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Krieg und Frieden
BIZ: Zentrum einer weltweiten Verschwörung des reaktionären Finanzkapitals
Wie der Weltkrieg der Nazis finanziert wurde
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Man stelle sich vor: es wütet ein Krieg, der so genannte Zweite Weltkrieg, der am Ende mehr als 50 Millionen Menschen das Leben kosten wird. Auf der einen Seite steht der Faschismus. Und auf der anderen Seite stehen die Länder, von denen wir heute zu wissen glauben, dass sie die Welt von Faschismus und Holocaust befreien wollten. In dieser Situation gibt es eine Bank, mit der die "Befreier" den Faschisten die Finanzierung ihres Krieges ermöglichen. Ist das denkbar? Nein! Das ist nicht nur denkbar. Das ist Realität. Die Bank gibt es tatsächlich, und sie trägt die Bezeichnung BIZ – Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Diese Bank hat ihren Sitz in Basel.
Thomas McKittrick, BIZ-Präsident von 1940 bis 1946: Rockefeller-Vertrauter, Mitglied des "Council on Foreign Relations", Bindeglied zur Federal Reserve Bank of New York (Foto: BIZ)
Oder etwas anders formuliert: „Während sich die Soldaten ihrer Länder gegenseitig abschlachteten, sassen Reichsbankpräsident Walther Funk, Gouverneur Vincenzo Azzolini von der Banca d'Italia und Gouverneur Montagu C. Norman von der Bank of England friedlich im Verwaltungsrat der BIZ... Vollamtlicher Bankpräsident vom Januar 1940 bis Juni 1946 und Bindeglied zur Federal Reserve Bank of New York war der US-amerikanische Bankier Thomas H. McKittrick.“ So steht es in der Einleitung des Buches "Bankgeschäfte mit dem Feind – Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im Zweiten Weltkrieg – Von Hitlers Europabank zum Instrument des Marshallplans" – verfasst von Gian Trepp.
BIZ: Kanal der deutschen Kriegswirtschaft für den Zahlungsverkehr mit den USA
„Im Rahmen der auch Bank der Zentralbanken genannten Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel arbeiteten Deutsche und Italiener von Anfang bis Ende des Zweiten Weltkriegs mit Engländern und US-Amerikanern zusammen. Die BIZ war damals die offene Tür zwischen Reichsbank/Banca d'Italia einerseits und Bank of England/Federal Reserve Bank of New York andererseits.“ So steht auf dem Umschlag des 1993 erschienenen Buches – und an anderer Stelle: „Tatsächlich liegt die Bedeutung dieser [von der Reichsbank über ihren BIZ-Dollarschalter getätigten] Zahlungen... darin, dass die deutsche Kriegswirtschaft hier über einen raschen und sicheren Kanal für den Zahlungsverkehr mit den USA verfügte. Das breite Netz von BIZ-Korrespondenzbanken an der Wall Street und die Bereitschaft der BIZ-Bankabteilung zu 'Zahlungen ohne Namensnennung' im Auftrag der Reichsbank setzt dabei der Phantasie über mögliche Empfänger von Geldern aus Berlin in den USA keine Grenzen.“
Und auch unser alter Bekannter Kurt Freiherr von Schröder – wir erinnern uns: der unbedeutende Teilhaber einer unbedeutenden Provinzbank – ist bei diesen Geschäften – wie uns Gian Trepp vermittelt – nicht weit: „Am 4. Januar 1933 hatte Kurt von Schröder in seiner Villa [in Köln] das berühmt-berüchtigte Treffen zwischen Hitler und dem konservativen Ex-Kanzler und Vertrauten von Reichspräsident Hindenburg, Franz von Papen, arrangiert, das die politischen Voraussetzungen schuf für das aus Nationalsozialisten und Konservativen zusammengesetzte erste Kabinett Hitlers vom 30. Januar 1933. Am 1. Februar 1933 trat von Schröder in die NSDAP ein, und wenige Wochen später wurde der Privatbankier mit einem Sitz im Verwaltungsrat der BIZ belohnt.“ Ja, genau, es handelt sich um „SS-General Kurt von Schröder“, das Bindeglied zwischen Hitler-Deutschland und US-Kapital, „der 1943 für seine Verdienste als SS-Brigade- und Polizeiführer in Lettland mit Ehrendegen und Totenkopfring dekoriert worden war.“ Noch im Dezember 1944 saß Kurt Freiherr von Schröder zusammen mit Reichsbankpräsident Walther Funk, Reichsbankvize Emil Puhl und Hermann Schmitz von der I.G. Farben im Verwaltungsrat der BIZ.
Was mag in der Zeit der faschistischen Verbrechen, von denen es immer wieder heißt, dass sie durch nichts zu übertreffen seien, das US-Kapital und Hitler-Deutschland miteinander verbunden haben? Die "Bankgeschäfte mit dem Feind" beleuchten einen Aspekt: „Das grösste Interesse am Handel mit dem Dritten Reich hatten jene US-Trusts, die sich am besten auf die Eigenheiten des staatlich kontrollierten deutschen Aussenhandels eingestellt hatten und mit dem Reich profitable Geschäfte machten. So auch die Firma IBM, deren Präsident Thomas J. Watson sr. im Juli 1937 von Hitler das 'Verdienstkreuz des Ordens vom Deutschen Adler mit dem Stern' entgegengenommen hatte. Dieser Naziorden wurde Watson verliehen, weil IBM die Aufrüstung im Dritten Reich durch den Export ihrer Hollerith-Lochkartentechnik unterstützte." Werner Rügemer hatte Ende 2013 dazu ergänzend geschrieben: „Hitlers Blitzkriege – beispielsweise die Transportplanungen im besetzten Europa – und die Judenerfassung wären ohne die Informationstechnologien von ITT und IBM so nicht möglich gewesen.“
Wie funktionierte das Geschäft mit dem Krieg? Ein wesentliches Element dabei war Gold – oder besser gesagt: Raubgold. „Die BIZ-Bankabteilung [betrieb] gut vier Jahre lang für die Reichsbank [die Golddrehscheibe in Bern] ... Schon im März 1940 hatte Paul Hechler [von der Reichsbank abgeordneter deutscher Generaldirektor der BIZ] in einem Memorandum für [Bankpräsident] McKittrick festgehalten, die Reichsbank habe kurz nach Kriegsausbruch im Herbst 1939 damit begonnen, ihre Zinsschuld bei der BIZ durch Goldabtretungen zu begleichen.“
In einem Nachtrag zum "Totengold aus Auschwitz" schreibt Buchautor Gian Trepp über die "Aufarbeitung" nach 1945: „Bis heute offen geblieben ist die Frage, ob die Reichsbank der BIZ und der Schweizerischen Nationalbank... auch anderes gewaschenes Raubgold lieferte – etwa Goldbarren, die... aus den Goldzähnen und Eheringen der Ermordeten von Auschwitz fabriziert worden waren. Die Mission Raffegeau der Banque de France... interessierte sich nicht für diese Frage. Auch von den Finanzoffizieren der englischen Besatzungszone ist nicht bekannt, dass sie sich intensiv um die Problematik gekümmert hätten. Im Gegenteil. Auf Empfehlung ihres finanzpolitischen Beraters, Hermann J. Abs, etablierte die britische Militärregierung im Herbst 1945 in Hamburg eine 'Reichsbank-Leitstelle'... Als Leiter des Auslandsgeschäftes der Deutschen Bank hatte Abs während des Kriegs 'den BIZ-Präsidenten McKittrick sehr gut gekannt' – und gewiss keinerlei Interesse, die Engländer auf die dunkle Seite von Goldgeschäften der Reichsbank mit der BIZ hinzuweisen.“
BIZ: Freund-Feind-übergreifend einer gemeinsamen Aufgabe verpflichtet
Ja, bei der BIZ handelt es sich um „eine Bank, die im Zweiten Weltkrieg den effizienten Einsatz der finanziellen Ressourcen der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches aktiv gefördert hat.“ So steht es im Nachwort des Buches. Und weiter: „'Die Geschichte der BIZ beweist, dass es letztlich... auf das gegenseitige Vertrauen von Männern [ankommt], die einer gemeinsamen Aufgabe verpflichtet sind...' Dieses Fazit zog [der langjährige französische BIZ-Generaldirektor] Roger Auboin aus dem Überleben der BIZ im Zweiten Weltkrieg. Zum konkreten Inhalt der 'gemeinsamen Aufgabe', welche die feindlichen Zentralbank-Gouverneure seiner Meinung nach verband, sagt er nichts.“ Selbst der Autor des Buches, Gian Trepp, kann sich keinen rechten Reim darauf machen: „Während das Interesse Hitlers an der Weiterexistenz der deutschdominierten Bank auf der Hand liegt, war deren Rückendeckung durch Churchill und Roosevelt nicht selbstverständlich, hiess doch das alliierte Kriegsziel: bedingungslose Kapitulation des Dritten Reiches.“
Die "gemeinsame Aufgabe" bleibt für ihn ein Rätsel. Anders ist das mit der Sowjetunion, deren Erkenntnisstand der Autor beschreibt, ohne sich dadurch selbst auf eine Fährte der Erkenntnis bringen zu lassen: „Die Sowjets hatten die Bank seit ihrer Gründung [im Jahr 1930] stets als Zentrum einer weltweiten Verschwörung des reaktionären Finanzkapitals attackiert... Die [sowjetische] Zeitschrift 'Der Krieg und die Arbeiterklasse' veröffentlichte eine detaillierte BIZ-Kritik, wo es hiess, die BIZ unterstütze Hitlerdeutschland unter dem Deckmantel der Neutralität.“
Wer war eigentlich Thomas McKittrick, BIZ-Präsident von 1940 bis 1946? Es ist kaum zu fassen: wikipedia gibt einen Hinweis: der Wallstreet-Banker war "Rockefeller-Vertrauter" und Mitglied des "Council on Foreign Relations". Und er war – wie wir bereits von Gian Trepp wissen – Bindeglied zur Federal Reserve Bank of New York. Aber was war nun die "gemeinsame Aufgabe" der Kapitalvertreter in der BIZ? Gab es ein gemeinsames Interesse an der industriellen Judenvernichtung? Kaum zu glauben! Gab es ein gemeinsames Interesse am Krieg und seinen Millionen Toten? Kaum zu glauben! Gab es ein gemeinsames Interesse an der Ausschaltung von Kräften, die den Kapitalismus überwinden wollten? Eine Antwort auf diese Fragen gibt Gian Trepps "Bankgeschäfte mit dem Feind" nicht. Aufschlussreicher ist diesbezüglich ein anderes Buch. Es ist das von Guido Giacomo Preparata mit dem Titel "Conjuring Hitler – How Britain and America made the Third Reich" (Hitler heraufbeschwören – Wie Großbritannien und USA das Dritte Reich haben entstehen lassen). Darin legt Preparata dar, wie die Strategie von USA und Großbritannien darauf ausgerichtet war, Deutschland und die Sowjetunion gegeneinander in die Schlacht ziehen zu lassen – beginnend in den 20er-Jahren damit, die Aufrüstung Deutschlands, den Aufstieg der NSDAP und dann die einzelnen militärischen Schritte Hitler-Deutschlands hin zur Operation Barbarossa, des Feldzugs gegen die Sowjetunion, zuzulassen und zu fördern. In dieser Hinsicht spielte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich eine entscheidende Rolle. In dieser Hinsicht war sie entscheidendes Element „einer weltweiten Verschwörung des reaktionären Finanzkapitals“ im Kampf gegen die Sowjetunion und zur Schaffung eines deutschen Staates als Vasall des US-Imperiums.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die von Gian Trepp beschriebene "Selbstabsolution" der BIZ selbstverständlicher Ausdruck einer beispiellosen Erfolgsbilanz: „Am 16. Juni 1947 fand die erste reguläre Generalversammlung der BIZ nach dem Krieg statt. Gouverneur Maurice Frère aus Brüssel... führte den Vorsitz über die von 18 Zentralbanken besuchte Veranstaltung. Zu irgendwelchen Abrechnungen mit Nazis, Faschisten und Kollaborateuren kam es nicht. Im Gegenteil... Nach dem Verwaltungsrat erteilte Frère auch der Geschäftsleitung das allerbeste Zeugnis. Bei der namentlichen Danksagung... vergass [er] auch den bereits verstorbenen [deutschen BIZ-Generaldirektor] Paul Hechler nicht. Die Übernahme von deutschem Raubgold durch die Geschäftsleitung behandelte Frère mit Nachsicht: ' Es leuchtet ein, dass die BIZ jenes Gold, das ihr während des Krieges an Zahlungs Statt angeboten wurde, nicht zurückweisen durfte...' Alles in allem bescheinigte Frère der Geschäftsleitung, sie habe die BIZ getreu den im September 1939 festgelegten Grundsätzen neutral durch den Krieg gesteuert...“ So kann man es sagen. Ohne die BIZ und die über sie laufenden Drähte zu ihren "Feinden" wäre die deutsche Kriegführung schnell zum Erliegen gekommen. Genau das durfte nicht geschehen.
Die BIZ finanzierte den Holocaust und die Kriegsmaschine der Nazis
„[Die BIZ] finanzierte den Holocaust und die Kriegsmaschine der Nazis.“ Das ist ein kompakter Satz aus einem anderen Buch über die BIZ, aus Adam Lebors "Turm zu Basel". „Vollamtlicher Bankpräsident [der BIZ] vom Januar 1940 bis Juni 1946 und Bindeglied zur Federal Reserve Bank of New York war der US-amerikanische Bankier Thomas H. McKittrick.“ Das ist der bereits eingangs zitierte Satz aus Gian Trepps Buch "Bankgeschäfte mit dem Feind". Dem ist kaum noch etwas hinzuzufügen.
Veröffentlichung aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 11 (Dezember 2014) – Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens – bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch.
Mehr dazu und wie es sich bestellen lässt, hier: http://www.das-krokodil.com/
Siehe auch:
Auf den Spuren des Hitler-Faschismus und seiner Finanzquellen
Wer war Kurt Freiherr von Schröder?
NRhZ Nr. 479 vom 08.10.2014
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20855
Bücher zum Thema:
Gian Trepp: Bankgeschäfte mit dem Feind – Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im Zweiten Weltkrieg – Von Hitlers Europabank zum Instrument des Marshallplans, Rotpunktverlag, Zürich, 1993
Adam Lebor: Der Turm zu Basel. BIZ – die Bank der Banken und ihre dunkle Geschichte", Rotpunktverlag, Zürich 2014 – Übersetzung der englischsprachigen Originalausgabe 2013 "Tower of Basel – The Shadowy History of the Secret Bank That Runs the World" (Die dunkle Geschichte der Geheimbank, die die Welt führt)
Guido Giacomo Preparata
Conjuring Hitler – How Britain and America made the Third Reich
(Hitler heraufbeschwören – Wie Großbritannien und USA das Dritte Reich haben entstehen lassen)
Pluto Press, London, 2005
Online-Flyer Nr. 490 vom 24.12.2014
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Krieg und Frieden
BIZ: Zentrum einer weltweiten Verschwörung des reaktionären Finanzkapitals
Wie der Weltkrieg der Nazis finanziert wurde
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Man stelle sich vor: es wütet ein Krieg, der so genannte Zweite Weltkrieg, der am Ende mehr als 50 Millionen Menschen das Leben kosten wird. Auf der einen Seite steht der Faschismus. Und auf der anderen Seite stehen die Länder, von denen wir heute zu wissen glauben, dass sie die Welt von Faschismus und Holocaust befreien wollten. In dieser Situation gibt es eine Bank, mit der die "Befreier" den Faschisten die Finanzierung ihres Krieges ermöglichen. Ist das denkbar? Nein! Das ist nicht nur denkbar. Das ist Realität. Die Bank gibt es tatsächlich, und sie trägt die Bezeichnung BIZ – Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Diese Bank hat ihren Sitz in Basel.
Thomas McKittrick, BIZ-Präsident von 1940 bis 1946: Rockefeller-Vertrauter, Mitglied des "Council on Foreign Relations", Bindeglied zur Federal Reserve Bank of New York (Foto: BIZ)
Oder etwas anders formuliert: „Während sich die Soldaten ihrer Länder gegenseitig abschlachteten, sassen Reichsbankpräsident Walther Funk, Gouverneur Vincenzo Azzolini von der Banca d'Italia und Gouverneur Montagu C. Norman von der Bank of England friedlich im Verwaltungsrat der BIZ... Vollamtlicher Bankpräsident vom Januar 1940 bis Juni 1946 und Bindeglied zur Federal Reserve Bank of New York war der US-amerikanische Bankier Thomas H. McKittrick.“ So steht es in der Einleitung des Buches "Bankgeschäfte mit dem Feind – Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im Zweiten Weltkrieg – Von Hitlers Europabank zum Instrument des Marshallplans" – verfasst von Gian Trepp.
BIZ: Kanal der deutschen Kriegswirtschaft für den Zahlungsverkehr mit den USA
„Im Rahmen der auch Bank der Zentralbanken genannten Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel arbeiteten Deutsche und Italiener von Anfang bis Ende des Zweiten Weltkriegs mit Engländern und US-Amerikanern zusammen. Die BIZ war damals die offene Tür zwischen Reichsbank/Banca d'Italia einerseits und Bank of England/Federal Reserve Bank of New York andererseits.“ So steht auf dem Umschlag des 1993 erschienenen Buches – und an anderer Stelle: „Tatsächlich liegt die Bedeutung dieser [von der Reichsbank über ihren BIZ-Dollarschalter getätigten] Zahlungen... darin, dass die deutsche Kriegswirtschaft hier über einen raschen und sicheren Kanal für den Zahlungsverkehr mit den USA verfügte. Das breite Netz von BIZ-Korrespondenzbanken an der Wall Street und die Bereitschaft der BIZ-Bankabteilung zu 'Zahlungen ohne Namensnennung' im Auftrag der Reichsbank setzt dabei der Phantasie über mögliche Empfänger von Geldern aus Berlin in den USA keine Grenzen.“
Und auch unser alter Bekannter Kurt Freiherr von Schröder – wir erinnern uns: der unbedeutende Teilhaber einer unbedeutenden Provinzbank – ist bei diesen Geschäften – wie uns Gian Trepp vermittelt – nicht weit: „Am 4. Januar 1933 hatte Kurt von Schröder in seiner Villa [in Köln] das berühmt-berüchtigte Treffen zwischen Hitler und dem konservativen Ex-Kanzler und Vertrauten von Reichspräsident Hindenburg, Franz von Papen, arrangiert, das die politischen Voraussetzungen schuf für das aus Nationalsozialisten und Konservativen zusammengesetzte erste Kabinett Hitlers vom 30. Januar 1933. Am 1. Februar 1933 trat von Schröder in die NSDAP ein, und wenige Wochen später wurde der Privatbankier mit einem Sitz im Verwaltungsrat der BIZ belohnt.“ Ja, genau, es handelt sich um „SS-General Kurt von Schröder“, das Bindeglied zwischen Hitler-Deutschland und US-Kapital, „der 1943 für seine Verdienste als SS-Brigade- und Polizeiführer in Lettland mit Ehrendegen und Totenkopfring dekoriert worden war.“ Noch im Dezember 1944 saß Kurt Freiherr von Schröder zusammen mit Reichsbankpräsident Walther Funk, Reichsbankvize Emil Puhl und Hermann Schmitz von der I.G. Farben im Verwaltungsrat der BIZ.
Was mag in der Zeit der faschistischen Verbrechen, von denen es immer wieder heißt, dass sie durch nichts zu übertreffen seien, das US-Kapital und Hitler-Deutschland miteinander verbunden haben? Die "Bankgeschäfte mit dem Feind" beleuchten einen Aspekt: „Das grösste Interesse am Handel mit dem Dritten Reich hatten jene US-Trusts, die sich am besten auf die Eigenheiten des staatlich kontrollierten deutschen Aussenhandels eingestellt hatten und mit dem Reich profitable Geschäfte machten. So auch die Firma IBM, deren Präsident Thomas J. Watson sr. im Juli 1937 von Hitler das 'Verdienstkreuz des Ordens vom Deutschen Adler mit dem Stern' entgegengenommen hatte. Dieser Naziorden wurde Watson verliehen, weil IBM die Aufrüstung im Dritten Reich durch den Export ihrer Hollerith-Lochkartentechnik unterstützte." Werner Rügemer hatte Ende 2013 dazu ergänzend geschrieben: „Hitlers Blitzkriege – beispielsweise die Transportplanungen im besetzten Europa – und die Judenerfassung wären ohne die Informationstechnologien von ITT und IBM so nicht möglich gewesen.“
Wie funktionierte das Geschäft mit dem Krieg? Ein wesentliches Element dabei war Gold – oder besser gesagt: Raubgold. „Die BIZ-Bankabteilung [betrieb] gut vier Jahre lang für die Reichsbank [die Golddrehscheibe in Bern] ... Schon im März 1940 hatte Paul Hechler [von der Reichsbank abgeordneter deutscher Generaldirektor der BIZ] in einem Memorandum für [Bankpräsident] McKittrick festgehalten, die Reichsbank habe kurz nach Kriegsausbruch im Herbst 1939 damit begonnen, ihre Zinsschuld bei der BIZ durch Goldabtretungen zu begleichen.“
In einem Nachtrag zum "Totengold aus Auschwitz" schreibt Buchautor Gian Trepp über die "Aufarbeitung" nach 1945: „Bis heute offen geblieben ist die Frage, ob die Reichsbank der BIZ und der Schweizerischen Nationalbank... auch anderes gewaschenes Raubgold lieferte – etwa Goldbarren, die... aus den Goldzähnen und Eheringen der Ermordeten von Auschwitz fabriziert worden waren. Die Mission Raffegeau der Banque de France... interessierte sich nicht für diese Frage. Auch von den Finanzoffizieren der englischen Besatzungszone ist nicht bekannt, dass sie sich intensiv um die Problematik gekümmert hätten. Im Gegenteil. Auf Empfehlung ihres finanzpolitischen Beraters, Hermann J. Abs, etablierte die britische Militärregierung im Herbst 1945 in Hamburg eine 'Reichsbank-Leitstelle'... Als Leiter des Auslandsgeschäftes der Deutschen Bank hatte Abs während des Kriegs 'den BIZ-Präsidenten McKittrick sehr gut gekannt' – und gewiss keinerlei Interesse, die Engländer auf die dunkle Seite von Goldgeschäften der Reichsbank mit der BIZ hinzuweisen.“
BIZ: Freund-Feind-übergreifend einer gemeinsamen Aufgabe verpflichtet
Ja, bei der BIZ handelt es sich um „eine Bank, die im Zweiten Weltkrieg den effizienten Einsatz der finanziellen Ressourcen der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches aktiv gefördert hat.“ So steht es im Nachwort des Buches. Und weiter: „'Die Geschichte der BIZ beweist, dass es letztlich... auf das gegenseitige Vertrauen von Männern [ankommt], die einer gemeinsamen Aufgabe verpflichtet sind...' Dieses Fazit zog [der langjährige französische BIZ-Generaldirektor] Roger Auboin aus dem Überleben der BIZ im Zweiten Weltkrieg. Zum konkreten Inhalt der 'gemeinsamen Aufgabe', welche die feindlichen Zentralbank-Gouverneure seiner Meinung nach verband, sagt er nichts.“ Selbst der Autor des Buches, Gian Trepp, kann sich keinen rechten Reim darauf machen: „Während das Interesse Hitlers an der Weiterexistenz der deutschdominierten Bank auf der Hand liegt, war deren Rückendeckung durch Churchill und Roosevelt nicht selbstverständlich, hiess doch das alliierte Kriegsziel: bedingungslose Kapitulation des Dritten Reiches.“
Die "gemeinsame Aufgabe" bleibt für ihn ein Rätsel. Anders ist das mit der Sowjetunion, deren Erkenntnisstand der Autor beschreibt, ohne sich dadurch selbst auf eine Fährte der Erkenntnis bringen zu lassen: „Die Sowjets hatten die Bank seit ihrer Gründung [im Jahr 1930] stets als Zentrum einer weltweiten Verschwörung des reaktionären Finanzkapitals attackiert... Die [sowjetische] Zeitschrift 'Der Krieg und die Arbeiterklasse' veröffentlichte eine detaillierte BIZ-Kritik, wo es hiess, die BIZ unterstütze Hitlerdeutschland unter dem Deckmantel der Neutralität.“
Wer war eigentlich Thomas McKittrick, BIZ-Präsident von 1940 bis 1946? Es ist kaum zu fassen: wikipedia gibt einen Hinweis: der Wallstreet-Banker war "Rockefeller-Vertrauter" und Mitglied des "Council on Foreign Relations". Und er war – wie wir bereits von Gian Trepp wissen – Bindeglied zur Federal Reserve Bank of New York. Aber was war nun die "gemeinsame Aufgabe" der Kapitalvertreter in der BIZ? Gab es ein gemeinsames Interesse an der industriellen Judenvernichtung? Kaum zu glauben! Gab es ein gemeinsames Interesse am Krieg und seinen Millionen Toten? Kaum zu glauben! Gab es ein gemeinsames Interesse an der Ausschaltung von Kräften, die den Kapitalismus überwinden wollten? Eine Antwort auf diese Fragen gibt Gian Trepps "Bankgeschäfte mit dem Feind" nicht. Aufschlussreicher ist diesbezüglich ein anderes Buch. Es ist das von Guido Giacomo Preparata mit dem Titel "Conjuring Hitler – How Britain and America made the Third Reich" (Hitler heraufbeschwören – Wie Großbritannien und USA das Dritte Reich haben entstehen lassen). Darin legt Preparata dar, wie die Strategie von USA und Großbritannien darauf ausgerichtet war, Deutschland und die Sowjetunion gegeneinander in die Schlacht ziehen zu lassen – beginnend in den 20er-Jahren damit, die Aufrüstung Deutschlands, den Aufstieg der NSDAP und dann die einzelnen militärischen Schritte Hitler-Deutschlands hin zur Operation Barbarossa, des Feldzugs gegen die Sowjetunion, zuzulassen und zu fördern. In dieser Hinsicht spielte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich eine entscheidende Rolle. In dieser Hinsicht war sie entscheidendes Element „einer weltweiten Verschwörung des reaktionären Finanzkapitals“ im Kampf gegen die Sowjetunion und zur Schaffung eines deutschen Staates als Vasall des US-Imperiums.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die von Gian Trepp beschriebene "Selbstabsolution" der BIZ selbstverständlicher Ausdruck einer beispiellosen Erfolgsbilanz: „Am 16. Juni 1947 fand die erste reguläre Generalversammlung der BIZ nach dem Krieg statt. Gouverneur Maurice Frère aus Brüssel... führte den Vorsitz über die von 18 Zentralbanken besuchte Veranstaltung. Zu irgendwelchen Abrechnungen mit Nazis, Faschisten und Kollaborateuren kam es nicht. Im Gegenteil... Nach dem Verwaltungsrat erteilte Frère auch der Geschäftsleitung das allerbeste Zeugnis. Bei der namentlichen Danksagung... vergass [er] auch den bereits verstorbenen [deutschen BIZ-Generaldirektor] Paul Hechler nicht. Die Übernahme von deutschem Raubgold durch die Geschäftsleitung behandelte Frère mit Nachsicht: ' Es leuchtet ein, dass die BIZ jenes Gold, das ihr während des Krieges an Zahlungs Statt angeboten wurde, nicht zurückweisen durfte...' Alles in allem bescheinigte Frère der Geschäftsleitung, sie habe die BIZ getreu den im September 1939 festgelegten Grundsätzen neutral durch den Krieg gesteuert...“ So kann man es sagen. Ohne die BIZ und die über sie laufenden Drähte zu ihren "Feinden" wäre die deutsche Kriegführung schnell zum Erliegen gekommen. Genau das durfte nicht geschehen.
Die BIZ finanzierte den Holocaust und die Kriegsmaschine der Nazis
„[Die BIZ] finanzierte den Holocaust und die Kriegsmaschine der Nazis.“ Das ist ein kompakter Satz aus einem anderen Buch über die BIZ, aus Adam Lebors "Turm zu Basel". „Vollamtlicher Bankpräsident [der BIZ] vom Januar 1940 bis Juni 1946 und Bindeglied zur Federal Reserve Bank of New York war der US-amerikanische Bankier Thomas H. McKittrick.“ Das ist der bereits eingangs zitierte Satz aus Gian Trepps Buch "Bankgeschäfte mit dem Feind". Dem ist kaum noch etwas hinzuzufügen.
Veröffentlichung aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 11 (Dezember 2014) – Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens – bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch.
Mehr dazu und wie es sich bestellen lässt, hier: http://www.das-krokodil.com/
Siehe auch:
Auf den Spuren des Hitler-Faschismus und seiner Finanzquellen
Wer war Kurt Freiherr von Schröder?
NRhZ Nr. 479 vom 08.10.2014
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20855
Bücher zum Thema:
Gian Trepp: Bankgeschäfte mit dem Feind – Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im Zweiten Weltkrieg – Von Hitlers Europabank zum Instrument des Marshallplans, Rotpunktverlag, Zürich, 1993
Adam Lebor: Der Turm zu Basel. BIZ – die Bank der Banken und ihre dunkle Geschichte", Rotpunktverlag, Zürich 2014 – Übersetzung der englischsprachigen Originalausgabe 2013 "Tower of Basel – The Shadowy History of the Secret Bank That Runs the World" (Die dunkle Geschichte der Geheimbank, die die Welt führt)
Guido Giacomo Preparata
Conjuring Hitler – How Britain and America made the Third Reich
(Hitler heraufbeschwören – Wie Großbritannien und USA das Dritte Reich haben entstehen lassen)
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