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Medien
Was die ARD-Tagesschau aus den Parlamentswahlen vom 26.2.2016 macht
Westlicher Wahlbetrug zum iranischen Expertenparlament
Von Yavuz Özoguz

Eigentlich kann der Westen im Iran kaum jemanden betrügen, aber die Fähigkeit zum Selbstbetrug ist offensichtlich enorm, oder sollte man es Propaganda nennen? Einer der am häufigsten von den Systemmedien nachgeäfften Sätze nach den Wahlen im Iran war eine Aussage bezüglich des Expertenparlaments, die auch in der Tagesschau kam: „15 der 16 auf die Hauptstadt Teheran entfallenden Mandate gingen nach offiziellen Wahlergebnissen an Anhänger Ruhanis“ [1]. Es erscheint unvorstellbar, in welchem Ausmaß glatte Lügen der Bevölkerung in der Westlichen Welt aufgetischt werden, nur um die eigene haushohe Niederlage zu kaschieren. Solche Lügen können aber nur einem Volk präsentiert werden, dass immer noch ein Fünkchen Glaubwürdigkeit jenen Medien zuschreibt, welche für den Erhalt des verbrecherischen kapitalistisch-imperialistischen Systems eintreten.


Kopf der website der Iranischen Expertenversammlung für den Führungsauftrag (Expertenparlament)

Um die glatte Lüge offen zu legen, sollen einige der im Wahlbezirk Teheran gewählten Experten hier einer Leserschaft vorgestellt werden, die möglicherweise sonst wenig Gelegenheit hat, diese Persönlichkeiten kennen zu lernen.

Im Wahlbezirk Teheran gewählte Experten

Da ist zunächst einmal der zweitplazierte Ayatollah Mohammed Imami-Kaschani. Er gehört zu den Vertretern Imam Chamene’is bei der Leitung des Freitagsgebets in Teheran und dürfte der angeblich einzige der 16 sein, die nicht als Anhänger Ruhanis gelten. Er ist z.B. bekannt für seine Aussage, dass Al-Qaida ein uneheliches Kind von USA und Israel seien. Ihn brauchen wir nicht weiter vorzustellen, da er ja nicht zu jenen 15 oben erwähnten zählt. Also betrachten wir die anderen.

Da ist der viertplazierte Hodschat-ul-Islam Mohsen Qomi. Bis ins Jahr 2006 war er persönlicher Vertreter Imam Chamene’is bei den Universitäten des Landes. Er trat zurück weil er von Imam Chamene’i zum Mitglied des Obersten Rats der Kulturrevolution ernannt worden ist, einem Organ der Islamischen Republik Iran, das von Imam Chomeini gegründet wurde und unter der Führung des amtierenden Statthalter der Rechtsgelehrten, also aktuell unter Imam Chamene’is Führung steht. Er ist gleichzeitig stellvertretender Leiter des Büros Imam Chamene’is für internationale Angelegenheiten und Kommunikation und Berater Imam Chamene’is in militärischen Fragen.

Der fünftplazierte ist Ayatollah Muhammad Ali Movahedi-Kermani. Auch er gehört der Riege der Vertreter Imam Chamene’is beim Freitagsgebet an. Er ist zudem Vertreter Imam Chamene'is bei den Revolutionsgarden Pasdaran. Er gilt als starker Verfechter der Statthalterschaft der Rechtsgelehrten (Wilayat-ul-Faqih) und Unterstützer Imam Chamene'is.

Sechstplazierter ist Ayatollah Ghorban-Ali Dorri-Nadschafabadi. Bis 1999 war er Leiter des iranischen Geheimdienstes und von 2005 bis 2009 Generalstaatsanwalt im Iran. Aufgrund dieser Positionen hat er ein Einreiseverbot in die EU (als wenn er solch eine Reise jemals vor gehabt hätte). Er ist im Iran dafür bekannt, dass er strengere Importbegrenzungen für westliches Spielzeug gefordert hat, da Barbie, Batman und Harry Potter einen zerstörerischen Einfluss auf die revolutionäre Jugend des Landes hätten.

Achtplazierter ist Ayatollah Muhammad Muhammadi Rayschahri. Er war erster Minister für Nachrichtendienste und Nationale Sicherheit des Landes und zuvor unter anderem der vorsitzende Richter des revolutionären Militärgerichts, dass die Todesurteile gegen einige Generäle beim Nosche Putschversuch ausgesprochen hat. Rayschahri war maßgeblich an der Aufdeckung beteiligt. Später hat er auch die Skandale um Mahdi Haschemi aufgedeckt, was zur Absetzung von Montazeri führte. 1990 wurde Rayschahri von Imam Chamene'i zum ersten Vorsitzender des Sondergerichts für die Geistlichkeit berufen.

Neuntplazierter ist Ayatollah Ibrahim Amini, einer der großen Gelehrten der Islamischen Republik Iran. Er gehörte 1964 unter anderem zusammen mit Imam Chamene'i einer ersten Vereinigung an, die die Islamische Revolution vorbereitet hat. Er gehörte zu dem Verfassungsgremium an, dass die Verfassung der Islamischen Republik Iran 1989 verändert hat und damit ausgeschlossen hat, dass ein Führungsgremium das Land zukünftig leiten kann (was die Hintermänner Ruhanis wünschen). Er ist ein von Imam Chamene’i ernanntes Mitglied im Schlichtungsrat und sitzt in zahlreichen bedeutsamen religiösen Gremien des Landes.

Zwölftplazierter ist Ayatollah Mohammad Ali Taskhiri. Er ist Berater Imam Chamene’is für muslimische Angelegenheiten. Er gehörte 2006 zu den Unterzeichnern eines offenen Briefs islamischer Gelehrter an Papst Benedikt XVI. nach dessen Regensburger Rede.

Sechzehntplazierter ist Ayatollah Ayatollah Ahmad Dschannati. Er ist langjähriger Vorsitzender des Wächterrats, dem Gremium, dem die Westliche Welt vorwirft, viele vom Westen gewünschte Kandidaten nicht zugelassen zu haben. Er gilt als treuer Anhänger der Statthalterschaft der Rechtsgelehrten (Wilayat-ul-Faqih). Er gehört zu den Vertretern Imam Chamene'is beim Freitagsgebet in Teheran. Mit Bezug auf Imam Chomeinis Wort vom „Großen Satan“ USA hat er die britische Regierung als „Vater des Großen Satan“ bezeichnet.

Auch wenn die anderen acht gewählten Kandidaten hier nicht im Einzelnen vorgestellt werden, heißt das nicht, dass sie gegen die Linie Imam Chamene’is wären. Da ist z.B. der zehntplazierte Hodschat-ul-Islam Mahmoud Alavi, der persönlicher Vertreter Imam Chamene’is beim politischen und ideologischen Arm der Armee war. Aber die anderen sind noch nicht so sehr in Erscheinung getreten. Die Lebensläufe aller Mitglieder des Expertenparlaments können auf der offiziellen Seite in englischer Sprache nachgelesen werden [2].

Böswillig oder völlig ahnungslos

Wie man angesichts dieser neuen Zusammensetzung behaupten kann, dass 15 von 16 Vertretern Anhänger Ruhanis seien, kann nur auf Böswilligkeit oder völlige Ahnungslosigkeit der iranischen Wahlsituation gewertet werden. Zwar waren 15 der 16 gewählten auf einer vor den Wahlen verbreiteten Wahlempfehlungsliste genannt, in der Rafsandschani als erster Kandidat genannt wurde. Aber das hat nichts zu sagen, denn viele der Namen wurden in mehreren solchen Listen aufgelistet, auch in manchen, in denen Rafsandschani gar nicht vorkam. Insofern muss man feststellen, dass die Westliche Welt sich zwar selbst betrügen kann mit jener absurden Vorstellung, aber eben nicht das gebildete revolutionäre iranische Wahlvolk. Sie haben einmal mehr ein sehr revolutionäres Expertenparlament gewählt und das wird die nächsten acht Jahre bestehen – so Gott will. Immerhin hat diese lange Wahlperiode auch etwas Gutes für die Westliche Welt. Ihre Presstituierten können acht Jahre lang diesbezüglich keine neuen Lügen erfinden.

Bleibt noch die Frage, warum die Westliche Welt so dreist lügt?! Denn schließlich ist davon auszugehen, dass obige Informationen, die sehr leicht auch im Englischen zugänglich sind, einem halbwegs informierten Journalisten gerade einmal maximal 30 Minuten Recherche abverlangen würden. Doch darum geht es nicht. Dem fanatischen Anhänger des verbrecherischen Kapitalismus ging es noch nie um Wahrheit. Es geht nur um Macht! Die Hoffnung auf die Machtübernahme im Iran hat man derzeit verschoben. Aber zumindest will man die Anhänger jeder revolutionären Befreiungstheologie im Westen entmutigen mit solchen Lügenmärchen. Sie erreichen mit ihrer Propaganda Millionen und Abermillionen von Menschen, die sie glauben zu beeinflussen. Der vorliegende Gegentext und ähnliche erreicht maximal einige Tausend und haben daher kaum eine Chance gegen jene Propaganda. Das ist ja auch der Grund, warum der vorliegende Text und Ähnliches nicht verboten wird. Doch die islamische Denkweise ist anders: Wer das Leben nur eines einzigen Menschen rettet, ist so, als wenn er die ganze Menschheit gerettet hat. Lüge wird nicht zur Wahrheit, wenn sie millionenfach verbreitet wird und Wahrheit bleibt auch dann Wahrheit, selbst wenn sie nur von wenigen Interessierten gelesen wird. Was jene Lügenverbreiter übersehen ist, dass ihre Glaubwürdigkeit jeden Tag, an dem sie den räuberischen Kapitalismus und Imperialismus so fanatisch verteidigen, abnimmt. Jeden Tag werden neue Anhänger der Befreiungstheologie dieser Welt gewonnen. Genau das dürfte auch eines der Gründe dafür sein, dass die herrschenden Raubritter mit einem Weltkrieg einen Neustart ihres Verbrechersystems anstreben. Allerdings steht da der Flaggenträger der Befreiungstheologie Imam Chamene’i ihnen im Weg. Und er wird unterstützt von einem Expertenparlament, das mit einer überwältigenden Mehrheit an seiner Seite steht.

Der Westen zündet die Welt jeden Tag an. Imam Chamene’i versucht das Feuer jeden Tag zu löschen. Wohl dem, der mit seinem kleinen Tropfen seinen Beitrag zum Löschen des Weltbrandes leistet. Eine gute Gelegenheit dazu gibt Imam Chamene’i selbst mit seinen zwei Briefen an die Jugend im Westen. Einer unserer Tropfen kann diese Briefe zu verbreiten sein. Möglicherweise wirkt solch ein Einsatz für manche wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber wenn hinreichend viele Tropen auf den heißen Stein fallen, wird auch er abgekühlt und steter Tropfen erleichtert das Herz desjenigen, der die Gnade verspüren darf, bei solch einer revolutionären Weltbewegung zur Befreiung der Menschheit vor der Knechtschaft des Imperiums dabei sein zu dürfen. Welch eine wunderbare Gnade!


Fussnoten:

[1] https://www.tagesschau.de/ausland/iran-wahl-121.html
[2] http://www.majlesekhobregan.net/en/Default.html


Erstveröffentlichung am 04.03.2016 bei Muslim-Markt

Online-Flyer Nr. 552  vom 09.03.2016

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