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Lokales
Auch für BAYER - Unlautere Werbung in sozialen Netzwerken
Jubel-Postings unter falscher Identität
Von Peter Kleinert

Die Wiener PR-Agentur Modern Mind Marketing (Mhoch3) hat über Jahre hinweg mit gefälschten Identitäten Postings in Onlineforen platziert. Positive Kommentare wurden unter anderem im Auftrag von Opel, TUI, Red Bull und BAYER verfasst. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert nun strafrechtliche Ermittlungen.

Werbung für BAYER: "Die „Hormon-Spirale“ Mirena® ist eine sehr wirksame Langzeit-Verhütung."
Quelle: http://mirena.info/
 
Nach Recherchen des österreichischen Magazins DATUM veröffentlichte die Agentur mehrere hunderttausend Postings unter falschen Namen. Der Geschäftsführer von Mhoch3 bestätigte, dass das "Online-Reputationsmanagement" seit zehn Jahren angeboten und weiterhin betrieben werde.
 
Die gefaketen Kommentare finden sich vor allem auf deutschen Foren, darunter Plattformen und soziale Netzwerke wie YouTube oder GuteFrage.net, Nachrichtenseiten wie Spiegel.de und Focus.de sowie Sparten-Angebote wie MeinAuto.de. Die PR-Profis geben sich meist als unbedarfte Nutzer/innen aus, die aus Freundlichkeit Unterstützung anbieten. Rechtschreibfehler und persönliche Fragen sollen Authentizität suggerieren.
 
Im Fall von BAYER warb Mhoch3 unter anderem für Flohmittel wie Advantix, Advantage und Kiltix aus der Veterinärsparte des Konzerns. Zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit sollten die MitarbeiterInnen eigens ein Haustier erfinden. In Interneteinträgen heißt es dann etwa: „Benny was hast du deiner katze letzt endlich gegeben damit die Flöhe verschwinden? Wir behandeln immer mitn Spot On von Bayer namens Advantage- kennst du das?...wünsch Euch viel Glück!“. 
 
Im Fall der umstrittenen Hormonspirale Mirena wurde offenbar auch die Gesundheit der Anwenderinnen gefährdet. Obwohl für Mirena Tausende – teils schwerwiegende – Berichte von Nebenwirkungen vorliegen, veröffentlichte die Agentur Postings im Tonfall hilfsbereiter Freundinnen:
 
„also ich hab mir vor einem jahr die hormonspirale mirena einsetzen lassen und ich muss sagen, dass ich sehr zufrieden damit bin. hatte am anfang angst vor dem einsezten, doch das war halb so schlimm“. Olivia34, psychologie.at
„Ich habe mir die Mirena einsetzen lassen, ist ebenfalls eine hormonspirale und damit hatte mein Frauenarzt sehr gute Erfahrungen bereits gemacht (…) – das kann ich voll empfehlen“
„@ sporzal: mein tip es könnte auch eventuell nicht von der mirena kommen, sondern eventuell eine Allergie sein, ich hab das leider auch erst mal in vor kurzer zeit festgestellt, ich hatte echt total oft Kopfweh und das ist nicht lustig – das kann ich nachvollziehen“. MauMau, hormonspirale-forum.de
 
Im internen Fazit von Mhoch3 nach der BAYER-Kampagne heißt es laut Süddeutscher Zeitung: „Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Internet eine ideale Plattform zur Verbreitung von Informationen zum Thema Verhütung darstellt“. In zahlreichen Fällen hätten die Reaktionen der Nutzerinnen gezeigt, dass sie den freundlichen Kommentaren Glauben schenkten und sich für die Spirale interessierten.
 
Zur Aufgabe der Agentur gehörte es auch, Einträge bei wikipedia „aufzuhübschen“. Vor jeder Kampagne erhielten die PR-Schreiber/innen eine Schulung, mitunter sogar persönliche Vorträge der Kunden. Viele der gefakten Kommentare finden sich bis heute im Netz.
 
Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert strafrechtliche Ermittlungen gegen die Verantwortlichen bei BAYER: „Unlautere Medikamentenwerbung hat bei BAYER Tradition. Im vorliegenden Fall sollten ganz offensichtlich die Gesetze umgangen werden, denn Werbung für verschreibungspflichtige Präparate wie Mirena ist verboten. Wir dürfen nicht zulassen, dass Pharmahersteller die Risiken von Medikamenten verharmlosen und schamlos die öffentliche Diskussion manipulieren!“.
 
BAYER gibt laut CBG pro Jahr rund 10 Milliarden Euro für Werbung und Vertrieb aus, eine Aufschlüsselung verweigere der Konzern. Häufig überschreite BAYER dabei die Grenzen des Erlaubten; Strafen für unlautere Werbung würden von vornherein mit einkalkuliert und aus der Portokasse beglichen.
 
In den vergangenen Jahren verlagerte BAYER laut CBG zahlreiche Marketing-Aktivitäten ins Internet. Um das Werbeverbot für Medikamente zu umgehen, betreibe das Unternehmen eigene webseiten wie Pille.com oder testosteron.de, die als „Informationsangebote“ getarnt würden. (PK)
 


Online-Flyer Nr. 485  vom 19.11.2014

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