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Inland
Rechtsstaatlichkeit statt globale Eskalation für den Syrien-Konflikt
Neue Hoffnung für den Frieden
Pressemitteilung von Volker Reusing

Am 18.10.2016 haben Volker Reusing und Wolfgang Effenberger innerhalb der Frist von einem Jahr Verfassungsbeschwerde eingelegt gegen den Beschluss des Bundestags vom 03.12.2015 (Drucksache 18/6866) über den Syrien-Einsatz der Bundeswehr. Der Einsatz verletzt objektiv die Angriffskriegsverbote des Grundgesetzes und der Uno-Charta und stört das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 GG, Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta). Im Juni 2016 hat der Protest der syrischen Regierung bewiesen, dass diese den ihr gegenüber ungefragten und nicht mit ihr abgestimmten Einsatz ablehnt. Auch der Parlamentsvorbehalt (Art. 115a GG) ist verletzt, denn die Zustimmung des Bundestags hätte auch bereits vor dem EU-Bündnisfallbeschluss vom 16./17.11.2015 (Az. 14120/15) eingeholt werden müssen.


Wolfgang Effenberger und Volker Reusing nach Einreichung der Klage, im Hintergrund das Gebäude des Bundesverfassungsgerichts

Die Bündnisfall-Klausel (Art. 42 Abs. 7 EUV) ist zudem noch gar nicht gültig gewesen, denn zuvor hätte, wie bereits das Lissabon-Urteil vom 30.06.2009 festgestellt hat, erst auf EU-Ebene beschlossen werden müssen, dass die EU eine gemeinsame Verteidigungspolitik haben wolle, und dem von den nationalen Parlamenten aller EU-Mitgliedsstaaten zugestimmt werden müssen (Art. 42 Abs. 2 Unterabs. 1 EUV). Zumindest letzteres ist nie geschehen. Ohne gültige Bündnisfall-Klausel ist die EU auch kein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit; außer zur Landesverteidigung darf die Bundeswehr gem. Art. 24 Abs. 2 GG Kampfeinsätze nur im Rahmen von Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit durchführen. Und die internationale Allianz im Kampf gegen Isis ist ein ad hoc – Bündnis ohne ratifizierten Vertrag und damit offensichtlich ohne Bündnisfall-Klausel. Auch die Syrien-Resolutionen des Uno-Sicherheitsrats können den Einsatz nicht tragen, da sie gerade nicht gem. Art. 42 Uno-Charta feststellen, dass friedliche Mittel erfolglos geblieben oder aussichtslos wären, weil sie deshalb auch gerade keine Ermächtigung für militärische Mittel geben, sondern ganz im Gegenteil auf Verhandlungen und auf immer härtere Sanktionen gegen Isis, gegen Al Qaida und gegen immer mehr Gruppen von deren Unterstützern setzen.

Die Anschläge in Paris vom 13.11.2015 waren unterhalb der Schwelle eines militärisch bewaffneten Angriffs. Der Bündnisfall-Beschluss hat de facto nur einen erheblichen Teil der Öffentlichkeit und der Politiker davon abgelenkt, dass es sich tatsächlich beim Syrien-Einsatz um einen Kampfeinsatz für Werte und Interessen (Art. 42 Abs. 5 EUV) und zur Krisenintervention (Art. 43 Abs. 1 EUV) handelt – entsprechend der Ideologie der „humanitären Intervention“. Diese geht auf die Studie „Self Determination in the New World Order“ des Think Tanks Carnegie Endowment for International Peace aus dem Jahr 1992 zurück und zielt nachweislich darauf, das Angriffskriegsverbot aus Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta und die Zuständigkeiten des Uno-Sicherheitsrats umgehbar zu machen. Die Ideologie der „humanitären Intervention“ ist in den letzten 24 Jahren für zahlreiche „Farbenrevolutionen“ und Kriege incl. der am 31.08.2013 damals gerade noch abgewendeten Eskalation des Syrien-Konflikts zum Weltkrieg verantwortlich gewesen.

Die Verfassungsklage beantragt die Untersagung des Syrien-Einsatzes auch wegen der Weltkriegsgefahren des Syrien-Konflikts, zu denen Deutschland angesichts des Friedensgebots (Art. 1 Abs. 2 GG) nicht auch noch mit beitragen darf. Isis und Al Qaida wollen nachweislich die in der islamischen Offenbarungsgeschichte beschriebene Endschlacht herbeiführen, indem sie einen in Syrien beginnenden Weltkrieg provozieren. Beide streben ebenso wie die Moslembruderschaft ein globales Kalifat an, und es ist undurchsichtig, inwieweit die Dschihadisten tatsächlich von wem gesteuert werden. Ein Weltkrieg wäre heute thermonuklear, und es würde ihn niemand überleben.

Er droht angesichts des in erheblichem Maße nicht miteinander koordinierten Einsatzes der Luftwaffen und zum Teil Bodentruppen in Syrien mit unterschiedlichen Interessen. Auch dasCNAS-Papier „Defeating the Islamic State – A Bottom-Up Approach“, Überlegungen innerhalb des Nationalen Sicherheitsrats der USA zu einem eventuellen direkten Angriff auf die syrische Armee, die in den USA diskutierte Verhängung einer Flugverbotszone für syrische und russische Flugzeuge in Syrien sowie die Drohung Russlands, die russischen Truppen in Syrien bedrohende Flugzeuge abzuschießen, würden im Falle ihrer Durchsetzung in den Weltkrieg führen. Am 31.08.2013 ist die globale Eskalation schon einmal sehr knapp verhindert worden, weil in Zusammenhang mit dem Chemiewaffenzwischenfall in Ghouta vom 21.08.2016 die USA über die russische Drohung, im Falle von US-Luftschlägen gegen Syrien als Vergeltung Saudi-Arabien anzugreifen, gerade noch rechtzeitig unterrichtet worden sind. Auch der Abschuss eines russischen Flugzeugs über Syrien durch die Türkei und die Bombardierung syrischer Truppen in Deir Azzur hätten leicht zum Weltkrieg eskalieren können.

Der Beschluss des Bundestags vom 03.12.2015 sowie der Bündnisfallbeschluss der Verteidigungsminister der EU-Mitgliedsstaaten vom 16./17.11. 2015 haben die Vorgaben des Lissabon-Urteils für eine mit der Uno-Charta vereinbare Auslegung der Vorschriften des EUV zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik missachtet. Daher macht die Verfassungsbeschwerde geltend, für Rechtssicherheit für die Friedensordnung der Vereinten Nationen und den Bestand der Europäischen Union die Bundesregierung zu verpflichten, in der Uno-Vollversammlung die Einholung eines Gutachtens beim Internationalen Gerichtshof (IGH) zu beantragen zu folgender Frage:

„Wie genau muss die Auslegung der Vorschriften des Vertrags über die Europäische Union (EUV) über Militärinterventionen für Werte und Interessen (Art. 42 Abs. 5 EUV), über Militärinterventionen zur Einmischung in Krisen (Art. 43 Abs. 1 EUV) sowie die noch nicht gem. Art. 42 Abs. 2 Unterabs. 1 EUV ratifizierte EU-Bündnisfallklausel (Art. 42 Abs. 7 EUV) jeweils mit der Uno-Charta und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) konform einschränkend ausgelegt werden, dass die Möglichkeit, mit diesen Vorschriften Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta, Art. 103 Uno-Charta oder Art. 29 Nr. 3 AEMR zu verletzen, lückenlos ausgeschlossen und zugleich das Risiko der Nichtigkeit des EUV gem. 53 Wiener Vertragsrechtskonvention wegen Unvereinbarkeit mit den zum „ius cogens“ gehörenden Uno-Charta und AEMR ausgeschlossen wird?“

Die Verfassungsbeschwerde beantragt auch die Feststellung der Nichtigkeit des EUV gem. Art. 53 WVRK wegen Unvereinbarkeit des EUV mit der zum zwingenden Völkerrecht („ius cogens“) gehörenden Uno-Charta angesichts der mit der Uno-Charta unvereinbaren Anwendung der GASP beim Bündnisfall-Beschluss vom 16./17.11.2015. Eine Nichtigkeitsfeststellung kann für einen internationalen Vertrag aber immer nur das letzte Mittel sein, wenn eine mit dem „ius cogens“ vereinbare Auslegung nicht möglich ist.

Die Verfassungsbeschwerde beantragt wegen der undemokratischen Vorformung der deutschen Haltung gegenüber Syrien durch den Think Tank SWP und daneben auch durch die Bilderberg-Konferenz, Think Tanks von internationalen Konferenzen zur Außen- und Sicherheitspolitik mit deutscher Beteiligung auszuschließen, und zur außen- und sicherheitspolitischen Beratung für deutsche Institutionen nur noch solche Think Tanks zuzulassen, deren Empfehlungen weder Grundgesetz noch Uno-Charta verletzen, mit besonderem Augenmerk auf die Verbote eines Angriffskriegs und von dessen Vorbereitung (Art. 26 GG, Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta) sowie auf das unantastbare Friedensgebot (Art. 1 Abs. 2 GG), und die nicht gleichzeitig auch noch andere Staaten beraten.

Angesichts Hunderttausender seit 2015 unregistriert nach Deutschland eingewanderter Personen, darunter mindestens einer vierstelligen Zahl von Dschihadisten, angesichts des für 2016 von einem Isis-Aussteiger prognostizierten und inzwischen bereits begonnenen dschihadistischen „Blitzkriegs“ in Deutschland und Europa, und weil Deutschland durch die direkte militärische Involvierung in Syrien noch mehr ins Visier von Isis geraten ist, macht die Verfassungsbeschwerde geltend, alle seit 2015 nach Deutschland eingewanderten Menschen biometrisch zu registrieren und deren Daten abzugleichen mit der in Großbritannien vorliegenden Liste, mit den entlang der Flüchtlingsrouten (darunter in Mazedonien) bereits aufgefallenen gestohlenen und gefälschten Passidentitäten und mit in Syrien, im angegebenen Herkunftsland und international strafrechtlich gesuchten Terroristen. Das schützt die deutsche Bevölkerung ebenso wie die in ihrer Mehrzahl friedlichen Flüchtlinge incl. der Frauen und Kinder, schafft mehr Klarheit über das Ausmaß der dschihadistischen Bedrohung in Deutschland und trägt dazu bei, dass alle Flüchtlinge während ihres Aufenthaltes in Deutschland humanitär versorgt sind, auch um die Zahl derer, die aus materieller Not heraus keinen anderen Weg sehen, als sich den Dschihadisten anzuschließen, soweit wie möglich zu verringern.

Sowohl wegen der fehlenden Rechtsgrundlagen für den Syrien-Einsatz und der mit dem Syrien-Konflikt verbundenen Weltkriegsgefahr, als auch wegen der mangelnden territorialen Verteidigungsfähigkeit bzgl. Soldaten und Ausrüstung gegenüber einem dschihadistischen Angriff in Deutschland beantragt die Klage im Wege der einstweiligen Anordnung die sofortige Rückholung der bereits nach Syrien entsandten deutschen Truppen und die einstweilige Untersagung der Entsendung weiterer deutscher Truppen nach Syrien.

Außerdem beantragt die Verfassungsbeschwerde, die flächendeckende territoriale Verteidigungsfähigkeit Deutschlands (Art. 87a Abs. 1 GG) wiederherzustellen bezogen auf eine realistische Bedrohungsanalyse.

Die Klage stützt sich auf die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) i. V. m. dem Friedensgebot (Art. 1 Abs. 2 GG), auf das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG), auf die Grundrechte auf Leben, auf körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit (Art. 2 GG), auf den Funktionsvorbehalt (Art. 33 Abs. 4 GG) sowie auf die universellen Menschenrechte auf Sicherheit (Art. 9 Uno-Zivilpakt), auf Gesundheit (Art. 12 Uno-Sozialpakt) und auf Verbot der Kriegspropaganda (Art. 20 Abs. 1 Uno-Zivilpakt).

Die Verfassungsbeschwerde wendet sich auch gegen §93d Abs. 1 S. 3 BVerfGG, wonach das Bundesverfassungsgericht Nichtannahmen von Verfassungsbeschwerden auch ohne Begründung machen kann. Diese Vorschrift ermöglicht es, zu verschleiern, ob das Gericht ordnungsgemäß die Zulässigkeitskriterien (§93a BVerfGG) anwendet. Daher ist §93d Abs. 1 S. 3 BVerfGG unvereinbar mit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG), dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) der Gleichheit vor Gericht (Art. 14 Uno-Zivilpakt) und de Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 26 Uno-Zivilpakt).

Die Beschwerdeführer und die von ihnen beantragte Vertreterin (§22 Abs. 1 S. 4 BVerfGG) stehen für ein Interview jederzeit zur Verfügung.

Online-Flyer Nr. 585  vom 26.10.2016

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