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Inland
Wieder Krieg von deutschem Boden und auf deutschem Boden
3. Oktober der Ostermarschierer
Von Ulrich Sander
Eine Art von alternativem Nationalen Feiertag beging die deutsche Friedensbewegung am 3. Oktober mit Kundgebungen und einer Demonstration im niederrheinischen Kalkar. Dort entsteht das NATO- und Bundeswehrkommandozentrum für weltweite Luft- und Weltraumkriegsführung. "Im Gegensatz zum heutigen Ringelpietz in München nehmen wir das dort ausgeblendete Thema Krieg oder Frieden mit auf. Mit dem 3. Oktober vor 22 Jahren fing alles an. Vorher galt die Losung in beiden deutschen Staaten: Nie wieder Krieg von deutschem Boden. Heute führt Deutschland wieder weltweit Kriege - eine traurige Errungenschaft der Wiedervereinigung", stellte Ulrich Sander, einer der VVN-BdA-Bundessprecher, in seiner Rede vor dem Luftkriegskommando fest, die wir hier wiedergeben.
Ulrich Sander bei seiner Rede vor dem Bundeswehr-
und NATO-Luftkriegskommando in Kalkar
An diesem 3. Oktober protestieren wir, die Friedensbewegung Rhein-Ruhr, vor jenem NATO- und Bundes-wehr-Hauptquartier in Kalkar, von wo aus Deutschland wieder zum Frontstaat im Kriege gemacht werden kann. An diesem Ort hatte in den 80er Jahren der hundert-tausendfache Protest der Anti-AKW-Bewegung den Bau des atomaren Schnellen Brüters verhindert, der atomwaffenfähiges Plutonium erbrütet hätte.
Kundgebungsteilnehmerinnen in Kalkar
Foto: Gisela Blomberg
Ja, sie üben das Kriegführen - das Wort Frieden kommt in ihrem Sprachschatz gar nicht mehr vor. Drei alarmie- rende Meldungen fielen in diese unsere Zeit: Der sogenannte Raketen-schirm wird in Ramstein aufgestellt - kommandiert u.a. von Kalkar und Ramstein aus. Die Atombomben bleiben in Deutschland - die werden gar noch "modernisiert".
Online-Flyer Nr. 375 vom 10.10.2012
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Inland
Wieder Krieg von deutschem Boden und auf deutschem Boden
3. Oktober der Ostermarschierer
Von Ulrich Sander
Eine Art von alternativem Nationalen Feiertag beging die deutsche Friedensbewegung am 3. Oktober mit Kundgebungen und einer Demonstration im niederrheinischen Kalkar. Dort entsteht das NATO- und Bundeswehrkommandozentrum für weltweite Luft- und Weltraumkriegsführung. "Im Gegensatz zum heutigen Ringelpietz in München nehmen wir das dort ausgeblendete Thema Krieg oder Frieden mit auf. Mit dem 3. Oktober vor 22 Jahren fing alles an. Vorher galt die Losung in beiden deutschen Staaten: Nie wieder Krieg von deutschem Boden. Heute führt Deutschland wieder weltweit Kriege - eine traurige Errungenschaft der Wiedervereinigung", stellte Ulrich Sander, einer der VVN-BdA-Bundessprecher, in seiner Rede vor dem Luftkriegskommando fest, die wir hier wiedergeben.
Ulrich Sander bei seiner Rede vor dem Bundeswehr-
und NATO-Luftkriegskommando in Kalkar
Foto: Gisela Blomberg
In den 80er Jahren hatte die Friedens-bewegung gleichzeitig millionenfachen Zulauf, als es darum ging, zu verhindern, dass die NATO mit der Pershing II eine Waffe erhält, die den Atomkrieg führbar machen sollte. Damals galt die schnelle Bunker brechende Waffe als Enthauptungswaffe gegen die Sowjetunion. Ihr Ziel haben die Strategen nicht aufgegeben. Jetzt gegen Russland? So fragen nicht nur russische Politiker.
Kalkar belegt in diesen Tagen die offensive Stoßrichtung. Denn für das Joint Air Power Competence Centre Kalkar zählt die Kriegsführung und nicht alleine die offizielle und Grundgesetz-konforme "Verteidigung" als Auftrag. Das zeigt sich auch daran, dass hier in einer Woche eine Konferenz unter dem Titel "Kriegsführung (Warfare) im 21. Jahrhundert" stattfinden soll. Experten aus Armee, Industrie, Regierungen und Nichtregierungsorganisationen werden auf dieser Konferenz in Kalkar über das Potential der Luftstreitkräfte im Krieg des 21. Jahrhundert beraten. So wird die militärische Logik der NATO-Strategen immer weiter in den Alltag selbst vor Ort hineingeholt, wenn wir uns nicht machtvoll wie einst dagegen stellen.
Kundgebungsteilnehmerinnen in Kalkar
Foto: Gisela Blomberg
Und zudem werden Drohnen angeschafft, eine besonders widerwärtige Waffe.
Ganze Landstriche in Pakistan und Jemen werden bereits von unbemannten und schwer bewaffneten US-Drohnen aus bombardiert. Die angeblich zielgenauen Treffer töten fast nur Unbeteiligte. Nur zwei Prozent der Todesopfer waren jene, die der US-Präsident, der die Einsätze persönlich anordnet, als Terroristen treffen wollte. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die in den USA vorgelegt wurde.
Bereits am nächsten 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit 2013, soll in Kalkar für einen derartigen Krieg alles perfekt sein: Die Verschmelzung der NATO- und Bundeswehrluftwaffenkontingente zum Führungszentrum für weltweite Luftoperationen inklusive das Weltraumlagezentrum. Dann soll sogar der sogenannte Krieg der Sterne von hier aus vorbereitet werden können. Jeder Punkt Eurasiens nördlich der Alpen, des 47. Breitengrads soll mit todbringenden Bomben, Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen erreichbar sein. Es ist klar, dass besonders Russland - das das größte Territorium nördlich des 47. Breitengrads besitzt - sich bedroht fühlen muss. Es wird, so wurde schon angekündigt, dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen. Und das bedeutet: Unser NRW wird zur Zielscheibe von Raketen, Bomben und Drohnen.
Es ist ein Wahnsinn, aber er ist real. Um die schnellen Eingreiftruppen der NATO weltweit von Kalkar aus in Marsch setzen zu können, wurde die Zahl der Soldaten hier in Kalkar und Uedem um 400 verdoppelt. Und nun geht man an den weiteren Ausbau der Kommandozentralen. Zugestimmt hat auch die rot-grüne Landesregierung, die darauf bestanden hat, dass der Stützpunkt Kalkar erhalten und sogar ausgebaut wird. Was sind das für Landesmütter und -väter, die diesen Wahnsinn mitmachen?
Wir begehen hier so etwas wie den alternativen Nationalen Feiertag. Im Gegensatz zum heutigen Ringelpietz in München nehmen wir jedoch das dort ausgeblendete Thema Krieg oder Frieden mit auf. Mit dem 3. Oktober vor 22 Jahren fing alles an. Vorher galt die Losung in beiden deutschen Staaten: Nie wieder Krieg von deutschem Boden. Doch mit dem Anschluss der DDR gilt der Spruch eines Vizegeneralinspekteurs vom 3. Oktober 1990: "Die Leistungsfähigkeit der Soldaten der Bundeswehr und ihrer Waffen soll nach unserer Überzeugung nicht hinter den Leistungen der Wehrmacht zurückstehen." Zu den Leistungen der Wehrmacht zählten historisch einmalige verbrecherische Vernichtungsfeldzüge. Und seit den 90er Jahren reiht sich die Bundeswehr über die NATO wieder ein in Aggressionskriege in aller Welt ein.
Und was die "vorzüglichen Waffen" anbelangt, über die die Wehrmacht verfügte, will die Bundeswehr dem nicht nachstehen: Was die unbemannten Raketen V 1 und V 2 waren, sollen nun unbemannte Großdrohnen werden, die - gesteuert von Kalkar aus - über der ganzen Erde Tod und Vernichtung verbreiten können.
Und noch etwas wird von hier ausgehen. Das Bundesverfassungsgericht macht es möglich: In Kalkar erhalten nun Generäle freie Hand, um Krieg auch im Inneren zu spielen. Und zudem Krieg nach außen auszulösen und dann zu führen. Die Neue Rhein/Ruhrzeitung der WAZ-Mediengruppe berichtete am 11. November 2011 von der Herbstübung 2011 im Luftstreitkräfte-Hauptquartier Kalkar: "Die Nato spielt Krieg - und am niederrheinischen Kalkar wird er auf dem Reißbrett mit geplant und gesteuert." Die Übungen in der von-Seydlitz-Kaserne, so schrieb das Blatt, könnten schnell ernst werden, wenn "im Konfliktfall solche Entscheidungen deutlich über die kleinen Punkte auf den Computerbildschirmen hinaus Tragweite haben; dann lägen Menschenleben in den Händen der Soldaten." Und schließlich: "Wir haben sie abgeschossen", sagte General Dieter Naskrent über die Vernichtung eines angeblich von Terroristen gekaperten Flugzeugs mit Zivilisten darin. Nach Artikel 1 des Grundgesetzes ist dies klar verfassungswidrig. Ja, solche Generäle wie diesen Naskrent hat die Bundeswehr. Künftig wird auch jener Georg Klein zum Brigadegeneral befördert, der straflos 140 Zivilisten am Kunduz-Fluß durch Bombenflugzeuge töten ließ. Er gab den Befehl vom sicheren Ort aus, so wie künftig solche Kriegsverbrechen von hier, von Kalkar aus, befohlen werden können - über Tausende Kilometer hinweg.
Raus aus der Nato! Und diesen Leuten soll nun auch noch der bewaffnete Einsatz gegen die eigene Bevölkerung erlaubt werden?!
Angela Merkel sagte in einer Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2004: "Um die Politik anderer Nationen zu beeinflussen, um den Interessen und Werten der eigenen Nation zu dienen, müssen alle Mittel in Betracht gezogen werden, von freundlichen Worten bis zu Marschflugkörpern." Und diese Marschflugkörper will sie nun von Kalkar aus in Bewegung setzen? Für welche Interessen? Das sind doch die Interessen der Reichen und Mächtigen und nicht die unseren. Noch während des Libyenkrieges der NATO versicherte Frau Merkel "die grundsätzliche Bereitschaft, sich zur Lösung von Konflikten auch an Militäreinsätzen zu beteiligen."
Vor 52 Jahren haben wir erstmals an Raketenstützpunkten die Ostermärsche gegen Atomrüstung, für Frieden und Abrüstung gestartet. Und heute sind wir in einer ähnlichen Situation, da nunmehr Kalkar zum Symbol für unseren Protest wird. Wir haben damals gesagt: Wir alle sind mitverantwortlich dafür, was mit unserem Land, ja mit dem Planeten geschieht. Daran müssen wir wieder anknüpfen. Wir dürfen nicht wieder die Hände in den Schoß legen. Wenn wir solche Entwicklungen wie hier in Kalkar nicht aufhalten, dann droht größtes Unglück.
Kein Krieg in Kalkar - nirgendwo! Vor 22 Jahren bekräftigten die DDR- und die BRD-Regierung in ihrem Zwei-plus-Vier-Vertrag, "dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird. Nach der Verfassung des vereinten Deutschland sind Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar. Die Regierungen (...) erklären, dass das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen."
Was hier in Kalkar geschieht, verstößt gegen die UNO-Charta und gegen den Wortlaut der Verfassung. Zudem wird der Bundestag entmachtet, dem Beschlüsse über Bundeswehreinsätze vorbehalten sind. Hier entscheidet nun allein die NATO.
Wir fordern: Wiederherstellung des Grundgesetzes und seine strikte Einhaltung. Dazu gehört auch: Schluss mit allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Bundeswehr raus aus Afghanistan.
Wir fordern: Auflösung dieses Kommandozentrums, dieses Ausgangspunktes neuer Kriege. Denn von hier kann der Krieg von deutschem Boden aus beginnen. Jederzeit und ohne den Bundestag zu fragen. Den nuklearen und konventionellen Lufteinsatz allüberall nördlich der Alpen in ganz Eurasien, - den üben die Streitkräfte hier. Und wie schnell kann daraus Ernst werden!
Wir fordern: Raus aus der NATO! Wenn wir einst beim Ostermarschbeginn die richtige Losung ausgaben: "Wir müssen die Bombe abschaffen, sonst schafft die Bombe die Menschheit ab", - so müssen wir diese nun erweitern. Zurecht hat der Friedensratschlag die Losung ausgegeben: "Die Menschheit steht vor der Aufgabe, die NATO abzuschaffen, bevor die NATO die Menschheit abschafft." (PK)
Quellen zu dieser Rede sind u.a. die "Zeitung gegen den Krieg", "Ossietzky" und "Friedensjournal"/Bernhard Trautvetter sowie Ulrich Sander auf www.nrw.vvn-bda.de
Siehe auch:
Online-Flyer Nr. 375 vom 10.10.2012
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