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Protest gegen die Kooperation der Universität Köln mit der Bundeswehr
Summer School „Krieg im 21. Jahrhundert“
Von Peter Kleinert
Am 1. September, dem Antikriegstag, 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, begann die Summer School „Krieg im 21. Jahrhundert“, die von der Bundeswehr in Kooperation mit der Universität zu Köln ausgerichtet wird. Laut der Ankündigung sollen Masterstudierende und DoktorandInnen einen Überblick „über aktuelle wissenschaftliche Debatten sowie politikpraktische Trends in den Bereichen der Friedens- und Konfliktforschung sowie der
Online-Flyer Nr. 474 vom 03.09.2014
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Lokales
Protest gegen die Kooperation der Universität Köln mit der Bundeswehr
Summer School „Krieg im 21. Jahrhundert“
Von Peter Kleinert
Am 1. September, dem Antikriegstag, 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, begann die Summer School „Krieg im 21. Jahrhundert“, die von der Bundeswehr in Kooperation mit der Universität zu Köln ausgerichtet wird. Laut der Ankündigung sollen Masterstudierende und DoktorandInnen einen Überblick „über aktuelle wissenschaftliche Debatten sowie politikpraktische Trends in den Bereichen der Friedens- und Konfliktforschung sowie der
Militärsoziologie“ bekommen. Dafür sollen Lehrvorträge und „Besuche[...] in thematisch relevanten Einrichtungen“ stattfinden: http://www.jaeger.uni-koeln.de/fileadmin/cfa.pdf. Die genannten „thematisch relevanten Einrichtungen“ sind fast ausschließlich Einrichtungen der Bundeswehr bzw. des Verteidigungsministeriums.
Mehrere Gruppen an der Universität Köln protestieren nun öffentlich gegen die Summer School: Der Arbeitskreis Zivilklausel, campus:grün, DieLinke. SDS, Wendepunkt – Sozialisten und weitere Aktive sowie die Hochschul-gruppe Sozialwissenschaften (ein Zusammenschluss von Politik- und Soziologiestudierenden) sprechen sich in einem Offenen Brief an die Mitglieder des Instituts für Politische Wissenschaft und Europäische Fragen und des Senats der Universität zu Köln, dessen Vorsitzender Rektor Prof. Axel Freimuth ist, gegen diese Kooperation aus und fordern ihre Beendigung.
Dazu Agnes Kamerichs vom Arbeitskreis Zivilklausel: „Die Welt muss dringend friedlich und menschlich gestaltet werden. Die Kriege und Rüstungsexporte der letzten Jahre haben weder Demokratie noch Menschenrechte gebracht, sondern die Krisen weltweit verschärft und ganze Regionen wie den Nahen Osten destabilisiert. Daher ist es zynisch, dass die Uni Köln eine Summer School mit der Bundeswehr veranstaltet und so ermöglicht, in einem scheinbar
universitär-wissenschaftlichen Rahmen die deutsche Kriegspolitik zu legitimieren und zu rechtfertigen.“
Felix Massenbach vom Arbeitskreis Zivilklausel ergänzt: „Stattdessen ist es notwendig, dass die Wissenschaft zur Erforschung ökonomischer und politischer Kriegsursachen sowie der Reflexion von Friedensvoraussetzungen beiträgt. Das ist eine erforderliche Schlussfolgerung aus den beiden von deutschem Boden ausgegangenen Weltkriegen, deren Beginn sich diesen
Sommer zum hundertsten bzw. fünfundsiebzigsten Mal jährt, und der Verstrickung der Wissenschaft in beide Kriege.“
Hier der Offene Brief an die Mitglieder des Instituts für Politische Wissenschaft und Europäische Fragen und des Senats der Universität zu Köln:
Nie wieder Krieg! Nein zur aktuellen Kooperation der Universität mit der Bundeswehr
Aus der Präambel der Charta der Vereinten Nationen (1945):
„WIR, DIE VÖLKER DER VEREINTEN NATIONEN – FEST ENTSCHLOSSEN,
künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat,
unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen,
Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können,
den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zufördern,
UND FÜR DIESE ZWECKE
Duldsamkeit zu üben und als gute Nachbarn in Frieden miteinander zu leben,
unsere Kräfte zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren, (...)
HABEN BESCHLOSSEN, IN UNSEREM BEMÜHEN UM DIE ERREICHUNG DIESER ZIELE ZUSAMMENZUWIRKEN.“
Sehr geehrte Mitglieder des Instituts für Politische Wissenschaft und Europäische Fragen und
des Senats der Universität zu Köln,
wir, der Arbeitskreis Zivilklausel, campus:grün, Wendepunkt – Sozialisten und weitere Aktive, DieLinke.SDS und die Hochschulgruppe Sozialwissenschaften an der Uni Köln fordern die Beendigung der Kooperation der Universität mit der Bundeswehr im Rahmen der „Summer School“ „Krieg im 21. Jahrhundert“.
Geradezu zynisch und geschichtsvergessen ist diese Kooperation, die am 1. September 2014 beginnt: An diesem Tag jährt sich zum 75. Mal der Beginn des 2. Weltkrieges durch den Überfall der Wehrmacht auf Polen und damit der Beginn eines 6-jährigen Eroberungs- und Vernichtungskriegs, dem weltweit über 60 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Die Sowjetunion sollte zur Kolonie gemacht werden und dem „Dritten Reich“ als „Lebensraum im Osten“ dienen. Sechs Millionen jüdische Menschen, aber auch Sinti und Roma, sozial
Deklassierte, Homosexuelle und Oppositionelle wurden in Konzentrationslagern zu Sklavenarbeit für die deutsche Industrie gezwungen und ermordet.
Nie wieder! Das Erinnern und Handeln im Sinne aller, die gegen den Faschismus gekämpft haben und für diejenigen, für die die Befreiung zu spät kam, bedeutet heute: Wehret den Anfängen. Die noch einzulösende Schlussfolgerung der Vereinten Nationen lautete: Demilitarisierung und Demokratisierung, Abrüstung und zivile Produktion, Völkerverständigung und Zusammenarbeit zur Verbesserung der Lebensbedingungen, um den Krieg aus der Welt zu schaffen und global Frieden und Menschenwürde zu realisieren.
An den Hochschulen hat die 68er-Bewegung die notwendigen Konsequenzen gezogen: Für die Demokratisierung der Hochschulen mittels ihrer sozialen Öffnung und der Etablierung der „Gruppenuniversität“, für einen verantwortlichen, gesellschaftskritischen Bezug der Wissenschaften auf die von Remilitarisierung, Restauration der alten Eliten und sozialer Ungleichheit geprägte Gesellschaft, für Frieden und Emanzipation.
Dem stehen heute die gesteigerten Versuche entgegen, mittels Einflussnahme durch das Verteidigungsministerium die Hochschulen für die deutsche Kriegspolitik nutzbar zu machen. Die seitens der Universität vom Lehrstuhl für Internationale Politik und Außenpolitik in Kooperation mit der Bundeswehr veranstaltete „Summer School“ ist Teil dieses Versuchs.
Wörtlich heißt es im Ankündigungstext: „Die Summer School ,Krieg im 21. Jahrhundert‘ zielt auf die Vermittlung eines umfassenden Überblicks über aktuelle wissenschaftliche Debatten sowie politikpraktische Trends in den Bereichen der Friedens- und Konfliktforschung sowie der Militärsoziologie. Während der Summer School wechseln sich Lehrvorträge mit Besuchen in thematisch relevanten Einrichtungen ab.“ (http://www.jaeger.uni-koeln.de/fileadmin/cfa.pdf)
Diese „thematisch relevanten Einrichtungen“ sind zum großen Teil Einrichtungen der Bundeswehr oder des Verteidigungsministeriums, die auch wesentlich die geplanten Vorträge halten werden. Die Bundeswehr ist eine kriegsführende Armee, die Regierung lässt Krieg für „einen freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zur Hohen See und zu natürlichen Ressourcen“ (aktuelle Verteidigungspolitische Richtlinien) führen, und der Bundespräsident sowie die Verantwortlichen in der Großen Koalition ziehen aus den gescheiterten Kriegen in Afghanistan und Irak die Schlussfolgerung, dass „Deutschland“ mehr „Verantwortung“ übernehmen solle. Damit ist nichts anderes gemeint, als dass weiter Soldatinnen und Soldatenin Kriegseinsätze geschickt werden sollen.
Die Kooperation bietet dem Verteidigungsministerium die Möglichkeit, in einem scheinbar universitär-wissenschaftlichen Rahmen die deutsche Kriegspolitik zu legitimieren und zu rechtfertigen. Oder wie soll eine solche Kooperation zu einer kritischen wissenschaftlichen Reflexion ökonomischer und politischer Kriegsursachen und Kriegsziele der Vergangenheit und Gegenwart beitragen? Inwiefern sehen sich das Institut für Politische Wissenschaft und der Senat der Universität Köln in der Verantwortung, in Zukunft dazu beizutragen, den noch
uneingelösten Konsequenzen aus den beiden Weltkriegen – wie Abrüstung, Wahrung des Weltfriedens, Völkerverständigung und der internationalen Zusammenarbeit zur Verwirklichung sozialer, politischer, kultureller und wirtschaftlicher Menschenrechte – zur Realisierung zu verhelfen?
Mit freundlichen Grüßen und der Aufforderung zur Stellungnahme,
Arbeitskreis Zivilklausel
campus:grün
DieLinke.SDS
Hochschulgruppe Sozialwissenschaften
Wendepunkt – Sozialisten und weitere Aktive (PK)
Online-Flyer Nr. 474 vom 03.09.2014
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