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Lokales
36 Jahre FrauenLesben-Leben in den besetzten Häusern von Köln Ehrenfeld
Kommt mal vorbei!
Von Betina Setzerin
Am 2. Mai 2013 werden die Häuser in der Marienstraße 19, 21 und 23 in Köln Ehrenfeld 36 Jahre lang besetzt sein. Damit gehören wir zu den ältesten Besetzungen in der Stadt. Von vielen immer wieder für tot erklärt, wollen wir aber dieses Projekt und seine Ideale am Leben erhalten. Seit die Verteilungskämpfe auch in den besetzen Häusern härter werden, äußern sich Frauen und Männer in mails oder Flugis zu der Geschichte der Häuser, und hier insbesondere der Marienstr. 21
2005 Dachreparatur in der M21
2012 gründeten 6 Hausbewohnerinnen mit Unterstützerinnen den Verein Mieterinnenselbsthilfe M21.
Das soziale Umfeld und der Wohnraum sind die zentralen Lebensbereiche. Hier können Frauen Unterstützung und Gemeinschaft, aber auch Gewalt erleben. Deshalb ist es unser Anliegen, Wohnraum zu schaffen, wo Frauen/Lesben selbstbestimmt und ohne die Androhung von Gewalt leben können.
Da Frauen in der Hausgemeinschaft seit ihren Anfängen eine tragende Rolle gespielt haben, beschloss die Hausversammlung 1988, dass freiwerdende Wohnungen immer an Frauen vergeben werden sollen. Damit wollen wir einerseits der Benachteiligung von Frauen auf dem Wohnungsmarkt (s.o.) begegnen, und andererseits von Gewalt betroffenen Frauen eine
Online-Flyer Nr. 401 vom 10.04.2013
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Lokales
36 Jahre FrauenLesben-Leben in den besetzten Häusern von Köln Ehrenfeld
Kommt mal vorbei!
Von Betina Setzerin
Am 2. Mai 2013 werden die Häuser in der Marienstraße 19, 21 und 23 in Köln Ehrenfeld 36 Jahre lang besetzt sein. Damit gehören wir zu den ältesten Besetzungen in der Stadt. Von vielen immer wieder für tot erklärt, wollen wir aber dieses Projekt und seine Ideale am Leben erhalten. Seit die Verteilungskämpfe auch in den besetzen Häusern härter werden, äußern sich Frauen und Männer in mails oder Flugis zu der Geschichte der Häuser, und hier insbesondere der Marienstr. 21
Fest gegen geplante Sanierung 1979
Quelle für alle Bilder: unser Archiv
Wider besseren Wissens, oder weil sie es nicht wissen wollen, leugnen viele vehement den Anteil der Frauen. Alles, was nicht in das eigene Weltbild passt, was dem Eigennutz oder der eigenen Eitelkeit schadet, wird totgeschwiegen oder geleugnet. Einfache `Sündenbock`- Zuschreibungen erfreuen sich großer Beliebtheit.
Dagegen wehren wir uns, und wollen versuchen die Geschichte aus Frauensicht zu erzählen. Wir erheben keinen Anspruch auf Wahrheit. Unsere Geschichte ist die Summe vieler unterschiedlicher Geschichten. In dem Sinne freuen wir uns über Erinnerungen und Beiträge von ZeitzeugInnen.
Die Häuser in der Marien- und Lessingstr. wurden im Mai 1977 von der Sozialistischen Selbsthilfe Köln (SSK) Ehrenfeld als politische Aktion gegen Korruption und Zerstörung billigen Wohnraums besetzt. Die Wohnungen wurden im Kölner Stadt-Anzeiger und im Express als preiswerter Wohnraum, der an Bedürftige abgegeben wird, inseriert. Daraufhin meldeten sich ganz unterschiedliche Menschen, ArbeiterInnen und Arbeitslose, Psychiatrie-Geschädigte, AkademikerInnen, ArbeitsmigrantInnen, politische Flüchtlinge,
StudentInnen. Daraus entstand die 'wilde Mischung', die jahrelang für ihre Politik und Aktionen bei der Stadt, bei Sanierungsbetreibern und Spekulanten gefürchtet war. Anfang der 80er Jahre wurden die `Mariensträfler` von den damaligen AntiImps als Sozialschwärmer belächelt.
StudentInnen. Daraus entstand die 'wilde Mischung', die jahrelang für ihre Politik und Aktionen bei der Stadt, bei Sanierungsbetreibern und Spekulanten gefürchtet war. Anfang der 80er Jahre wurden die `Mariensträfler` von den damaligen AntiImps als Sozialschwärmer belächelt.
Protest gegen den Zerstörungsplan von Ehrenfeld
Bald nach der Besetzung zogen auch ehemalige Frauenhausbewohnerinnen ein. Gewalt gegen Frauen und Kinder sollte in den Häusern ebensowenig Platz haben wie Rassismus. Männer, die gewalttätig gegen Frauen waren, wurden auf die Straße gesetzt. Auch mit Rassismus unter uns mussten wir uns auseinandersetzen.
Besetzerinnen arbeiten in den autonomen Frauenhäusern und engagieren sich darüber hinaus vielfältig gegen Gewalt an Frauen. Von Anfang an werden alle Belange der Häuser auf der gemeinsamen Mieterversammlung besprochen und beschlossen. Später übernahmen die Hausversammlungen der jeweiligen Häuser die Aufgabe der MV. Gemeinsame Versammlungen gab es zu besonderen Anlässen bis 2005. Wir brauchen keinen starken Mann, wir sind selber stark und schlau genug.
Im Dezember 1980 wurde die 1. Frauen-WG in den besetzten Häusern in der ansonsten `gemischten` M 21 gegründet, die von einem Teil der BesetzerInnen begrüßt, von anderen bekämpft wurde. Da flog schon mal ein Stein in die WG-Küche, wurde versucht, Frauen am Einzug zu hindern. Frauen, die sich nicht den heterosexistischen Normen unterwarfen, wurden als Lust-feindlich oder wahlweise als Huren beschimpft, tätlich angegriffen bis hin zu Morddrohungen. In die Politik nach Außen flossen allerdings feministische Inhalte ein, und niemand vertrat offen antifeministische Positionen. Die Frauen aus der M 21 hielten nicht nur das ´eigene´ Haus in Stand, sondern leisteten einen großen Beitrag zum Erhalt der umliegenden Häuser.
1988 beschloss die HV der M 21, dass dort nur noch Frauen einziehen sollten. Seitdem sind ausschließlich Frauen, viele davon Lesben, über die HV in die M 21 eingezogen. Migrantinnen wurden bei der Wohnungs- oder Zimmervergabe bevorzugt. Wir bemühen uns, bei allen Entscheidungen einen Konsens herzustellen.
Ein Stück Kurdistan im Hinterhof der M 21
Jede Hausbewohnerin muss immer wieder Kompromisse machen, was manchmal wehtut. Die gesellschaftlichen Verhältnisse spiegeln sich auch in unserem Haus. Rassismus, Sexismus und Lesbenfeindlichkeit gibt es auch unter uns. Wobei der Rassismus nicht immer von weißen Frauen, Sexismus und Lesbenfeindlichkeit nicht nur von Männern ausgeht. Wir mussten schmerzlich lernen, dass die Realität nicht nur schwarz/weiß ist, sondern viele Zwischentöne hat.
Leider mussten wir auch immer wieder die Erfahrung machen, dass Neubewohnerinnen vor dem Einzug allen unseren Prinzipien zustimmten, sich dann, nach dem Einzug, aber nicht mehr daran gebunden fühlten, sie boykottierten, verleugneten, uns betrogen, bestahlen. Das feministische Wohnprojekt, das von Männern wie Frauen in Frage gestellt wird, gäbe es längst, wenn sich nicht immer wieder Männer (manchmal von Frauen unterstützt) an der Hausversammlung vorbei gewaltvoll ins Haus einnisten würden.
Seit ca. 6 Jahren leben 2 Generationen in der FrauenLesben-WG. Wir sind unterschiedlich, was unsere soziale, kulturelle Herkunft, politische Erfahrung, Stand der Auseinandersetzung mit Sexismus, Rassismus, Homophobie und weißen Privilegien angeht. Viele Frauen sind aus den Häusern ausgezogen, oder erst gar nicht eingezogen, weil sie die gewalttätigen Situationen nicht aushalten.
Aktuell verhindert die gewalttätige Aneignung von FrauenLesben-Raum in der M 21 den Einzug einer Frau aus Afrika und eines Lesbenpaares ohne festen Aufenthaltsstatus. Diese Aktion wird offen anti-feministisch begründet: „Hier wird es kein Frauenhaus geben.“
Hier eine unvollständige Aufzählung (feministischer) Initiativen und anderer Projekte, an denen die Bewohnerinnen der M 21 beteiligt waren, die von Ihnen initiiert oder unterstützt wurden - seit 1977 bis heute:
- Regionale und überregionale Häusertreffen (auch Besetzerinnentreffen)
- Neu Besetzungen
- (Anti)Sanierungsgruppe Ehrenfeld
- Mieterberatung
- Antimilitarismusgruppe
- selbstorganisierte Frauen-Selbstverteidigungsgruppen
- bundesweites autonomes Knastgruppentreffen
- Aktionen, Veranstaltungen Demos gegen den Putsch in der Türkei 1980
- Unterstützung der Aktionen von Flüchtlingen – 1. autonome Flüchtlingsgruppe
- Unterbringung von Flüchtlingen
- Zuflucht für von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen
- Anti Gen- und Reprotechnikgruppen, bundesweite Treffen
- WenDo Trainerinnentreffen
- Solidaritätsforum für die in der Türkei sexualisiert gefolterten Frauen
- Internationale Frauengruppe; Aktionen gegen Rassismus, Flüchtlingspolitik, Lagerunterbringung,
- Bündnisse zum 8. März und 25. November, daraus entstand später Lila in Köln
- Kampagne für die Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen bei Siemens
- Veranstaltung für das Recht auf Asyl für verfolgte Lesben (Unterstützung von Lesben aus dem Iran und Zimbabwe)
- Initiierung von WenDo Gruppen in Brasilien,
- Veranstaltungsreihe `Andere Länder andere Lesben`
- Interkulturelle Theatergruppe
- Veröffentlichung des 1. Buches auf Tamilisch zu sexualisierter Gewalt an Mädchen
- Demo und Schutz beim Lesben-Frühlingstreffen in Köln
- Organisierung von WenDo Delegationen aus Brasilien,
2005 Dachreparatur in der M21
Präambel: Wohnraum verteuert sich in Köln ständig, billiger Wohnraum ist äußerst knapp. Da Frauen wirtschaftlich diskriminiert sind, haben sie besondere Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt. Für allein erziehende Mütter, Alte und Frauen/Lesben, die in Wohngemeinschaften wohnen wollen, ist es schwierig, angemessene und preiswerteWohnungen zu finden.
Das soziale Umfeld und der Wohnraum sind die zentralen Lebensbereiche. Hier können Frauen Unterstützung und Gemeinschaft, aber auch Gewalt erleben. Deshalb ist es unser Anliegen, Wohnraum zu schaffen, wo Frauen/Lesben selbstbestimmt und ohne die Androhung von Gewalt leben können.
Das Haus Marienstraße 21 wurde 1977 durch Besetzung vor dem Abriss gerettet. Mit Duldung des Eigentümers und für eine geringe Miete wird es seitdem durch hohen persönlichen Einsatz der BewonerInnen instand gehalten.
Da Frauen in der Hausgemeinschaft seit ihren Anfängen eine tragende Rolle gespielt haben, beschloss die Hausversammlung 1988, dass freiwerdende Wohnungen immer an Frauen vergeben werden sollen. Damit wollen wir einerseits der Benachteiligung von Frauen auf dem Wohnungsmarkt (s.o.) begegnen, und andererseits von Gewalt betroffenen Frauen eine
vorübergehende oder längerfristige Wohnmöglichkeit bieten. Dieses Angebot wird von den Frauenberatungsstellen und Frauenhäusern in Köln regelmäßig genutzt.
Auch wenn wir dafür angegriffen werden; einige unseren Wunsch nach einem selbstbestimmten FrauenLesben-Leben als nicht mehr zeitgemäß bezeichnen, geben wir die Idee eines feministischen Wohnprojektes nicht auf. Wir haben in den letzten Monaten sehr viel Unterstützung erfahren und wünschen uns mehr.
Darüber hinaus wünschen wir uns Auseinandersetzungen über:
- Wie können wir unsere Freiräume vor Gewalt und Ausbeutung schützen?
- Welche Sanktionsmöglichkeiten haben wir jenseits von Polizei und Justiz?
- über Gewalt an Frauen und TäterInnenstrategien
- über Rassismus, Sexismus und Homophobie (in der linken Szene)
Unterstützt uns dabei,
- der Ausbeutung von erkämpften (Frauen-) Freiräumen zum Eigennutz
- der Verleugnung von Frauenkämpfen und deren Erfolgen entgegen zu treten.
Sagt eure Meinung, diskutiert mit uns, kommt vorbei!
Auch wenn die Situation im Haus im Moment sehr unerfreulich ist, wollen wir im Mai an 36 Jahre Hausbesetzung erinnern und mit unseren FreundInnen feiern. Wie und wo werdet ihr noch erfahren.
Mehr Informationen unter
(PK)
Mehr Informationen unter
(PK)
Mieterinnenselbsthilfe e.V.
Marienstraße 21
50825 Köln
Online-Flyer Nr. 401 vom 10.04.2013
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