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Medien
Eine Betrachtung gegen die Orientierungslosigkeit
Ein Hoch auf unsere Herrschaftsmedien
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Wenn uns die Orientierung abhanden kommt, brauchen wir Hilfe. Nichts ist leichter als das! Wir haben dafür unsere Herrschaftsmedien. Es ist wunderbar einfach. Die Herrschaftsmedien leiten uns. Wir müssen sie nur zu lesen verstehen.


Titelseite des "Express" vom 14. Juni 1989

Der Superstar

„Deutsche feiern den Kreml-Chef: Putin Superstar... Und immer wieder 'Putin, Putin'-Rufe. Die Zuschauer sind begeistert, jubeln... Alle wollen den Staatsgast aus Moskau sehen, feiern ihn wie einen Superstar.“ Lesen wir derartige Sätze? Nein! Die lesen wir nicht. Aber wir lesen: „Deutsche feiern den Kreml-Chef: Gorbi Superstar“. Und: „Raissa im Kölner Dom“. Diese wenigen Wörter füllen am 14. Juni 1989 zusammen mit einem Foto, das eine ausgelassene Stimmung transportiert, die obere Hälfte der Titelseite des Boulevardblattes "Express". Und wir erfahren: „Riesenandrang vor dem Bonner Rathaus – Tausende begrüßten Michail und Raissa Gorbatschow. Und immer wieder 'Gorbi, Gorbi'-Rufe. Die Zuschauer sind begeistert, jubeln... Alle wollen die Staatsgäste aus Moskau sehen, feiern sie wie Superstars... Wenige Stunden später die gleichen Bilder in der Kölner Innenstadt, wo Raissa überraschend den Dom besucht... Lesen Sie die Berichte über den Staatsbesuch auf den Seiten 2, 3, 25 und 26.“

Was ist los? Wo ist der Unterschied? Jubel für Putin? Undenkbar! Was ist anders bei "Gorbi"? Gorbatschow – und später Jelzin – haben als der verlängerte Arm des US-Imperiums den Ausverkauf der Sowjetunion bzw. Russlands betrieben. Und das heutige Russland unter der Führung Putins ist dabei, diese Entwicklung rückgängig zu machen. Das macht den Unterschied.

Wenn wir wissen, in wessen Interesse unsere Herrschaftsmedien operieren, geben sie uns Aufschluss in einem Maße, wie kaum jemand es zu ahnen wagt. Dann erkennen wir: es ist äußerste Vorsicht geboten, wenn Jubelkampagnen inszeniert werden – für Gorbatschow beispielsweise, oder für den Prager Frühling oder den Arabischen Frühling, der vom US-Präsidenten und der Bild-Zeitung als Revolution gefeiert wird.

Wenn wir wissen, dass die Herrschaftsmedien Instrument der Herrschenden sind, ist klar: wir brauchen die Perspektive nur umzukehren, und wir sind im Bilde. In aller Regel sind dann die Stars unsere Gegner. Und die Feinde sind uns viel näher als unsere vermeintlichen Freunde. Nicht Putin ist das Böse, sondern diejenigen, die ihn als das Böse erscheinen lassen wollen. Dann wissen wir: nicht die USA und ihre NATO sind Garanten des Friedens sondern viel eher das Russland Putins. Nicht die Politik Russlands ist kriminell, sondern die des US-Imperiums mit seinen Vasallen. Nicht Russland ist der Aggressor, sondern der so genannte "freie" Westen. Nicht die gewählte Regierung mit Assad an der Spitze ist als Regime zu bezeichnen, sondern die Verwaltungen des Großkapitals in Ländern wie den USA oder der BRD – das Obama-Regime oder das Merkel-Regime. Nicht Putin ist das Problem, sondern Gorbatschow und Jelzin waren es.
So manches Mal erleben wir regelrechte Sternstunden – wenn unsere Herrschaftsmedien davon ausgehen, dass sie uns derart konditioniert haben, dass wir aus Wahrheit Propaganda heraus lesen. Dann brauchen wir nichts weiter zu tun, als die Wahrheit als Wahrheit zu nehmen – wenn z.B. in der unteren Hälfte der Titelseite des "Express" vom 14. Juni 1989 ein kleiner Kasten eine Notiz enthält, die überschrieben ist mit "Honeckers Frau warnt vor Konterrevolution".


Titelseite des "Express" vom 23. Februar 2011

Der irre Schlächter

„Obama – Der irre Schlächter – Kampfdrohnen gegen wehrlose Menschen – Bizarre TV-Reden aus seinem Versteck im Weißen Haus – Wie seine Administration das ganze Land ausnahm“, so lesen wir es nicht – obwohl es der Realität sehr nahe käme. Stattdessen: „Gaddafi – Der irre Schlächter – Kampfflugzeuge gegen unbewaffnete Demonstranten – Bizarre TV-Reden aus seinem Versteck – Wie sein Clan das ganze Land ausnahm“, so ist es am 23. Februar 2011 im Boulevardblatt "Express" in großen Lettern auf der Titelseite zu lesen.

Aber wir wissen längst: auch jetzt wieder gilt, dass unsere Herrschaftsmedien uns Orientierung geben. Wenn wir nur die Dinge vom Kopf auf die Füße stellen, erkennen wir: Es sind Obama und seine Hintermänner, die die Welt mit Terror überziehen, nicht Gaddafi war es. Es ist Obama, der mittels seiner Reden die Welt mit Lügen überschwemmt, nicht Gaddafi. Es ist Gaddafi, der sein Land Libyen zum bei weitem höchsten Lebensstandard in Afrika geführt hat, wohingegen Obama und seine Hintermänner immer größere Teile "ihrer" Bevölkerung in immer größere Armut stürzen – wie es Figuren wie Schröder oder Merkel in Deutschland getan haben oder tun.

Wir können die Töne gar nicht hoch genug anstimmen, um unsere Herrschaftsmedien zu preisen. Ob sie es wollen oder nicht, sie offenbaren uns die Wahrheit. Wir müssen sie nur zu entschlüsseln verstehen. Wer von ihnen als Feindbild aufgebaut wird, ist in den seltensten Fällen unser Feind. Wer von ihnen zum Star hochstilisiert wird, ist sehr wahrscheinlich eine große Gefahr. Wenn aus Persönlichkeiten wie Putin, Milosevic, Ahmadinedschad oder Gaddafi Monster werden, ist das ein Hinweis darauf, dass sie Großes für ihr Land oder gar für die Menschheit leisten oder geleistet haben. Wenn Menschen wie Ken Jebsen, Sebastian Edathy oder Christian Wulff auf die Abschussliste gesetzt werden, ist davon auszugehen, dass sie den Interessen der kapitalen Mafia zuwider handeln oder gehandelt haben.

Seien wir dankbar. Stimmen wir ein Hoch an – auf unsere Herrschaftsmedien. Nehmen wir sie vor Begriffen wie "Lügenpresse" in Schutz. Ohne sie wären wir orientierungslos. Mit ihnen wissen wir, wo wir dran sind.


Veröffentlichung aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 16 (März 2016) – Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens – bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch.



Mehr dazu und wie es sich bestellen lässt, hier: http://www.das-krokodil.com/


Online-Flyer Nr. 555  vom 30.03.2016

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