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"School of the Americas" – die Wurzel der heutigen US-Folterskandale
Folter made in USA
Von Frieder Wagner
Schon vor Monaten berichteten unsere Medien, dass es in Syrien angeblich tausend Foltergefängnisse geben soll. Pünktlich zu den angesetzten Syrien-Verhandlungen in Genf tauchten dann plötzlich Fotos von angeblichen Folteropfern aus syrischen Gefängnissen auf. Aber niemand in unseren großen Printmedien kam auf die Idee einmal darüber aufzuklären, dass seit mindestens sechs Jahrzehnten Folter ein Bestandteil der US-Außenpolitik ist. Niemand will davon etwas wissen. Die „junge Welt“ nur berichtete in der Ausgabe vom 5.11.13 über eine Studie, die auch die systematische Einbindung von Medizinern in menschenrechtswidrige Verhöre in US-Militärgefängnissen entlarvt. Welche Folgen aber hat das für unser Rechtsempfinden, wenn Folter pseudo-legal wird?
Khaled Al Masri – Folteropfer des
US-Geheimdienstes
In Lateinamerika sind die Enthüllungen über US-Folter im Irak sofort ohne jeden Zweifel aufgenommen worden, hatte doch fast jeder, der davon erfuhr, sofort ein déjà vu. Hector M., ein kolumbianischer Aktivist, der in den 70er Jahren von einem Offizier gefoltert wurde, der in der "School of the Americas" ausgebildet worden war, sagte: "Es war hart, die Fotos von den Folterungen im Irak zu sehen, weil auch ich so gefoltert wurde. Ich sah mich wieder: nackt, meine Füße waren zusammengeschnürt und meine Hände hinter dem Rücken gefesselt. Ich sah wieder meinen Kopf mit einem Stoffsack verhüllt. Ich erinnerte mich an die Erniedrigung, die Nacktheit, den Schmerz."
Online-Flyer Nr. 443 vom 29.01.2014
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Globales
"School of the Americas" – die Wurzel der heutigen US-Folterskandale
Folter made in USA
Von Frieder Wagner
Schon vor Monaten berichteten unsere Medien, dass es in Syrien angeblich tausend Foltergefängnisse geben soll. Pünktlich zu den angesetzten Syrien-Verhandlungen in Genf tauchten dann plötzlich Fotos von angeblichen Folteropfern aus syrischen Gefängnissen auf. Aber niemand in unseren großen Printmedien kam auf die Idee einmal darüber aufzuklären, dass seit mindestens sechs Jahrzehnten Folter ein Bestandteil der US-Außenpolitik ist. Niemand will davon etwas wissen. Die „junge Welt“ nur berichtete in der Ausgabe vom 5.11.13 über eine Studie, die auch die systematische Einbindung von Medizinern in menschenrechtswidrige Verhöre in US-Militärgefängnissen entlarvt. Welche Folgen aber hat das für unser Rechtsempfinden, wenn Folter pseudo-legal wird?
Murat Kurnaz - von Januar 2002 bis August 2006 ohne Anklage im Gefangenenlager der Guantánamo gefangen und gefoltert
Quelle: wikipedia
Wir erinnern uns an den Fall Al Masri, aber auch an die Folterungen, von denen uns schon vor Jahren der deutsche BKA-Mann Ralph Trede aus dem Libanon berichtete. Wir kennen Guantánamo und seine Schrecken, davon berichtete uns der in Bremen geborene Türke Murat Kurnaz. Und wir kennen natürlich alle den Fall Abu Ghraib - alles furchtbare Folterskandale. Wir erinnern uns aber auch der Demonstrationen der Mütter von der Plaza de Mayo während und nach der argentinischen Diktatur von 1976-83 und ihrer Forderung: "Nunca mas - Nie wieder". Sie wollten, dass nie wieder so schreckliche Folter passiert, wie damals in Argentiniens Militärdiktatur, der 30 000 Oppositionelle zum Opfer fielen.
Trotzdem erwähnt kein Mainstream-Medium in seinen Kommentaren zu den oben genannten Skandalen die schmutzige Geschichte und den Hintergrund dieser Folter in den USA. Warum nicht? Müssten sie sich dann eingestehen, dass der Einsatz von Folter durch US-Behörden und -Militärs schon lange vor der Regierung George W. Bush begann? Müssten sie und wir alle erkennen, dass Folter seit mindestens sechs Jahrzehnten ein Bestandteil der US-Außenpolitik ist - mindestens aber seit dem Vietnamkrieg?
Anderthalb Autostunden von Panama-City entfernt betrieb das US Militär von 1946 bis 1984 eine berühmt-berüchtigte Schule, die "School of the Americas" (SOA), eine wahrlich unheimliche "Bildungseinrichtung". Das Motto an dieser Schule hätte lauten können: "Wir foltern!"
Guantánamo-Häftlinge
Quelle: wikipedia
Dort und dann später in Fort Benning in Columbus (Georgia) finden wir die Wurzeln der heutigen Folterskandale. In mittlerweile zugänglichen Schulungshandbüchern (KUBARK - Counterintelligence Interrogation, Juli 1963) wurden die SOA-Studenten - Militärs und Polizeioffiziere aus der gesamten "westlichen" Welt - in zahlreichen dieser "verschärften" Verhörtechniken unterwiesen, die seitdem auch nach Guantánamo und Abu Ghraib gewandert sind: Gefangennahme in den frühen Morgenstunden - um den Schock zu erhöhen, das Überstülpen einer Kapuze oder das Verbinden der Augen, Reizüberflutung - durch Brüllen und laute Musik -, Schlaf- und Essenentzug, Erniedrigungen aller Art, erzwungene Nacktheit, Isolationshaft und Schlimmeres. 1996 räumte Präsident Clintons "Intelligence Oversight Board" ein, der in den USA produzierte Ausbildungsstoff dulde stillschweigend "die Exekution von Guerillakämpfern, Erpressung, körperliche Misshandlungen, Nötigung und unzulässige Gefangennahme".
Einige der Absolventen der Panama-Schule begingen, bald nach der Rückkehr in ihre Heimatländer, die schrecklichsten Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen auf dem südamerikanischen Subkontinent während des vergangenen halben Jahrhunderts mit Zehntausenden von Toten und Gefolterten, dem systematischen Raub von Babys der "Verschwundenen" z.B. in der argentinischen Diktatur von 1976-1983, das Massaker an 900 Zivilisten im salvadorianischen EL Mozote, die Morde an Erzbischof Oscar Romero oder an sechs Jesuitenpriestern in El Salvador und Abertausende von Ermordeten durch Todesschwadronen in Nicaragua, Guatemala El Salvador, Irak und Afghanistan usw. usw.
Die erwähnte Schule, die heute "Western Hemisphere Institute for Security Cooperation" heißt, hat seit 1946 mehr als 60 000 Offiziere und Soldaten aus Lateinamerika und der Karibik ausgebildet. Unter ihren "Schulabgängern" sind mindestens 11 Militärs, die später Diktatoren wurden, darunter der Ekuadorianer Guillermo Rodríguez, der Peruaner Juan Velasco Alvarado, die Argentinier Roberto Viola und Leopoldo Galtieri, die Bolivianer Hugo Bánzer und Guido Vildoso, der Honduraner Juan Melgar Castro und der Guatemalteke Efraín Ríos Montt. Amnesty International wies in in ihrem 2001 veröffentlichten Buch "Ein abscheuliches Geschäft: das Geschäft der Folter" darauf hin, dass "Folterer nicht als solche geboren werden: sie werden von jemandem dazu erzogen, ausgebildet und unterstützt". In diesem Buch wurde die "School of the Americas" als eines der führenden "Instruktionszentren" bezeichnet.
Der Einsatz von Folter begann also lange vor der Regierung von George W. Bush. Trotzdem hat sich eine verblüffende Zahl von Foltergegnern der völlig unhistorischen Legende verschrieben, der zufolge die Idee, Gefangene zu foltern, den US-Behörden erst nach dem 11. September 2001 kam und den Köpfen von Dick Cheney und Donald Rumsfeld entsprungen seien. Bis zu diesem Zeitpunk, so versuchen sie uns zu erklären, bekämpfte Amerika seine Feinde, ohne seine Menschlichkeit zu verletzen. Selbst Senator John McCain, der Vietnam-Kriegsheld, der vor Jahren mit leidenschaftlichem Einsatz im amerikanischen Senat und im Repräsentantenhaus, mit mehr als zwei Dritteln Mehrheit, das Verbot für grausame Behandlung und Folter von Gefangenen in US-Gewahrsam durchbrachte, erzählt die Legende von der "ursprünglichen Schuldlosigkeit". Im Magazin "Newsweek" sagte er damals, dass ihn als Kriegsgefangenen in Hanoinurdas Wissen aufrecht hielt, "dass wir anders sind als unsere Feinde" - eine Verzerrung der tatsächlichen Wirklichkeit. Denn als McCain in nordvietnamesische Gefangenschaft geriet, hatte die CIA bereits das so genannte "Phoenix-Programm" aufgelegt - wie es Alfred McCoy in seinem Buch "A Question of Torture" beschreibt. Dieses "Phoenix-Programm" unterhielt in Südvietnam "40 Verhörzentren, in denen mehr als 20 000 Verdächtige getötet und mehrere Tausend gefoltert wurden". Eine Behauptung, die McCoy dann mit seitenlangen Zitaten aus Presseberichten und Kongress- und Senatsuntersuchungen belegt.
Dass Foltertechniken nicht nur an der "School of the Americas" für die Ausbildung lateinamerikanischer Militärs vermittelt wurden, kann auch William Blum belegen. Blum hatte im US-Außenministerium gearbeitet, bis er 1967 aus Protest gegen den Vietnam-Krieg den Dienst quittierte. In seinem 1995 erschienenen Buch "Killing Hope" zitiert er zahlreiche Kongressberichte und interne Regierungsdokumente zu dem Thema. So etwa die Aussage von Militärs vor dem US-Kongress 1975 über CIA-finanzierte Geheimaktionen im Rahmen des "Phoenix-Programms" in Vietnam. Zitat: "Zwei Vietkongs wurden während eines Fluges nach Saigon vernommen. Der erste weigerte sich, die Fragen zu beantworten und wurde aus 1000 Meter Höhe aus dem Flugzeug geworfen. Der zweite beantwortete daraufhin die Fragen sofort, wurde dann aber auch hinausgeworfen".
Der ehemalige Elitesoldat Donald Duncan schildert in seiner politischen Abrechnung mit der Armee eine Szene während seiner Ausbildung. Der leitende Feldwebel stellte den Soldaten während des Unterrichtes verschiedene Foltertechniken vor. Auf die Frage eines Soldaten, ob denn erwartet würde, diese Methoden im aktiven Dienst anzuwenden, entgegnete der Ausbilder unter dem Lachen der Klasse: "Die Mütter Amerikas würden das wohl nicht gutheißen. Und wir würden auf Nachfrage wohl verneinen, dass eine Nachahmung dieser Taten beabsichtigt ist". (Donald Duncan, The New Legions)
Warum aber antworten die meisten Amerikaner heute auf die neueren Foltervorwürfe eilig mit einem empörten "Nie zuvor ist so etwas passiert..."? Es hängt wohl mit dem aufrichtigen Wunsch zusammen, deutlich zu machen, wie schwerwiegend für sie die Handlungsentscheidungen der heutigen Regierung sind. In der Tat ist die offene Anwendung von Folter durch die Bush-Administration beispiellos gewesen. Früher hat man lateinamerikanische Diktaturen unterstützt, ihre Handlungen gebilligt, hat sie bei der Einrichtungen von Geheimgefängnissen beraten, hat auch davon gewusst, wenn Regimegegner "eliminiert" und aus Flugzeugen ins Meer geworfen wurden wie in der argentinischen Diktatur von 1976-1983 und in den USA sogar Fotos von Lynchmorden als Trophäen und Warnungen gehandelt wurden. Vergangene amerikanische Regierungen hielten ihre "schwarzen Operationen" taktvoll geheim. Die Verbrechen wurden zwar sanktioniert, aber offiziell immer geleugnet und sogar verurteilt. Daher ist die Offenheit, mit der sich noch die Bush-Regierung zur Folter bekannte, beispiellos.
Die Bush-Regierung hat mit den Gepflogenheiten von "schwarzen Operationen" zu sprechen, nach dem 11. September 2001 gebrochen. Ohne jede Scham verlangte sie danach das Recht auf Folter, legitimiert durch neue Definitionen und Gesetze. Diverse Rede-Ausschnitte George W. Bushs nach dem 11.9.01 belegen das. Kurz nach seiner Wahl sagte er z.B. vor Abgeordneten beider Häuser einmal scherzhaft zu seinem knappen Wahlergebnis: "In einer Diktatur wäre das alles sehr viel einfacher, jedenfalls solange ich der Diktator bin." Damals lachten alle noch herzhaft, heute käme das sicher nicht mehr so gut an.
Indem Bush dann ohne Bedauern und offen foltern ließ, beraubte er seine Militärs und Geheimdienste der Fähigkeit solche Dinge zu leugnen und abzustreiten. Solange Folter, wie bisher, im Geheimen praktiziert wurde, gab es noch die Hoffnung, dass - waren die Gräueltaten einmal enthüllt - die Gerechtigkeit doch noch siegen konnte. Wenn aber Folter pseudo-legal ist und die Verantwortlichen bloß abstreiten, dass es sich um Folter handelt, stirbt das, was Hannah Arendt "die juristische Person im Menschen" nennt. Und bald werden sich die Opfer dann nicht mehr bemühen Gerechtigkeit einzufordern, denn sie werden dann sehr bald von der Vergeblichkeit dieser Bemühungen überzeugt sein.
Diese "Straflosigkeit", die wir bisher nur von den Verbrechen der südamerikanischen Folterknechte der dortigen Diktaturen kennen, ist die Massenversion dessen, was in den Folterkammern der heutigen US-Geheimgefängnisse passiert, wo man einem Gefangenen ungestraft sagen kann: "Du kannst so laut schreien, wie du willst - niemand wird dich hören und niemand wird dich retten." Das erzählt auch der deutsche Staatsangehörige Khaled Al Masri, der vom US-Geheimdienst in ein Gefängnis nach Kabul entführt wurde.
Khaled Al Masri – Folteropfer des
US-Geheimdienstes
Quelle: wikipedia
Und Graciela D. aus Argentinien, in den 70er Jahren eine sogenannte "subversive Studentin", eine "zurda" - eine "Linke", reagierte ähnlich: "Ich hielt es nicht aus, mir diese Fotos anzusehen. So viele dort gezeigte Dinge, waren auch mir angetan worden... Furcht einflößende Hunde… verhüllter Kopf usw." Sie erinnert sich, dass unter den Männern, die sie vergewaltigten und ihre Zigaretten auf ihrem Körper ausdrückten, auch ein Mann war, der Spanisch mit stark amerikanischem Akzent sprach und den die anderen "Boss" nannten - eine von Hunderten von lateinamerikanischen Geschichten, die Gefolterte über amerikanisch oder englisch sprechende Männer erzählen können.
Die Geschichtslosigkeit der Folterdebatte birgt eine schreckliche Ironie: mit dem Anspruch, künftige Misshandlungen zu verhindern, werden die Verbrechen der Vergangenheit immer mehr aus dem Gedächtnis verdrängt. Jedesmal, wenn die Amerikaner das Märchen von ihrer Unschuld in der Zeit vor Bush und Cheney wiederholen, schwinden die jetzt schon trüben Erinnerungen, obwohl die harten Fakten doch weiterhin existieren. Sie sind sorgsam archiviert in Zehntausenden von jetzt freigegebenen Dokumenten des National Security Archives. Aber im kollektiven Gedächtnis der USA lässt man die "Verschwundenen" nur allzu gern erneut verschwinden.
Die Bush-Administration reagierte auf die Foltereklats, indem sie auf das Modell des plausiblen Abstreitens aus der Zeit des Kalten Krieges zurückgriff. Die
Gesetzesnovelle des Senators McCain schützt zwar seitdem jedes "Individuum, das sich in Gefangenschaft oder unter der physischen Kontrolle der Regierung der Vereinigten Staaten befindet", verliert aber kein Wort über Folterausbildung oder bezahlte Verhörspezialisten.
Im Irak wurde - wie schon immer üblich - die schmutzige Arbeit in die Hände irakischer Todesschwadronen gelegt, die von US-Offizieren wie z.B. vom Schlage eines Jim Steel ausgebildet wurden, der sich schon in El Salvador auf diesen Job vorbereitete, indem er dort ähnliche Einheiten aufgestellt hat. Diese Rolle der USA hat man dann allerdings abrupt vergessen und natürlich auch, dass es Offiziere wie Jim Steel gibt und auch, dass es einmal eine "School of the Americas" gab.
Als man im irakischen Innenministerium in einem Folterkeller 173 Gefangene entdeckte, von denen einige so schwer gefoltert worden waren, dass ihnen die Haut in Fetzen vom Körper abfiel, sagte Donald Rumsfeld damals dazu: "Sehen Sie, es handelt sich im Irak um einen souveränen Staat, es gibt jetzt in diesem Land eine frei gewählte irakische Regierung". Er verwendete mit dieser Aussage sinngemäß die gleichen Worte wie CIA-Chef William Colby, der 1971 bei einer Kongressuntersuchung über das in Vietnam eingesetzte "Phoenix-Programm", das er zudem selbst mit gestartet hatte, erklärte, es handelte sich "vollständig um ein südvietnamesisches Programm".
"Wenn man die Geschichte und den Umfang der institutionellen und öffentlichen
Komplizenschaft nicht versteht", so Autor McCoy in seinem Buch "A Question of Torture", "kann man auch keine bedeutsamen Reformen durchführen". Auf Druck wird der Gesetzgeber reagieren, indem er einen kleinen Teil des Folterapparates beseitigt, womöglich ein Gefängnis schließt, vielleicht sogar den Rücktritt eines schwarzen Schafes veranlasst, wie einst Mr. Donald Rumsfeld, aber, "das Vorrecht zum Foltern wird er sich bewahren", schreibt McCoy.
Das "Center for American Progress" hatte schon vor Jahren eine Anzeigenkampagne in den USA gestartet, überschrieben mit "Torture is not US." Die grausame Wahrheit ist, dass Folter, zumindest in den letzten sechs Jahrzehnten, sehr wohl amerikanisch war und die Forderung der Mütter von der Plaza de Mayo in Buenos Aires: "Nunca mas - Nie wieder (solche Folter)", bleibt leider eine Illusion. Der in Bremen geborene Türke Murat Kurnaz hat uns mit seinem Bericht über seine Leiden in Guantánamo diese Illusion gänzlich und für immer genommen.
Deshalb konnten wir auch Präsident Barack Obama nicht glauben, als er in seiner Dankesrede zum Friedensnobelpreis sagte: "Deshalb habe ich Folter verboten und deshalb habe ich angeordnet Guantánamo zu schließen." Obama hat bis heute Guantánamo nicht geschlossen, und er wird auch nicht die berühmt berüchtigte "School of the Americas" in Fort Benning / Georgia schließen, die heute "Western Hemisphere Institute for Security Cooperation" heißt. Denn Obama ist zwar der Präsident der USA, aber er hat nicht die Macht zu tun und zu lassen, was er uns alles sagt.
Der Wiener Völkerrechtler Manfred Nowak, der von den Vereinten Nationen den Auftrag hatte, überall in der Welt Folterstaaten zu brandmarken, hat für sich ein Credo aufgestellt, das lautet: Wer der Misshandlung von Gefangenen die Tür auch nur einen Spalt breit aufmacht, öffnet die Büchse der Pandora. Wörtlich sagte er 2007: "Diese Schwelle wurde nach dem 11. September 2001 überschritten, als US-Militärs und CIA-Leute nicht mehr gewusst haben, was sie bei ihren Verhören tun dürfen und was nicht." Das sei insofern bedauerlich, meinte Nowak, weil die USA stets Vorreiter in Menschenrechtsbelangen gewesen seien und fährt fort: "Es darf - trotz aller Kritik - nicht der Eindruck entstehen, dass die USA der große Folterstaat wäre. Da gibt es eine ganze Anzahl von Staaten, die viel schlimmer sind." Ein schwacher und ganz und gar zweifelhafter Trost für ein Land, das sich immer noch stolz das freieste und demokratischste Land der westlichen Welt nennt.(PK)
Frieder Wagner (71) produzierte Dokumentarfilme in Personalunion als Autor, Kameramann und Regisseur in Köln und wurde mehrfach mit dem Adolf Grimme-Preis in Gold und Silber ausgezeichnet.
Online-Flyer Nr. 443 vom 29.01.2014
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