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Lokales
Mülheim ist zwar hyperverschuldet wurde so aber total "ruhrbaniasiert"
Das Ruhrbania-Desaster
Von Lothar Reinhard

Seit Beginn des Ruhrbania-Abenteuers im Jahre 2003 nach der Wahl von SPD-Frau Mühlenfeld als OB haben die MBI genau das vorher gesagt und zu verhindern versucht, was nun kaum noch zu leugnen ist. Zwei Bürgerbegehren gegen das dezentrale Stadtentwicklungsprojekt Ruhrbania in Mülheim an der Ruhr wurden bürokratisch verhindert, damit es ja zu keinem Bürgerentscheid über dieses Prestigeprojekt kam. Nun aber ist die Stadt finanziell hoffnungslos bankrott mit völlig vermurkster Verkehrsführung, einer Innenstadt, deren Anziehungskraft künstlich an das unterste Ende aller Ruhrgebietsstädte katapultiert wurde, einer zerrütteten kommunalen Demokratie und vieler entnervter und desillusionierter Bürger/innen. Und wofür? Für ein ruinöses, städtebauliches Desaster, an dem die vorher für Ruhrgebietsverhältnisse priviligierte Stadt Mülheim noch Jahrzehnte zu leiden haben wird.

Ruhrkropolis?
MBI-Archiv
Ein besonders wüstes Kapitel bildet der Umgang mit dem Rathaus. Der Neubau - kurz vorher noch für Millionen mit Brandschutz versehen - wurde abgerissen, um Bauland zu schaffen, wofür sauteuer u.a. ein fast leerstehender SWB-Wohnturm (ehemaliger städtischer Sozialer WohnungsBau) umgebaut und auf 25 Jahre angemietet wurde. Das denkmalgeschützte Restrathaus wurde totalsaniert, um es aufzuhübschen, damit die geplanten Luxuswohnungen von Ruhrbania besser vermarktbar sein würden. Um darüber nicht in den Nothaushalt zu kommen, wurde das Rathaus ohne Ausschreibung auf den SWB überschrieben. Das war vergaberechtswidrig, weil 50,1% des SWB der 49%igen RWE-Tochter und Gasgesellschaft medl gehören. Damit tauchten die erst veranschlagten 32 Mio. Sanierungskosten nicht im Haushalt der Stadt auf, weil das Restrathaus vom SWB auf 50 Jahre zurückgemietet wurde, bei irrsinnig hohen qm-Preisen. Weil die marode Wohnungsbaugesellschaft aber nicht kreditwürdig für derartig hohe Summen war, beschloss der Rat gegen massivsten Protest der MBI-Fraktion kurzerhand eine Bürgschaft durch die Stadt. Kurzum, eine lupenreine, höchst bedenkliche Umwegfinanzierung zur Fälschung der städtischen Bilanzen. Das alles störte auch die Aufsichtsbehörde des Regierungspräsidenten trotz MBI-Beschwerde nicht, und so konnte Mülheim vom RP bis nach den Kommunalwahlen 2009 trotz besseren Wissens als Nicht-Nothaushaltskommune angesehen werden, ohne eingreifen zu müssen.

Heute haben wir den Totalsalat, weil Mülheim zwar hyperverschuldet ist, wegen der massiv "geschönten“ Bilanzen aber nicht in den "Stärkungspakt Stadtfinanzen“ der Landesregierung aufgenommen werden kann. Immerhin ist Frau Kraft als Mülheimerin die Landesmutter und auch sie hatte das sich anbahnende Desaster kennen müssen! (1) Das angebliche "Strategieprojekt" Ruhrbania hat bereits das ehemals grüne Gesicht der Stadt Mülheim unwiderruflich zerstört. Das beweisen die beiden folgenden Bilder von der Schlossbrücke mit Blick auf die Innenstadt aus 2005 und aus 2012.




Quelle: MBI
 
Doch Ruhrbania offenbart sich auch architektonisch als derart dilettantisch, dass man in der Umsetzung jedes Gefühl von Ästhetik vermisst. An die denkmalgeschützten Spitzdächer von Rathaus und Stadtbad wurden z.B. gleich hohe Flachbauten angebaut.
 




Quelle: MBI
 
Foto oben der Blick auf den Stadtanbau, darunter auf das sanierte Restrathaus. Über dem großen Loch davor war bis vor kurzem die abgerissene Stadtbücherei, dahinter rechts war quer der abgerissene Rathausneubau. Auch diese Flächen sollen noch mit ähnlichen 6-stöckigen Flachbauten überbaut werden wie der Ruhrbania-Anbau am Restrathaus. 
Und die Rotunde hinter dem Rathaus ist ebenfalls denkmalgeschützt. Sie wurde als "Schmuckstück“ angepriesen, das für viele Millionen aufgehübscht wurde. Nach unserem Wissen wurde sie aber ganz abgerissen und völlig neu errichtet. Doch – oh Schreck – nun ist das "Schmuckstück“ völlig versteckt und für die Öffentlichkeit nahezu unzugänglich.
 


 

Quelle: MBI

Bild oben zeigt die offizielle, städtische Animation der Rotunde, wie sie im Gesamtsanierungskonzept der insgesamt 47 Mio. € teuren Restrathaussanierung (nicht 40 Mio. wie die WAZ schreibt) beschlossen wurde. Dabei wurde angepriesen, der Rathausinnenhof mit Rotunde werde für die Bürger eine Bereicherung, wo sie sitzen und Kaffee trinken könnten. Doch nun ist ein umbauter kleiner, schattiger Innenhof übrig mit Blick zur Hälfte in die Eigentumswohnungen der Ruhrbania-Plattenbauten, zur anderen Hälfte in die Büros des Restrathauses inkl. der Rotunde. Das Bild darunter zeigt die Hinterseite des Restrathauses von der Seite des auch durch Ruhrbania seit Jahren leerstehenden Kaufhofkolosses aus. Dort wurde der Ruhrbania-Plattenbau nahtlos an das Rathausdenkmal angebaut ohne Durchgang in den Innenhof mit Rotunde.

Das “Schmuckstück“ der Rotunde im Innenhof zwischen Restrathaus und dem angebauten Plattenbau der "Investment Manufaktur" Kondor Wessels kostete laut WAZ 3,2 Mio. Euro, wahrscheinlich aber mehr.  Im Gespräch waren 6 Millionen. Doch wer blickt bei der gesamten Geldverschwendung -  meist über Umwegfinanzierungen per PPP oder PPP-ähnliche Geschichten - überhaupt noch durch? Kontrollierbar für gewählte Ratsmitglieder ist schon lange nichts mehr, wenn einmal der Grundsatzbeschluss gefasst ist.

Deshalb richtet die MBI-Fraktion am 18. September folgende Anfrage an den Planungsausschuss der Stadt Mülheim zu TOP 12 "Ruhrbania“, alternativ zu TOP 11 „Stadtbild- und Denkmalpflege“:
Die Verwaltung möge zu folgenden Fragen Stellung beziehen:
1. Trifft es zu, dass das denkmalgeschützte "Schmuckstück“ der Rotunde im Zuge der Rathaussanierung gänzlich neu gebaut wurde? Wenn ja, warum?
2. Wieviel hat die Rotunde insgesamt gekostet?
3. Welche Maßnahmen sind im Einzelnen geplant, um die Rotunde doch noch gegenüber der Öffentlichkeit mehr zur Geltung kommen zu lassen? (PK)
 
(1) http://www.mbi-mh.de/2012/07/04/bankrottbania-und-die-blinde-rp-aufsicht oder in http://www.mbi-mh.de/2012/07/19/schachmatt-an-der-ruhrbania


Lothar Reinhard ist MBI-Fraktionssprecher im Mülheimer Stadtrat
 


Online-Flyer Nr. 372  vom 19.09.2012

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