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Inland
Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des deutschen Faschismus
Vom Umgang der deutschen Gesellschaft mit der Schande des Faschismus und dem Verbrechen von Dresden
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Die angemessene Erinnerung an die Opfer des Faschismus ist eine Angelegenheit der gesamten demokratischen deutschen Gesellschaft. Sie gehört zur Auseinandersetzung in die Mitte der Gesellschaft und ihrer Führung. Eine dramatische Verwirrung und totale Desorientierung ist Ergebnis der langen unentschuldbaren Vernachlässigung dieses bewegenden Themas seitens der regierenden Parteien. Hier haben auch beide Kirchen versagt. Dieser Mangel wird heute, am Tag des Gedenkens an die Opfer des deutschen Faschismus, noch einmal ganz klar: Die auflagenstärkste überregionale Tageszeitung Deutschlands, die Süddeutsche Zeitung, enthält heute (27.1.2017) keinen einzigen Artikel oder Kommentar hierzu.


Dresden 1945 (fotografiert von Richard Peter Sen.)

Die ganze Nachkriegszeit entlang waren gewisse Themen des Dritten Reichs hierzulande tabu, unantastbar. Mit solchen Tabus zu brechen, veranlasst eine Welle von skandalösen irreleitenden Reaktionen. Schweigen, triste Kommentare oder Reaktionen wie die armselige eines Bundespräsidenten Joachim Gauck belegen ein dominantes irreleitendes Trauma.

Schon die erbärmliche Trauer-Rede von Ministerpräsident Günther Öttinger 2007 ist eine offizielle öffentliche Evidenz für das fehlende Bewusstsein an der Spitze des CDU-Lagers, was Nazi-Unrecht bedeutet, eine eklatante bloßgestellte unaufgeklärte Einstellung, was Recht und Unrecht war und ist. Hier liegt der entscheidende Punkt, das Vakuum in der Denkweise von führenden Amtsträgern. "Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein". Dieses peinliche Geständnis belegt die eigene Uneinsichtigkeit wegen einer unzureichenden kritischen Beschäftigung mit der Nazi-Vergangenheit.

Was damals als "Recht" von den Nazi-Anhängern betrachtet wurde, war eklatantes Unrecht und bleibt es auch heute, bloßes Unrecht von Anfang an. Die Erkenntnis darüber fehlte vollkommen bei dem CDU-Ministerpräsident Öttinger von Baden Württemberg wie auch beim ehemaligen CDU-Bundestagspräsidenten Philip Jenninger, wie seine missglückte Rede 1984 offenbarte, als er Nazi-Jargon und Nazi-Vokabular benutzte, um jene düstere Zeit, sogar die Progromnacht vom 9.11.1938, zu erklären! Jenninger musste nach langem Hin und Her in der CDU zurücktreten. Nur Graf Lambsdorf von der FDP erkannte sofort vor der Presse, dass Jenningers Einstellung inakzeptabel war und Grund genug, um sofort zurückzutreten. „Dafür brauche ich keine Diskussion“, sagte Lambsdorf selbstsicher unmittelbar nach der peinlichen Rede des damaligen Bundestagspräsidenten. Die Uneinsichtigkeit und geistige Leere von Philip Jenninger hat die CDU tagelang mit Hochmut und Torheit verdeckt. Darin besteht das Problem, vor allem bei der CDU. Dort fehlt ein konsequentes Einsehen hinsichtlich des deutschen Faschismus zu haben. Günther Öttinger hat später unverständlicherweise ein hohes Amt in Brüssel übernommen, was natürlich ein schlechtes Licht auf ein prekäres Deutschland wirft.

Unrecht und Verbrechen müssen als solche anerkannt und angesehen werden ohne Makulatur, ohne Relativierung, ohne Beschönigung. Gerade weil diese Erkenntnis fehlt, reicht eine triste späte verzögerte Entschuldigung oder Distanzierung allein nicht. Persönlich vielleicht ja, aber nicht, wenn es sich um einen hohen Amtsträger mit politischer Verantwortung handelt, wozu das Rechtsbewusstsein unabdingbar dazugehört. Dieses Rechtsbewusstsein fehlte bei jedem Wort des Ministerpräsidenten von Baden- Württemberg, weil er daran mangelte. Er konnte nicht anders, da bei ihm offensichtlich keine gründliche Aufarbeitung des Unrecht-Systems vorgekommen ist. Das Verharmlosen und Verschweigen bei den traditionellen Parteien dieses Landes ist grundsätzliches Defizit  für eine funktionierende Demokratie unter der herrschenden CDU. Bei einer richtigen Aufklärung der Gesellschaft hätten diese Parteikumpanen niemals so lange herrschen dürfen. Sie wären sehr schnell abgewählt worden.

Wie ein würdiges Verhalten sein sollte, muss heute für alle klar sein. Darum geht es gerade, wenn in der Gegenwart die Verfassungsmaßstäbe des Grundgesetzes und humanistische, demokratische Werte gelten. Ein ehrenvolles Denkmal für die Opfer des Faschismus sollte in jeder Stadt errichtet werden, anstatt überall immer noch Bismarck, Hindenburg und den Hohenzollern mit Denkmälern und Straßennamen zu gedenken, alle unehrenvollen Symbole kulturell-politischer Rückständigkeit. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die Neue Wache in Berlin von 1955 bis zur Auflösung der DDR das Mahnmal für die Opfer des Faschismus und Militarismus war. Danach wurde es bezeichnenderweise umgewidmet in „Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“. Warum sollte es nicht länger um das Gedenken an alle Opfer des Faschismus und Militarismus gehen, nämlich neben den geschätzten 6 Millionen jüdischen Opfer vor allem die über 20 Millionen Opfer der Roten Armee und der Zivilisten, den einfachen Menschen, die von der Wehrmacht und SS in ihren Dörfern und Städten massakriert wurden, die Soldaten der Roten Armee und anderer Armeen, die gegen die faschistische Nazi-Armee im schweren Kampf ihr Leben lassen mussten und denen die Niederlage des Nazi-Verbrecherstaates und damit die Befreiung Deutschlands vom Faschismus gelang. Sie alle sind Opfer des Nazi-Faschismus, sie, die Befreier Deutschlands, die mit ihrem Leben dafür bezahlt haben. Das ist niemals zu vergessen!

Der einstige Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat in seiner Rede am 8.Mai 1985 diese Wahrheit als Befreiung angesprochen und große Irritationen beim Establishment damit gesät. „Die meisten Deutschen hatten geglaubt, für die gute Sache des eigenen Landes zu kämpfen und zu leiden. Das alles war nicht nur vergeblich und sinnlos, sondern es hatte den unmenschlichen Zielen einer verbrecherischen Führung gedient. ... Es gab viele Formen, das Gewissen ablenken zu lassen. ... Wir alle, ob schuldig oder nicht, ob alt oder jung, müssen die Vergangenheit annehmen."

Tabu: positive Seiten der Deutschen Demokratischen Republik

Im anderen Deutschland, über das etwas anerkennendes zu schreiben oder zu reden ein weiteres Tabu ist, in der Deutschen Demokratischen Republik, gehörte der Begriff der Befreiung seit ihrer Gründung zur Staatsräson. Dort stand er in den Schulbüchern, und das seit Jahrzehnten. Dagegen taucht der Begriff Befreiung bis heute nicht in den gebräuchlichen deutschen Schulgeschichtsbüchern auf. Im Westen war es allerdings nur unter fortschrittlichen Denkern und Politikern ganz selbstverständlich von der Befreiung vom Faschismus zu sprechen und zu schreiben.

Die Deutsche Demokratische Republik betonte immer wieder den Weltfrieden, die Abrüstung und die menschliche Solidarität mit allen Unterdrückten. Diese Ansätze haben ihre menschliche Außenpolitik geprägt. Deshalb wurde die DDR mehrmals Mitglied des UN-Sicherheitsrates und sogar Präsident der Vollversammlung mit größter Unterstützung der Weltstaatengemeinschaft, ohne besondere Bestrebungen, ohne großes Aufheben, ohne Brimborium. Nicht aber die westdeutsche reaktionär geprägte Bundesrepublik, die sich seit der sogenannten Wiedervereinigung 1990 auf eine aggressive Außenpolitik eingelassen hat bis zum Extrem im 21. Jahrhundert, mit Terroristen zu paktieren. In der Tat ist die Bundesrepublik Deutschland seitdem in den Kreis der aggressivsten imperialistischen Staaten zurückgekehrt und weltweit in Militär- und Kriegseinsätze verwickelt. In dieser unehrenhaften Gesellschaft fühlt sie sich wohl und möchte offiziell mit mehr Gewicht agieren, und zwar in nichts weniger als im höchsten Weltorgan, dem UN-Sicherheitsrat. Dieses wichtige Handicap bleibt medial ausgeblendet. Mit den verbrecherischen Vorfahren und ihrer Großwahn-Mentalität ist endlich zu brechen.

Die Öffentlichkeit ist aufgerufen, Druck auf das reaktionäre konservative Lager auszuüben, um unerwünschte Politiker aus dem Amt zu entfernen. Keine Versöhnung, keine Rehabilitierung kann es mit Parteifreunden geben, die das faschistische Unrecht nicht einsehen, es nicht eingesehen haben und nicht entsprechend konsequent handeln wollen. Sie brauchen Zeit, das zu begreifen. Vielleicht ihr ganzes Leben lang. „Wir brauchen und wir haben die Kraft, die Wahrheit so gut wir es können, ins Auge zu sehen, ohne Beschönigung, ohne Einseitigkeit." Eine Lehre, die die politische Klasse und Medien noch zu lernen und zu praktisieren haben. Der Alt-Bundespräsident plädierte immer wieder dafür, die Verständigung unter allen Umständen mit den Ländern zu suchen, im Besonderen mit Polen und Russland, wo das deutsche Militär gewütet hatte. "Versöhnung" sei ein falsches, ein anmaßendes Wort. Deutschland habe diese Länder schließlich überfallen. Mehr als "Verständigung" mit ihnen dürften Deutsche nicht anstreben. So treffend und ehrlich der Alt-Bundespräsident, Richard von Weizsäcker.

Die Aufklärung über die faschistische NS-Zeit ist Teil der geschichtlichen und staatsbürgerlichen Bildung. Sie trifft Deutschland ins Mark. Es führt am Kern der Sache vorbei, dieses abscheuliche Kapitel der Geschichte Deutschlands auf einzelne Personen zu reduzieren. Jene schlimme Zeit ist weder aus dem Nichts entstanden, noch ist sie irgendwelchen Dämonen zuzuschreiben: Sie steht am Ende einer Entwicklung, die durchaus hätte anders verlaufen können. Es ist berechtigt, bereits in der Schule und dann in Weiterbildungseinrichtungen zu untersuchen, was alles falsch und warum es so gelaufen ist.

Das monströse Denkmal mitten in Berlin ist ein hässliches Denkmal für einen Teil der Opfer des deutschen Faschismus. Die Monstrosität war aber genau der Nazi-Faschismus und der verdient kein Denkmal. Die Sendung Arte hat am 24.1.2017 gezeigt, wie man in Paris den Opfern der Nazi-Verbrecher gedenkt, und zwar durch eine ewige Flamme mitten in einem Raum, wo Karteien der meisten Opfer liegen, so dass jeder Besucher sich über sie informieren kann, z.B. über das Ehepaar Beate und Serge Klarsfeld, die einen jahrzehntelangen Kampf führten, um NS-Täter zur Rechenschaft zu ziehen. (Nicht Rache, sondern Gerechtigkeit). Dass Beate Klarsfeld als Bundespräsidentin von den etablierten Parteien nicht akzeptiert wurde, belegt den schändlichen prekären Zustand dieser Parteien, was Aufklärung und geistige Befreiung der faschistischen Nazi-Zeit betrifft.

Die Art und Weise zu gedenken, ist etwas subjektives. Für manche mögen die stummen Steine zum Andenken motivieren, für andere nicht. In Jerusalem selbst erinnern tausende kleine Tannenbäume an die Opfer, was viel ehrenhafter, frisch, lebendiger und denkwürdiger ist. Für die Ewigkeit.

Humanistische Kultur statt eines monströsen Denkmals

Es geht selbstverständlich hierzulande darum, den Nazi-Faschismus nicht zu verdrängen und im Geschichtsbewusstsein der aktuellen und zukünftigen Generationen klarzustellen. Dazu und vor allem in Hinsicht auf die Jugend sind Schulen, Bildungseinrichtungen, Museen historische Anstalten und Filme wichtig. Es ist grundsätzlich eine Sache der humanistischen Bildung jedes Staatsbürgers, sich darüber grundsätzlich zu informieren. Aber um ein ungeheuerliches Verbrechen als solches anzusehen und zu verabscheuen, braucht man kein monströses Denkmal zu errichten. Im Gegenteil. Man braucht eine definierte humanistische oder christliche Kultur. Hier sind alle Pastoren und Priester gefragt.

Eine Schändung der jungen Seelen durch das Übel ist zu vermeiden. Junge Seelen streben nach dem Guten, Schönen und Richtigen im Leben, nicht nach Bosheit, Abnormität und Abscheulichkeiten. Die Jugend stellt ein Versprechen von schmeichelhafter Wiedergeburt dar, von Beseelung, Belebung und Hoffnung für zukünftige Generationen. Enthusiasmus und Hoffnung sind die fruchtbaren Tugenden der Jugend, die gefördert werden sollten. Wie dazu ein monströses hässliches Denkmal an ein Genozid beitragen soll, bleibt das Rätsel von dunklen, finsteren oder traumatisierten Seelen, die niemals die richtige Lehre aus dem verbrecherischen Nazi-Staat gezogen haben.

Wäre es umgekehrt und hätte die gegenwärtige Generation die Lehre gelernt, ist zu klären, wieso bis heute kein einziges Strafverfahren gegen die Verantwortlichen für die aktuelle Aggression, Massenmord und Vernichtung im Pakt mit Terroristen und Ddschihadisten eingeleitet wurde, ein Pakt, für den es eine ganze Reihe von veröffentlichten Indizien und Beweise gibt. Wann haben Journalisten, Politiker oder Geistliche dafür plädiert? Wann haben die Medien den Pakt mit dem Teufel, nämlich den Pakt mit dem Terror der NATO/EU-Mitgliedsregierungen, darunter auch Deutschland, an den Pranger gestellt? Die Medien schweigen darüber, um die Schuld der Regierenden zu decken, obwohl sie die Wahrheit kennen. Ist das ihre Lehre aus dem historischen Faschismus, als die alten Nazi-Verbrechen auch verschwiegen wurden?

Aufklärung und Erinnerung an die Opfer gehört zum menschlichen Geist, zum verinnerlichten Geschichtsbewusstsein, nicht zu den Steinen. Wie am besten die Opfer zu würdigen sind, ist letztendlich subjektiv. Es ist eine Sache der persönlichen Gefühle jedes einzelnen Menschen.

Vorbilder für die Jugend und zukünftige Generationen sind aber gewiss zu fördern. Eine breite humanistische Bildung ist zu fördern. Deutsche, europäische Philosophen, Dichter, Komponisten, Maler und vorbildliche Persönlichkeiten gehören in das Bewusstsein und in die Bildung der Jugend. Vorbildliche Persönlichkeiten sind zu Hause in den Familien und in den Schulen zur tiefen Kenntnis ins Bewusstsein zu rücken. Auch bei jeder Predigt von den Kanzeln der Kirchen, wie es aufgeklärte Pastoren hervorragend tun.

Am Gedenktag der Opfer ist das Vermächtnis der Überlebenden dieses unfassbaren Verbrechens in der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts in den Vordergrund der Öffentlichkeit zu stellen.

Eine Appeasement-Politik der CDU/CSU-SPD-Grünen gegenüber Israel ist falsch. Sie löst sie von der faschistischen Vergangenheit ihrer Vorfahren nicht, auch wenn sie dadurch scheinheilige Sympathie und befriedigenden Applaus von Israels zu ernten glauben. Absolution  für die Verbrechen bedeutet das aber nicht.

Auch das Verbrechen von Dresden ist ein Verbrechen

So wie Nazi-Kriegsverbrecher bestraft worden sind, so müssen auch heute nach den humanistischen völkerrechtlichen Maßstäben israelische Verantwortliche für verheerende Kriegsverbrechen gegen die wehrlose palästinensische Bevölkerung bestraft werden, ebenso westliche Regierungen, die mit islamistischen Terroristen paktieren, um einen terroristischen Krieg gegen Syrien und Irak zu führen und diese kleinen Länder verwüstet haben. Und ein grausamer Bomber-Harris hätte auch so bestraft werden müssen für sein ungeheuerliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Dresden. Darüber sollten aufgeklärte Journalisten schreiben. Wie in der alten westdeutschen Bundesrepublik herrscht immer noch das Trauma über die Verbrechen der Nazi-Zeit vor. Das hat negative Auswirkungen. Um sich mit den Siegern des Krieges auf „Augenhöhe“ verhalten zu wollen, haben führende deutsche Politiker dafür ihre Seele verkauft und sich klein vor den abscheulichen Verbrechen der Sieger-Mächte gemacht in dem Glauben, so könnte die historische Schuld verschwinden oder beschönigt werden.

Das vorherrschende, verbreitete Trauma wegen der Horror-Geschichte Deutschlands stellt die fehlende Aufklärung bei den herrschenden Mächtigen und ihren etablierten Medien erbärmlich bloß. Generell haben sie sich der Regierung Israels untergeordnet und hinter ihr feige versteckt, und damit ermöglicht und erlaubt, dass jene Regierung immer wieder manipulativ die Nazi-Verbrechen als Hebel benutzt zur Durchsetzung ihrer fragwürdigen Interessen und Abwehr jeder Kritik an ihrem kriminellen Vorgehen in Palästina und anderswo.

Die Grausamkeit des Krieges, seine unmenschliche Unverhältnismäßigkeit waren schon seit dem Ersten Weltkrieg sichtbar, noch eklatant barbarischer nach dem Zweiten Weltkrieg und am extremsten in seiner Grausamkeit nach der Bombenzerstörung von Tokio, Dresden und anderen deutschen und japanischen Städten - schon vor dem Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki. Indem sie mehr als 100.000 Zivilisten in einem Moment vernichteten, handelten die amerikanischen Oberbefehlshaber, Politiker und Militärs als Kriegsverbrecher, wie Robert McNamara, Verteidigungsminister des US-Präsidenten John F. Kennedy, spät, aber völlig richtig erkannte. Sieg oder Niederlage ändert nichts daran. McNamara war Teil eines Apparats, der es gewissermaßen empfahl, Brandbomben auf Tokio und andere Städte abzuwerfen. Ist es richtig, 100.000 Menschen zu töten? Diese Frage quälte Robert McNamara bis zu seinem Tod.

Vor der Grausamkeit der britischen Phosphor-Bomben auf Dresden sind kaltblütige Reaktionen erschreckend. Sie gehören nicht zu einem normalen Menschen. Daher auch die Abnormität und Ungeheuerlichkeit der Befürworter der so genannten konstruierten perversen „Schutzverantwortung“, um Interventionskriege des Westens zu rechtfertigen. Die Perversion des Denkens liegt in dem grundsätzlichen Irrtum, Menschenleben mit Bomben und Terror zu schützen! Offensichtlich haben solche seltsamen Leute keine Lehre aus der Brutalität und Grausamkeit der Bomben und des Krieges gezogen.

Böses rechtfertigt keineswegs noch weiteres Böses

Das Böse rechtfertigt keineswegs noch weiteres Böses. Auf diese Weise pervertieren wir unsere Menschlichkeit und landen ganz tief im Abgrund wie Bestien, denn durch das Böse verlieren wir unsere Würde als Menschen. Die Bomben auf Dresden, Köln, Berlin, Hamburg und andere deutsche Städte waren barbarische angloamerikanische Reaktionen auf barbarische Nazi-Anschläge auf London, Coventry und anderswo. Hiroshima und Nagasaki waren die Zuspitzung der Bosheit und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Jeder Politiker, jeder Journalist und jeder Staatsmann ist an erster Stelle ein Mensch und zu aller erst ein Mensch und wie jeder Mensch hat er auch, wie wir alle, nicht nur menschlichen Verstand, sondern auch menschliche Sensibilität, denn beide gehören zusammen. Verstand ohne menschliche Sensibilität gibt es nicht. Faschistische Nazi-Verbrechen entschuldigen nicht und entlasten auch nicht andere Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die gegenwärtig anzuerkennen und anzuprangern sind. Solange wir die eigenen heutigen Verbrechen des Westens nicht einsehen und nicht stoppen wollen, wird die so genannte westliche Zivilisation menschenfeindlich und Ziel von Hass und Verachtung sein, etwas, das sie selbst durch ihre Verbrechen und extreme Bosheit gegen andere Menschen gesät hat. Die Spirale der Gewalt ist heute zu durchbrechen. Aktueller denn je klingt deshalb die berechtigte selbstkritische Frage des damaligen Bürgermeisters von New York, Rudolph Giuliani, nach dem 9/11 2001: "Was haben wir falsch gemacht?" Diese Einsicht sollte eine aufgeklärte deutsche Politik und Presse erhellen und leiten. 

Journalisten dürfen sich nicht dem normalen Denken verschließen. Sonst verweigern sie ihre menschliche Rationalität und Sensibilität. Jeder Mensch hat ein Gewissen, das sich als natürlicher Kompass meldet, vor allem wenn über Jahre hinweg die richtige Sicht und der richtige Ton der Seele, die richtige innerliche Orientierung und moralische Transformation verhindert bleiben.

Journalisten, Politiker und andere Bürger können selbst zu der persönlichen Überzeugung gelangen, dass militärische Mittel bzw. Bomben heute entschieden auszuschließen sind in jedem Konflikt, der Menschenleben betrifft. Sonst verwandeln wir unsere kostbare Welt in eine Welt des Todes, der Vernichtung, Verwüstung und Krieg. Um diese nackte inakzeptable Folgerung einzusehen, ist es absolut widerlich, irrational und zerstörerisch, wenn der Untergang Deutschlands durch den Nazi-Faschismus zu einem ähnlich zerstörerischen militärischen Finale als Folge für die Gegenwart herangezogen wird. Interventionskriege sind genau dies, was gestörte CDU-Politiker wie Norbert Röttgen schockierenderweise befürworten als ihre persönliche Lehre aus der Zeit von Nazi-Deutschland. Recht, Unrecht und Menschlichkeit bleiben bei ihm in totaler Finsternis.

Letztendlich geht es um den Umgang der deutschen Gesellschaft mit der Schande des Faschismus und dem Verbrechen von Dresden, und wie die junge Generation in dieser Hinsicht am besten zu orientieren ist. Das muss der Denkanstoß an diesem Tag sein.


Verfaßt am 27.1.2017



Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war jüngstes Mitglied im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.

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