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Arbeiterfotografie thematisiert Zerstörung durch Braunkohletagebau
Verheizte Heimat
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Genau vor 25 Jahren hat sich die Kölner Gruppe der Arbeiterfotografie mit einem Thema befasst, das auch heute noch viele Menschen bewegt. Von April bis Juli 1990 sind Aufnahmen in und bei Pattern entstanden. Das ist ein Dorf, an dessen Stelle gemäß der Planungen von Rheinbraun das Braunkohlentagebaugebiet Inden I entstanden ist. Fotografisch gearbeitet wurde vielfach mit der Technik der Gegenüberstellung, d.h. Bilder vorher und nachher. – Vom 07. bis 17. August 2015 steht eine Protestaktion gegen den Braunkohletagebau bevor. Zwischen Düsseldorf und der holländischen Grenze wird zum wiederholten Mal ein so genanntes Klimacamp errichtet.
Alle Fotos: Arbeiterfotografie Köln
Kohlekraftwerk Weisweiler
St. Matthäus-Straße, Pattern, April 1990 – Alte Schule
St. Matthäus-Straße, Pattern, Juli 1990
Braunkohletagebau bei Pattern
Geusenstraße, Pattern, April 1990
Geusenstraße, Pattern, Juli 1990
Braunkohletagebau bei Pattern
Blick zur St. Matthäus-Kirche, Pattern, Mai 1990
Blick zur St. Matthäus-Kirche, Pattern, Juli 1990
Pattern verschwindet
Blick zur St. Matthäus-Kirche, Pattern, Mai 1990
Blick zur St. Matthäus-Kirche, Pattern, Juli 1990
Einige Bauten werden noch als Übergangshäuser genutzt…
Hier lebt seit ca. zwei Jahren auch die tamilische Familie Saravanabavan. In wenigen Monaten wird ihre Frist in Pattern abgelaufen sein.
Pattern verschwindet
Pattern verschwindet
Am Donnerstag, dem 12. und Freitag, dem 13. Juli 1990 wird die Kirche St. Matthäus abgerissen
Bevor die Häuser dem Bagger zum Opfer fallen, wird ausgeschlachtet
Bevor die Häuser dem Bagger zum Opfer fallen, wird ausgeschlachtet
Bevor die Häuser dem Bagger zum Opfer fallen, wird ausgeschlachtet
1990 lebt nur noch eine Bauernfamilie in Pattern. Alle anderen Bewohner sind mit Drohungen, Schikane und Verlockungen aus dem Dorf vertrieben worden.
Anfang Juli 1990 findet auf dem Friedhof der Kirche St. Matthäus die ewige Ruhe der hier zu Grabe getragenen ihr Ende. Die Gebeine werden in ein Sammellager außerhalb Patterns ausgelagert.
In welchem Maße Energiegewinnung aus Braunkohle sich auf das Klima auswirkt ist eine offene Frage. Ist für die Veränderung des Klimas tatsächlich in hohem Maße CO2 verantwortlich? Oder trifft zu, was Prof. Claudia von Werlhof schreibt, "dass das CO2 mit dem Klima ziemlich wenig zu tun hat, sondern nur ablenken soll von den Schäden, die das militärische Geoengineering seit Jahrzehnten auf der Erde verursacht"? Sicher ist, dass mit dem Braunkohletagebau der Lebensraum von Tausenden von Menschen zerstört wird. Diesen Aspekt darzustellen, war vor 25 Jahren das Hauptanliegen der Kölner ArbeiterfotografInnen.
Requiem für einen Lebensraum
In der Zeitschrift ist 1991 ein kurzer Artikel zum Projekt "Verheizte Heimat" erschienen. Er ist nachfolgend wiedergegeben:
Verheizte Heimat – das ist der Titel eines Projektes über den Braunkohletagebau im Kölner Raum. Die hier vorgestellten Fotos waren als erste Ergebnisse des Projekts innerhalb der Ausstellung "Engagierte Fotografie 1990" in der Galerie Arbeiterfotografie in Köln zu sehen. Entstanden sind die Fotos von April bis Juli 1990 in erster Linie in und bei Pattern.
Pattern – das ist der Name eines Dorfes irgendwo zwischen Köln und Aachen. Es ist ein Dorf ohne Läden, ohne Gaststätten, ohne Schule, ein Dorf ohne Polizei, Feuerwehr und Bürgermeister. An den Ortseingängen gibt es keine Ortseingangsschilder. Das Dorf hat keinen Briefkasten. Und in der Telefonzelle befindet sich ein Schild mit der Aufschrift "Wegen Störung geschlossen". Die Ortschaft macht insgesamt einen zerrissenen Eindruck. Am Rande der Strassen, die das Dorf durchziehen, gibt es nur vereinzelt Häuser. Und die sind nur teilweise bewohnt. Nur eine einzige Bauernfamilie und eine Reihe von tamilischen Asylsuchenden sind hier anzutreffen.
Das war der Zustand, wie wir Pattern im Frühjahr 1990 vorfanden. Weshalb sich mit einem derartigen Dorf befassen? Pattern befindet sich in der Schlussphase seiner Vernichtung. Am 13. Juli ist die Kirche dem Erdboden gleichgemacht worden. Und auch die Tage der noch stehenden Gebäude sind gezählt. Pattern verschwindet, um dem Braunkohletagebau Platz zu machen, der hier vom Rheinbraun-Konzern betrieben wird. Es ist das Tagebaugebiet Inden I, das hier entstehen soll.
Diesen Vorgang als ersten Bestandteil einer umfangreicheren Dokumentation fotografisch zu erfassen, hat sich die Arbeiterfotografie Köln zur Aufgabe gemacht. Eine Vielzahl von Exkursionen haben uns Anfang und Mitte dieses Jahres immer wieder nach Pattern geführt. Etwa zehn Mitglieder der Gruppe haben sich daran beteiligt. Das Thema erwies sich als für das Medium Fotografie wie geschaffen. Dementsprechend entwickelte sich das Interesse in der Gruppe.
Wozu ein solches Thema aufgreifen? Sind wir nicht alle auf Energiegewinnung angewiesen und müssen dafür Opfer bringen, indem wir zulassen, dass in erheblichem Maße in den Naturhaushalt eingegriffen wird, Kulturdenkmäler zerstört werden, der Lebensraum von Menschen vernichtet wird? Jörg Boström formuliert die Intention bei der Ausstellungseröffnung wie folgt: "Hier wird dokumentiert, was bald verschwunden ist. Ein Requiem für einen Lebensraum ... Es werden die Widersprüche unseres Lebenssystems in Bildern zur Sprache gebracht. Wie eine langfristig angelegte fotografische Erzählung ergänzen sich die Bilder zu überschaubaren und gerade darum widerspruchsvollen Zusammenhängen. Ein Bild entsteht, eine Metapher an einem Beispiel für die sich selbst untergrabende Menschenorganisation." (PK)
Online-Flyer Nr. 521 vom 29.07.2015
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Arbeiterfotografie thematisiert Zerstörung durch Braunkohletagebau
Verheizte Heimat
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Genau vor 25 Jahren hat sich die Kölner Gruppe der Arbeiterfotografie mit einem Thema befasst, das auch heute noch viele Menschen bewegt. Von April bis Juli 1990 sind Aufnahmen in und bei Pattern entstanden. Das ist ein Dorf, an dessen Stelle gemäß der Planungen von Rheinbraun das Braunkohlentagebaugebiet Inden I entstanden ist. Fotografisch gearbeitet wurde vielfach mit der Technik der Gegenüberstellung, d.h. Bilder vorher und nachher. – Vom 07. bis 17. August 2015 steht eine Protestaktion gegen den Braunkohletagebau bevor. Zwischen Düsseldorf und der holländischen Grenze wird zum wiederholten Mal ein so genanntes Klimacamp errichtet.
Alle Fotos: Arbeiterfotografie Köln
Kohlekraftwerk Weisweiler
St. Matthäus-Straße, Pattern, April 1990 – Alte Schule
St. Matthäus-Straße, Pattern, Juli 1990
Braunkohletagebau bei Pattern
Geusenstraße, Pattern, April 1990
Geusenstraße, Pattern, Juli 1990
Braunkohletagebau bei Pattern
Blick zur St. Matthäus-Kirche, Pattern, Mai 1990
Blick zur St. Matthäus-Kirche, Pattern, Juli 1990
Pattern verschwindet
Blick zur St. Matthäus-Kirche, Pattern, Mai 1990
Blick zur St. Matthäus-Kirche, Pattern, Juli 1990
Einige Bauten werden noch als Übergangshäuser genutzt…
Hier lebt seit ca. zwei Jahren auch die tamilische Familie Saravanabavan. In wenigen Monaten wird ihre Frist in Pattern abgelaufen sein.
Pattern verschwindet
Pattern verschwindet
Am Donnerstag, dem 12. und Freitag, dem 13. Juli 1990 wird die Kirche St. Matthäus abgerissen
Bevor die Häuser dem Bagger zum Opfer fallen, wird ausgeschlachtet
Bevor die Häuser dem Bagger zum Opfer fallen, wird ausgeschlachtet
Bevor die Häuser dem Bagger zum Opfer fallen, wird ausgeschlachtet
1990 lebt nur noch eine Bauernfamilie in Pattern. Alle anderen Bewohner sind mit Drohungen, Schikane und Verlockungen aus dem Dorf vertrieben worden.
Anfang Juli 1990 findet auf dem Friedhof der Kirche St. Matthäus die ewige Ruhe der hier zu Grabe getragenen ihr Ende. Die Gebeine werden in ein Sammellager außerhalb Patterns ausgelagert.
In welchem Maße Energiegewinnung aus Braunkohle sich auf das Klima auswirkt ist eine offene Frage. Ist für die Veränderung des Klimas tatsächlich in hohem Maße CO2 verantwortlich? Oder trifft zu, was Prof. Claudia von Werlhof schreibt, "dass das CO2 mit dem Klima ziemlich wenig zu tun hat, sondern nur ablenken soll von den Schäden, die das militärische Geoengineering seit Jahrzehnten auf der Erde verursacht"? Sicher ist, dass mit dem Braunkohletagebau der Lebensraum von Tausenden von Menschen zerstört wird. Diesen Aspekt darzustellen, war vor 25 Jahren das Hauptanliegen der Kölner ArbeiterfotografInnen.
Requiem für einen Lebensraum
In der Zeitschrift ist 1991 ein kurzer Artikel zum Projekt "Verheizte Heimat" erschienen. Er ist nachfolgend wiedergegeben:
Verheizte Heimat – das ist der Titel eines Projektes über den Braunkohletagebau im Kölner Raum. Die hier vorgestellten Fotos waren als erste Ergebnisse des Projekts innerhalb der Ausstellung "Engagierte Fotografie 1990" in der Galerie Arbeiterfotografie in Köln zu sehen. Entstanden sind die Fotos von April bis Juli 1990 in erster Linie in und bei Pattern.
Pattern – das ist der Name eines Dorfes irgendwo zwischen Köln und Aachen. Es ist ein Dorf ohne Läden, ohne Gaststätten, ohne Schule, ein Dorf ohne Polizei, Feuerwehr und Bürgermeister. An den Ortseingängen gibt es keine Ortseingangsschilder. Das Dorf hat keinen Briefkasten. Und in der Telefonzelle befindet sich ein Schild mit der Aufschrift "Wegen Störung geschlossen". Die Ortschaft macht insgesamt einen zerrissenen Eindruck. Am Rande der Strassen, die das Dorf durchziehen, gibt es nur vereinzelt Häuser. Und die sind nur teilweise bewohnt. Nur eine einzige Bauernfamilie und eine Reihe von tamilischen Asylsuchenden sind hier anzutreffen.
Das war der Zustand, wie wir Pattern im Frühjahr 1990 vorfanden. Weshalb sich mit einem derartigen Dorf befassen? Pattern befindet sich in der Schlussphase seiner Vernichtung. Am 13. Juli ist die Kirche dem Erdboden gleichgemacht worden. Und auch die Tage der noch stehenden Gebäude sind gezählt. Pattern verschwindet, um dem Braunkohletagebau Platz zu machen, der hier vom Rheinbraun-Konzern betrieben wird. Es ist das Tagebaugebiet Inden I, das hier entstehen soll.
Diesen Vorgang als ersten Bestandteil einer umfangreicheren Dokumentation fotografisch zu erfassen, hat sich die Arbeiterfotografie Köln zur Aufgabe gemacht. Eine Vielzahl von Exkursionen haben uns Anfang und Mitte dieses Jahres immer wieder nach Pattern geführt. Etwa zehn Mitglieder der Gruppe haben sich daran beteiligt. Das Thema erwies sich als für das Medium Fotografie wie geschaffen. Dementsprechend entwickelte sich das Interesse in der Gruppe.
Wozu ein solches Thema aufgreifen? Sind wir nicht alle auf Energiegewinnung angewiesen und müssen dafür Opfer bringen, indem wir zulassen, dass in erheblichem Maße in den Naturhaushalt eingegriffen wird, Kulturdenkmäler zerstört werden, der Lebensraum von Menschen vernichtet wird? Jörg Boström formuliert die Intention bei der Ausstellungseröffnung wie folgt: "Hier wird dokumentiert, was bald verschwunden ist. Ein Requiem für einen Lebensraum ... Es werden die Widersprüche unseres Lebenssystems in Bildern zur Sprache gebracht. Wie eine langfristig angelegte fotografische Erzählung ergänzen sich die Bilder zu überschaubaren und gerade darum widerspruchsvollen Zusammenhängen. Ein Bild entsteht, eine Metapher an einem Beispiel für die sich selbst untergrabende Menschenorganisation." (PK)
Online-Flyer Nr. 521 vom 29.07.2015
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