Krieg und Frieden
Kenntnisreiche amerikanische wie internationale Beobachter einig
Gefahr eines (versehentlichen) nuklearen Armageddon
Von Rudolf Hänsel
Die Mehrheit der Deutschen blickt aktuellen Umfragen zufolge mit Angst, nicht mit Zuversicht ins neue Jahr 2016. Die humanitäre Krise, Angst vor Terroranschlägen sowie große Unzufriedenheit mit den gegenwärtigen Volksvertretern haben im Vergleich zu den Vorjahren einen „erdrutschartigen“ Stimmungsumschwung bewirkt. (1) Dabei wird in deutschen Leitmedien über die weit beängstigendere Gefahr einer Auslöschung allen Lebens auf der Erde durch eine beabsichtigte oder versehentliche atomare Katastrophe nur am Rande berichtet. Doch davor warnen immer dringender nicht nur sachkundige amerikanische Beobachter. Weil die Gefahr nicht von Russland ausgeht, sondern von fundamentalistischen neokonservativen Kriegstreibern in Washington, befürchtet man, dass sich die mehrheitlich positive Einstellung gegenüber Washington ins Gegenteil verkehren könnte.
Gefahr einer atomaren Katastrophe
Vor einem halben Jahr erschien Paul Craig Roberts Buch „Amerikas Krieg gegen die Welt...und gegen seine eigenen Ideale“ und vor ein paar Wochen der Artikel „Neokonservative wollen die Menschheit an den Rand der Auslöschung bringen“. (2) Roberts war unter US-Präsident Reagan „Assistent Secretary“ (Staatssekretär) im Finanzministerium. Als liberaler Wirtschaftswissenschaftler gehört er zu den führenden Journalisten der USA. Roberts ist der Auffassung: „Washington sucht deshalb den Konflikt mit Russland, weil es der neokonservativen Ideologie verfallen ist, die Geschichte habe Washington dazu auserwählt, die Welt zu beherrschen. Die USA seien das ‚außergewöhnliche und unverzichtbare’ Land per se, die alleinige Weltmacht, die auserwählt wurde, um der Welt den Willen Washingtons aufzuzwingen. Diese Ideologie bestimmt die amerikanische Außenpolitik und macht Kriege zu ihrer Verteidigung und Durchsetzung unvermeidlich.“
Roberts weiter: „In den 1990er Jahren machte Paul Wolfowitz die sogenannte ‚Wolfowitz-Doktrin’ zur Grundlage der amerikanischen Militär- und Außenpolitik. In ihrer dreistesten Form besagt diese Doktrin: ‚Es ist unser vorrangiges Ziel, auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion oder woanders das Wiedererstarken eines neuen Rivalen zu verhindern, der eine Gefahr darstellen könnte, wie es die Sowjetunion getan hat. Dies ist eine der neuen regionalen Verteidigungsstrategie zugrundeliegende Überlegung, die alles erfordert, eine feindliche Macht daran zu hindern, eine Region zu beherrschen, deren Ressourcen unter konsolidierter Kontrolle genügen würden, eine Weltmacht hervorzubringen’.“ (S. 235) Ein Land werde dann als „feindliche Macht“ eingestuft, wenn es – wie etwa die BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – erklärt hat, eine unabhängige Außenpolitik zu verfolgen. Washington will keine Partner, sondern Vasallen.
Roberts betont, dass seine Warnung, die Neokonservativen hätten die Gefahr eines atomaren Weltuntergangs wieder aufflammen lassen, auch von Noam Chomsky, dem früheren amerikanischen Außenminister William Perry und anderen einfühlsamen und kenntnisreichen Beobachtern geteilt wird. Im Buch und in mehreren Artikeln legt Roberts dar, wie wir täglich Zeuge neuerlicher aggressiver Provokationen seitens Washington und seiner Vasallen gegenüber Russland und auch China sein würden – angefangen von der Nato-Osterweiterung, dem Einsetzen von Marionettenregierungen (u.a. in Kiew) bis hin zur neuen Kriegsdoktrin, Atomwaffen in den Rang präemtiver Erstschlagkapazitäten zu erheben.
Roberts sieht Zeichen, dass Russland die amerikanische Arroganz satt habe:
Die russische Bevölkerung habe „eine starke Persönlichkeit an die Spitze der Regierung gewählt, (...). Der Westen verdankt seine Überlegenheit seiner Technologie, aber nicht seiner geistig-moralischen Führung. (...) Im Westen gibt es keine politischen Führungspersönlichkeiten wie Putin. Der Westen wird von einer Ansammlung korrupter Marionetten regiert, die sich vorrangig privaten Interessengruppen wie etwa der Wallstreet, dem militärisch-industriellen Komplex, der Israel-Lobby, den Agrarkonzernen und der Rohstoffindustrie (Energie, Bergbau, Holz) verpflichtet fühlt.“ (Artikel, S. 4) Die amerikanischen Neokonservativen hingegen sind nach Roberts „ein verkommener Kader aus Kriegstreibern“, die auch die großen amerikanischen Medien dominieren.
Schließlich beschwört Roberts den Leser: „Um es auch der gedanken- und ahnungslosen westlichen Bevölkerung noch einmal deutlich vor Augen zu führen. Alles, für das sich Reagan und Gorbatschow eingesetzt hatten, wird von durchgeknallten, dementen und bösartigen amerikanischen Neokonservativen über Bord geworfen, deren Streben nach Weltherrschaft diese Welt an den Rand der Vernichtung bringt. Es geht hier um die gleichen blutrünstigen Kriegsverbrecher, die sieben Länder zerstört und für den Tod und die Verstümmelung zahlloser Menschen in diesen Ländern verantwortlich sind und Millionen Muslime in diesen Ländern zur Flucht gezwungen und dafür gesorgt haben, dass Millionen Menschen, die vor diesen Kriegen der Neokonservativen fliehen, nach Europa drängen.“ (Artikel, S. 6) Die amerikanische Regierung würde Internet-Trolle bezahlen, um diejenigen lächerlich zu machen, die dies behaupten.
Andere Intellektuelle bestätigen Roberts Auffassung: So Michel Chossudovsky, Direktor des Zentrums für Globalisierungsforschung in Montreal (www.globalresearch.ca). 2012 publizierte er das Buch „Das Szenario eines Dritten Weltkriegs. Die geheimen Pläne des Pentagons zur Errichtung einer Neuen Weltordnung“ und 2015 folgte „The Globalisation of War: America’s Long War Against Humanity“. Am 4. Juli 2015 zitierte ihn der Münchner Focus: „Experten warnen: Die US-Präventionsstrategie führt zu einem dritten Weltkrieg“. Der kanadische Professor sei sich sicher, wird Chossudovsky wiedergegeben, dass die USA die größte Bedrohung für den Westen sei. Die Amerikaner zögen s. E. einen atomaren Erstschlag gegen Russland in Erwägung – „was zwangsläufig zum dritten Weltkrieg führen müsse. Eine krasse These, für die der Kanadier jedoch Unterstützung von anderen Experten bekommt.“
Chossudovsky bezeichnet einen nuklearen Erstschlag als „ernsthafte Option“: „Es handle sich nicht länger nur um abstrakte Überlegungen, sondern der Einsatz von Atomwaffen sei ‚von den Entscheidungsträgern im Pentagon ins Auge gefasst’ worden. (...) Deshalb warnt der Wissenschaftler eindringlich, dass sich die Welt an einem sehr gefährlichen Scheideweg befinde: Das Undenkbare sei denkbar geworden: ‚Es könnte den Dritten Weltkrieg auslösen’.“ Doch Chossudovsky stünde mit seinen Befürchtungen keineswegs alleine da: „Immer mehr Experten würden vor einer realen Kriegsgefahr warnen und thematisieren dabei die Rolle von Atomwaffen.“ (3) Noam Chomski, Professor am Massachusetts Institut of Technology (MIT), einer der prominentesten Kritiker der US-Politik, bezeichnet die USA als einen „Schurkenstaat“ und ist der Meinung, dass wir auf der internationalen Bühne auf einen Abgrund zurasen, wie die sprichwörtlichen Lemminge. Der eine Abgrund sei die Umweltkatastrophe, den anderen gäbe es schon seit 70 Jahren – die Gefahr eines Atomkriegs. (4)
Hiroshima – Symbol für Bedrohung der Menschheit durch sich selbst
Vor über 70 Jahren, am 6. und 9. August 1945 haben von US-Bombern abgeworfene Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki auf einen Schlag etwas 92.000 Menschen sofort getötet, weitere 130.000 Menschen starben bis Jahresende. Die Zahl der Opfer durch Radioaktivität bis heute wird auf mindestens 500.000 geschätzt. Niemand kennt die wirkliche Zahl. Eine einzigartige menschliche Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Die amerikanische Regierung hat das Unvorstellbare getan – und wird es wieder tun, wenn es ihren geopolitischen und wirtschaftlichen Zielen dienlich ist! Mit diesen zwei Atombomben wollte die amerikanische Regierung unter Präsident Truman die Ausbreitung des sowjetischen Einflusses in Asien eindämmen. Und einige Wissenschaftler des militärischen Manhattan-Projekts zur Entwicklung der Atombombe wollten „dieses Spielzeug“ einmal ausprobieren.
Während des Kalten Krieges stellte die US-Führung eine Liste mit 2000 Zielen im Ostblock auf, die sie im Fall eines Krieges mit der Sowjetunion massiv mit thermonuklearen Waffen (Wasserstoffbomben) angreifen wollte. St. Petersburg (damals Leningrad), Moskau und Peking gehörten auch dazu. Das 800-Seiten-Dokument des Nationalen Sicherheits-Archivs der USA stammt aus dem Jahr 1956 und wurde erst vor wenigen Wochen in den deutschen Medien veröffentlicht. (5) Die Ziele wurden für den Fall eines Krieges im Jahr 1959 festgelegt. Auch in Ost-Berlin sollten 91 Ziele mit Atombomben angegriffen werden, um es „systematisch“ zu zerstören. Neben Radio- und TV-Stationen sollte gezielt die „Bevölkerung“ getroffen werden. Das heißt, Bevölkerungszentren galten als Ziel. Neben unzähligen Toten wären große Gebiete in der Umgebung wie z.B. West-Berlin durch nuklear erzeugte Feuerstürme verwüstet und radioaktiv verseucht worden.
Die Atomwaffenexpertin, Ärztin und weltweit renommierte Aktivistin der internationalen Anti-Atombewegung, Dr. Helen Caldicott, machte in ihrem 2002 publizierten Buch „Atomgefahr USA. Die nukleare Aufrüstung der Supermacht“ publik, dass die USA bis an die Zähne bewaffnet seien, seit Ende des Kalten Krieges mit Milliarden-Militärhaushalten weiter aufgerüstet hätten und mit ihren Bomben, Raketen und Weltraumlasern über eine bisher unvorstellbare Zerstörungskraft verfügten. Darüber hinaus belegte sie Beunruhigendes: „Die US-Regierung steht in ihrer aggressiven Präventivschlag-Politik unter einem enormen Druck von Seiten der Rüstungsindustrie, Atomwaffen einzusetzen – damit neue produziert werden können. (...) Amerika betreibt das größte und gefährlichste Atomwaffenprogramm der Welt. Tausende von Nuklearraketen stehen zum sofortigen Einsatz auf Knopfdruck bereit. Die Gefahr, dass die einzig verbliebene Supermacht sie auch im ‚Krieg gegen den Terror’ anwendet, ist größer denn je.“ (6)
Atomares Armageddon nur 30 Minuten entfernt
„Wussten Sie“, schreibt Roberts im Kapitel ‚Mit dem Finger am atomaren Abzug’, „dass Washington 450 atomar bestückte Interkontinentalraketen in ständiger Alarmbereitschaft hält? Das mache uns ‚sicher’, glaubt man in Washington.“ Anschließend zitiert er aus dem Buch von Eric Schlosser ‚Command and Control: Atomwaffenarsenale der USA und die Illusion der Sicherheit’: „Das Problem bei ständiger Einsatzbereitschaft: Die Wahrscheinlichkeit wächst, dass Raketen irrtümlich, ungewollt oder ohne Genehmigung abgefeuert werden.“ Schlosser listet auf, wie viele Beinahe-Abschüsse die Welt um ein Haar in den Abgrund gestürzt hätten. (S. 217) Roberts verweist auch auf ein Interview mit Dr. Theodore Postol, Experte für Nukleartechnik: Er würde uns daran erinnern, dass es nur eines Fehlers bedarf, und innerhalb von 30 Minuten ist alles Leben auf der Erde vernichtet.
In diesem Interview „Atomic Armageddon is just 30 minutes away – former US Navy advisor“ – veröffentlicht am 7.12.2015 – sagt der hochrangige Spezialist: „Ich glaube, dass ein versehentlicher Atomkrieg zwischen den USA und Russland möglich ist. Ich weiß nicht, wie wahrscheinlich es ist, (...) aber ich denke, dass wir in Gefahr sind.“ (...) (7). Gegenwärtig gäbe es ernste Probleme wegen des schlecht gewarteten Atomwaffenarsenals in den USA. Grund sei der „katastrophale Abfall der Moral unter den Truppen“. Auch die Fehlfunktion eines Computerchips oder ein nicht ordnungsgemäß installierter Schaltkreis könnten einen Atomkrieg auslösen. Oder es könnte jemand aufgrund einer unvollständigen Information – Informationen sind nie vollständig –, eine schlechte Entscheidung treffen.
Bereits Drohung mit Atomwaffen ist Verbrechen
Ob Washington oder Moskau: Bereits die Drohung mit Nuklearwaffen ist nach dem amerikanischen Völkerrechtler Francis Boyle „Nuklearterrorismus“ und seit dem Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunal 1945 ein Verbrechen gegen den Frieden und die Menschheit. NRhZ-Online druckte vor vier Jahren einen Vortrag Boyles auf der XVIII. „Mut-zur Ethik“-Konferenz in Feldkirch, Österreich, ab. (8) Dort warf Professor Boyle der US-Regierung vor, „nach den Atombomben von Hiroshima und Nagasaki und der Verbrennung von 250.000 unschuldigen Menschen weiter an der Entwicklung dieser die gesamte Menschheit bedrohenden Waffen festzuhalten und damit nachweisbar Verbrechen wie die Nazis zu begehen. (...) Heute steht die Welt vor dem Abgrund eines weiteren Weltkrieges“, sagte Boyle und fügte hinzu: „Daher sind die Regierungsbeamten in allen Nuklearwaffenstaaten, nicht nur die der Vereinigten Staaten – sie sind natürlich die schlimmsten –, (...) Verbrecher.
Sie sind Verbrecher! Für ihre Androhung, die ganze Menschheit zu vernichten! Für ihre Androhung, die Nürnberg-Verbrechen gegen den Frieden, die Verbrechen gegen die Menschheit, die Kriegsverbrechen und den Genozid zu wiederholen! (...)
Die Menschheit muss die Nuklearwaffen abschaffen, bevor die Nuklearwaffen die Menschheit abschafft! Jeder auf der ganzen Welt hat das grundlegende Menschenrecht, frei von der verbrecherischen Praxis nuklearer Bedrohung/nuklearen Terrorismus’ und seinem Gespenst der nuklearen Ausrottung zu sein. Alle menschlichen Wesen (...) besitzen das Grundrecht unter dem humanitären Völkerrecht, zivilen Widerstand zu leisten, um diese angedrohten Taten internationaler Verbrechen entweder zu verhüten, zu behindern oder zu beenden.“ (9)
Weltkrieg hat längst begonnen
Wenn man von der Gefahr von Nuklearwaffen spricht, muss man auch biologische, chemische und die tödlichen Waffen der neuen Generation mit einbeziehen: Die US-Army nutzt seit dem Golfkrieg 1991 bis heute unter stillschweigender Duldung der Nato-Vasallen tonnenweise urangehärtete Bomben und Granaten in ihren völkerrechtswidrigen Angriffskriegen weltweit. Professor Dr. Dr. Siegwart-Horst Günther war der Entdecker von Erkrankungen, die der Anwendung von abgereichertem Uran in DU-Munition zugerechnet wird (u.a. Golfkriegssyndrom, missgebildete Neugeborene) und er war der Vater der Anti-Uranwaffen-Bewegung. DU-Waffen sind nicht nur Waffen gegen Staaten, sondern gegen den Planeten. Drei serbische Experten haben die Konsequenzen der Nato-Bombardierung ihres Landes 1999 wissenschaftlich ausgewertet und in einem Buch „Crime in War – Genocide in Peace. The consequences of NATO bombing of Serbia in 1999“ (10) niedergeschrieben. Nach einer verbrecherischen Kriegsführung beginnt – oft zehn oder mehr Jahre nach Abzug der Soldateska – ein Völkermord in den ehemaligen Kriegsgebieten.
Prof. Dr. Dr. Siegwart-Horst Günther
Quelle: http://www.amazon.de
Eine weitere Kriegswaffe ist unser Planet Erde. Die Trägerin des alternativen Nobelpreises, die amerikanische Naturwissenschaftlerin und Umweltmedizinerin Dr. Rosalie Bertell hat dies in ihrem 2011 erschienenen Buch „Planet Earth. The Latest Weapon of War“ (dt: „Kriegswaffe Planet Erde“) nachgewiesen. Sie meinte: „Ich anerkenne durchaus... Bemühungen, die sich allein auf das Thema einer Beseitigung der nuklearen Bedrohung richten. Aber ich frage mich, ob... diese auch Teslas Forschung über eine Spaltung des Planeten in zwei Teile oder über die Möglichkeit eines Zerreißens der dünnen Bande zwischen Erde und Sonne, Mond und Sonne und Erde und Mond, welches unsere Erde in die Sonne oder in den Weltraum katapultieren würde, zur Kenntnis genommen haben? Denn dieses sind reale Möglichkeiten in Wetterkriegen, für welche sich jetzt wenigstens vier Nationen und ein nicht auf nationalstaatlicher Basis agierender Akteur vorbereiten... Ich schlage vor, die Mauer des Schweigens über militärische Aktivitäten (Forschung und Experimente) abzuschaffen und Gerichte mit anerkannter Integrität zur Ersetzung des Krieges durch Streitbeilegung für alle zukünftige Zeiten dieses Planeten einzurichten.“ (11)
USA einziges Land weltweit, das Krieg braucht
„Das einzige Land weltweit, das Krieg braucht, ist Washington“, schreibt Roberts. Russland und China seien Länder, die im Aufstieg begriffen sind und keinen Krieg bräuchten, um erfolgreich zu sein. Beide Länder könnten für den Frieden wirken. Ein zentraler Grund, warum die USA Krieg bräuchten, sei, „dass sich in Washington die neokonservative Agenda einer amerikanischen Weltherrschaft durchgesetzt hat.“ (S. 227) Doch es gebe weitere Gründe wie das ungezügelte Gewinnstreben des Kapitalismus im Allgemeinen und die schlechte Wirtschaftslage der USA im Besonderen. „Es ist die Logik des Krieges“, so die Volkswirtschaftlerin Claudia von Werlhof, „neues Wachstum zu schaffen. Also immer dann, wenn unser System ökonomisch an seine Grenzen stößt, ist es bereit, den Krieg zur Durchbrechung dieser Grenzen einzusetzen. Der Krieg ist auf diese Weise eine Bedingung für neues Wachstum, das heißt, er ist die Fortsetzung nicht etwa nur der Politik, sondern gerade auch die Fortsetzung der Wirtschaft mit anderen Mitteln.“ (12)
Das heutige kapitalistische System kann nicht existieren ohne Krieg. Und Russland ist ein Dorn im Auge des kapitalistischen Systems. Bereits vor Jahren hat die psychologische Kriegsführung gegen Russland begonnen: „Der Propagandakampagne Washingtons ist es gelungen“, schreibt Roberts, „Russland in eine Bedrohung zu verwandeln. Aus Meinungsumfragen geht hervor, dass 69 Prozent der Amerikaner Russland gegenwärtig als Bedrohung betrachten (...) Die Russen und ihre Regierung sind Zeuge einer Dämonisierung, die gleichermaßen ihrem Land und ihrer politischen Führung gilt.“ (S. 18) Das gleiche Schicksal der Verteufelung erlitten viele Länder und ihre Führer seit dem Kosovokrieg 1999 bis Syrien heute – jeweils kurz vor Beginn der westlichen Kriege gegen diese Länder.
Europäer müssen sich von USA emanzipieren und Nato abschaffen
Was ist der Weg, den drohenden Untergang abzuwenden? Roberts sagt dazu: „Um die Welt vor der Aggression Washingtons und einem Atomkrieg zu bewahren, müssten die Vasallen (Europäer, Kanadier, Australier und Japaner, R.H.) sich zu wirklichen Verbündeten entwickeln, um ihrer eigenen Bevölkerung anstelle der Kriegspolitik Washingtons eine Politik des Friedens zu bringen und Washingtons endlosen und immer gefährlicheren Kriegen Widerstand entgegenzusetzen.“ Und weiter: „Die NATO muss aufgelöst werden. Der ursprüngliche Daseinszweck der NATO existiert nicht mehr. Die NATO hätte zusammen mit der Sowjetunion aufgelöst werden müssen.“ (S. 11f.)
Mit dieser Auffassung steht Roberts nicht alleine: Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten (DWN) publizierten am 27.09.2015 unter dem Titel: „Kluger Ratschlag aus Princeton: Europa muss sich von den USA emanzipieren“ ein Interview mit Stephen F. Cohen, Professor Emeritus für Russland-Studien und Politik an der Princeton Universität. Darin rät Cohen Europa, eine neue Orientierung der Außenpolitik vorzunehmen, die sich aus der Abhängigkeit der US-Politik lösen müsse, ohne deshalb antiamerikanisch zu werden. Stattdessen wäre eine Allianz zwischen Deutschland, Russland und China für den Weltfrieden positiv. Doch gut gebrüllt, Löwe! Vasallenregierungen haben nicht den Mumm dazu, Washington würde es erst nicht zulassen und die Bürger bekommen doch gar nicht mit, welche Gefahren ihnen wirklich drohen.
Und wir Bürger?
Als souveräne Bürger sollten wir eigentlich – wie Gottfried Keller sagte – selbst vor die Türe treten und nach dem Rechten schauen. Was meint Paul Craig Roberts? Er lässt den amerikanischen Verfassungsrechtler John W. Whitehead zu Wort kommen: „Er rät uns zu massivem, ‚entschlossenem, aber gewaltlosem Widerstand’. (...) Die Bürger müssten einfach ihre Zusammenarbeit verweigern, indem sie nicht mehr die Lügen im Fernsehen glaubten und auf den Kauf und die Anwendung der Geräte verzichteten, die zu ihrer Kontrolle eingesetzt werden, und sie müssten damit aufhören, sich passiv vor den Propagandabildschirmen unterhalten zu lassen und wieder lernen, selbst zu denken, wieder ein moralischer Mensch zu sein (...). In der Vergangenheit ist dies gelungen, und es kann auch heute wieder gelingen.“ (S. 213)
Doch was werden wir Bürger wirklich tun! Wir werden wieder schweigen. Martin Niemöller, evangelischer Theologe, führender Vertreter der Bekennenden Kirche und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus sagte zum Schweigen seiner Generation: „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“ (13) (PK)
(1) Welt.de: „Erdrutschartiger Verfall des Optimismus“ in Deutschland, v. 17.12.2015.
(2) Roberts, P. C. (2015) Amerikas Krieg gegen die Welt...Rottenburg (im Text werden nur noch Seitenzahlen angegeben) und: „Neokonservative wollen die Menschheit an den Rand der Auslöschung bringen“, in: http://info.kopp-verlag.de.
(3) Focus.de: Experten warnen: Die US-Präventivstrategie führt zu einem dritten Weltkrieg, v. 4.7.2015.
(4) De.euronews.com: Noam Chomsky: „Die USA sind ein Schurkenstaat, Europa ist extrem rassistisch, v. 25.5.2015.
(5) Sueddeutsche.de: Kalter Krieg – US-Plan sah 91 Atombomben auf Ost-Berlin vor, v. 23.12.2015.
(6) Caldicott, H. (2003). Atomgefahr USA. Kreuzlingen/München. Umschlagtexte.
(7) Https://www.rt./shows/sophieco/324941-nuclear-cold-war-us/.
(8) NRhZ Online Flyer Nr. 338 v. 25.1.2012 und Nr. 339 v. 1.2.2012.
(9) A.a.O.
(10) (2012) Sluzbeni Glasnik. Beograd.
(11) Dr. Bertell, R. (2000) Planet Earth – Deutsch: (2013, 2. Aufl.) „Kriegswaffe Planet Erde“. Birstein, S. 32.
(12) Von Werlhof, C. Vom Wirtschaftskrieg zur Kriegswirtschaft. Die Waffen der „Neuen-Welt-Ordnung“, in: Mies, M. (2004) Krieg ohne Grenzen. Die neue Kolonialisierung der Welt. Köln , S. 40.
(13) De.wikipedia.org/wiki/Martin_Niemöller.
Dr. Rudolf Hänsel ist Erziehungswissenschaftler und Diplom-Psychologe. Sie erreichen ihn unter www.psychologische-menschenkenntnis.de.
Online-Flyer Nr. 545 vom 13.01.2016
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