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Krieg und Frieden
Hiroshima und Nagasaki: vorsätzliche Terrorakte gegen die Zivilbevölkerung
Der Tod fiel nicht einfach so vom Himmel
LUFTPOST kommentiert US-Präsident Obama

"Der Tod fiel nicht einfach so vom Himmel, die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und drei Tage später auf Nagasaki waren vorsätzliche Terrorakte gegen die Zivilbevölkerung..." So beginnt die Kommentierung einer am 27.05.2016 von US-Präsident Obama in Hiroshima gehaltenen Rede. Der Amerika-Dienst der US-Botschaft hat von der Rede eine deutsche Übersetzung angefertigt - betitelt mit "In Hiroshima veränderte sich die Welt für immer". Die Kommentierung hat "LUFTPOST - Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein" anläßlich der 71. Jahrestage der Atombomben-Abwürfe auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 vorgenommen. Es folgt die Rede in der deutschen Übersetzung mit den eingerückt wiedergegebenen Kommentaren.

Vor 71 Jahren fiel an einem sonnigen, wolkenlosen Tag der Tod vom Himmel, und die Welt veränderte sich. Ein Lichtblitz und eine Wand aus Feuer zerstörten eine Stadt und demonstrierten, dass die Menschheit über die Mittel verfügte, sich selbst zu vernichten.

    Der Tod fiel nicht einfach so "vom Himmel", die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und drei Tage später auf Nagasaki waren vorsätzliche Terrorakte gegen die Zivilbevölkerung, denn beide Städte hatten keinerlei militärische Bedeutung, und die Japaner waren ohnehin schon geschlagen. "Die Atombombe ermöglichte es den Amerikanern, Tokio zur bedingungslosen Kapitulation zu zwingen, die Sowjets aus dem Fernen Osten herauszuhalten und – was besonders wichtig war – dem Kreml auch in Europa Washingtons Willen aufzuzwingen. Hiroshima und Nagasaki wurden aus diesen Gründen ausgelöscht," schreibt der in Belgien geborene, in Kanada lebende Historiker Jacques R. Pauwels in seinem Artikel "Warum der Zweite Weltkrieg mit Atompilzen endete" (1).

Warum kommen wir an diesen Ort, nach Hiroshima? Wir kommen, um über die grausamen Kräfte nachzudenken, die in der nicht so fernen Vergangenheit entfesselt wurden. Wir kommen nach Hiroshima, um die Toten zu betrauern, zu denen auch über 100.000 japanische Männer, Frauen und Kinder, Tausende Koreanerinnen und Koreaner und ein Dutzend amerikanischer Gefangener gehören. Ihre Seelen sprechen zu uns. Sie fordern uns zur Introspektion und zur Bestandsaufnahme darüber auf, wer wir sind und was wir werden könnten.

    Wer die "grausamen Kräfte" entfesselt hat, sagt Obama natürlich nicht; er scheut aber nicht davor zurück, die Zahl der japanischen Opfer kleinzureden.

    "Am 6. August 1945 um 8:15 Uhr Ortszeit klinkte der US-Bomber Enola Gay die Bombe in 9.450 Metern Höhe aus. Um 8:16 Uhr detonierte sie in 580 Metern Höhe über der Innenstadt. 43 Sekunden später hatte die Druckwelle 80 Prozent der Innenstadtfläche dem Erdboden gleich gemacht. Es entstand ein Feuerball mit einer Innentemperatur von über einer Million Grad Celsius. Die Hitzewirkung von mindestens 6.000 Grad ließ noch in über zehn Kilometer Entfernung Bäume in Flammen aufgehen. Von den 76.000 Häusern der Großstadt wurden 70.000 zerstört oder beschädigt.

    Die Bombe tötete 90 Prozent der Menschen in einem Radius von 0,5 Kilometern um das Explosionszentrum und immer noch 59 Prozent im weiteren Umkreis von 0,5 bis 1 Kilometern. Bis heute sterben damalige Einwohner Hiroshimas an Krebserkrankungen als Langzeitfolge der Strahlung. Nimmt man diese Spätfolgen hinzu, starben über 240.000 der damaligen Einwohner (bis zu 98 Prozent). Die Überlebenden der Atombomben werden in Japan als Hibakusha bezeichnet." (2)

    "Die Bombe (auf Nagasaki) wurde um 11:02 Uhr Ortszeit etwa drei Kilometer nordwestlich des geplanten Zielpunkts ... über dicht bewohntem Gebiet abgeworfen. Sie sollte eigentlich den Mitsubishi-Konzern treffen, verfehlte ihr Ziel aber um mehr als zwei Kilometer. Sie zerstörte fast das halbe Stadtgebiet. Die Explosion in etwa 470 Metern Höhe über dem Boden vernichtete im Umkreis von einem Kilometer 80 Prozent aller Gebäude – zumeist Holzhäuser – und ließ nur wenige Überlebende zurück. Sie explodierte in einem Tal, so dass die umliegenden Berge die Auswirkungen auf die Umgebung der Stadt dämpften. Die Bombe setzte über eine Entfernung von vier Kilometern Objekte in Brand. Ein Feuersturm blieb aus. Der Atompilz erhob sich 18 Kilometer in die Atmosphäre.

    Etwa 30 Prozent der Bevölkerung wohnten 2.000 Meter oder weniger vom Bodennullpunkt entfernt. Im Innenstadtbereich starben sofort etwa 22.000 Menschen; weitere 39.000 starben innerhalb der nächsten vier Monate. Andere schätzen 70.000 bis 80.000 Tote. Die Zahl der Verletzten in Nagasaki betrug 74.909 Personen." (3)

    Dieser aus militärischen Gründen nicht zu rechtfertigende doppelte Massenmord an über 300.000 Zivilisten gehört zu den größten Kriegsverbrechen der Weltgeschichte.

Hiroshima setzt sich nicht durch die Tatsache ab, dass es hier einen Krieg gab. Gewaltsame Konflikte gibt es, wie prähistorische Werkzeuge zeigen, seit es den ersten Menschen gibt. Unsere frühen Vorfahren hatten gelernt, Klingen aus Feuerstein und Speere aus Holz herzustellen und setzten diese Werkzeuge nicht nur für die Jagd, sondern auch gegen andere Menschen ein. Kriege sind Teil der Geschichte der Zivilisation auf jedem Kontinent, ob sie nun von Getreideknappheit oder der Gier nach Gold ausgelöst oder durch nationalistischen Eifer oder religiöse Leidenschaft verursacht wurden. Imperien sind aufgestiegen und gefallen. Völker wurden unterjocht und befreit. Jedes Mal mussten unzählige Unschuldige leiden und sterben, deren Namen mit der Zeit in Vergessenheit gerieten.

    Dass Obama die beiden US-Atombomben in eine Reihe mit "Klingen aus Feuerstein und Speeren aus Holz" stellt, zeigt nicht nur seine Unfähigkeit, die Monstrosität der Schandtaten von Hiroshima und Nagasaki und die Schuld seines Vorgängers Truman zu begreifen. Diese Einordnung erklärt auch, warum er offensichtlich keine Skrupel hat, von seinen Generälen und Admiralen einen Atomkrieg gegen Russland vorbereiten zu lassen.

Der Weltkrieg, der in Hiroshima und Nagasaki sein brutales Ende fand, wurde zwischen den reichsten und mächtigsten Nationen ausgetragen. Ihre Kulturen hatten die Welt um großartige Städte und grandiose Kunstwerke bereichert. Ihre Dichter und Denker hatten die Konzepte von Gerechtigkeit, Harmonie und Wahrheit weiterentwickelt. Dennoch erwuchs der Krieg aus eben diesem Urinstinkt für Herrschaft oder Eroberung, der schon Konflikte unter den einfachsten Stammesvölkern ausgelöst hatte, ein altes Muster, verstärkt durch neue Fähigkeiten, die noch nicht durch neue Auflagen eingeschränkt worden waren. In einer Zeitspanne von nur wenigen Jahren sollten 60 Millionen Menschen sterben – Männer, Frauen, Kinder, Menschen wie wir, erschossen, erschlagen, zu Tode marschiert und inhaftiert, durch Bomben getötet, verhungert, vergast.

    Bei Menschen gibt es keinen "Urinstinkt für Herrschaft oder Eroberung", denn vernunftbegabte Wesen sollten zwischen "mein und dein" oder "Krieg und Frieden" unterscheiden können. Die 60 Millionen Toten des Zweiten Weltkriegs starben nicht, weil sie ihre "Urinstinkte" nicht im Griff hatten, sondern weil sie sich von geld-und machtgierigen "Eliten" vor deren Karren spannen ließen.

An vielen Orten auf der Welt sind die Ereignisse dieses Krieges dokumentiert. Denkmäler erzählen Geschichten von Mut und Heldentaten, Gräber und leere Lager zeugen von unaussprechlicher Verderbtheit. Dennoch ist es das Bild des in den Himmel aufsteigenden Atompilzes, das uns den inhärenten Widerspruch des menschlichen Wesens am deutlichsten vor Augen führt und zeigt, wie eben der Funke, der uns zu Menschen macht – unsere Gedanken, unsere Vorstellungskraft, unsere Sprache, unsere Fähigkeit, Werkzeuge herzustellen, uns von der Natur abzusetzen und sie uns zu Willen zu machen –, dass eben diese Dinge uns auch die Fähigkeit zu beispielloser Zerstörung verleihen.

Wie oft machen uns materieller Fortschritt oder soziale Innovation blind für diese Wahrheit. Wie leicht lernen wir Gewalt im Namen irgendeiner höheren Macht zu rechtfertigen. Jede große Religion verspricht einen Weg zu Liebe, Frieden und Rechtschaffenheit, und doch ist noch keine Religion von den Gläubigen verschont geblieben, die ihren Glauben als Lizenz zum Töten geltend machen. Nationen entstehen und erzählen eine Geschichte, die die Menschen durch ihre Opfer und ihre Zusammenarbeit verbindet und erstaunliche Leistungen ermöglicht, aber die gleichen Geschichten wurden auch schon sehr oft benutzt, um diejenigen zu unterdrücken und zu entmenschlichen, die anders sind.

    Der "Hoffnungsträger" Obama hat wirklich "sehr leicht gelernt, Gewalt im Namen irgendeiner höheren Macht zu rechtfertigen".

    In seiner Rede im Mai 2014 vor Kadetten in West Point sagte er u.a.: "Die USA sind einfach unersetzlich. Das waren sie schon im vergangenen und werden es auch im neuen Jahrhundert sein. ... Mein Grundsatz ist: Die USA müssen immer die Führung auf der Weltbühne behalten. Wenn nicht wir, wer dann? ... Die USA werden militärische Gewalt anwenden – notfalls auch allein und einseitig – wenn unsere Kerninteressen das erfordern, wenn unsere Bürger und unsere Lebensgrundlagen bedroht sind oder wenn die Sicherheit unserer Verbündeten gefährdet ist. ... Ich glaube an die Einzigartigkeit der USA – mit jeder Faser meines Seins. Was uns so einzigartig macht, ist aber nicht unsere Fähigkeit, uns über internationale Normen und das Recht hinwegsetzen zu können; es ist unser Wille, sie durch unser Handeln durchzusetzen."

    Obama stellt den US-Führungsanspruch über die Menschlichkeit und zeigt damit, dass er keinerlei moralische Prinzipien hat. Damit erweist er sich als nur dem Profit-und Machtstreben seiner neokonservativen Hintermänner dienender Militarist.

Die Wissenschaft ermöglicht es uns, über Ozeane hinweg zu kommunizieren und über die Wolken hinweg zu fliegen, Krankheiten zu heilen und das Weltall zu begreifen. Aber mithilfe dieser Erkenntnisse lassen sich auch immer effizientere Tötungsmaschinen erschaffen.

Das lehren uns die Kriege der Moderne. Das lehrt uns Hiroshima. Technischer Fortschritt ohne den entsprechenden institutionellen Fortschritt kann uns ins Verderben stürzen. Die wissenschaftliche Revolution, die zur Spaltung eines Atoms geführt hat, erfordert eine entsprechende moralische Revolution.

Deshalb kommen wir an diesen Ort. Wir stehen hier, mitten in dieser Stadt, und zwingen uns, uns den Augenblick vorzustellen, in dem die Bombe fiel. Wir zwingen uns, die Furcht der Kinder zu spüren, die verwirrt sind von dem, was sie sehen. Wir hören einen stummen Schrei. Wir erinnern uns all der Unschuldigen, die im Verlaufe dieses schrecklichen Krieges sowie in den vorangegangen Kriegen und den Kriegen, die noch folgen sollten, getötet wurden.

Worte allein können dieses Leid nicht ausdrücken, aber wir tragen gemeinsam die Verantwortung dafür, der Geschichte ins Angesicht zu blicken und zu fragen, was wir anders machen müssen, um solchem Leid in Zukunft Einhalt zu gebieten. Eines Tages werden uns die Hibakusha nicht mehr als Zeugen zur Verfügung stehen. Aber die Erinnerung an den Morgen des 6. August 1945 darf nie verblassen. Diese Erinnerung ermöglicht es uns, gegen die Selbstzufriedenheit anzugehen. Sie nährt unsere moralische Vorstellungskraft. Sie macht Veränderung möglich.

    Obama sollte nicht nur über die "Furcht der Kinder von Hiroshima" salbadern, sondern auch die ständige Angst und den lähmenden Schrecken bedenken, in den die von ihm persönlich zur Jagd auf "Zielpersonen" ausgesandten Drohnen die Bevölkerung und besonders die Kinder ganzer Landstriche versetzen. Dazu scheint ihm aber die "moralische Vorstellungskraft" zu fehlen.

Seit diesem schicksalsträchtigen Tag haben wir Entscheidungen getroffen, die uns Hoffnung geben. Die Vereinigten Staaten und Japan haben nicht nur ein Bündnis geschmiedet, sondern eine Freundschaft begründet, die den Menschen in unseren Ländern weit mehr gegeben hat, als wir durch Krieg je hätten erlangen können. Die Länder Europas haben eine Union aufgebaut, in der Schlachtfelder durch Handelsverbindungen und Demokratie ersetzt wurden. Unterdrückte Völker und Nationen haben die Freiheit gewonnen. Die internationale Gemeinschaft hat Institutionen und Verträge geschaffen, die geholfen haben, Kriege zu vermeiden, und deren Ziel es ist, die Zahl der Atomwaffen zu beschränken, zu reduzieren und diese letztlich ganz abzuschaffen.

Dennoch zeigt jeder Akt der Aggression zwischen Nationen, jeder Terroranschlag und jede Form von Korruption, Grausamkeit und Unterdrückung, die wir auf der Welt erleben, dass unsere Arbeit nie getan ist. Wir mögen die menschliche Fähigkeit, Böses zu tun, nicht ausmerzen können, daher benötigen die Länder und die Bündnisse, die sie eingegangen sind, die Mittel, um sich zu verteidigen. Aber die Länder, die Atomwaffenarsenale besitzen, zu denen auch mein eigenes gehört, müssen den Mut finden, sich aus der Logik der Angst zu befreien und nach einer Welt ohne Atomwaffen zu streben.

Womöglich werden wir dieses Ziel nicht zu meinen Lebzeiten erreichen. Aber konsequente Bemühungen können die Möglichkeit einer Katastrophe verringern. Wir können einen Kurs einschlagen, der zur Zerstörung dieser Arsenale führt. Wir können die Ausbreitung auf neue Länder verhindern und tödliche Materialien vor fanatisch denkenden Menschen in Sicherheit bringen.

    Die Obama-Regierung tritt doch die "von der internationalen Gemeinschaft geschaffenen Institutionen und Verträge" mit ihren laufenden und geplanten völkerrechtswidrigen Angriffskriegen ständig mit Füßen. Wenn Obama "die Zahl der Atomwaffen wirklich reduzieren und letztlich ganz abschaffen" wollte, müsste er vorrangig auf deren Modernisierung und auf seinen Raketenabwehrschild verzichten, der einen atomaren Erstschlag gegen Russland ermöglichen soll.

Doch das ist noch nicht genug. Denn wir sehen heute weltweit, wie selbst die primitivsten Waffen und Fassbomben ein grausames Ausmaß an Gewalt verursachen können. Wir müssen unsere Einstellung zum Krieg ändern, damit wir Konflikten durch Diplomatie vorbeugen und danach streben, sie zu beenden, wenn sie bereits ausgebrochen sind, unsere wachsende gegenseitige Abhängigkeit als Grund für friedliche Zusammenarbeit und nicht für brutalen Wettbewerb begreifen und unsere Länder nicht über unsere Fähigkeit definieren, zu zerstören, sondern über das, was wir aufbauen.

Und wir müssen uns vor allem neu bewusst machen, dass wir alle Menschen sind und uns genau das miteinander verbindet. Denn auch das macht unsere Spezies einzigartig. Wir sind nicht genetisch darauf programmiert, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Wir können lernen. Wir können wählen. Wir können unseren Kindern eine andere Geschichte erzählen – die Geschichte unserer gemeinsamen Menschlichkeit, in der Krieg weniger wahrscheinlich ist und Grausamkeit weniger leicht akzeptiert wird.

Die Hibakusha machen diese Geschichten sichtbar: die Frau, die dem Piloten vergab, der das Flugzeug steuerte, von dem aus die Atombombe abgeworfen wurde, weil sie erkannte, dass ihr Hass in Wirklichkeit dem Krieg selbst galt; der Mann, der Familien von Amerikanern aufsuchte, die hier getötet wurden, weil er der Ansicht war, ihr Verlust wiege ebenso schwer wie seiner.

Die Geschichte meines eigenen Landes begann mit den einfachen Worten: Alle Menschen wurden gleich geschaffen und von ihrem Schöpfer mit bestimmten unveräußerlichen Rechten ausgestattet, zu denen Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören. Die Umsetzung dieses Ideals war niemals einfach, nicht einmal innerhalb unseres eigenen Landes, nicht einmal für unsere eigenen Bürgerinnen und Bürger.

Aber dieser Geschichte treu zu bleiben ist die Mühe wert. Es ist ein erstrebenswertes Ideal, ein Ideal, das sich über Kontinente und Ozeane erstreckt. Der unreduzierbare Wert eines jeden Menschen, das Beharren darauf, das jedes Menschenleben kostbar ist, die radikale und notwendige Auffassung, dass wir alle derselben menschlichen Familie angehören: Das ist die Geschichte, die wir alle erzählen müssen.

Deshalb kommen wir nach Hiroshima. Um an Menschen zu denken, die wir lieben – an das erste Lächeln, das uns unsere Kinder morgens nach dem Aufwachen schenken, an die sanfte Berührung unseres Partners am Küchentisch, an die trostreiche Umarmung eines Elternteils. An diese Dinge können wir denken und uns bewusst machen, dass genau solche kostbaren Augenblicke vor 71 Jahren auch hier stattfanden. Diejenigen, die damals starben – sie waren wie wir. Ich glaube, dass normale Menschen das verstehen. Sie wollen nicht noch mehr Krieg. Ihnen wäre es lieber, wenn die Wunder der Wissenschaft voll und ganz für die Verbesserung des Lebens statt für seine Auslöschung eingesetzt würden.

Wenn sich diese schlichte Weisheit in den Entscheidungen von Staaten, den Entscheidungen führender Politiker widerspiegelt, dann haben wir die Lehren aus Hiroshima gezogen.

Hier veränderte sich die Welt für immer. Doch heute herrscht im Alltag der Kinder dieser Stadt Frieden. Welch kostbares Gut. Es ist schützenswert und sollte allen Kindern dieser Welt zuteilwerden. Das ist die Zukunft, für die wir uns entscheiden können – eine Zukunft, in der Hiroshima und Nagasaki nicht für den Beginn eines Atomkriegs stehen, sondern für den Beginn unseres moralischen Erwachens.

    Der Friedensnobelpreisträger Obama äußert in Hiroshima kein Wort des Bedauerns, keine Bitte um Verzeihung und lässt auch die kleinste Geste der Wiedergutmachung vermissen. Er tritt auch in Hiroshima, in der Stadt in der eine andere US-Regierung eines der größten Kriegsverbrechen aller Zeiten begangen hat, ohne jede Demut und ohne jedes Schuldbewusstsein als gefühlloser Technokrat und Phrasendrescher auf, der außer hohlem Pathos und leeren Versprechungen nichts zu bieten hat.


Erstveröffentlichung am 5.8.2016 bei "LUFTPOST – Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein"
http://luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP10516_050816.pdf

Rede, die US-Präsident Obama am 27.05.2016 in Hiroshima hielt, in deutscher Übersetzung, betitelt mit "In Hiroshima veränderte sich die Welt für immer"
http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/2016/05/27/obama-am-friedensdenkmal-in-hiroshima/

Rede, die US-Präsident Obama am 27.05.2016 in Hiroshima hielt, in Originalfassung
https://www.whitehouse.gov/the-press-office/2016/05/27/remarks-president-obama-and-prime-minister-abe-japan-hiroshima-peace



Fussnoten:

1 http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_10/LP18210_150910.pdf
2 http://www.kleiner-kalender.de/event/hiroshima-gedenktag/46742.html
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Atombombenabw%C3%BCrfe_auf_Hiroshima_und_Nagasaki

Online-Flyer Nr. 574  vom 10.08.2016

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