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Militarismuskritische Bild-Montagen
Morde sind wieder in Mode
Montagen von Rudolph Bauer, Text von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Das Militär zählt keine zivilen Toten, kommentiert der Pfarrer i.R. Hartmut Drewes eine der Bildcollagen von Rudolph Bauer, die mit erläuternden Texten in der vom Bremer Friedensforum herausgegebenen Dokumentation der Ausstellung „Rüste-Wüste“ zusammengestellt sind. Die militarismuskritischen Montagen des bildnerisch und literarisch wirkenden Politikwissenschaftlers Rudolph Bauer, Professor emeritus der Universität Bremen, arbeiten mit Versatzstücken des Alltags und des fernen Kriegsalltags, der doch irgendwann wieder deutlich in unsere weltabgewandte Heiterkeit fürchterlich hereinbrechen könnte. „Wir befinden uns mitten im Krieg“, stellt Bauer mit wissenschaftlicher Profundität nüchtern fest. Und doch gilt es Schlimmeres zu verhindern. Lässt sich das Publikum auf Rudolph Bauers Bildwelten ein, gestattet es seiner Kunst und sich selbst, sich aus der Verdrängung des zu Vermeidenden zu befreien.
Totentanz (Montagen: Rudolph Bauer, Reprofotografien: Wolfgang Zimmermann, Bilderläuterungen: Hartmut Drewes)
... Wie heil ist unsere „heile Welt“? Wie lange kann die Öffentlichkeit die Existenz der Kriege vor unserer Haustür noch verdrängen....
Fortschreitende Militarisierung
Das Bild führt den Betrachter in eine heitere Landschaft. Auf der Wiese eine rotbemalte Holzfigur, ein arglos schreitender Mann... Eingeengt wird dieses friedliche Bild von zwei olivfarbenen Elementen. Sie werden erst bei genauem Hinsehen erkennbar: Fragmente eines Soldatenbeins und einer Hand, die ein Maschinengewehr nach unten gerichtet hält. In alle Bereiche, auch in die friedlichsten und intimsten, dringt das Militär ein, in die Schulen, in die Computerspiele und anderes mehr. Seit einigen Jahren bietet die Bundeswehr mit ihren Musikcorps den Kirchengemeinden Weihnachtskonzerte an. Über fünfzig haben 2014 das Angebot angenommen. Dazu gibt es auch eine CD, auf der das Musikcorps zusammen mit dem Mädchenchor am Kölner Dom vereint musiziert und unter anderen auch das bekannte Lied „Kommet Ihr Hirten“ zu Gehör bringen, wo es in der letzten Strophe heißt: „Nun soll es werden / Friede auf Erden, den Menschen allen / ein Wohlgefallen.“
Wir befinden uns mitten im Krieg
Drei Frauen aus verschiedenen Völkern bewegen sich auf den Betrachter zu. Ihr Anblick wirkt zunächst harmlos... Die Drei sind Kriegsflüchtlinge... Am Boden liegt eine Uhr. Sie zeigt sieben nach 12 an. Es ist bereits Krieg. Er wurde nicht verhindert.
Farbige im Dienste der Weißen
Die Spannung von Mode, Rassismus und militärischer Präsenz zeigt besonders eindrucksvoll diese Montage. Im Mittelpunkt steht ein Farbiger, Model des Unternehmens Bottega Veneta. Der Farbige trägt ein Hemd und eine Hose, deren Design an militärische Tarnmuster erinnern. Es ist nicht platt kopiert, wie man es seit zehn Jahren öfter in der zivilen Mode sieht, sondern nur ganz dezent angedeutet. Der Künstler hat am Werbefoto zwei Änderungen vorgenommen. Die Augenpartie erhielt eine Maske einer weißen Person... Und: der Farbige wurde bewaffnet... Besonders in den USA haben Farbige aus der armen Bevölkerung oft keine anderen beruflichen Möglichkeiten, als zum Militär zu gehen. Farbige halten ihre Haut zum Wohle der weißen Elite hin.
Die NATO-Hölle
Was tun die NATO-Truppen in Afghanistan nicht alles an Gutem? Die Montage zeigt zwei Personen: Einen schwerbewaffneten ISAF-Soldaten, der großzügig einem unbewaffneten, in seiner Landestracht gekleideten Afghanen brüderlich die Hand drückt, ja, dazu seine Linke gönnerisch auf dessen Schulter legt. Aber das mächtige Maschinengewehr, das vor seinem Leib baumelt, sorgt für eine gehörige Distanz... So brüderlich die Geste des ISAF-Soldaten wirken mag, beide Personen befinden sich in der Kriegshölle der NATO. Oben links ein Christus mit himmelndem Blick und die Madonna mit Kind sollen dazu den göttlichen Segen geben. Die ISAF-Truppen sind ja reichlich mit Militärgeistlichen ausgestattet. Das macht diese Hölle nicht besser, aber den Zynismus noch größer...
Menschen verdrängen bedrohende Entwicklungen
Über einer weiten Sommerlandschaft kreist ein Militärhubschrauber... Alle vier Menschen ((Orpheus gegenüber seiner schlafenden bzw. toten Euridike. // ... ein bürgerliches Paar mit Hund, Teil eines Gemäldes von 1899.)) sind mit sich selbst beschäftigt. Unten ist vielleicht die Tragik des Todes gegenwärtig. Oben aber wird auf den massenhaften Kriegstod hingearbeitet... Getötete Zivilisten werden beim Militär nicht gezählt. In Zukunft werden die so genannten Kampfdrohnen dieses Mordgeschäft übernehmen, ohne Flugpersonal und geräuschärmer.
Hintergrund des Militärs
Großartig führt der Künstler den Beschauer vom Vordergründigen zum Hintergründigen... Ein großer, imposanter Raum: Oben hängen riesige Kronleuchter aus Kristallglas. Die gedeckten Tische sind mit vielen Kandelabern dekoriert. An ihnen sitzen Beifall klatschende Personen. Es sind offensichtlich die, die unseren gesellschaftlichen Hintergrund bilden. Sie brauchen das Militär, innen wie außen, zur Erhaltung und Mehrung ihres Reichtums und letztlich, um über Krieg und Frieden zu entscheiden.
Die Schönheit der Würde II
... Dem zerstörerischen Panzer oben steht unten eine übergroße Hand mit dem leuchtendblauen Kreidestück gegenüber, Sinnbild für die Stärke künstlerischer Kreativität. Der Künstler bringt beide Montagen (Die Schönheit der Würde I und II) mit Zeilen von Otto Nebel (1892-1973) in Zusammenhang. Dieser Dichter, der auch Maler war, nahm als Soldat am ersten Weltkrieg teil. 1923 veröffentlichte er die expressionistische Schrift „Rüste-Wüste“, in der er die Kriegserfahrungen verarbeitet. Dieses Werk ist neben „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus eine der herausragenden Anklagen gegen Kriegswahnsinn, Zerstörungsgrauen und unversöhnliche Militärpropaganda...
ohne Worte? Oder mit Worten von Rudolph Bauer aus „Wir befinden uns mitten im Krieg. Militarisierung im digitalen Zeitalter“: „Bei der Militarisierung handelt es sich um einen gesamtgesellschaftlichen Prozess, der teils schleichend und kaum wahrnehmbar, teils aber auch schnell beziehungsweise ganz plötzlich abläuft.“
ohne Worte? Oder mit Worten von Rudolph Bauer aus „Wir befinden uns mitten im Krieg. Militarisierung im digitalen Zeitalter“: „Dabei nimmt das Zivile den Charakter des Militärischen an. Im Gegenzug anverwandelt das Militärische sich das Zivile – entweder in verdeckter Weise oder ganz offen, vor unser aller Augen.“
„Mode und Morde“ – ein vom politischen Künstler sinnhaft verwendetes Wortspiel – zieht sich wie eine Grenzlinie durch das schöne, feine, teure Leben der Reichen, der Nimmersatten und der normal Konsum-Verführten, die in ein Ersatzleben flüchten, das außerhalb ihrer zugelassenen Wahrnehmung als Raub, Tod und Vernichtung stattfindet. Im Bild der in extravaganter Kleidung wenig verhüllten Tochter aus „gutem“ Hause erscheint der mögliche, sportlich smarte Vater im Blickkontakt zum randständigen Soldaten. Diese „Geschichten“ der fürsorglichen Familienväter, die an der Front Unsagbares tun oder die im Big Business des großen Geschäfts über Leichen gehen, sind allesamt bekannte Geschichten aus bekannten Kriegen.
Konsumwerbung umgibt die abgeschirmten Europäer in ihrem nach der griechischen Mythologie benannten Erdteil, in den die Geschundenen wie ins Paradies zu gelangen hoffen, in allen Lebenslagen. Jetzt ist es an der Zeit, und sieh genau hin: „Für das Geschäft des Krieges wird wieder Werbung gemacht.“ Der Sozialwissenschaftler fügt mit einzelnen Bildschnipseln die Jahrhunderte in Eins, ruft Kunstgeschichte, Konventionen und Räume der Mythologie auf die Bühne der Gegenwart des 21. Jahrhunderts, das am 11. September 2001 mit einem Paukenschlag die Alte Weltordnung zum Stillschweigen bringen wollte.
Politische Morde sind fortan wieder das Geschäft der westlichen, als repräsentative Demokratien konstituierten Welt, die sich einen Teufel darum schert, ihre eigenen Gesetze und Gerichtsbarkeit zu achten. Es darf munter gemordet werden, und geübt wird in immer martialischer ausgestatteten Kriminalserien, die im Wohnzimmersessel mit Bier und Chips und Fernbedienung ein wohliges Sicherheitsgefühl erzeugen.
Aber der Künstler mit Schere und Kleister lässt uns nicht ruhen – auch wenn in Afghanistan Horden von Militärgeistlichen zur Verkündung ihrer Heilslehre im Einsatz sind. Wenn musikalische Unterhaltung von Weihnachtslieder spielenden Militärkapellen mit Mädchenchören das Lied vom Frieden verkünden: „Nun soll es werden / Friede auf Erden, den Menschen allen / ein Wohlgefallen.“ Fehlt nur noch: Ehre sei Gott. Rudolph Bauer lässt uns nicht ruhen, aber er lässt uns hoffen: „Bild-Montagen intervenieren bzw. korrigieren und verändern das Bestehende, Faktische – teils kritisch, teils parodistisch, satirisch und karikaturhaft, teils auf heiter-spielerische Art, in ironischer Verkehrung. Sie ziehen in Zweifel und fordern heraus, das, was existiert, nicht unwidersprochen hinzunehmen.“
Hinweise
Ausstellung Rudolph Bauer: „Rüste-Wüste“ – Militarismuskritische Bild-Montagen
noch bis 28. Januar 2017, Berlin
ANTI-KRIEGS-MUSEUM, 13353 Berlin, Brüsseler Straße 21
täglich 16-20 Uhr, auch sonn- und feiertags, Tel.: 030 - 45490110
Rudolph Bauer / Hartmut Drewes: „Rüste- Wüste“. Militarismuskritische Bild-Montagen, Rote Reihe_4 des Bremer Friedensforums, 52 Seiten DIN-A4-Format, Spende erwünscht auf das Konto Ekkehard Lentz (Kennwort: Bremer Friedensforum), IBAN: DE 47 2501 0030 0123 2683 06, BIC: PBNKDEFF. Bestellung per E-Mail unter: info@ bremerfriedensforum.de.
unterstützt von der Internationale der Kriegsdienstgegner/innen e. V.
anti-kriegs-museum.de
bremerfriedensforum.de
"Wir befinden uns mitten im Krieg. Militarisierung im digitalen Zeitalter"
von Rudolph Bauer, Broschüre, Solidaritätspreis: 5,00 Euro
beziehbar über das Bremer Friedensforum
Online-Flyer Nr. 591 vom 07.12.2016
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Militarismuskritische Bild-Montagen
Morde sind wieder in Mode
Montagen von Rudolph Bauer, Text von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Das Militär zählt keine zivilen Toten, kommentiert der Pfarrer i.R. Hartmut Drewes eine der Bildcollagen von Rudolph Bauer, die mit erläuternden Texten in der vom Bremer Friedensforum herausgegebenen Dokumentation der Ausstellung „Rüste-Wüste“ zusammengestellt sind. Die militarismuskritischen Montagen des bildnerisch und literarisch wirkenden Politikwissenschaftlers Rudolph Bauer, Professor emeritus der Universität Bremen, arbeiten mit Versatzstücken des Alltags und des fernen Kriegsalltags, der doch irgendwann wieder deutlich in unsere weltabgewandte Heiterkeit fürchterlich hereinbrechen könnte. „Wir befinden uns mitten im Krieg“, stellt Bauer mit wissenschaftlicher Profundität nüchtern fest. Und doch gilt es Schlimmeres zu verhindern. Lässt sich das Publikum auf Rudolph Bauers Bildwelten ein, gestattet es seiner Kunst und sich selbst, sich aus der Verdrängung des zu Vermeidenden zu befreien.
Totentanz (Montagen: Rudolph Bauer, Reprofotografien: Wolfgang Zimmermann, Bilderläuterungen: Hartmut Drewes)
... Wie heil ist unsere „heile Welt“? Wie lange kann die Öffentlichkeit die Existenz der Kriege vor unserer Haustür noch verdrängen....
Fortschreitende Militarisierung
Das Bild führt den Betrachter in eine heitere Landschaft. Auf der Wiese eine rotbemalte Holzfigur, ein arglos schreitender Mann... Eingeengt wird dieses friedliche Bild von zwei olivfarbenen Elementen. Sie werden erst bei genauem Hinsehen erkennbar: Fragmente eines Soldatenbeins und einer Hand, die ein Maschinengewehr nach unten gerichtet hält. In alle Bereiche, auch in die friedlichsten und intimsten, dringt das Militär ein, in die Schulen, in die Computerspiele und anderes mehr. Seit einigen Jahren bietet die Bundeswehr mit ihren Musikcorps den Kirchengemeinden Weihnachtskonzerte an. Über fünfzig haben 2014 das Angebot angenommen. Dazu gibt es auch eine CD, auf der das Musikcorps zusammen mit dem Mädchenchor am Kölner Dom vereint musiziert und unter anderen auch das bekannte Lied „Kommet Ihr Hirten“ zu Gehör bringen, wo es in der letzten Strophe heißt: „Nun soll es werden / Friede auf Erden, den Menschen allen / ein Wohlgefallen.“
Wir befinden uns mitten im Krieg
Drei Frauen aus verschiedenen Völkern bewegen sich auf den Betrachter zu. Ihr Anblick wirkt zunächst harmlos... Die Drei sind Kriegsflüchtlinge... Am Boden liegt eine Uhr. Sie zeigt sieben nach 12 an. Es ist bereits Krieg. Er wurde nicht verhindert.
Farbige im Dienste der Weißen
Die Spannung von Mode, Rassismus und militärischer Präsenz zeigt besonders eindrucksvoll diese Montage. Im Mittelpunkt steht ein Farbiger, Model des Unternehmens Bottega Veneta. Der Farbige trägt ein Hemd und eine Hose, deren Design an militärische Tarnmuster erinnern. Es ist nicht platt kopiert, wie man es seit zehn Jahren öfter in der zivilen Mode sieht, sondern nur ganz dezent angedeutet. Der Künstler hat am Werbefoto zwei Änderungen vorgenommen. Die Augenpartie erhielt eine Maske einer weißen Person... Und: der Farbige wurde bewaffnet... Besonders in den USA haben Farbige aus der armen Bevölkerung oft keine anderen beruflichen Möglichkeiten, als zum Militär zu gehen. Farbige halten ihre Haut zum Wohle der weißen Elite hin.
Die NATO-Hölle
Was tun die NATO-Truppen in Afghanistan nicht alles an Gutem? Die Montage zeigt zwei Personen: Einen schwerbewaffneten ISAF-Soldaten, der großzügig einem unbewaffneten, in seiner Landestracht gekleideten Afghanen brüderlich die Hand drückt, ja, dazu seine Linke gönnerisch auf dessen Schulter legt. Aber das mächtige Maschinengewehr, das vor seinem Leib baumelt, sorgt für eine gehörige Distanz... So brüderlich die Geste des ISAF-Soldaten wirken mag, beide Personen befinden sich in der Kriegshölle der NATO. Oben links ein Christus mit himmelndem Blick und die Madonna mit Kind sollen dazu den göttlichen Segen geben. Die ISAF-Truppen sind ja reichlich mit Militärgeistlichen ausgestattet. Das macht diese Hölle nicht besser, aber den Zynismus noch größer...
Menschen verdrängen bedrohende Entwicklungen
Über einer weiten Sommerlandschaft kreist ein Militärhubschrauber... Alle vier Menschen ((Orpheus gegenüber seiner schlafenden bzw. toten Euridike. // ... ein bürgerliches Paar mit Hund, Teil eines Gemäldes von 1899.)) sind mit sich selbst beschäftigt. Unten ist vielleicht die Tragik des Todes gegenwärtig. Oben aber wird auf den massenhaften Kriegstod hingearbeitet... Getötete Zivilisten werden beim Militär nicht gezählt. In Zukunft werden die so genannten Kampfdrohnen dieses Mordgeschäft übernehmen, ohne Flugpersonal und geräuschärmer.
Hintergrund des Militärs
Großartig führt der Künstler den Beschauer vom Vordergründigen zum Hintergründigen... Ein großer, imposanter Raum: Oben hängen riesige Kronleuchter aus Kristallglas. Die gedeckten Tische sind mit vielen Kandelabern dekoriert. An ihnen sitzen Beifall klatschende Personen. Es sind offensichtlich die, die unseren gesellschaftlichen Hintergrund bilden. Sie brauchen das Militär, innen wie außen, zur Erhaltung und Mehrung ihres Reichtums und letztlich, um über Krieg und Frieden zu entscheiden.
Die Schönheit der Würde II
... Dem zerstörerischen Panzer oben steht unten eine übergroße Hand mit dem leuchtendblauen Kreidestück gegenüber, Sinnbild für die Stärke künstlerischer Kreativität. Der Künstler bringt beide Montagen (Die Schönheit der Würde I und II) mit Zeilen von Otto Nebel (1892-1973) in Zusammenhang. Dieser Dichter, der auch Maler war, nahm als Soldat am ersten Weltkrieg teil. 1923 veröffentlichte er die expressionistische Schrift „Rüste-Wüste“, in der er die Kriegserfahrungen verarbeitet. Dieses Werk ist neben „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus eine der herausragenden Anklagen gegen Kriegswahnsinn, Zerstörungsgrauen und unversöhnliche Militärpropaganda...
ohne Worte? Oder mit Worten von Rudolph Bauer aus „Wir befinden uns mitten im Krieg. Militarisierung im digitalen Zeitalter“: „Bei der Militarisierung handelt es sich um einen gesamtgesellschaftlichen Prozess, der teils schleichend und kaum wahrnehmbar, teils aber auch schnell beziehungsweise ganz plötzlich abläuft.“
ohne Worte? Oder mit Worten von Rudolph Bauer aus „Wir befinden uns mitten im Krieg. Militarisierung im digitalen Zeitalter“: „Dabei nimmt das Zivile den Charakter des Militärischen an. Im Gegenzug anverwandelt das Militärische sich das Zivile – entweder in verdeckter Weise oder ganz offen, vor unser aller Augen.“
„Mode und Morde“ – ein vom politischen Künstler sinnhaft verwendetes Wortspiel – zieht sich wie eine Grenzlinie durch das schöne, feine, teure Leben der Reichen, der Nimmersatten und der normal Konsum-Verführten, die in ein Ersatzleben flüchten, das außerhalb ihrer zugelassenen Wahrnehmung als Raub, Tod und Vernichtung stattfindet. Im Bild der in extravaganter Kleidung wenig verhüllten Tochter aus „gutem“ Hause erscheint der mögliche, sportlich smarte Vater im Blickkontakt zum randständigen Soldaten. Diese „Geschichten“ der fürsorglichen Familienväter, die an der Front Unsagbares tun oder die im Big Business des großen Geschäfts über Leichen gehen, sind allesamt bekannte Geschichten aus bekannten Kriegen.
Konsumwerbung umgibt die abgeschirmten Europäer in ihrem nach der griechischen Mythologie benannten Erdteil, in den die Geschundenen wie ins Paradies zu gelangen hoffen, in allen Lebenslagen. Jetzt ist es an der Zeit, und sieh genau hin: „Für das Geschäft des Krieges wird wieder Werbung gemacht.“ Der Sozialwissenschaftler fügt mit einzelnen Bildschnipseln die Jahrhunderte in Eins, ruft Kunstgeschichte, Konventionen und Räume der Mythologie auf die Bühne der Gegenwart des 21. Jahrhunderts, das am 11. September 2001 mit einem Paukenschlag die Alte Weltordnung zum Stillschweigen bringen wollte.
Politische Morde sind fortan wieder das Geschäft der westlichen, als repräsentative Demokratien konstituierten Welt, die sich einen Teufel darum schert, ihre eigenen Gesetze und Gerichtsbarkeit zu achten. Es darf munter gemordet werden, und geübt wird in immer martialischer ausgestatteten Kriminalserien, die im Wohnzimmersessel mit Bier und Chips und Fernbedienung ein wohliges Sicherheitsgefühl erzeugen.
Aber der Künstler mit Schere und Kleister lässt uns nicht ruhen – auch wenn in Afghanistan Horden von Militärgeistlichen zur Verkündung ihrer Heilslehre im Einsatz sind. Wenn musikalische Unterhaltung von Weihnachtslieder spielenden Militärkapellen mit Mädchenchören das Lied vom Frieden verkünden: „Nun soll es werden / Friede auf Erden, den Menschen allen / ein Wohlgefallen.“ Fehlt nur noch: Ehre sei Gott. Rudolph Bauer lässt uns nicht ruhen, aber er lässt uns hoffen: „Bild-Montagen intervenieren bzw. korrigieren und verändern das Bestehende, Faktische – teils kritisch, teils parodistisch, satirisch und karikaturhaft, teils auf heiter-spielerische Art, in ironischer Verkehrung. Sie ziehen in Zweifel und fordern heraus, das, was existiert, nicht unwidersprochen hinzunehmen.“
Hinweise
Ausstellung Rudolph Bauer: „Rüste-Wüste“ – Militarismuskritische Bild-Montagen
noch bis 28. Januar 2017, Berlin
ANTI-KRIEGS-MUSEUM, 13353 Berlin, Brüsseler Straße 21
täglich 16-20 Uhr, auch sonn- und feiertags, Tel.: 030 - 45490110
Rudolph Bauer / Hartmut Drewes: „Rüste- Wüste“. Militarismuskritische Bild-Montagen, Rote Reihe_4 des Bremer Friedensforums, 52 Seiten DIN-A4-Format, Spende erwünscht auf das Konto Ekkehard Lentz (Kennwort: Bremer Friedensforum), IBAN: DE 47 2501 0030 0123 2683 06, BIC: PBNKDEFF. Bestellung per E-Mail unter: info@ bremerfriedensforum.de.
unterstützt von der Internationale der Kriegsdienstgegner/innen e. V.
anti-kriegs-museum.de
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"Wir befinden uns mitten im Krieg. Militarisierung im digitalen Zeitalter"
von Rudolph Bauer, Broschüre, Solidaritätspreis: 5,00 Euro
beziehbar über das Bremer Friedensforum
Online-Flyer Nr. 591 vom 07.12.2016
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