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Einführende Betrachtung zur Freidenker-Konferenz
100 Jahre Oktoberrevolution - 100 Jahre Dekret über den Frieden
Von Klaus Hartmann
Am 30. September 2017 hat der Deutsche Freidenker-Verband eine öffentliche Wissenschaftliche Konferenz zum Thema "100 Jahre Oktoberrevolution - 100 Jahre Dekret über den Frieden" veranstaltet. Sie stand unter dem Motto: "Lehren aus hundert Jahren geschichtlicher Erfahrung im Ringen für eine dauerhaft freie Gesellschaft und für Frieden statt Konfrontation mit Russland". Die Konferenz mit Vorträgen von Bruno Mahlow, Prof. Dr. Helga Hörz, Michael Kubi, Andreas Wehr, Dr. Marianne Linke, Rainer Rupp und Prof. Dr. Anton Latzo wurde eingeleitet durch den Vorsitzenden des Deutschen Freidenker-Verbands, Klaus Hartmann. Die NRhZ dokumentiert seine Einführung.
Konferenz im Ratssaal des Rathauses in Berlin-Pankow (Fotos: arbeiterfotografie.com)
In der programmatischen „Berliner Erklärung“ des Deutschen Freidenker-Verbandes formulieren wir: „Wir betrachten den Zusammenbruch des 1917 begonnenen Versuches, als Alternative zum Kapitalismus eine sozialistische Gesellschaft zu errichten, als keineswegs gleichbedeutend mit dem 'Ende' sozialistischer, emanzipatorischer und humanistischer Ideen und Ideale.“ „Historisch schließt unser Kulturverständnis die fortschrittlichen Überlieferungen und Traditionen der Menschheit, des Freiheitskampfes der Unterdrückten und Ausgebeuteten, insbesondere die Kämpfe der Arbeiterbewegung für die Verbesserung ihrer Lage und für eine sozialistische Gesellschaftsordnung ein.“ „Die dringlichste Aufgabe ist die Bannung jeglicher Kriegsgefahr. Der DFV unterstützt alle Aktivitäten für die Erhaltung des Friedens, für Abrüstung und Freundschaft der Völker.“
Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus
Mit der Oktoberrevolution in Russland begehen wir 2017 ein Jahrhundertjubiläum. Es ist vom Standpunkt der Ausgebeuteten und Unterdrückten, aus der Sicht der Fortschritts- und Emanzipationsbewegung ein Jubiläum, das gefeiert werden muss. Der Deutsche Freidenker-Verband gedenkt dieses Jahrestages nicht aus parteipolitischen Erwägungen. Wir feierten 1989 auch den 200. Jahrestag der Großen Revolution der Franzosen. Im gleichen Jahr erinnerten wir an den 500. Geburtstag von Thomas Müntzer, der herausragenden Persönlichkeit der Frühbürgerlichen Revolution in Deutschland.
Die Oktoberrevolution von 1917 war ein welthistorisches Ereignis. Sie manifestierte – und manifestiert – in praktischer Hinsicht, dass sich die Menschheit in der Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus befindet. Dies beinhaltet nicht die Feststellung, dass wir den Beginn dieser Epoche auf des Revolutionsereignis datieren, das könnte ja zu dem irrigen Kurzschluss führen, dass mit dem Kollaps der aus der Revolution geborenen Gesellschaft auch die Epoche entschwunden sei.
Klaus Hartmann im Gespräch mit RT Deutsch
Die Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus trat auf die Tagesordnung der Geschichte mit dem Eintritt des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium. Dies wird mit der Oktoberrevolution beglaubigt. Sie unterstreicht, dass wir uns in der Epoche der sozialen Revolution des Proletariats befinden, welche die Geschichte der Klassengesellschaften beenden soll. Deshalb feiern wir die Oktoberrevolution – und weil diese Tatsache ungeachtet der auch in der UdSSR erfolgten Konterrevolution zutreffend ist, feiern wir sie berechtigter Weise immer noch und weiterhin.
Bei den ersten Überlegungen zu dieser Konferenz standen die Delegitimierungsversuche im Mittelpunkt: „war die Geschichte der KPdSU eine Kriminalgeschichte?“ Ist die Parteinahme für die Revolution folglich eine Rechtfertigung von Fehlentwicklungen und Verbrechen, die sich im Revolutionsverlauf ereignet haben? Letztlich liefe eine solche Schwerpunktsetzung aber darauf hinaus, aus der Defensive gegen diejenigen anzukämpfen, die die Oktoberrevolution grundsätzlich als illegitim verdammen.
In Vorgesprächen mit verschiedenen Sachkundigen, darunter auch Referenten unserer heutigen Konferenz, wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass eine solche Sichtweise eine Verengung bedeuten würde, und dem historischen Gewicht weder der Revolution noch einer Persönlichkeit wie Wladimir Iljitsch Lenin gerecht würde. Wir haben demzufolge das inhaltliche Profil der Konferenz dahingehend verändert, dass wir die Bedeutung der Revolution und ihre Wirkungen in den Mittelpunkt gerückt haben, zugespitzt: also die Gefahr eines „Stalin-Seminars“ vermeiden wollen. Die Thematik fällt nicht ganz unter den Tisch, ist aber auf einen Beitrag beschränkt.
Die Frage des Friedens ist die aktuellste, die alle bewegende Frage der Gegenwart
Und wir wollen die Frage von Krieg und Frieden thematisieren, das mit der Revolution untrennbar verbunden ist: Weil sich die Oktoberrevolution auch aus dem wachsenden Widerstand gegen den imperialistischen Krieg entwickelte, weil das Dekret über den Frieden das erste Gesetz der revolutionären Macht war, und weil sein erster Satz „Die Frage des Friedens ist die aktuellste, die alle bewegende Frage der Gegenwart“ auch heute ihre Aktualität nicht eingebüßt hat.
Seitdem wurde das Gespenst von der „roten Gefahr“ beschworen, zunächst und am folgenreichsten von Hitler, und es wurde nach der Befreiung vom Faschismus ab 1946/47 wieder zum Eckstein „westlicher Politik“ und zur Begründung der NATO-Politik, die es heute wieder gegenüber Putin ins Feld führt.
Wem nach den Ereignissen von 1989 ff. nach Pessimismus zumute ist, ob es mit einer sozialistischen Gesellschaftsordnung noch etwas werden wird, sollte sich daran erinnern, dass der Kapitalismus auch nicht an einem Tag erbaut wurde. Auch diese Gesellschaftsordnung brauchte viele Anläufe und mehrere Jahrhunderte, bis sie sich schließlich durchsetzte.
Versuch der Überwindung der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft
Die Oktoberrevolution in Russland war nicht der erste Versuch, die kapitalistische Ausbeutergesellschaft zu überwinden. 1871 unternahmen die Kommunarden in Paris bereits einen Anlauf, der aber durch die einheimische Reaktion im Verbund mit den deutschen Truppen in Blut erstickt wurde.
„Das Paris der Arbeiter, mit seiner Kommune, wird ewig gefeiert werden als der ruhmvolle Vorbote einer neuen Gesellschaft“, schrieb Karl Marx (Der Bürgerkrieg in Frankreich. MEW 17, 312-365). Marx erwartete also optimistisch die nächsten, erfolgreicheren Versuche.
Die Oktoberrevolution vor hundert Jahren war schon deshalb nicht der letzte Versuch, weil ihr Revolutionen in vielen Ländern folgten. Einige sind, bei aller Unterschiedlichkeit und Widersprüchlichkeit, bis heute erfolgreich. Weitere werden folgen. Und auch die Oktoberrevolution hat in Russland Spuren, Prägungen, Strukturen hinterlassen, die keine umstandslose Rückkehr i. S. eines „Zurück vor 1917“ zulassen, und die insbesondere bis heute keine imperialistische Entwicklung möglich gemacht haben.
Harter, unversöhnlicher Kampf antagonistischer Klassen
An der Einstellung und Haltung zur Revolution scheiden sich die Geister. Revolution bedeutet harter, unversöhnlicher Kampf antagonistischer Klassen. Naturgemäß ist das Verhältnis der einen und der anderen Klasse zur Revolution diametral entgegengesetzt. Auf welche Seite man sich stellt, hängt vom eigenen Klassenstandpunkt ab.
Aber damit ist der Zugang der Freidenker zu Revolutionen noch nicht hinreichend beschrieben. Im Mittelpunkt unseres Anliegens als Weltanschauungsgemeinschaft und Kulturorganisation steht die Selbstverwirklichung des Individuums, die Selbstbestimmung des Menschen. Das Stichwort Selbstbestimmung wird heute oft beliebig und auch oberflächlich verwandt, ohne es in seinem vollen Sinngehalt zu durchdenken und zu erfassen. Selbstbestimmung als Begriff meint aber im Kern die, über die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen die Menschen leben, entscheiden zu können: die Produktionsverhältnisse, das politische System, die Reproduktionsbedingungen, das Funktionieren und Zusammenwirken der Elemente des Überbaus. Daraus folgt unsere Orientierung, dass die Menschen zum Subjekt ihres Lebens, zu Gestaltern ihrer Geschichte werden müssen. Deshalb betrachten wir Revolutionen als Erfüllung dieser Bestimmung, als Höhepunkte der Subjektwerdung des Menschen.
Angriffen gegen ihre Legitimität der Oktoberrevolution widersprechen
Dies sollte für Freidenkerinnen und Freidenker Grund genug sein, Revolutionen generell und die Oktoberrevolution im Speziellen zu verteidigen, insbesondere Angriffen gegen ihre Legitimität vehement widersprechen. Diese Angriffe sind Legion. Sie beginnen mit der gebetsmühlenartig wiederholten Behauptung, dass es sich um einen Staatstreich gehandelt habe, und sie enden längst nicht mit Nolte, der in den 1990er Jahren dem Geschichtsrevisionismus neuen Auftrieb gab.
Schon die amerikanische Revolution wurde „in der Substanz als ein Staatsstreich“ herabgewürdigt, Churchill hat den Vorwurf als erster 1920 gegen die Bolschewiki erhoben. Angesichts der Pariser Commune sprach Nietzsche vom „Einfall eines barbarischen Sklavenstandes“, für die Grausamkeit der englischen Revolution wird Thomas Cromwell angeklagt, Edward Burke und Francois Furet verdammten die geistige Vergiftung durch die Französische Revolution, die Jakobiner wurden zum Inbegriff des Terrors erklärt.
Wenn wir die Anklagen gegen die Bolschewiki, die KPdSU und ihre jeweiligen Verantwortlichen akzeptieren, von unserer prinzipiellen Haltung zur Oktoberrevolution Abstand nehmen sollen, kann ich nur entgegnen: Das wäre ungefähr so sinnvoll und logisch, wie wenn wir vor der Akzeptanz der Losung „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ uns erstmal von der Revolution der Franzosen, deren Wahlspruch sie war, und von den Jakobinern distanzieren müssten.
Da distanzieren wir uns lieber von all den revisionistischen Historikern und Philosophen, deren einziges Anliegen es ist: das Recht, das Menschenrecht auf Revolution zu vernichten.
RT Deutsch-Reporterin Maria Janssen sprach vor Ort mit den Freidenkern über die Auswirkungen der Oktoberrevolution auf die heutige Politik und Gesellschaft.
Vorträge:
Online-Flyer Nr. 631 vom 04.10.2017
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Einführende Betrachtung zur Freidenker-Konferenz
100 Jahre Oktoberrevolution - 100 Jahre Dekret über den Frieden
Von Klaus Hartmann
Am 30. September 2017 hat der Deutsche Freidenker-Verband eine öffentliche Wissenschaftliche Konferenz zum Thema "100 Jahre Oktoberrevolution - 100 Jahre Dekret über den Frieden" veranstaltet. Sie stand unter dem Motto: "Lehren aus hundert Jahren geschichtlicher Erfahrung im Ringen für eine dauerhaft freie Gesellschaft und für Frieden statt Konfrontation mit Russland". Die Konferenz mit Vorträgen von Bruno Mahlow, Prof. Dr. Helga Hörz, Michael Kubi, Andreas Wehr, Dr. Marianne Linke, Rainer Rupp und Prof. Dr. Anton Latzo wurde eingeleitet durch den Vorsitzenden des Deutschen Freidenker-Verbands, Klaus Hartmann. Die NRhZ dokumentiert seine Einführung.
Konferenz im Ratssaal des Rathauses in Berlin-Pankow (Fotos: arbeiterfotografie.com)
In der programmatischen „Berliner Erklärung“ des Deutschen Freidenker-Verbandes formulieren wir: „Wir betrachten den Zusammenbruch des 1917 begonnenen Versuches, als Alternative zum Kapitalismus eine sozialistische Gesellschaft zu errichten, als keineswegs gleichbedeutend mit dem 'Ende' sozialistischer, emanzipatorischer und humanistischer Ideen und Ideale.“ „Historisch schließt unser Kulturverständnis die fortschrittlichen Überlieferungen und Traditionen der Menschheit, des Freiheitskampfes der Unterdrückten und Ausgebeuteten, insbesondere die Kämpfe der Arbeiterbewegung für die Verbesserung ihrer Lage und für eine sozialistische Gesellschaftsordnung ein.“ „Die dringlichste Aufgabe ist die Bannung jeglicher Kriegsgefahr. Der DFV unterstützt alle Aktivitäten für die Erhaltung des Friedens, für Abrüstung und Freundschaft der Völker.“
Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus
Mit der Oktoberrevolution in Russland begehen wir 2017 ein Jahrhundertjubiläum. Es ist vom Standpunkt der Ausgebeuteten und Unterdrückten, aus der Sicht der Fortschritts- und Emanzipationsbewegung ein Jubiläum, das gefeiert werden muss. Der Deutsche Freidenker-Verband gedenkt dieses Jahrestages nicht aus parteipolitischen Erwägungen. Wir feierten 1989 auch den 200. Jahrestag der Großen Revolution der Franzosen. Im gleichen Jahr erinnerten wir an den 500. Geburtstag von Thomas Müntzer, der herausragenden Persönlichkeit der Frühbürgerlichen Revolution in Deutschland.
Die Oktoberrevolution von 1917 war ein welthistorisches Ereignis. Sie manifestierte – und manifestiert – in praktischer Hinsicht, dass sich die Menschheit in der Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus befindet. Dies beinhaltet nicht die Feststellung, dass wir den Beginn dieser Epoche auf des Revolutionsereignis datieren, das könnte ja zu dem irrigen Kurzschluss führen, dass mit dem Kollaps der aus der Revolution geborenen Gesellschaft auch die Epoche entschwunden sei.
Klaus Hartmann im Gespräch mit RT Deutsch
Die Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus trat auf die Tagesordnung der Geschichte mit dem Eintritt des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium. Dies wird mit der Oktoberrevolution beglaubigt. Sie unterstreicht, dass wir uns in der Epoche der sozialen Revolution des Proletariats befinden, welche die Geschichte der Klassengesellschaften beenden soll. Deshalb feiern wir die Oktoberrevolution – und weil diese Tatsache ungeachtet der auch in der UdSSR erfolgten Konterrevolution zutreffend ist, feiern wir sie berechtigter Weise immer noch und weiterhin.
Bei den ersten Überlegungen zu dieser Konferenz standen die Delegitimierungsversuche im Mittelpunkt: „war die Geschichte der KPdSU eine Kriminalgeschichte?“ Ist die Parteinahme für die Revolution folglich eine Rechtfertigung von Fehlentwicklungen und Verbrechen, die sich im Revolutionsverlauf ereignet haben? Letztlich liefe eine solche Schwerpunktsetzung aber darauf hinaus, aus der Defensive gegen diejenigen anzukämpfen, die die Oktoberrevolution grundsätzlich als illegitim verdammen.
In Vorgesprächen mit verschiedenen Sachkundigen, darunter auch Referenten unserer heutigen Konferenz, wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass eine solche Sichtweise eine Verengung bedeuten würde, und dem historischen Gewicht weder der Revolution noch einer Persönlichkeit wie Wladimir Iljitsch Lenin gerecht würde. Wir haben demzufolge das inhaltliche Profil der Konferenz dahingehend verändert, dass wir die Bedeutung der Revolution und ihre Wirkungen in den Mittelpunkt gerückt haben, zugespitzt: also die Gefahr eines „Stalin-Seminars“ vermeiden wollen. Die Thematik fällt nicht ganz unter den Tisch, ist aber auf einen Beitrag beschränkt.
Die Frage des Friedens ist die aktuellste, die alle bewegende Frage der Gegenwart
Und wir wollen die Frage von Krieg und Frieden thematisieren, das mit der Revolution untrennbar verbunden ist: Weil sich die Oktoberrevolution auch aus dem wachsenden Widerstand gegen den imperialistischen Krieg entwickelte, weil das Dekret über den Frieden das erste Gesetz der revolutionären Macht war, und weil sein erster Satz „Die Frage des Friedens ist die aktuellste, die alle bewegende Frage der Gegenwart“ auch heute ihre Aktualität nicht eingebüßt hat.
Seitdem wurde das Gespenst von der „roten Gefahr“ beschworen, zunächst und am folgenreichsten von Hitler, und es wurde nach der Befreiung vom Faschismus ab 1946/47 wieder zum Eckstein „westlicher Politik“ und zur Begründung der NATO-Politik, die es heute wieder gegenüber Putin ins Feld führt.
Wem nach den Ereignissen von 1989 ff. nach Pessimismus zumute ist, ob es mit einer sozialistischen Gesellschaftsordnung noch etwas werden wird, sollte sich daran erinnern, dass der Kapitalismus auch nicht an einem Tag erbaut wurde. Auch diese Gesellschaftsordnung brauchte viele Anläufe und mehrere Jahrhunderte, bis sie sich schließlich durchsetzte.
Versuch der Überwindung der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft
Die Oktoberrevolution in Russland war nicht der erste Versuch, die kapitalistische Ausbeutergesellschaft zu überwinden. 1871 unternahmen die Kommunarden in Paris bereits einen Anlauf, der aber durch die einheimische Reaktion im Verbund mit den deutschen Truppen in Blut erstickt wurde.
„Das Paris der Arbeiter, mit seiner Kommune, wird ewig gefeiert werden als der ruhmvolle Vorbote einer neuen Gesellschaft“, schrieb Karl Marx (Der Bürgerkrieg in Frankreich. MEW 17, 312-365). Marx erwartete also optimistisch die nächsten, erfolgreicheren Versuche.
Die Oktoberrevolution vor hundert Jahren war schon deshalb nicht der letzte Versuch, weil ihr Revolutionen in vielen Ländern folgten. Einige sind, bei aller Unterschiedlichkeit und Widersprüchlichkeit, bis heute erfolgreich. Weitere werden folgen. Und auch die Oktoberrevolution hat in Russland Spuren, Prägungen, Strukturen hinterlassen, die keine umstandslose Rückkehr i. S. eines „Zurück vor 1917“ zulassen, und die insbesondere bis heute keine imperialistische Entwicklung möglich gemacht haben.
Harter, unversöhnlicher Kampf antagonistischer Klassen
An der Einstellung und Haltung zur Revolution scheiden sich die Geister. Revolution bedeutet harter, unversöhnlicher Kampf antagonistischer Klassen. Naturgemäß ist das Verhältnis der einen und der anderen Klasse zur Revolution diametral entgegengesetzt. Auf welche Seite man sich stellt, hängt vom eigenen Klassenstandpunkt ab.
Aber damit ist der Zugang der Freidenker zu Revolutionen noch nicht hinreichend beschrieben. Im Mittelpunkt unseres Anliegens als Weltanschauungsgemeinschaft und Kulturorganisation steht die Selbstverwirklichung des Individuums, die Selbstbestimmung des Menschen. Das Stichwort Selbstbestimmung wird heute oft beliebig und auch oberflächlich verwandt, ohne es in seinem vollen Sinngehalt zu durchdenken und zu erfassen. Selbstbestimmung als Begriff meint aber im Kern die, über die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen die Menschen leben, entscheiden zu können: die Produktionsverhältnisse, das politische System, die Reproduktionsbedingungen, das Funktionieren und Zusammenwirken der Elemente des Überbaus. Daraus folgt unsere Orientierung, dass die Menschen zum Subjekt ihres Lebens, zu Gestaltern ihrer Geschichte werden müssen. Deshalb betrachten wir Revolutionen als Erfüllung dieser Bestimmung, als Höhepunkte der Subjektwerdung des Menschen.
Angriffen gegen ihre Legitimität der Oktoberrevolution widersprechen
Dies sollte für Freidenkerinnen und Freidenker Grund genug sein, Revolutionen generell und die Oktoberrevolution im Speziellen zu verteidigen, insbesondere Angriffen gegen ihre Legitimität vehement widersprechen. Diese Angriffe sind Legion. Sie beginnen mit der gebetsmühlenartig wiederholten Behauptung, dass es sich um einen Staatstreich gehandelt habe, und sie enden längst nicht mit Nolte, der in den 1990er Jahren dem Geschichtsrevisionismus neuen Auftrieb gab.
Schon die amerikanische Revolution wurde „in der Substanz als ein Staatsstreich“ herabgewürdigt, Churchill hat den Vorwurf als erster 1920 gegen die Bolschewiki erhoben. Angesichts der Pariser Commune sprach Nietzsche vom „Einfall eines barbarischen Sklavenstandes“, für die Grausamkeit der englischen Revolution wird Thomas Cromwell angeklagt, Edward Burke und Francois Furet verdammten die geistige Vergiftung durch die Französische Revolution, die Jakobiner wurden zum Inbegriff des Terrors erklärt.
Wenn wir die Anklagen gegen die Bolschewiki, die KPdSU und ihre jeweiligen Verantwortlichen akzeptieren, von unserer prinzipiellen Haltung zur Oktoberrevolution Abstand nehmen sollen, kann ich nur entgegnen: Das wäre ungefähr so sinnvoll und logisch, wie wenn wir vor der Akzeptanz der Losung „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ uns erstmal von der Revolution der Franzosen, deren Wahlspruch sie war, und von den Jakobinern distanzieren müssten.
Da distanzieren wir uns lieber von all den revisionistischen Historikern und Philosophen, deren einziges Anliegen es ist: das Recht, das Menschenrecht auf Revolution zu vernichten.
RT Deutsch-Reporterin Maria Janssen sprach vor Ort mit den Freidenkern über die Auswirkungen der Oktoberrevolution auf die heutige Politik und Gesellschaft.
Vorträge:
- Bruno Mahlow: Die Oktoberrevolution – Aufbruch in gesellschaftliches Neuland
- Prof. Dr. Helga Hörz: Frauen als Gestalterinnen der Geschichte - Oktoberrevolution und ihre Folgen
- Michael Kubi: Stalin, Repressionen, Sowjetdemokratie: UdSSR - eine Kriminalgeschichte?
- Andreas Wehr: Über Fernwirkungen der Oktoberrevolution
- Dr. Marianne Linke: Sowjetunion – konsequente Friedenspolitik seit dem Dekret über den Frieden
- Rainer Rupp: Immer wieder ostwärts: Die Konfrontationspolitik der NATO
- Prof. Dr. Anton Latzo: Alternative Russlands zur Expansion der EU in Osteuropa
- Ostdeutsches Kuratorium von Verbänden (OKV) e.V.
- Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde (GBM) e.V.
- Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung (GRH) e.V.
- Bündnis für soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde (BüSGM) e.V.
- Bundesverband Arbeiterfotografie
- Marx-Engels-Stiftung Wuppertal
- Marx-Engels-Zentrum Berlin
Online-Flyer Nr. 631 vom 04.10.2017
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