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Lokales
Cornelia Yzer: 15 Jahre BAYER-Pharmalobbyistin, nun Berliner CDU-Senatorin
Wowereit soll bereits einverstanden sein
Von Peter Kleinert

Nach dem Willen von Berlins CDU-Chef Frank Henkel soll die langjährige Pharma-Lobbyistin Cornelia Yzer neue Berliner Wirtschaftssenatorin werden. „Yzer ist eine kompetente und erfahrene Persönlichkeit, die sich sowohl in Politik als auch in der Wirtschaft auskennt“, sagte Henkel laut Handelsblatt. Die 51-Jährige startete ihre Karriere einst in der Rechtsabteilung des BAYER-Konzerns, wurde parallel dazu von 1990 bis 1998 CDU-Bundestagsabgeordnete in Bonn, ab 1992 für zwei Jahre Staatssekretärin der damaligen Bundesfrauenministerin und heutigen Bundeskanzlerin Angela Merkel und danach für vier Jahre im Bundesbildungsministerium. Von 1997 bis 2011 leitete sie die von BAYER gegründete Lobbyvereinigung "Verband forschender Arzneimittelhersteller" (VFA), die als einer der mächtigsten Lobby-Verbände gilt.  
 

Cornelia Yzer
NRhZ-Archiv
„Berlin hat sich in den letzten Jahren zu einem der wicht-igsten deutschen Standorte für die Gesundheitswirtschaft entwickelt“, sagte Andreas Fibig, Leiter der Abteilung Arzneimittel bei BAYER Healthcare dem Tagesspiegel nach einer Entscheidung der Berliner CDU-Präsidiums-mitglieder vom vergangenen Mittwoch für Cornelia Yzer. „Ihre langjährige Erfahrung in Politik und Industrie wird Frau Yzer helfen, wichtige Impulse für den Ausbau der Wirtschaftskraft des Wissenschafts- und Gesundheitsstandorts Berlin zu setzen.“
 
Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kommentiert: „Die Wahl von Cornelia Yzer steht für das Prinzip "Partikularinteresse vor Gemeinwohl“. Schon ihr Amt als Staatssekretärin hat Yzer unverblümt als Auftrag zum Industrielobbyismus verstanden." Dass nun die Politik direkt von einer ehemaligen Konzern-Vertreterin gemacht werde, habe noch eine neue Qualität. Denn auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit soll laut Spiegel bereits mit der neuen Personalie im Senat einverstanden sein. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit dem Einfluss der Chemie- und Pharma-Industrie auf Politik und Gesellschaft.
 
Yzer war nach Kenntnis der CBG als VFA-Chefin maßgeblich daran beteiligt, die von Ärzten, Krankenkassen und weiten Teilen der Politik seit Jahrzehnten geforderte "Positivliste“ abrechnungsfähiger Medikamente mittels Millionenklagen zu verhindern - der Pharma-Dschungel mit über 40.000 verschreibungspflichtigen Medikamenten bleibe dadurch bis heute ungelichtet. Auch die Gründung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sei vom VFA jahrelang verzögert worden. Ein Beamter aus dem Gesundheitsministerium bezeichnete Yzer gegenüber der taz denn auch als „Betonkopf“, der mit einem „Tunnelblick Industrie-Phrasen nachbetet“.
 
Bekannt wurde Yzer auch durch ihre Doppelt- und Dreifach-Tätigkeiten, für die sie stets mehrfach kassierte: So erhielt sie als Geschäftsführerin des VFA ein jährliches Salär von 400.000 Mark, blieb aber zunächst weiterhin im Bundestag, was ihr mit zusätzlichen 135.000 DM im Jahr versüßt wurde. Zudem wurden 180.000 DM Übergangsgeld und 5.000 DM Rente vom 55. Lebensjahr an fällig, da sie ihren Job als Staatssekretärin 1998 aufgeben musste. Fehlen nur noch die 4.000 DM Abgeordneten-Pension und die Bezüge von BAYER. Bei dem Konzern war die Juristin laut CBG ja auch in ihrer Zeit als Abgeordnete und Staatssekretärin beschäftigt als sie den VFA übernahm. (1)
 
Der Verwaltungsrechtler Herbert von Arnim kommentierte seinerzeit: „Mit Mitte 30 hat Frau Yzer bereits Ansprüche auf eine Altersrente, für die drei Normalverdiener ein ganzes Arbeitsleben benötigen." Arnim zufolge gebietet es die Verfassung, dass Abgeordnete unabhängig von Interessensgruppen sein müssen. Doch Yzer und Bayer focht das nicht an. Der Bundestag beschäftigte sich eigens wegen der "Causa Yzer“ mit der Anrechnung von Übergangsgeldern auf nachfolgende Gehälter. (PK)
 
(1) Weitere Informationen zu Frau Yzer in den NRhZ-Ausgaben Nr. 4 und 85 
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=1025
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=10625


Online-Flyer Nr. 372  vom 19.09.2012

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