen des ungewöhnlichen Musikvideos des Leipziger Jazzmusikers und Komponisten Erwin Stache "Rondo ad Surr", der zu DDR-Zeiten seinen Lebensunterhalt noch als Küster und Organist in einer evangelischen Kirche verdiente. Das Video dürfte seinem Pastor nicht unbedingt gefallen haben. Und ebensowenig wegen der durchaus quer zum Kabarett-Mainstream liegenden Satiren der beiden Ost-Berliner Clowns Mensching & Wenzel über den "Tag der Deutschen Einheit" und seine Folgen.
Sondern: Wegen eines Werbe-Clips für Sanella, mit dem die West-Berliner Video-Künstler von "dogfilm" die Werbeunterbrechungen im privaten Fernsehen offenbar zu gut auf die Schippe genommen hatten. So etwas dürfe "nie wieder vorkommen", verlangten die RTL-Gewaltigen, bei denen wir – ebenso wie bei Sat1 - für KANAL 4 mit Hilfe der Landesrundfunkanstalt NRW unabhängige und sogar angemessen bezahlte Senderechte für 10 Jahre erstritten hatten. (1). Doch unser KANAL 4-Geschäftsführer wies RTL mit Recht und Erfolg darauf hin, dass wir - im Gegensatz zum übl(ich)en Fernsehen - ohne jede Zensur alles senden dürften, was nicht gegen strafrechtliche Vorschriften verstoße.
Und so durften die dogfilmerInnen auch weiter in künstlerischer Freiheit "Werbe-Clips" wie den zu Sanella in den KANAL 4-Magazinen auf RTL einbringen. Das waren Zeiten! Sie können deshalb ruhig mal bei dem einen oder anderen "Z" oder bei dogfilm unter der Rubrik "Künstler- und Kunst-Videos" auf der Seite www.kaos-archiv reinschauen. Viel Spaß! (PK)
(1) http://www.kaos-archiv.de/. Dort finden Sie ganz unten auf der ersten Seite in einem Interview im Rahmen des KölnFilm-Projektes von FilmInitiativ Köln e.V. in dem Buch "Köln im Film - Filmgeschichte(n) einer Stadt" einiges zu dem 1988 gegründeten und von der NRW-Regierung Clement und deren Landesrundfunklanstalt zehn Jahre später platt gemachten unabhängigen Fernsehprogramms KANAL 4.
"Lügen vom Staatsschutz"
Autor:
Oliver Ness
Künstler:
Erwin Stache
dogfilm
mensching & wenzel
Videoteam:
Christoph Bigalke
Botschaft eV
Concept AV
Tom Kaiser
Peter Kleinert
Birgit Köster
Lintas
Medienproduktionen Hamburg
Dorothee Plaß
Corbett Santana
Jürgen Schaum
Rainer Schlesselmann
Dirk Schomann
Slime
Anja Telscher
Cordula Thonett
Stephan Thonett
Marianne Tralau
Guntram Wischnewski
Redaktion:
Peter Nadermann
Produktion:
KAOS Film- und Video-Team Köln GmbH
Auftraggeber:
Kanal 4
Produktionsjahr:
1993
Länge:
29 min
Clip downloaden (mit Rechtsklick - "Ziel speichern unter...")
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