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Glossen
Ein Parlament im künstlichen Koma
Tanz, Angela, tanz!
Von Ulrich Gellermann
Wer sich in diesen Tagen dem Bundeskanzleramt nähert, kann ein leises aber scharfes Pfeifen hören: Es ist ein in den USA erzeugter Ton. Und wer dann, unterhalb des Pfeiftons, ein rhythmisches Trappeln erlauscht, der weiß: Angela tanzt. Nach der Pfeife der USA. Angela tanzt schweigend. Kurz hatte sie mal den Mund aufgemacht. Als bekannt wurde, dass ihr Handy abgehört wird. Danach: Komatöses Schweigen.
Online-Flyer Nr. 433 vom 20.11.2013
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Glossen
Ein Parlament im künstlichen Koma
Tanz, Angela, tanz!
Von Ulrich Gellermann
Wer sich in diesen Tagen dem Bundeskanzleramt nähert, kann ein leises aber scharfes Pfeifen hören: Es ist ein in den USA erzeugter Ton. Und wer dann, unterhalb des Pfeiftons, ein rhythmisches Trappeln erlauscht, der weiß: Angela tanzt. Nach der Pfeife der USA. Angela tanzt schweigend. Kurz hatte sie mal den Mund aufgemacht. Als bekannt wurde, dass ihr Handy abgehört wird. Danach: Komatöses Schweigen.
In ein künstliches Koma ist auch das Parlament gefallen. Immerhin acht Wochen nach der Bundestagswahl gibt es immer noch keine Ausschüsse, jene Einrichtungen, die zur Regelung der Parlamentsarbeit nötig sind. Einsam wacht, sollte man hoffen, das "Parlamentarische Kontrollgremium", das Instrument zur Überwachung der Geheimdienste. Denn die Geheimdienste schlafen nicht. Sie sind hellwach in ihrer illegalen Zusammenarbeit mit amerikanischen und britischen Diensten. Bei der Übermittlung deutscher Daten an die "Freunde" wie Angela sie nennt.
Wie das TV-Magazin FAKT jüngst aufgedeckt hat, zapft der Bundesnachrichtendienst (BND) am größten deutschen Internet-Knoten, dem DE-CIX in Frankfurt, relevante Daten aller Art ab, um sie an die "Freunde" weiterzuleiten. Weiter berichtet FAKT, darunter seien auch deutsche Daten. Das, so dachte sich die RATIONALGALERIE, müsste das "Parlamentarische Kontroll-Gremium (PKGr)" doch wissen. Und fragte deshalb vier Vertreter der Parteien, die im Gremium sitzen, ob sie denn darüber etwas wüssten. Von der CDU keine Antwort: Verständlich, die sind in der Merkel´schen Tanzstunde. Von der SPD keine Antwort: Verständlich, die schulen gerade um. Christian Ströbele von den GRÜNEN mochte auch nicht antworten: Keine Zeit? Gerade im Gespräch mit Snowden? Tiefes Schweigen auch bei der Linkspartei. Für die sitzt Steffen Bockhahn, der wissenschaftliche Mitarbeiter des Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch, im Kontrollverein.
Einzig Gisela Piltz, noch für die FDP im Gremium, mochte der RATIONALGALERIE antworten: "Nach meiner Kenntnis war es im PKGr kein Thema, zunächst alle Kommunikation zu screenen. Der BND ist und bleibt Auslandsgeheimdienst." Klar und deutlich: Der BND hat das Gremium nicht informiert. Frau Piltz hatte schon früher in der Grundrechtsfrage eindeutige Positionen: "Nicht mehr der Freiheitsgedanke, nicht mehr das Leitbild des mit unveräußerlichen Rechten ausgestatteten Menschen stehen Pate für Gesetzgebung und Handeln des Staates, sondern vielmehr gewinnen vage Begriffe wie die Bedrohung der Sicherheit durch Terrorismus oder Kriminalität als Rechtfertigung an Bedeutung in Teilen der politischen und öffentlichen Meinungsbildung." Vielleicht dieser entschiedenen Position wegen wurde ihr von der Düsseldorfer FDP, nach wochenlangen quälenden Debatten, eine Kandidatur für den Stadtrat verweigert.
Die Grundrechte, die persönliche Freiheit, finden ihre Einschränkung nicht zuletzt im "Artikel-10-Gesetz". Ursprünglich als Teil der Notstandsgesetze zur Ausspähung des Brief- und Telefonverkehrs entstanden, wurde es mit den Jahren immer weiter verschärft, um es dann, wie das TV-Magazin FAKT erklärt, mit Hilfe des britischen Geheimdienstes noch rigider zu fassen: "Damit die Erhebung und Auswertung wenigstens halblegal stattfindet, ließ sich der BND 2008 vom britischen Geheimdienst helfen, das entsprechende Gesetz neu zu formulieren." Eigentlich sollte der BND bei seiner Internet-Spionage von der G 10-Kommission kontrolliert werden. Aber deren Jahresbericht steht schon lange aus.
Wer zahlt, bestimmt die Musik, sagt der Volksmund. Die Musik aus den USA - jene Pfiffe, die "Platz", "Sitz", oder "Mach schön" bedeuten - kostet kein Geld. Sie kostet die Deutschen jenes Stück Freiheit über die Preisgabe und Verwendung ihrer persönlichen Daten selbst zu bestimmen. - Wer solche "Freunde" hat, braucht keine Feinde mehr. (PK)
Diese Glosse von Ulrich Gellermann haben wir mit Dank aus seinem Blog http://www.rationalgalerie.de/home/tanz-angela-tanz.html übernommen.
Online-Flyer Nr. 433 vom 20.11.2013
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