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Aktueller Online-Flyer vom 23. November 2024  

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Kommentar
Kommentar vom "Hochblauen"
Wenn der Davidstern in die Unterhose rutscht
Von Evelyn Hecht-Galinski

Kann man eine faschistisch-rassistische Regierung des Zionistischen Apartheid-Regimes Israel/Jüdischer Staat überhaupt noch für voll nehmen in der Weltgemeinschaft? Da lässt der Regierungschef dieser rechtsextremen Regierung, Netanjahu, ein sogenanntes Gutachten, eine Prüfung der Gesetzlichkeit der völkerrechtlich illegalen Siedlungen und Vorposten im Westjordanland und Ostjerusalem erstellen, von einer dreiköpfigen Kommission. Diese sogenannte "unabhängige" Kommission bestand aus Juristen, die der Siedlerbewegung und dem Likud nahe stehen.
 
Den Vorsitz hatte der ehemalige Richter Edmund Levy am Obersten Gericht in Israel, ein Hardliner und "Rechtsausleger" besonderer Art, der schon während seiner damaligen Richtertätigkeit als einziger von elf Richtern gegen den Abzug jüdischer Siedler aus dem Gazastreifen gestimmt hatte. Dieses neunundacht- zig -Seiten-Gutachten wirkt eigentlich wie eine Satire, es zeigt aber in Wirklichkeit die Sichtweise jüdischer "Rechtsgelehrter" und Politiker der regierenden Mehrheit im Jüdischen Staate. Hier wird auf Basis der langjährigen Unterstützung des Siedlungsbaus ein Unrecht nachträglich legalisiert, alles nur im Sinne des Zionismus des Jüdischen Staates. Hier zeigt sich die wiederkehrende Formel, die schon bei der Staatsgründung prägend war und auch offen von Politikern wie Ben Gurion, Golda Meir und vielen anderen offen ausgesprochen wurde und nach der auch gehandelt wurde: Ein Land ohne Volk, für ein Volk ohne Land, wie Theodor Herzl, der zionistische Ur-Vater, herzlos feststellte. Damit begannen der Landraub, die Enteignung und die Katastrophe, die Nakba für das palästinensische Volk. Das jüdische Volk, gibt es das überhaupt? ("Die Erfindung des Jüdischen Volkes", Buchtitel von Shlomo Sand) Schaffte man den "Auserwählten" Sonderrechte in der Welt, und damit wurde durch den Holocaust eine zionistische Expansionspolitik einmaligen Ausmaßes auf Kosten der Palästinenser von der Weltgemeinschaft geduldet. Zugleich macht sich auch die deutsche Außenpolitik immer schuldiger, wenn sie diesem Treiben und der Legalisierung der völkerrechtswidrigen Politik des Jüdischen Staates weiter zustimmt.
 
Gerade auch Außenminister Westerwelle, der Hüter der Menschenrechte weltweit, von Syrien bis Iran, unterstützt mit seiner Außenpolitik die Politik, die die israelische Regierung betreibt. Schrieb doch der deutsche Botschafter in Israel, Andreas Michaelis, einen schleimigen, von Demut und Anbiederung triefenden Brief zum Kölner Beschneidungsurteil an den Knesset-Vorsitzenden Riflin und bezeichnete darin das Urteil als eine Einzelfallentscheidung, die keine bindende Wirkung für andere Gerichte entfalte. Weiter bedankte er sich für Rivlins Berlin-Besuch und freute sich auf die Fortführung der offenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen beiden! Gerade dieser Riflin hatte sich schon im Vorfeld seines Besuches für eine "Einstaatenlösung", einen - aber ganz im jüdischen Sinne - für Juden privilegierten Staat ausgesprochen. Das wurde sogar in Israel als "Einzelmeinung" abgetan. Natürlich hatte er auch bei seinem Kollegen Lammert interveniert, um die Beschneidung gesetzlich legalisieren zu lassen - gegen das Kölner Gerichtsurteil. Also wieder eine Legalisierung von Unrecht und eine unzulässige Einmischung in deutsche Belange! Dafür also ein Brief eines deutschen Botschafters? Ist das die Aufgabe der Botschafter, oder ist das die Fortführung der deutschen Staatsräson für die Sicherheit Israels?
 
Inzwischen hat die "Vorhaut-Debatte" schon groteske Züge angenommen. Auch Rabbiner, wie der Vorsitzende der Europäischen Rabbiner-Konferenz, der Russe Pinchas Goldschmidt, schämen sich nicht, den Holocaust zu instrumentalisieren und das Kölner Beschneidungsurteil als den schlimmsten Angriff auf das jüdische Leben seit dem Holocaust zu bezeichnen. Schlimmer noch: dieser orthodoxe Rabbiner erdreistet sich, für ALLE Juden in Deutschland zu sprechen! Er sieht auch, sollte das Urteil Bestand haben, keine Zukunft mehr für die Juden in Deutschland, begrüßt aber den Brief von Botschafter Michaelis, der eine rechtliche Klarstellung vor der Knesset, also dem israelischen Parlament, in Aussicht gestellt hatte. In Wirklichkeit wurde er vor die Knesset "geladen", um das Urteil dort zu "erklären". Auf diese Erklärung darf man gespannt sein! Goldschmidt betonte auch die Beschneidung sei Grundlage für jüdisches Selbstverständnis. In dieser Frage gebe es absolutes Einverständnis zwischen orthodoxen und liberalen Juden. Ob das wirklich so ist? Das Urteil sei Teil einer Folge von Angriffen auf religiöse Minderheiten in Europa - da verglich er Äpfel mit Birnen, weil die Beschränkungen für den Minarettbau in der Schweiz, der Streit um das Schächtverbot in den Niederlanden (gehört hier auch zur Diskussion) und das Burkaverbot in Frankreich (wichtiger wäre, die faschistische LDJ, die jüdische Verteidigungsliga zu verbieten) in einen Topf geworfen wurden mit dem Beschneidungsurteil. Natürlich argumentierten auch andere jüdische Funktionäre ähnlich, wie unter anderem auch Dieter Graumann (Dieter mir graut vor Dir) für den Zentralrat der Juden. In der Tat, sollte das jüdische Leben in Deutschland von diesen Funktionsträgern und Religionshütern abhängen, mache auch ich mir große Sorgen um das jüdische Leben.
 
Am schlimmsten und fast unerträglich aber war folgende Aussage von Rabbiner Goldschmidt - er zitierte einen Rabbiner: „Als alle religiös waren, habe der Antisemitismus eine religiöse Sprache gesprochen, mit der Säkularisierung sei es die Sprache des Rassismus geworden, heute benutze der Antisemitismus die Sprache der Menschenrechte“. - Hier wird in schrecklicher und bekannter Manier Kritik mit der "Keule“ gekämpft!
 
Wie wird eigentlich die Frage geklärt, wenn ein/e Partner/in einer Ehe oder einer Verbindung keine Beschneidung möchte, aber der andere Partner sich dafür ausspricht? Tritt dann die Scharia oder das Rabbinische Gericht an?
 
Man ist jetzt auch im Kontakt mit dem Zentralrat der Muslime, Ditib und der deutschen Katholischen Bischofskonferenz; da wächst zusammen, was zusammengehört. Ebenso hoch wie die Religionsfreiheit sollte das Recht auf Unversehrtheit sein! Auf eine höchstrichterliche Klärung wollen die Rabbiner natürlich nicht warten. Auch nach dem Kölner Urteil würden die von den Synagogen bestellten Beschneider (Mohel) die Entfernung der Vorhaut von Jungen fortsetzen. Liegt damit nicht eine klare Rechtsbeugung vor? Aber was macht die deutsche Politik stattdessen? Die Regierung plant eine "Klarstellung", das heißt einen Freibrief, dass Beschneidungen nicht strafbar sind! Dazu wird nächste Woche EXTRA eine Bundestagssitzung einberufen, die dann ganz schnell für die Beschneidung plädieren wird.
Dem wird dann sicher ein Gesetz folgen, da die "Freiheit der religiösen Betätigung ein hohes Rechtsgut ist" (auch Körperverletzung?), wie Regierungssprecher Seibert in einer Erklärung betonte.
 
Man hat jetzt zwei Lösungen parat: entweder im Zuständigkeitsbereich von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger wird ein Passus in das Strafgesetzbuch eingefügt, dass die Beschneidung von Jungen nicht als Körperverletzung strafbar ist - wenn sie fachgerecht durch einen Arzt (in Saudi Arabien werden die Hände von Dieben auch "fachgerecht", inzwischen von Ärzten abgehackt) und auf Wunsch der Eltern erfolgt. Sollte die Justizministerin, die sich noch etwas zurückhaltend zeigt, nicht so schnell "spurten", dann muss ihr Kabinetts- und FDP-Kollege, Gesundheitsminister Bahr "ran", der sich auch schon offener zeigt, nämlich mit einem Fachgesetz zum ärztlichen Berufsrecht. Dort könnten dann die medizinischen Standards der Beschneidung näher geregelt werden.
 
Übrigens berufen sich Juden wegen der Beschneidung immer auf Abraham und beziehen sich auf ihn. Allerdings hat sich dieser erst im hohen Alter von neunundneunzig Jahren beschneiden lassen. Ob er da noch im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten war? (Genesis 17,24). Sein erster Sohn Ismael, wurde erst mit dreizehn Jahren beschnitten (Genesis 17,25). Erst Isaak wurde am achten Tag beschnitten - auf was bezieht man sich da eigentlich? Also müssen kleine Jungen weiter aus nicht mehr nachvollziehbaren Riten Körperverletzung erdulden und das demnächst wahrscheinlich auch noch mit staatlicher Hilfe!
 
Merke: wenn die Lobbies rufen, dann springen die deutschen Politiker in vorauseilenden Gehorsam und liefern auch den Religionen passende Gesetze. Körperverletzung bei der Knaben-Beschneidung gibt es nicht, aber im Tierschutzgesetz verankerte man vor ein paar Jahren ein "Schwanz-Kupieren" als nicht mehr zulässig und verbot es. Ich frage: Warum ist bei Hundeschwänzen von Rüden mit Recht verboten, was aber bei Knabenschw.... erlaubt ist? Inzwischen ist der Davidstern sowieso in die Unterhose gerutscht, da Schiesser von einer israelischen Firma zu 100% übernommen wurde. Ähnlich scheint mir auch die sogenannte Religionsfreiheit in die Hose gerutscht zu sein. (PK)

 
Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Unsere Leser/Innen kennen sie als Autorin der Serie, die sie "vom Hochblauen", ihrem 1186 m hohen "Hausberg" im Badischen, schreibt.


Online-Flyer Nr. 363  vom 18.07.2012

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