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Kommentar vom "Hochblauen"
Befreiung von Doppelstandards und falschen Werten!
Von Evelyn Hecht-Galinski
"Tag der Befreiung" für den 8. Mai ist ein Begriff, der übrigens vom ehemaligen Kanzler Kohl stammt, vom damaligen Bundespräsidenten von Weizsäcker zu voller Blüte gebracht wurde und immer wiederholt wird, ist ein richtiger Satz und ein eigentlich ganz normaler, ebenso wie der, dass der Islam zu Deutschland gehört. Allerdings hat sich Deutschland bis heute nicht befreit von den Doppelstandards, wenn es um Wertevorstellungen und den "Jüdischen Staat" geht.
Online-Flyer Nr. 510 vom 13.05.2015
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Kommentar
Kommentar vom "Hochblauen"
Befreiung von Doppelstandards und falschen Werten!
Von Evelyn Hecht-Galinski
"Tag der Befreiung" für den 8. Mai ist ein Begriff, der übrigens vom ehemaligen Kanzler Kohl stammt, vom damaligen Bundespräsidenten von Weizsäcker zu voller Blüte gebracht wurde und immer wiederholt wird, ist ein richtiger Satz und ein eigentlich ganz normaler, ebenso wie der, dass der Islam zu Deutschland gehört. Allerdings hat sich Deutschland bis heute nicht befreit von den Doppelstandards, wenn es um Wertevorstellungen und den "Jüdischen Staat" geht.
Der Historiker Heinrich August Winkler
Quelle: wikipedia
Als bekannt wurde, dass der Historiker Heinrich August Winkler die Gedenkrede zum Tag der Befreiung im Deutschen Bundestag halten würde, fragte man sich, warum er? Weil er ein "renommierter Geschichtsschreiber" dieses Landes ist, wie überall zu lesen ist, oder weil er SPD-Mitglied ist, aber eben auch in der CDU und bei den Grünen sehr geschätzt wird? Weil er in der Ukraine-Krise so "stramm auf Kurs" ist? Winkler ist ein "nationaler" Sozialdemokrat, ein loyaler "Freund der Amerikaner" und macht aus seiner Kommunismus-Verachtung keinen Hehl. Man spürt förmlich, dass er aus der "ostpreußischen Heimat" vertrieben wurde und auf seinem Weg nach Westen zu einem ganz typischen Nachkriegs-Westdeutschen avancierte.
Winkler betonte in seinem letzten Buch, "Der lange Weg nach Westen", immer wieder die "westlichen Werte".
Winkler betonte in seinem letzten Buch, "Der lange Weg nach Westen", immer wieder die "westlichen Werte".
Was sind denn die westlichen Werte? Sind es der Irak-Krieg, US-Kreuzzüge, Guantanamo, Flüchtlingsabschottung, Afghanistan, Putsch-Einmischungen, Christlich-Jüdische Werte, Drohnen-Schläge gegen Zivilisten, Kollateralschäden als unvermeidliches Übel, um nur einige wenige Beispiel aufzuführen?
Man merkt bei Winkler, die Anstrengung, wie er die westlichen Werte, oder wie er es jetzt bezeichnet, das "normative Projekt des Westens", in den Vordergrund stellen will. Für Winkler sind die Ideen von Freiheit, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Demokratie und soziale Verantwortung der Ursprung im lateinischen Europa.
Heinrich August Winkler ist ein Gegner des Beitritts der Türkei zur EU und bemängelte schon einmal, "dass sich Islamische Gesellschaften schwer tun mit Demokratie" und fordert einen weiteren Integrationsprozess des Islam.
Wenn Winkler meint, dass für das Christentum die strikte Trennung von göttlichen und irdischen Gesetzen grundlegend ist, so hört sich das zwar gut an, ist aber auch in der Bundesrepublik überhaupt nicht verwirklicht worden.
Wenn Winkler bemängelt, dass viele islamische Rechtsgelehrte dazu neigen, die Menschenrechte nur im Rahmen der Scharia, also im Namen des göttlichen Gesetzes, gelten zu lassen, warum bemängelt er dann nicht auch die Einmischung von christlichen Würdenträgern in die Politik?
Oder noch viel schlimmer, die "jüdische Halacha als lebendes Recht" im "Jüdischen Staat", wo man kraft seiner Religion die Staatsbürgerschaft bekommt, einem Staat, der aus biblischen Versprechen seinen Anspruch auf das Land Israel, kraft göttlichen Willens beansprucht. (1)
Winkler betonte in seiner Rede am 8. Mai, dass es kein "deutsches Recht auf Wegsehen" gäbe, weder vom Holocaust noch von Verbrechen im Zweiten Weltkrieg, also ganz auf der Linie von "Pfarrer Gauck", der ja mehr Bereitschaft zu Internationaler Verantwortung forderte. Indem Winkler aber auf die Gefahr im Umgang mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte hinwies und eine forcierte Aktualisierung und Berufung auf Auschwitz zu einer Verhinderung von drohendem Völkermord oder anderen Verbrechen forderte und damit vor jeder tagespolitisch motivierten Instrumentalisierung der Ermordung der europäischen Juden warnte, die auf die Banalisierung dieses Verbrechens hinauslaufe.
Er balanciert mit der Geschichte. Einerseits sollen sich die Deutschen durch die Betrachtung ihrer Geschichte nicht lähmen lassen, andererseits weist er auf die "besonderen Beziehungen zu Israel" hin. Einerseits kritisiert er eine Begründung der deutschen Sondermoral, durch den Bezug auf den Nationalsozialismus, dessen Menschheitsverbrechen kein Argument für ein Beiseitestehen Deutschlands in Fällen begründen, wo es doch zwingende Gründe gibt, zusammen mit anderen Staaten im Sinne der "responsibility to protect", einer Schutzverantwortung der Völkergemeinschaft, tätig zu werden.
Diese bezieht sich eben auch auf die Völker und Menschenrechtsverbrechen, die den Palästinensern durch den "Jüdischen Staat" angetan werden. Deutschland ist verpflichtet, sich endlich diesen "jüdischen/zionistischen" Verbrechen zu stellen. Hierzu verweise ich auf das Interview, das Abraham Burg, der ehemalige Knesset-Präsident, am letzten Sonntag, anlässlich des Jubiläums der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel vor 50 Jahren am 12. Mai, im DLF gab. Burg forderte dabei endlich offene Kritik an Israel. (2)
Diese ist jetzt noch mehr gefordert, da eine faschistische rassistische Regierung im "Jüdischen Staat" vor der Vereidigung steht. Auf dieses Thema werde ich im nächsten Kommentar eingehen.
Am Sonntag kam der Präsident des "Jüdischen Staates", Reuven Rivlin, der sich ganz offen gegen eine Zwei-Staaten-Lösung in Israel ausspricht, ebenso wie Netanjahu und andere Politiker, zu einem Staatsbesuch nach Berlin! (3)(4)
Wenn Winkler also diese besondere Verantwortung für Israel betont, dann vergisst er, besonders und gerade als Historiker unverzeihlich, die besondere Verantwortung Deutschlands eben auch für die Palästinenser als Folge der deutschen Schuld. Denn der Bezug auf den Holocaust und dessen Einmaligkeit, sowie die Verbrechen. unter die sich zu Recht kein Schlussstrich ziehen lässt, lässt eben auch keinen Schlussstrich unter die Vertreibung der Palästinenser aus ihrer Heimat Palästina ziehen. Denn diese Vertreibung und ethnische Säuberung der Palästinenser und Palästinas sind auch eine Folge des Holocaust, und damit hat Deutschland eine Verantwortung zu übernehmen, die aber bis heute nicht übernommen wurde.
Wäre es nicht ein guter Anfang, wenn sich Winkler, als SPD-Mitglied, angesehener Historiker und Verfechter dafür, dass Deutschland ein geachtetes Mitglied in der Staatengemeinschaft sein soll, sich dafür einzusetzen würde, die Verbrechen der Nakba/Katastrophe in das deutsche Verantwortungsbewusstsein, bzw. die deutsche Staatsräson einzubeziehen? Immerhin fordert er, dass auch für Bürger, die sich entschließen Deutsche zu werden, "der Wille da sein muss, sich der Geschichte dieses Landes als Ganzes bewusst zu werden".
Dazu gehört eben auch, neben dem Genozid an den Juden, den Verbrechen der Wehrmacht und der SS, die er erwähnte, die Verbrechen und Vertreibung an den Palästinensern zu erwähnen, die er leider aber nicht erwähnte! Wann wird sich das offizielle Deutschland, werden sich deutsche Historiker endlich dieser Schuldfrage stellen und sich dieser annehmen?
Was Winkler in seiner Bundestagsrede vorbrachte, fing gut an, mit dem Gedenken an die unvorstellbaren Leiden sowjetischer Soldaten durch deutsche Schuld. Das geschah aber nur mit Bezug auf die aktuelle russische Politik, die sich im Gedenken an den "Großen Vaterländischen Krieg" zu nationalistischer Hybris hinreißen lasse. Denn das Jahr 2014 markiere eine tiefe Zäsur. Durch die "völkerrechtswidrige Annexion" der Krim sei die europäische Friedensordnung radikal in Frage gestellt worden.
Da möchte ich diesem Historiker doch die Frage stellen: Wenn das eine "völkerrechtswidrige Annexion" war, (die es nicht ist und war!), was ist dann die völkerrechtswidrige Besatzung und Besiedlung Palästinas und das von der jüdischen Seite betonte "für immer ungeteilte Jerusalem"? Es ist nichts anderes als Doppelstandard und Ungleichbehandlung – wenn man den Standpunkt vertritt "Was Annexion ist, bestimmen wir!"
Deutschland schämt sich nicht, ein Russland, dem wir etwa 27 Millionen Kriegstote zufügten, einem Land, in dem wir Leningrad, das heutige St. Petersburg, während einer 900 Tage währenden Belagerung, aushungerten, was etwa 800.000 Russen das Leben kostete, in dem wir mehr als 5,7 Millionen russischer Kriegsgefangener auf dem Gewissen haben, nun mit Sanktionen zu belegen, es aus der "westlichen von den USA dominierten "Wertegemeinschaft" auszuschließen und nicht an den offiziellen Feierlichkeiten zum Sieg über Nazi-Deutschland am 9. Mai teilzunehmen.
Dazu möchte ich als Link den ergreifenden Gastbeitrag von Wladimir Putin aus der F.A.Z. stellen: "Das Leben ist eine einfache und grausame Sache". (5)
Diese persönliche Schilderung des Leides, dass er persönlich und seine Familie durchgemacht haben, ist ergreifender und berührender als jede Gedenkstunde!
Nach dem Lesen dieses Artikels war ich tief ergriffen und empfand die Dämonisierung, die in deutschen Medien gegen ihn betrieben wird, als noch schändlicher. Das Leid, was Deutschland Russland zugefügt hat und das von Russland niemals instrumentalisiert wurde, zeigt die wahre Größe des russischen Volkes!
Es ist eine Schande der deutschen Politik, die ewig an ihr haften bleiben wird.
Da nützt es auch nichts, dass der deutsche SPD-Außenminister Steinmeier nach Wolgograd reiste, um sich dort mit seinem russischen Kollegen Lawrow zu treffen.
Da nützt es auch nichts, dass Kanzlerin Merkel am Sonntag dem 10. Mai nach Moskau reiste und mit Präsident Putin einen Kranz am Ehrenmal des unbekannten Soldaten niederlegte und danach politische Gespräche mit ihm führte.
Kanzlerin Merkel stellt sich in Deutschland nicht den brennenden Fragen der "Freundschaft zu den USA", die keine Freundschaft, sondern eine fragwürdige Abhör- und Spionage-Gemeinschaft zwischen den US- und den deutschen Behörden ist - zum Schaden für Deutschlands seine Wirtschaft und seine Souveränität. Merkel hat von Beginn ihrer Kanzlerschaft diesem Treiben noch Auftrieb durch ihre ungebremste Amerika-Hörigkeit gegeben. Die USA sind der Befehlsgeber und wir die Befehlsempfänger. Diese Bundesregierung belügt uns nach Strich und Faden, von NoSpy bis TTIP, vom Verhältnis zu den USA ganz zu schweigen! (6)
Das Verhältnis zu Russland zu zerstören ist ein nicht wiedergutzumachender Fehler, der nur dem Hegemonie-Streben der USA zugute kommt. Deutschland kann und darf sich weder aus historischen noch aus geopolitischen Gründen ein solches Verhalten erlauben, das uns teuer zu stehen kommen dürfte!
Übrigens waren die Feierlichkeiten in Moskau sehr würdig, und es war rührend zu sehen, wie die alten Veteranen, die letzten der Überlebenden sich freuten.
Auch Putins Rede auf der Siegesparade war sehr gut, und er warnte zu Recht vor Blockdenken! (7)
Schade, dass der ganze "Westliche Block" dem amerikanischen Freund gefolgt war und nicht in Moskau mit feierte!
Aber in Berlin feierten tausende Menschen die Befreiung durch die sowjetische Rote Armee am Ehrenmal in Treptow, und auch die russischen Rocker, die "Nachtwölfe", feierten mit, die sich ihre Einreise nach Berlin allerdings erst gerichtlich erstreiten mussten! (8)
Zum Schluss möchte ich auch noch einen anderen Historiker zitieren, der russische und europäische Geschichte an der Rutgers University in New Jersey, USA lehrt, Jochen Hellbeck aus der F.A.Z. vom 4. Mai:
Für Deutschland war der 8. Mai "ein Tag der Befreiung". "Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft… Weizsäcker sprach vom 8. Mai 1945, doch der von ihm ausgesprochene Gedanke findet sich auch in der russischen Erinnerung an den 9. Mai. Auf ihrem Weg nach Berlin befreite die Rote Armee die Todeslager von Majdanek, Treblinka und Auschwitz. Wenn das neue Europa, wie es heißt, auf den Krematorien von Auschwitz entstanden ist, dann ist dieses Europa ohne Russland nicht zu denken." (PK)
(3)(4)
Evelyn Hecht-Galinski, Tochter von Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin . Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt: sicht-vom-hochblauen.de.
2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro.
Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten "Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik" ausgezeichnet.
Online-Flyer Nr. 510 vom 13.05.2015
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