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Wirtschaft und Umwelt
Trotz BAYER-Studie keine US-Zulassung für Xarelto zur Behandlung von ACS
133 Todesfälle und 1.400 Verdachtsfälle
Von Jan Pehrke und Peter Kleinert

"BAYER und der US-Pharmariese Johnson & Johnson (J&J) haben mit ihrem neuen Gerinnungshemmer Xarelto zur Verhinderung von Schlaganfällen Medizinern zufolge die Behandlungsmöglichkeiten erweitert", berichtete das Handelsblatt am 10.8.2011. "Eine gute Nachricht für BAYER in einem auf 10 Milliarden Dollar geschätztem Markt", freute sich offenbar auch dessen Redaktion. Jetzt aber hat sich ein Beratergremium der US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) gegen eine Zulassung des von BAYER entwickelten Gerinnungshemmers zur Behandlung der Akuten Herzkrankheit Koronarsyndrom (ACS) ausgesprochen. Das Votum fiel mit 10:0 Stimmen eindeutig aus. Die FDA folgt den Empfehlungen in aller Regel.
 

Bleibt der "Markt" für BAYER nun bei
10 Mrd. Dollar?
Derweil explodiert in Deutschland die Zahl der Verschreibungen und der gemeldeten Nebenwirkungen von Xarelto. Laut Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die die Coordination gegen BAYER-Gefahren auf Anfrage erhielt, registrierte die Behörde im vergangenen Jahr 133 Meldungen über „tödliche Verläufe“ (gegenüber 58 im vergangenen Jahr) und 1400 über schwere Nebenwirkun- gen. Ein alarmierender Befund, auch wenn „ein Kausalzusam-menhang im Einzelfall nicht sicher belegt ist“, wie das BfArM betont. Die Zahlen dürften noch deutlich steigen, wenn alle Verdachtsfälle für 2013 eingegangen sind.
 
„Die Behörden müssen dringend die Nebenwirkungsrate von neuen Gerinnungshemmern wie Xarelto oder Pradaxa mit den Risiken älterer Präparate vergleichen. Es ist zu befürchten, dass durch gigantisches Marketing Medikamente mit erhöhtem Risiko-Profil in den Markt gedrückt werden. Nach heutigem Kenntnisstand lässt sich eine flächendeckende Umstellung der Patientinnen und Patienten auf Xarelto nicht rechtfertigen“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft empfiehlt, den Einsatz von Xarelto und Pradaxa auf Personen zu beschränken, für die die bislang verwendeten Präparate wie Marcumar nicht in Frage kommen.
 
Die Europäische Aufsichtsbehörde (EMA) hatte Xarelto im vergangenen Mai zur Behandlung von ACS zugelassen. Die FDA hingegen hatte schon 2012 schwerwiegende Mängel in den von BAYER vorgelegten Studien festgestellt und bereits zweimal eine Zulassung verweigert. Unter anderem kritisierte die FDA die von der Firma BAYER finanzierte Studie namens ATLAS ACS wegen Unvollständigkeit, mangelnder Qualität der Primärdaten und einer fehlenden Bestätigung durch andere Studiendaten.
 
Die ATLAS ACS war die einzige Studie, die eine (und auch nur sehr geringfügige) Verbesserung der Überlebensrate von ACS-Patienten festgestellt hatte. Einzel-Studien werden jedoch für eine Zulassung in der Regel nur dann verwendet, wenn die vorliegenden Daten von hoher Güte sind. Dies war im vorliegenden Fall in keiner Weise gegeben: BAYER musste gegenüber der FDA einräumen, dass bei über 10% der Patienten der Beobachtungszeitraum so knapp war, dass am Studienende nicht einmal bekannt war, ob der Patient noch lebt. Zudem ergab eine stichprobenartige Überprüfung der Primärdaten, dass mehrere Todesfälle unter Xarelto nicht erfasst wurden. Hinzu kommt, dass das Ergebnis durch Ausschluss unerwünschter Daten - offenbar bewusst - verzerrt wurde.
 
Schon bei den Genehmigungsprozessen zu den Indikationen „Thrombose-Prophylaxe nach dem Einsetzen künstlicher Hüft- oder Kniegelenke“ und „Schlaganfall- und Embolie-Prophylaxe bei PatientInnen mit Vorhofflimmern“ hatte es in den Vereinigten Staaten Probleme gegeben. Die Aufsichtsbehörden warfen dem Konzern unter anderem vor, die ProbandInnen, die in der Vergleichsgruppe das Präparat Warfarin einnahmen (verwandt mit Marcumar), nicht richtig mit dem Medikament eingestellt zu haben. (PK)
 
Jan Pehrke ist aktiv in der Coordination gegen BAYER-Gefahren.
Weitere Informationen zu Xarelto: www.cbgnetwork.org/4725.html


Online-Flyer Nr. 442  vom 22.01.2014

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