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Verdeckte Ermittler
Von Peter Kleinert
Ein Jahr lang ließ das Landeskriminalamt Baden-Württemberg durch verdeckte Ermittler eine Wohngemeinschaft in Tübingen ausspionieren. Begründung: Die dort lebenden jungen Leute arbeiteten in "verdächtigen politischen Organisationen" wie der Nicaragua-Initiative, setzetn sich für die Zusammenlegung politischer Gefangener ein, besuchten das Tübinger Info-Café.
Erstes Ergebnis: Eine junge Frau verliert ihren Arbeitsplatz, weil sie, wie sie im anschließenden Arbeitsgerichtsprozeß erfährt, "einer extremen Organisation" nahestehe. Anklage wird gegen sie nicht erhoben. Zweites Ergebnis: Einer der beiden LKA-Beamten offenbart sich einer jungen Frau in der WG, nachdem er sich in sie verliebt hat. Drittes Ergebnis: Das LKA zieht die verdeckten Ermittler ab. Viertes Ergebnis: Es kommt heraus, daß die Ermittler versucht haben, die WG-Bewohner zu Straftaten zu animieren. Die Bespitzelten informieren die Öffentlichkeit. Der Fall wird im Landtag diskutiert. Der Innenminister versucht, den Fall herunterzuspielen.
Weitere Themen des Magazins: Eine bundesweite Kampagne gegen Zwangsarbeit für Landzeitarbeitslose, ein satirischer Aufruf der Ostberliner Clowns Mensching & Wenzel zu einer Samenspende für den Papst, um dem Priesternachwuchsmangel etwas entgegenzusetzen, ein "Einsatz in Plagwitz" des Leipziger Musikers Erwin Stache und ein satirisches Video der Künstlergruppe "dogfilm".
SAT 1 nahm diese Sendung im KAOS-Magazin "Z"-12 zum Anlaß, dem unabhängigen Fernsehfenster KANAL 4 den Sendeplatz zu kündigen. Die offizielle Begründung war nicht die Reportage über die Verdeckten Ermittler, sondern die Satire der beiden Berliner Clowns. SAT 1 sah darin einen "Beitrag, der in erheblichem Maße religiöse Gefühle verletzt." Zwei Monate später nahm SAT 1 die Kündigung zurück. KANAL 4 hatte sich bereit erklärt, das Magazin "Z" einzustellen und durch ein neues Magazin "TWIST" zu ersetzen.
"Menschen machen Medien" kommentierte die "Einigung der Kontrahenten": Beide können sich eine Scheidung nicht erlauben - und das hat die Landesrundfunkanstalt als Vermittler vor allem SAT 1 wohl klargemacht. Wäre es bei der Kündigung geblieben, könnte das SAT 1 die Sendeerlaubnis auf terrestrischen Frequenzen in Nordrhein-Westfalen kosten, denn diese ist an die Kooperation mit KANAL 4 gekoppelt. Und für KANAL 4 wäre es mittelfristig eine Existenzfrage, wenn mit einem Schlag fast 50 Prozent der Sendezeiten wegfielen.
In der Kölner StadtRevue kommentierte Max Annas: Der Schlußpunkt einer Serie von Zensurmaßnahmen des Kanzlersenders gegen KANAL 4 im Jahr 1994. Nach Ortmanns "Donner's Tag" (wg. eines Hostien-Spots) war dreimal KAOS betroffen. Ein Beitrag über die Berliner Antifaschist Genclik war Grund genug, Z ein für allemal abzulehnen
Autoren:
Katrin Brüggemann
Peter Kleinert
"Z"-Team:
Christoph Bigalke
Hans Peter Bordien
dogfilm Berlin
Tina Ellerkamp
Anne Harnisch
Peter Harz
Jörg Heitmann
Tom Kaiser
Peter Kleinert
Lars Klietsch
Dieter Königsmann
Birgit Köster
Merle Kröger
Katja Leyrer
Manfred Linke
Steffen Mensching
Dorothee Plaß
Achim Rosse
S&W Leipzig
Philip Scheffner
Wolfgang Schilling
Andreas Splett
Erwin Stache
Manfred Stein
Cordula Thonett
Stephan Thonett
Marianne Tralau
Ed van Megen
Astrid Vandekerkhove
Hilde Wackerhagen
Hans-Eckardt Wenzel
Florian Zeyfang
Produzent:
KAOS Film- und Video-Team Köln
Auftraggeber:
Kanal 4
Produktionsjahr:
1994
Länge:
29 min
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