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Was treibt Studenten im neoliberalen Zeitalter an?
Geist auf schmaler Spur
Von Harald Schauff
Als ‘konsumorientiert und karrierefixiert’ stuft DER SPIEGEL (44/ 2014) die Studenten von heute ein. ‘Generation Ich’ ist der dazu gehörige Artikel übertitelt. Dieser bezieht sich auf eine unveröffentlichte Regierungsstudie und hält im Untertitel fest, deutsche Studenten würden sich der Studie zufolge, lieber schöne Dinge leisten als politisches Engagement.
n den 60er Jahren war das noch anders
Nach den vorgestellten Ergebnissen äußerten 73 % der Befragten den Wunsch nach den schönen Dingen auf die Frage hin, was sie im Leben als wichtig erachteten. Im Vergleichsjahr 1995 waren es nur 31 %. 86 % ist wichtig, beruflichen Erfolg zu haben und vorwärts zu kommen. 1995 gaben dies 71 % an. Ganz oben steht in dieser Sparte die finanzielle Absicherung. Sie erachten 93 % für wichtig (1995: 78 %). Bei der Wahl des Studiums waren für 46 % die guten Berufsaussichten des gewählten Fachgebietes maßgeblich (1995: 21%). Für 36 % waren die guten Berufsaussichten nach dem Studium ausschlaggebend.
Online-Flyer Nr. 506 vom 15.04.2015
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Was treibt Studenten im neoliberalen Zeitalter an?
Geist auf schmaler Spur
Von Harald Schauff
Als ‘konsumorientiert und karrierefixiert’ stuft DER SPIEGEL (44/ 2014) die Studenten von heute ein. ‘Generation Ich’ ist der dazu gehörige Artikel übertitelt. Dieser bezieht sich auf eine unveröffentlichte Regierungsstudie und hält im Untertitel fest, deutsche Studenten würden sich der Studie zufolge, lieber schöne Dinge leisten als politisches Engagement.
n den 60er Jahren war das noch anders
Quwelle:Querkopf
Interessant andererseits wiederum: 47 % der Studierenden bemängeln den zunehmenden Leistungsdruck und die Verschärfung der Prüfungsanforderungen. 1995 waren es 37 %. Laut Infratest nimmt jeder zehnte Student Medikamente, um seine Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen. Einige Politiker fordern deshalb eine Kurskorrektur. Der Wissenschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Mathias Brodkorb (SPD), schrieb im Magazin ‘Forschung und Lehre’, die Länder müssten sich eingestehen, „bei den Reformen der letzten Jahre etwas übertrieben zu haben.“ Studenten sollten wieder mehr Freiheit im Uni-Alltag erhalten.
Das umfangreiche Pensum, die eng gesteckte Uni-Laufbahn und die Fixierung auf den Arbeitsmarkt tragen nicht unbedingt zur Erweiterung des Horizontes bei. Neun von zehn Studenten legen vor allem Wert auf einen sicheren Arbeitsplatz. 20 Jahre zuvor wollte fast die Hälfte immerhin noch, dass das Studium auch die persönliche Weiterentwicklung fördert.
Erinnerungen werden wach an die eigene Studienzeit. Wie war das damals vor rund zwei Jahrzehnten? Es gab noch die alten Diplom- und Magister-Abschlüsse, eingeteilt in Grund- und Hauptstudium. Bologna hat sie inzwischen kassiert und ‘Bachelor’ und ‘Master’ eingeführt zwecks europaweiter Standardisierung. Man erinnert sich an überfüllte Hörsäle,
dass Klausuren wegen Platzmangels zur Not auch schon mal auf dem Fußboden geschrieben wurden. Damals war von einer ‘Studentenschwemme’ die Rede. Es gäbe zu viele Studenten, ein großer Teil davon sei gar nicht zum Studium geeignet und hätte an der Uni nichts verloren. Später kam heraus, dass die Hochschulen den dringend notwendigen Ausbau
ihrer Kapazitäten versäumt hatten und Deutschland beim Anteil der Akademiker international hinterher hinkte.
Schon damals wurde die zunehmende Verschulung der Studiengänge kritisiert. Wirtschaftsverbände übten ihrerseits Druck aus. Sie bemängelten die angeblich fehlende Berufsfähigkeit der Hochschulabsolventen. Viele seien nur ungenügend auf das Berufsleben vorbereitet, hätten zu lange studiert, seien nicht ‘formbar’ und belastbar genug. 20 Jahre später wird überdeutlich, wie sehr man diesem Gejammer auf hoch bezahltem Niveau seitens der Bildungspolitik Gehör geschenkt hat. Damals wurde bereits gesät, was man heute erntet: ‘Auf Effizienz getrimmte Universitäten’ und Studenten, die sich anpassen, wie Walter Grünzweig, Professor für amerikanische Literatur und Kultur an der Technischen Universität Dortmund, befindet. Die Studenten seien angehalten, möglichst schnell und unfallfrei zum Abschluss zu kommen. Sie würden nicht mehr nach rechts oder links schauen und hätten keine Zeit, sich für Themen außerhalb der Studienordnung zu interessieren. Die Hochschulen hätten seit der Bologna-Reform nur noch den Zweck zu erfüllen,
‘Schmalspur-Absolventen’ für den Arbeitsmarkt zu produzieren. „Wir erziehen eine unpolitische, antiintellektuelle Generation“, so Grünzweig.
Es scheint so weit gekommen zu sein, dass beim übermäßigen Pauken für eine Latte von Prüfungen nicht nur Hören und Sehen, sondern sogar das Denken vergeht. Zeichen der Zeit: Die Menschen hetzen, die Köpfe rauchen, die Hirne verbrennen. Die ökonomisierte Bildungsrepublik lässt grüßen. (PK)
Harald Schauff ist Redakteur der Kölner Obdachlosen- und Straßenzeitung "Querkopf" und hat diesen Beitrag in deren aktueller Aprilausgabe veröffentlicht.
Harald Schauff ist Redakteur der Kölner Obdachlosen- und Straßenzeitung "Querkopf" und hat diesen Beitrag in deren aktueller Aprilausgabe veröffentlicht.
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