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Glossen
Mit CETA und TTIP vorwärts zum Konzern-Recht
Freiheit vor dem Volk
Von Ulrich Gellermann
Es heulen die Triebwerke der Kampfflugzeuge über dem Irak, die USA versuchen die Trümmer ihrer Supermacht-Aggression von 2003 in diesem Teil der Welt klein zu bomben. Es rasseln die Panzerketten ukrainischer Regierungs-Truppen, um den USA einen weiteren Militär-Stützpunkt zu verschaffen. Nur leise klirren die Ketten des IWF, um noch ein Land und noch ein Land der ökonomischen Strategie Amerikas zu unterwerfen: Einige wenige sollen reich werden, die Mehrheit soll dafür mehr und mehr für weniger und weniger arbeiten.
Online-Flyer Nr. 475 vom 10.09.2014
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Glossen
Mit CETA und TTIP vorwärts zum Konzern-Recht
Freiheit vor dem Volk
Von Ulrich Gellermann
Es heulen die Triebwerke der Kampfflugzeuge über dem Irak, die USA versuchen die Trümmer ihrer Supermacht-Aggression von 2003 in diesem Teil der Welt klein zu bomben. Es rasseln die Panzerketten ukrainischer Regierungs-Truppen, um den USA einen weiteren Militär-Stützpunkt zu verschaffen. Nur leise klirren die Ketten des IWF, um noch ein Land und noch ein Land der ökonomischen Strategie Amerikas zu unterwerfen: Einige wenige sollen reich werden, die Mehrheit soll dafür mehr und mehr für weniger und weniger arbeiten.
Und kaum hörbar, irgendwo im Hintergrund des martialischen Macht-Konzertes pfeift ein kalter, heimtückischer Fallwind, der die schäbigen Reste von Sozialem in der Sozialen Marktwirtschaft hinweg wehen soll: CETA. Das "Comprehensive Economic and Trade Agreement", das Allumfassende Handelsabkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union, schon vor Jahren in geheimen Verhandlungen beschlossen, soll jetzt als Testfall für das noch staatsfeindlichere TTIP, das Freihandelsabkommen der USA mit der EU, durchgesetzt werden. Denn wo die US-Regeln gelten, da herrscht die Freiheit vor dem Volk. Es geht im Kern darum entgangene Profite einzuklagen. Vor Gerichten, die außerhalb der Gesetze stehen.
Als die Freiheit der jungen Atomindustrie in Deutschland noch grenzenlos war, damals in den 50er Jahren, da begann die Liebes-Geschichte zwischen den Energiekonzernen und dem Staat. Der streute freizügig Steuer-Milliarden unter die Konzerne, um den Bau der Atomkraftwerke zu finanzieren. Viele Jahre und Billionen von Profiten später, als einer eigentlich ins Atom verliebten Kanzlerin, nach Fukujima, ein Wahldebakel drohte, wurde der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Es war einer der seltenen Momente, in denen die Sorgen und Ängste der Bevölkerung unmittelbar zu einer Maßnahme führten. Das Volk, so raunte es auf den Konzernetagen, das Volk will was und kriegt es? Unerhört. In den internationalen Rechtsanwaltskanzleien wurden die Akten gewälzt, die Smart-Phones angebrüllt, und in schweren schwarzen Wagen fuhren die Lobbyisten von Hinterzimmer zu Hinterzimmer. Als das alles nichts mehr half, ging der Vattenfall-Atomkonzern vor Gericht. Denn irgendeine deutsche Regierung hatte vor Jahren ein besonders idiotisches EU-Abkommen unterzeichnet, das dem neuen CETA ähnelt. Und jetzt will Vattenfall 3,7 Milliarden vom deutschen Staat haben.
Seit Anfang August liegt das CETA-Abkommen zur Unterschrift bei Wirtschaftsminister Gabriel vor. Angeblich will er es jetzt mal durchlesen. Ein Abkommen, das seit 2009 verhandelt wird. Jetzt aber, jetzt will er ganz schnell lesen der Minister: Doch mehr als einen Monat später mag der Minister immer noch nicht nein sagen. Er könnte ja irgendjemanden verärgern. Die internationalen Konzern oder gar die USA, deren Bündnisstaat Kanada ja nur ein Testabkommen für das TTIP in die Welt setzt. Und die deutsche Regierung hat schon mal eine Stellungnahme abgesondert: Prinzipiell seien "Investitionsschutzabkommen in Freihandelsabkommen zwischen entwickelten Rechtsstaaten" nicht erforderlich. Falls aber "das europäische Gesamtinteresse an diesen Freihandelsabkommen so überwiegend" sei, werde gegebenenfalls das "ausgehandelte Investitionsschutzabkommen hingenommen". So schreibt sie der Linkspartei, die mal nachgefragt hatte. Aber wenn es doch irgendwie erforderlich ist, lauert in diesem gewundenen Satz ein "Ja dann".
Die Chemie-Industrie lauert schon. Hatte sie doch viel Geld in wunderbare Pestizide investiert, die dann vom Staat verboten wurden, nur weil hier und da nicht nur Insekten sondern auch Menschen am Pflanzenschutz eingegangen waren. So viel entgangene Gewinne, die man vor geheimen Gerichten wie sie von CETA und TTIP vorgesehen sind, einklagen könnte! Auch die Pharma-Industrie luchst auf Entschädigungs-Summen: Hatte man ihr doch immer wieder mal ein Medikament vom Markt genommen, bloß weil Patienten zu Krüppeln verkamen. Die Zigarettenindustrie führt gerade eine Test-Attacke gegen Australien: Philipp Morris verklagt dort die Regierung, die so unverschämt war, den Zigarettenpackungen Bilder von Krebstumoren beizulegen. Was da an Profit entgangen sei, unglaublich.
Ein relativ geringes Interesse zeigt bisher die Rüstungsindustrie. Man habe, so hört man aus Vorstandskreisen, bisher noch jeden ordentlichen Krieg durchbekommen. Wenn es allerdings so weiterginge und die Bundesregierung nur alte Lagerbestände in den Irak liefere statt frischer Mordware, müsste eine Klage erwogen werden. Ziemlich zuversichtlich beobachte man den Ukraine-Krieg. Hier ginge es schließlich um geostrategische Interessen der USA, in solchen Fällen sei der Rechtsweg noch nie zum Zug gekommen.
Um dem Sigmar Gabriel das Lesen zu beschleunigen und das CETA-Abkommen abzulehnen hat CAMPACT eine Unterschriften-Kampagne auf den Weg gebracht, die wir den Lesern der RATIONALGALERIE nicht vorenthalten wollen: www.campact.de/Ceta-stoppen. (PK)
Diese Glosse haben wir mit Dank von Ulrich Gellermanns Blog
Online-Flyer Nr. 475 vom 10.09.2014
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