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Aktueller Online-Flyer vom 21. November 2024  

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Globales
Friedenspolitische Zäsur: ökonomische statt militärische Expansionspolitik
Weltfrieden und Ökonomie Chinas
Von Dietrich Schulze

In der Tageszeitung Neues Deutschland erschien der hochinteressante Beitrag „Ein gigantischer Plan“ [1] über das enorme Wachstum der chinesischen Welthandelsflotte und den systematischen Aufbau der ökonomischen Herrschaft über die Seewege, über die 90 Prozent des Welthandels abgewickelt werden. Der Autor ist in keiner Weise Experte für diese Thematik, möchte aber so unbescheiden sein, einige grundsätzliche friedenspolitische Gedanken dazu zu äußern, die ihn schon lange bewegen.

Yantian Container-Terminal in China
Quelle: http://www.aecom.com
 
Nachdem die Wahnvorstellung der „einzigen Supermacht USA“ immer offensichtlicher danebengeht und sich als zweiter Machtblock die BRICS-Staaten hörbar machen, muss über die weltweite Friedenspolitik neu nachgedacht werden.
Ja, die gut begründete Imperialismustheorie, wonach die Kapitaloffensive der mächtigsten Blöcke gegeneinander letztlich mit dem Mittel des Krieges ausgetragen wird, ist nicht vom Tisch.
Denn auch alle BRICS-Staaten sind kapitalistische Länder. Sie verfügen ähnlich wie die USA und Großbritannien und Frankreich über enorme Mengen an Atomwaffen. Einzige Ausnahmen sind Südafrika und Brasilien. Dazu später noch mehr.
 
Der Realsozialismus Chinas ist einer Öffnung für kapitalistische Praktiken gewichen. Die Staatsführung behält sich aber die ökonomische Kontrolle vor. Chinesische Theoretiker bezeichnen die Öffnung als einen nachholenden Frühkapitalismus. Über militärische Expansionsschritte oder die Drohung damit ist vonseiten Chinas seit langem nichts bekannt.
Ganz im Gegensatz zum militärisch immer aggressiver auftretenden Machtblock USA-NATO-EU. In letzter Zeit wurde in Ergänzung dazu am Beispiel Griechenland demonstriert, wie die Kapitulation eines unabhängigen Landes ohne einen Schuss Pulver durchgesetzt wird.
Läuft die ökonomische Expansion Chinas auf das Gleiche hinaus? Ich glaube NEIN.
Soweit mir bekannt ist, laufen alle Expansionen Chinas auf einen weitgehend ausgeglichenen wirtschaftlichen Deal hinaus und nicht auf die politische Unterwerfung der betroffenen Partner oder Länder.
Was bedeutet das für die weltweite Friedenspolitik?
Dazu eine traditionelle links-fundamentalistische Antwort: Wirtschaftskrieg und Krieg laufen auf dasselbe hinaus. Beide sind Auswüchse der kapitalistischen Produktionsweise und deshalb in gleicher Weise abzulehnen. Stimmt das?
Ich denke NEIN. Jede militärische Auseinandersetzung erzeugt Tote und den Gedanken nach Rache. Dieser Kreislauf muss beendet werden nach zwei furchtbaren Weltkriegen, die von deutschem Boden ausgingen, und nicht von russischem, amerikanischem oder chinesischem.
Damit soll nicht der US-Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki verharmlost werden und auch nicht der Vietnamkrieg und auch nicht alle jetzigen Kriegshandlungen.
Wenn sich alle Länder jedoch dem chinesischen Weg anschließen würden, gäbe es zwar eine heftige ökonomische Konkurrenz, aber keine Kriegstoten mehr.
Dann brauchte man keine Waffen mehr für den Selbstschutz und es könnte endlich mit der Vernichtung aller Atomwaffen begonnen werden. Dann wäre das Kriegsbündnis NATO endlich überflüssig.
Ja, das ist immer noch eine blanke Vision. Die neue Einkreisungspolitik der NATO gegenüber Russland mit dem Schwerpunkt Ukraine, die Ermutigung gewisser Kreise für die Erdogan-Kriegspolitik und vieles mehr spricht eine ganz andere Sprache.
 
Wenn es keine Kriegstoten mehr gäbe, gibt es dann gar keine Tötungen mehr?
Dazu braucht man sich nur die Flut der im Mittelmeer sterbenden Flüchtlinge in Erinnerung zu rufen. Diese sind auch die Folge deutscher Waffenlieferungen.
Weiter braucht man sich nur die Millionen Verhungernden ins Gedächtnis zu rufen, infolge von Unterernährung in armen Ländern, die der neokolonialen Ausbeutung unterliegen. Es gibt noch jede Menge anderer Ursachen in dieser unfriedlichen Welt.
Die Abschaffung des Krieges als Mittel der Politik wäre ein unendlich großer Sieg für die ganze Menschheit. Die Nachahmung der rein ökonomischen Expansionspolitik Chinas - so widersprüchlich das klingen mag - kann ein praktikabler Weg aus dem drohenden atomaren Untergang sein.
Das BRICS-Bündnis kann diesen Weg unterstützen, hat aber selbst in der Frage Krieg und Frieden keine klare Orientierung.
 

Antiatom-Grafik Brasilien
Dazu sei auf das Beispiel Brasilien verwiesen. Mit deutschen Hermes-Krediten werden dort lange still liegende Atomreaktoren aufgerüstet. Die Regierung Brasiliens hält sich die Verwendung der nuklearen Spaltstoffe für militärische Zwecke ausdrücklich offen. Der Antrag der Grünen Bundestagsfraktion gegen die Fortsetzung des deutsch-brasilianischen Atomabkommens [2] war nicht erfolgreich.
In Südafrika ist es gelungen, das Apartheid-Regime aus eigenen Kräften zu zerstören. Es sei daran erinnert, dass die Bundesrepublik einen erheblichen Anteil an Wissens- und Technologietransfer zur still gelegten Bombe beigetragen hatte. Das gleiche gilt für die real existierende indische Bombe.
 
Das hat mit der Geschichte der Karlsruher Atomforschung sehr viel zu tun. Dazu wurde anlässlich des Hiroshima-Tages von einem Karlsruher Bündnis ein Offener Brief an die Stadt unter dem Titel „Mayors for Peace - Karlsruhe gegen Atomwaffen“ [3] gerichtet.
Dennoch: Das BRICS-Bündnis könnte von der chinesischen Lösung profitieren und das Bündnis selber weiter als grundsätzliche Alternative voranbringen.
„Das Denken und die Methoden der Vergangenheit konnten die Weltkriege nicht verhindern, aber das Denken der Zukunft muss Kriege unmöglich machen.“ Albert Einstein (1879-1955)
(PK)
 
 
[1] ND-Ausgabe 8./9. August 2015, Seiten 17-19
[2] http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21003
[3] http://www.stattweb.de/files/civil/Doku20150805.pdf
 
Dr.-Ing. Dietrich Schulze (Jg. 1940) war nach 18-jähriger Forschungstätigkeit im Bereich der Hochenergie-Physik von 1984 bis 2005 Betriebsratsvorsitzender im Forschungszentrum Karlsruhe (jetzt KIT Campus Nord). 2008 gründete er mit anderen in Karlsruhe die Initiative gegen Militärforschung an Universitäten (WebDoku www.stattweb.de/files/DokuKITcivil.pdf). Er ist Beiratsmitglied der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit sowie in der Initiative „Hochschulen für den Frieden – Ja zur Zivilklausel“ und publizistisch tätig.
 


Online-Flyer Nr. 523  vom 12.08.2015

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