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Karin Wieckhorst, Fotografin in Leipzig
Von Peter Kleinert und Marianne Tralau



Montagsdemo Leipzig 1990

Ausschnitt aus dem Dokumentarischen Porträt einer Künstlerin, die monatelang unter dem Motto "Wir sind das Volk" für Veränderung in der DDR demonstriert hatte und nun im Herbst 1989 in Leipzig etwas ratlos Menschenmassen fotografiert, die "Wir sind ein Volk" brüllen.

Ihren Lebensunterhalt verdient die 1942 in Holzhausen bei Leipzig geborene Diplomfotografin seit 1965 im Fotolabor des Leipziger Völkerkundemuseums, 1985 wurde sie Mitglied im Verband bildender Künstler. Sie hatte, neben der Sachfotografie von Exponaten die Fotografie als künstlerisches Medium entdeckt. Im Museum zeigte man Verständnis und genehmigte ihr eine Halbtagsstelle. 2007 wurde sie als Rentnerin freie Fotografin.

In der Regel fotografiert Karin Wieckhorst Menschen. "Ich fand es immer wichtig", sagt sie, "dass da vorher eine Beziehung entsteht, dass da ein Raum entsteht, in dem wir uns treffen." Deshalb braucht sie für eine Fotoserie, wie für die über zwei RollstuhlfahrerInnen, vier Jahre, weiß dann aber auch, "dass da jede Scheu gewichen ist, dass da sogar ein Halbakt im Rollstuhl möglich geworden ist", von dem die Rollstuhlfahrerin Regina Reichert uns vor der Kamera sagt: "Ich hab mich natürlich schon vorher im Spiegel gesehen. Aber es jetzt so manifestiert zu haben - also ich war auch erschrocken: Das bist Du..." (1)

Karins Freund ist wohl vor Jahren daran zugrunde gegangen, daß die Staatsorgane ihm eine Entfaltung in seinem Beruf versagt hatten. Und sie hätte noch einen zweiten Grund gehabt, "weg zu gehen": Das war 1968 wegen der Sprengung der Leipziger Uni-Kirche, die sie als engagierte Christin "tief gekränkt" hat. Sie wehrte sich, indem sie die Sprengung heimlich fotografierte: "Ich hab mit der Verbreitung der Fotos meine Wut, meine Empörung anderen mitgeteilt."

Ein paar Monate nach der "Wende", für die sie in Leipzig mit demonstriert hatte (1), sieht Karin Wieckhorst bestürzt, "dass wir, die mit den wilden Gärten, wieder als Störenfriede gelten, während die mit kurzgeschorenen Rasen heute wie früher mit den HERRschenden Verhältnissen zufrieden sind." (PK)
 
(1) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=11492

Karin Wieckhorst - Fotografin in Leipzig
Autoren: Marianne Tralau und Peter Kleinert.
Auftraggeber: WDR, 1989/1990, 44 min.
Kamera: Tom Kaiser, Peter Kleinert, Rainer Komers, Manfred Linke, Dieter Oeckl.
Ton: Stephan Thonett, Peter Kleinert.
Schnitt: Peter Kleinert, Birgit Köster.
Musik: Hanns Eisler, Brötzmann, van Hove, Bennink.
Produktionsleitung: Peter Kleinert.
Redaktion: Helga Märthesheimer.


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