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Literatur
Ein neuer Roman von Renate Schoof
Alle Wünsche werden erfüllt
Von Beate Grazianski
Ein Buch, das uns an Orte führt, die es in der Realität geben sollte, zu Menschen, in deren Wünschen wir uns wiederfinden. Einem inneren Kompass folgend, ist Amelie aus Beruf und Partnerschaft ausgestiegen, um in B. Kunst zu studieren, hat in der Mitte des Lebens einen Neuanfang gewagt. Den Wochenendkurs „Magisches Theater – Alle Wünsche werden erfüllt“ besucht sie aus dem Bedürfnis heraus, auch innerlich Ballast abzuwerfen. Das Motto erinnert sie an die Verwandlung des Harry Haller in Hermann Hesses Steppenwolf. Tatsächlich öffnen sich für sie auf dem Weg, ihre Lebendigkeit zurückzugewinnen, innere und äußere Türen. So schlittert sie fast gegen ihren Willen in eine ebenso leidenschaftliche wie unvernünftige Liebesbeziehung.
Unvermutet landet sie überdies im Café Elsa, wo Frauen interkulturell und kreativ zusammenarbeiten. Einige, die sich gegen ein gesellschaftlich verordnetes Schönheitsideal wehren, bewegen Amelie zu einer Auseinandersetzung mit eigenen Zwängen und geben ihr fruchtbare Anregungen für die künstlerische Arbeit.
Der Verdacht an Brustkrebs erkrankt zu sein, beendet den Höhenflug. Amelie gerät in einen Strudel aus Angst und Ungewissheit. Nach ärztlicher Beratung, Recherchen und reiflicher Überlegung entschließt sie sich zu einer Operation, die radikaler als erwartet ausfällt. Ihre Freiheit wird zu Einsamkeit. Erst in der Rehaklinik endet die postoperative Depression. Amelie erhält neue Impulse für das seelisch-körperliche Gesundwerden, und eine Maltherapie vertieft ihren Zugang zu Farben. Begleitet wird ihre neu erwachte Lust am kreativen Schaffen von Reflexionen, nicht zuletzt angeregt durch den Brief eines Hochschullehrers, mit dem sie sich freundschaftlich verbunden weiß. Er schreibt ihr, was er von den Bedingungen hält, unter denen heute Kunst entsteht und rezipiert wird. Inspirierend sind für sie auch Gespräche mit der Mitpatientin Josephin, von der sie in Geheimnisse eingeweiht wird, die in jedem gesprochenen Wort schlummern.
Die Skizzierung des Inhalts kann nur wie eine Luftaufnahme des Weges sein, der diese Amelie durch Höhen und Tiefen führt. Wieder hat Renate Schoof einen Roman vorgelegt, den es zwei Mal zu lesen lohnt. Einmal, um mit der Protagonistin durch Licht und Schatten zu wandern und um zu erfahren, wie die unendliche Liebesgeschichte ausgeht. Ein zweites Mal, um Einsichten in das Wesen von Sprache und Kunst nachzuspüren, um philosophische, politische und psychologische Betrachtungen zu überdenken, um Begegnungen mit Dichtern und Geistesgrößen, deren Ideen in Zitaten aufleuchten, zu intensivieren, vielleicht sogar, um das, was Amelie in der Kunsttherapie erlebt, einmal selbst auszuprobieren.
Das Titelbild des Romans zeigt einen Ausschnitt der Venus von Milo, einer Marmorstatue, die gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. entstand und als Idealbild weiblicher Schönheit galt. Auf der ersten Seite des Romans hat sie einen kurzen Auftritt. Amelie erinnert sich, bei einem Besuch im Louvre die scheinbar dahineilende geflügelte Nike von Samothrake weit attraktiver gefunden zu haben, als die in sich ruhende Venus. Besser als jeder Hinweis mit Worten weist das Titelbild darauf hin, dass der Roman auch von Körperlichkeit handelt, von Schönheitsidealen, vom Einsetzen der Reize des weiblichen Körpers in Kunst und Werbung, von Diskriminierung, von Magersucht und von Verletzungen der körperlicher Ganzheit durch Krankheit und Operation. Vor allem aber handelt er von Lust, von körperlicher und seelisch-geistiger. Wie ein Fluss eine Landschaft durchzieht, mal schneller, mal langsamer fließt, mal dominant, mal unauffällig, so durchzieht die Liebesgeschichte zwischen Amelie und Jakob dieses Buch.
Renate Schoof ist ein Roman über die Kunst, die Liebe und die Krankheit gelungen, dessen Reiz in präziser Sprache, kritischer Offenheit und der Kraft liegt, innere Bilder zu erzeugen.
Renate Schoof, "Alle Wünsche werden erfüllt"
Roman, Verlag zeitgeist, Höhr-Grenzhausen 2018, 280 S., 16.90 Euro
Beate Grazianski war Lehrerin und lebt in Lübeck.
Renate Schoof, geboren in Bremen, lebt als freie Schriftstellerin in Göttingen. Nach einer Ausbildung im Buchhandel arbeitete sie als Dokumentarin bei der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg; anschließend studierte sie Pädagogik und Germanistik und war neun Jahre als Lehrerin tätig. Von ihr erschienen bisher mehr als zwanzig Bücher, u.a. die Gedichtbände „Seelenvögel“ (2010) und „Immer Meer“(2016), der Erzählungsband „In ganz naher Ferne“, (2003), die Romane „Wiedersehen in Berlin“ (2010) und „Blauer Oktober“(2012).
Online-Flyer Nr. 651 vom 21.03.2018
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Literatur
Ein neuer Roman von Renate Schoof
Alle Wünsche werden erfüllt
Von Beate Grazianski
Ein Buch, das uns an Orte führt, die es in der Realität geben sollte, zu Menschen, in deren Wünschen wir uns wiederfinden. Einem inneren Kompass folgend, ist Amelie aus Beruf und Partnerschaft ausgestiegen, um in B. Kunst zu studieren, hat in der Mitte des Lebens einen Neuanfang gewagt. Den Wochenendkurs „Magisches Theater – Alle Wünsche werden erfüllt“ besucht sie aus dem Bedürfnis heraus, auch innerlich Ballast abzuwerfen. Das Motto erinnert sie an die Verwandlung des Harry Haller in Hermann Hesses Steppenwolf. Tatsächlich öffnen sich für sie auf dem Weg, ihre Lebendigkeit zurückzugewinnen, innere und äußere Türen. So schlittert sie fast gegen ihren Willen in eine ebenso leidenschaftliche wie unvernünftige Liebesbeziehung.
Unvermutet landet sie überdies im Café Elsa, wo Frauen interkulturell und kreativ zusammenarbeiten. Einige, die sich gegen ein gesellschaftlich verordnetes Schönheitsideal wehren, bewegen Amelie zu einer Auseinandersetzung mit eigenen Zwängen und geben ihr fruchtbare Anregungen für die künstlerische Arbeit.
Der Verdacht an Brustkrebs erkrankt zu sein, beendet den Höhenflug. Amelie gerät in einen Strudel aus Angst und Ungewissheit. Nach ärztlicher Beratung, Recherchen und reiflicher Überlegung entschließt sie sich zu einer Operation, die radikaler als erwartet ausfällt. Ihre Freiheit wird zu Einsamkeit. Erst in der Rehaklinik endet die postoperative Depression. Amelie erhält neue Impulse für das seelisch-körperliche Gesundwerden, und eine Maltherapie vertieft ihren Zugang zu Farben. Begleitet wird ihre neu erwachte Lust am kreativen Schaffen von Reflexionen, nicht zuletzt angeregt durch den Brief eines Hochschullehrers, mit dem sie sich freundschaftlich verbunden weiß. Er schreibt ihr, was er von den Bedingungen hält, unter denen heute Kunst entsteht und rezipiert wird. Inspirierend sind für sie auch Gespräche mit der Mitpatientin Josephin, von der sie in Geheimnisse eingeweiht wird, die in jedem gesprochenen Wort schlummern.
Die Skizzierung des Inhalts kann nur wie eine Luftaufnahme des Weges sein, der diese Amelie durch Höhen und Tiefen führt. Wieder hat Renate Schoof einen Roman vorgelegt, den es zwei Mal zu lesen lohnt. Einmal, um mit der Protagonistin durch Licht und Schatten zu wandern und um zu erfahren, wie die unendliche Liebesgeschichte ausgeht. Ein zweites Mal, um Einsichten in das Wesen von Sprache und Kunst nachzuspüren, um philosophische, politische und psychologische Betrachtungen zu überdenken, um Begegnungen mit Dichtern und Geistesgrößen, deren Ideen in Zitaten aufleuchten, zu intensivieren, vielleicht sogar, um das, was Amelie in der Kunsttherapie erlebt, einmal selbst auszuprobieren.
Das Titelbild des Romans zeigt einen Ausschnitt der Venus von Milo, einer Marmorstatue, die gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. entstand und als Idealbild weiblicher Schönheit galt. Auf der ersten Seite des Romans hat sie einen kurzen Auftritt. Amelie erinnert sich, bei einem Besuch im Louvre die scheinbar dahineilende geflügelte Nike von Samothrake weit attraktiver gefunden zu haben, als die in sich ruhende Venus. Besser als jeder Hinweis mit Worten weist das Titelbild darauf hin, dass der Roman auch von Körperlichkeit handelt, von Schönheitsidealen, vom Einsetzen der Reize des weiblichen Körpers in Kunst und Werbung, von Diskriminierung, von Magersucht und von Verletzungen der körperlicher Ganzheit durch Krankheit und Operation. Vor allem aber handelt er von Lust, von körperlicher und seelisch-geistiger. Wie ein Fluss eine Landschaft durchzieht, mal schneller, mal langsamer fließt, mal dominant, mal unauffällig, so durchzieht die Liebesgeschichte zwischen Amelie und Jakob dieses Buch.
Renate Schoof ist ein Roman über die Kunst, die Liebe und die Krankheit gelungen, dessen Reiz in präziser Sprache, kritischer Offenheit und der Kraft liegt, innere Bilder zu erzeugen.
Renate Schoof, "Alle Wünsche werden erfüllt"
Roman, Verlag zeitgeist, Höhr-Grenzhausen 2018, 280 S., 16.90 Euro
Beate Grazianski war Lehrerin und lebt in Lübeck.
Renate Schoof, geboren in Bremen, lebt als freie Schriftstellerin in Göttingen. Nach einer Ausbildung im Buchhandel arbeitete sie als Dokumentarin bei der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg; anschließend studierte sie Pädagogik und Germanistik und war neun Jahre als Lehrerin tätig. Von ihr erschienen bisher mehr als zwanzig Bücher, u.a. die Gedichtbände „Seelenvögel“ (2010) und „Immer Meer“(2016), der Erzählungsband „In ganz naher Ferne“, (2003), die Romane „Wiedersehen in Berlin“ (2010) und „Blauer Oktober“(2012).
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